Erklärung ins Sitzungsprotokoll feierlichst zu protestiren, dagegen Verwahrung einzulegen, und das gleiche Recht für alle Abg. in Anspruch zu nehmen, bei vorkommenden Abstimmungen ihre Erklärungen ebenso, wie es bei anderen Fällen bereits geschehen, zu Protokoll zu geben.
Doliak m. p. |
Höllrigl m. p. |
Dr. Cejka m. p. |
Hawelka m. p. |
Dr. Ganzwohl m. p. |
Rall m. p. |
Dr. Jonak m. p. |
unleserlich |
Dr. Klaudi m. p. |
Stöckl m. p. |
Dr. And. Eckl m. p. |
Forcher m. p. |
Wiesenauer m. p. |
Mannheimer m. p. |
Thiemann m. p. |
Schopf m. p. |
Strasser m. p. |
Dobrzánski m. p. |
Thinnfeld m. p. |
Ratz m. p. |
Königshofer m. p. |
Scherle m. p. |
Haßelwanter m. p. |
Lomnicki m. p. |
Klebelsberg. m. p. |
Uchatzy m. p. |
Schediwy m. p. |
Stark m. p. |
Franz Heiß m. p. |
Riemann m. p. |
Wieser m. p. |
Dr. Leib m. p. |
Streit m. p. |
Jachimovicz m. p. |
Rüker m. p. |
Nicolaus Kausky m. p. |
unleserlich |
Zwickle m. p. |
Lasser m. p. |
Pribyl m. p. |
Ingram m. p. |
Jelen m. p. |
Dr. Fleischer m. p. Zajaczkowsky Joseph m. p.
Haimerl m. p.
Paul. Ich habe mich ebenfalls diesem Proteste angeschlossen, und bitte meinen Namen ebenfalls ins Protokoll einzutragen.
Präs. Wenn der Name nicht vor der Sitzung gefertigt wurde, kann dem Verlangen nicht stattgegeben werden. Diese Proteste und Erklärungen werden zu Protokoll genommen. Was den Protest gegen mich anbelangt, verzichte ich auf die Gegenerklärung. Es liegen einige Urlaubsgesuche vor.
Secretär Ullepitsch. Es liegen heute sechs Urlaubsgesuche vor. (Bewegung. ) Ehe ich zur Mittheilung dieser Gesuche schreite, berichte ich der hohen Kammer, daß von 373 angemeldeten Abgeordneten sich dermalen 35 auf Urlaub befinden. (Bewegung. )
Die vorliegenden Urlaubsgesuche aber sind folgende:
Ceslaw Kobuzowski. Deputirter für Zmigrod in Galizien, bittet um die Ertheilung eines vierwöchentlichen Urlaubs, vom 9. d. M. angefangen, zur Ordnung von Familien und Wirtschaftsangelegenheiten.
Präs. Wünscht Jemand das Wort.
Borrosch. Da doch immer sämmtliche Urlaube bewilliget werden, so meine ich, daß wir erst die Motivirung uns ersparen, sie kommen immer auf Wirthschafts Angelegenheiten und Kinderkrankheiten hinaus. (Gelächter. )
Präs. Es ist dieß nur eine Bemerkung und kein Antrag.
Trojan. Ich erlaube mir bei diesem Anlasse die Frage, ob denn die Einhaltung der erhaltenen Urlaube überwacht wird, und ob die Einhaltung der Zeitfrist in der That auch stattfindet.
Secretär Ullepitsch. Diese Einhaltung der bewilligten Urlaubsfrist wird allerdings überwacht, indem alle vorkommenden Urlaubsgesuche im Vorstandsbureaus exhibiert werden, und wenn selbe vom Reichstagspräsidenten oder der hohen Reichsversammlung genehmiget sind, in einen eigenen Ausweis eingetragen werden; in welchem sowohl der Tag, an welchem der bewilligte Urlaub angetreten wird, als auch der Tag der Rückkehr vom Urlaube genau vorgemerkt wird.
Präs. Wünscht noch Jemand das Wort über das vorgelesene Urlaubsgesuch.
Gschnitzer. Ich war schon einmal so frei, zu bemerken, daß ich die Hoffnung hege, daß wir alle unsere Stellung so gut begreifen, daß keiner ohne die größte Nothwendigkeit seinen Posten verläßt. Ich bin so frei, die hohe Versammlung nochmals auf diesen Ausspruch aufmerksam zu machen. (Beifall. )
Präs. Wünscht Niemand mehr das Wort? Ich ersuche diejenigen Herren, welche sich für die Bewilligung des vorgelesenen Urlaubsgesuches aussprechen wollen, es durch Aufstehen kund zu geben. (Majorität dafür. )
Secretär Ullepitsch. Ein weiteres Gesuch ist jenes des Abg. Johann Faschank von Neutitschein in Mähren, um einen Urlaub vom 4. bis 16. d. M. aus Ursache, daß mit mehreren Bürgerhäusern auch das seine abgebrannt ist.
Präs. Wünscht Jemand das Wort?
M a i e r. Ich glaube, daß dieser Urlaub vorzugsweise zu bewilligen wäre, nachdem er nicht aus den früher angeführten Motiven herrührt, indem ein Brand sich nicht subsumiren läßt. (Heiterkeit. )
Präs. Wünscht noch Jemand das Wort, welche sich für Bewilligung des eben gelesenen Urlaubs aus sprechen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Zahlreiche Majorität. )
Sec. Ullepitsch theilt ferners das Gesuch des Abg. Ignaz Skrzynski mit, in welchem derselbe um Ertheilung eines zwei wöchentlichen Urlaubes, wegen Erkrankung seiner Frau und Kinder bittet. (Gelächter. ) (Wird bewilligt. ) Liest weiteres das Gesuch des Abg. Caspar Wiesbauer um einen 13 tätigen Urlaub vom 4. d. M. angefangen wegen häuslichen Angelegenheiten.
(Bewilligt. )
Theilt ferners das Gesuch des Abg. Eustach Prokopczyc mit, in welchem derselbe um einen 14 tätigen Urlaub zum Gebrauche der Badenerquellen ansucht.
Präs. Wünscht Jemand das Wort?
Borrosch. Ja: ich werde gewiß jeder billigen Motivirung zu einem Urlaube niemals entgegen sein. auch allenfalls keine Abbrandserzeugnisse verlangen (Heiterkeit), doch wünsche ich aber eine Bestätigung wie das in der Ordnung ist; denn endlich bloß Vertrauen, daß jedes Mal die Motivierung im Urlaubsgesuche genügend sein dürfte, da glaube ich, werden wir endlich bald um 100 Mitglieder kommen, wenn es so fortgeht und die Pflichtgetreuen die Arbeitskamele der ändern werden. (Beifall. )
Trojan. Es wäre traurig, wenn wir uns nicht selbst vertrauen sollten. (Beifall. )
Abg. Szabel. Ich glaube die Abgeordneten sind in dieser Kammer berufen zur Betätigung für viel wichtigere Arbeiten, als die Untersuchung der Wahrheit einer individuellen Angabe ist. Trauen wir einem Abgeordneten nicht so viel Aufrichtigkeit und Sinn für Wahrheit zu, daß wir nicht über seine Eingabe dieselbe anerkennen und voraussetzen, daß er mit Lügen auftritt und darüber erst ein ärztliches Zeugniß einbringe, dann, meine Herren, fetzen wir das Wesen eines Abgeordneten in Zweifel, indem wir ihn seine Wahrheitsbestätigung absprechen.
Abg. Mayer. Derjenige, welcher aus einem unwahren Gründe einen Urlaub ansucht, um sich der Arbeit zu entziehen, wird dann, wenn eine Bescheinigung dieser Gründe gefordert wird, wohl noch ein viel leichteres Mittel haben, nicht in die Kammer zu gehen. Ich muß daher voraussetzen, daß derjenige, der einen Urlaub ansucht, ihn aus triftigen Gründen ansucht, und ich glaube, wir dürfen ein wechselseitiges derartiges Mißtrauen in uns nicht setzen.
Schriftf. Haufchild. Ich erlaube mir den Abg. Borrosch auf die ärztlichen Zeugnisse zu erinnern, welche die Studierenden zur Ablegung von Nachtragsprüfungen beizubringen haben.
Präs. Der Abg. Goldmark hat das Wort.
Abg. Goldmark. Ich glaube in der Bemerkung des Abg. Borrosch durchaus kein Misstrauensvotum gegen irgend einen Abgeordneten zu finden. Es war nur eine Bemerkung, die rein formeller Natur ist, um eben die Form, die überall so beliebt wird, auch hier aufrecht zu erhalten. Ich bin überzeugt, daß der Abg. Borrosch gegen kein Kammermitglied Mißtrauen hegt.
Präs. Wünscht der Abg. Borrosch, daß ich seinen Antrag zur Unterstützung bringe?
Borrosch. O Nein. Bei der Geschäftsordnung, wenn sie revidiert wird, behalte ich mir vor einige Paragraphe in Antrag zu bringen. Ich bin weit entfernt, ein Mißtrauen gegen diesen oder jenen Abgeordneten, der einen Urlaub verlangt, zu hegen, das brauche ich wohl nicht erst zu rechtfertigen; es ist aber ein Aufmerksammachen, daß die Versammlung selber nicht aalsoleiecht hin Urlaub erteile, die nicht immer aus einer Unwahrheit verlangt werden oder mit Vorschützung einer solchen, sondern eben mit der subjektiven Auffassung von der Notwendigkeit im Reichstage zu sein, und von der subjektiven Gefühlsweise, rücksichtlich der Motive, die zur Abreise treiben. (Bravo. )
Präs. Diejenigen Herren, welche sich für die Bewilligung des vorgelesenen Urlaubsgesuches aussprechen, wollen aufstehen.
Borrosch. Von nun an alle (Gelächter, wird angenommen. )
Secr. Ullepitsch. Endlich zum Schlüsse liegt noch ein Urlaubsgesuch des Abg. Franz Teufel, um einen 6 tätigen Urlaub vor. (Wird angenommen. )
In Erfüllung einer Bestimmung der Geschäftsordnung, habe ich der hohen Reichsversammlung auch noch folgende Mittheilung zu machen:
Der §. 20 der Geschäftsordnung bestimmt, daß der, vom Vorstande aus dem Kanzlei Personale zu bestellende Kassier die Zahlung auf Anweisung des Präsidenten zu leisten, und dem Reichstage monatliche Rechnung abzulegen habe, welchem einem Ausschüsse zur Prüfung und Berichterstattung in öffentlicher Sitzung zu übergeben ist. Im Sinne dieses Paragraphes hat nun der Vorstand den Reichstagsbeamten Franz Ehrenhöher zum Casper bestimmt, gleichzeitig aber zur Kontrolle, dem Reichstagsbeamten Joseph Wallner, die Liquidierung der aus der Reichstags Kasse zu leistenden Zahlungen übertragen. Es ist nunmehr auch für den ganzen Zeitraum, vom Beginne des Reichtages bis Ende August, dem Vorstände die erforderliche Rechnung übergeben worden, bestehend:
a) Aus der Hauptübersicht der Empfänge und Ausgaben der Reichstagsnasse.
b) Aus dem Ausweis über die, den Herren Abgeordneten gebührende, und sowohl in den Provinzen als von der Empfangs Kommission, und aus der Reichstagskrasse erhaltenen Vorschüsse und Diäten.
c) Aus der Berechnung der Gebühren für die Reichstagsbeamten und Diener.
d) Aus dem Totalrasseausweise, und
e) aus dem, mit 742 Stück Beilagen dokumentierten CasseJournal für den Monat August 1848.
Mit Hinblick auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung handelt es sich nur darum, daß von der hohen Reichsversammlung, durch ihre Abtheilungen, ein Ausschuß gewählt werde, welchem dann die Rechnung zur Prüfung und Berichterstattung in öffentlicher Sitzung übergeben werden wird.
Präs Über diesen Vortrag ersuche ich die Abtheilungen, die Wahlen allenfalls morgen in ihrer Sitzung vorzunehmen, und die getroffenen Wahlen dann dem Vorstandsbureaus mitzuteilen. Nunmehr sind einige Interpellationen vorzunehmen. Es liegt eine Interpellationsanmeldung an den Herrn Minister des Äußern vom Abg. Sierakowski vor.
Sierakowski. Nein, meine Interpellation ist an den Herrn Minister Präsidenten gerichtet. Täglich bekomme ich Nachrichten aus Galizien, daß ungeachtet der hier im Haufe vom Minister des Innern gegebenen Versicherung, noch immer russische Deserteurs und andere Flüchtlinge, nach der Grenzstadt Brody transportiert, und den russischen Behörden überliefert werden, daß demnach der dis 24. Mai 1830 zwischen Rußland und Österreichabgeschlossene Castel auch jetzt noch im strengsten Sinne des Wortes gehandhabt wird.
Ich frage daher den Herrn Ministerpräsidenten, was er gemacht hat oder was er zu machen willens fei, dieses, allen Pflichten und der Ehre eines constitutionellen Staates zuwiderlaufende und nur dem Oberhaupte einer asiatischen Despotie anständige Verfahren aufzuheben, und diesem unmenschlichen Verfahren einmal ein Ende zu machen. (Beifall, Zischen. )
Minist. Doblhoff. Es sind dießfalls wiederholte Anordnungen gegeben worden, und ich begreife nicht, wie in der neuesten Zeit solche Fälle vorgekommen sein sollen; ich bitte mir also diese speciellen Fälle anzugeben.
Präs. Der Abg. Löhner hat eine Interpellation angemeldet.
Löhner. Ich behalte mir das Wort auf später vor.
Abg. Borrosch. Ich habe mich Sonnabends bei Ihnen Herr Präsident gemeldet.
Präs. Der Abg. Borrosch hat eine Interpellation angemeldet.
Borrosch. Ich habe an das Gesamtministerium drei Anfragen zu stellen, deren Beantwortung ich nicht vor Donnerstag wünsche, weil ich eine, in scharfer Begrenzung abgefasste, keinen geheimen Vorbehalt, keine nachträgliche Deutung zulassende Erklärung durch die Rathgeber der Krone verlange. Ein für alle Mahl, um jeder Missdeutung vorzubeugen, erkläre ich, daß ich eben so sehr ein entschiedener Bekämpfer jeder aristokratischen Oligarchie, wie aller demagogischen Gelüste bin, und bleiben werde. Daß ich ein Volksvertreter im vollsten Sinne des Wortes sein will, und daher hinter mir die Rückzugsbrücke zur behaglichen Vergangenheit abgebrochen habe, ebenso wenig aber eine Zukunftsbrücke zur Anstellung in einem Staatsdienste schlage. (Beifall. ) Demgemäss wird wohl das Gesamtministerium meiner aufrichtigen Versicherung Glauben schenken, daß ich einem ursprünglich aus dem Volksvertrauen hervorgegangenen Ministerium so lange meine innigste Theilnahme zollen werde, als dasselbe getreu der Volksfreiheit bleiben wird; denn dann gewährt es mir zugleich die erfreuliche Bürgschaft für das segensreiche Wirken des Reichstages. Ein solches Ministerium braucht nicht gestützt, und kann nicht gestürzt werden.
Im Gegenfalle aber hat der Reichstag die heilige Verpflichtung, seinen der Volksfreiheit und dem sie auf die Dauer schirmenden erblichen Thron, gewidmeten Verfassungsbau fortzuführen, unbekümmert darum, ob auch der Grundstein der Grabstein irgend eines Ministeriums werde. (Ein Ruf. Bravo. ) Zur Begründung meiner drei Anfragen muß ich mir die geneigte Aufmerksamkeit des Hauses auf einige Minuten erbitten. Es betrifft Geschichtliches in unserer Wirksamkeit, betrifft tief einschneidende Prinzipienfragen für unsere. Zukunft. Mit tiefem Bedauern sah ich nach Beendigung aller über den Kudlich´schen Antrag gehaltenen Reden, daß das Ministerium daraus eine Kabinettsfrage machte und nicht bloß damit sich begnügte, sondern uns zugleich die Art und Weise vorzuzeichnen beliebte, in der wir diese Frage weiter erledigen sollten. Dem folgte noch ein unveranlasster Ministertadel gegen einen der Abgeordneten, was ich für zukünftige Fälle ein für allemal zurückweise. Hierauf folgte des Abgeordneten für Kuttenberg Eingeständnis auf Mittheilungen des Ministeriums hin sich gewisse Maßnahmen abgezogen zu haben; hierdurch macht das Ministerium sich theilweise zu einer oder der andern Partei des Hauses. Es handelt sich hier zunächst um eine Gesetzeskundmachung eines vorläufigen Bestandteiles der künftigen Constitution, welche Kundmachung jetzt schon nothwendig ist, um den inneren Frieden zu wahren. Im Kudlich´schen Antrag war dieses Verlangen allgemein gestellt, es baute das Haus mit diesem Gesetze nicht ausgesprochen, daß es selbst in unmittelbaren Verkehr mit dem Volke treten wolle, denn es dürfte hier kein Zweifel obwalten, daß beide Gewalten, die gesetzgebende wie die vollziehende, gleichzeitig zusammenwirken müssen, um dem Gesetze die äußere Gesetzesgültigkeit zu verschaffen.
Ein Hinderniß, dieß zu thun, kann ich jetzt noch durchaus nicht absehen, wie ich weiter dartun werde
Durch das kaiserliche Manifest vom 6. Juni d. I, welches in vollster moralischer Freiheit erlassen wurde, ward unter einem jedes Ansinnen einer Verfassung abgelehnt, und dem Volke eine aus seinem eigenen Ermessen hervorgehende Verfassung zugesichert (Beifall. )
Ich habe dieses Manifest sehr genau studiert, und nichts Anderes darin finden können, als das eben Gesagte. Indem die Krone also auf ein von ihr ausgehendes Verfassungsgeschenk Verzicht geleistet hat, und das Zugeständniß einer nur von den Volksvertretern festzustellenden Verfassung gab, werde ich dann im weiteren Verlaufe meiner Rede um die Bedeutung des Wortes "Vereinbarung" fragen (Beifall der Linken. )
Vorerst glaube ich, muß man das vollendete Konstitutionswerk abwarten. Man hat zu diesem Behufe das Volk für mündig erklärt, und will doch jetzt den Reichstag für unmundig erklären (Stürmischer Beifall, auch auf den Gallerien. )
Präs. Ich ersuche die Gallerien, sich jedes Beifalls zu enthalten.
Borrosch. Woher dieß Mißtrauen gegen denselben? Zweifelt man an dem gesunden Sinne des Volkes, an seiner nicht bloß in einer Redephrase bestehenden, sondern wirklich vorhandenen Liebe zum angestammten erblichen Fürstenhaufe, von dem Jeder weiß, daß es für uns die Idee eines, die sämmtlichen Provinzen einigenden Bundes, eines Gesamtvaterlandes ist? (Großer Beifall von allen Seiten. )
Wenn unzweifelhaft konservative Beschlüsse gefaßt werden, konservativ im guten Sinne des Wortes, in sofern sie die Volksfreiheit, den erblichen Thron konservieren, will dann das Ministerium die Verdienste, oder auch möglicher Weise die Gefahr und Verantwortung davon auf sich übernehmen, und den Reichstag als eine nicht zurechnungsfähige Nulle hinstellen. Es ist keine Frage, daß jetzt nicht ein Veto für den Reichstag von Seite der Krone bestehe, eben so wenig, als daß ganz gewiß in der konstitutionellen Urkunde ein bedingtes Veto, ja selbst Konstitutionsabänderungen werden vorgesehen sein, in sofern sie vermittelst der Wahl der Volksvertreter sich unzweideutig als Bedürfniß der Volksfreiheit aussprechen, die für immer bei Verfassungsfragen einzig und allein wird maßgebend sein müssen.
Der konstituierende Reichstag kann weder durch die Krone, noch durch eine angebliche Volksmajorität, außerhalb seiner Wirkungssphäre, aufgelöst werden, er kann nur durch physische Gewalt, von oben herab erdrückt oder gesprengt werden. In beiden Fällen wird eine Reaction und dann Anarchie, oder erst Anarchie und dann Reaction folgen. In beiden Fällen werden hundertjausende in's Verderben gestürzt werden, Ströme Blutes fließen, ein kurzer Sieg abwechselnd bald dieser bald jener Seite sich zuneigen, und dann zuletzt die ächte Volksfreiheit dennoch triumphieren. (Stürmischer Beifall der Linken. ) Schmach und Fluch denen, die in verblendeter Selbstsucht, oder im blinden Schwärmereifer, diesen Triumph nicht gleichzeitig mit den Segnungen des Friedens einherschreiten lassen.
Dieser 1. Reichstag ist ein freigeschaffener, ist der zeugungskräftige Adam aller nachfolgenden Reichstage (Heiterkeit); ihn tödten heißt diese künftigen Reichstage in Vorhinein vernichten oder höchstens sie zu dem Scheinleben jener historischen Landtage verdammen, wo freilich die Stände in den letzten Jahren des Bürgertums sich bedienen wollten, um die Kastanien aus den glühenden Kohlen herauszuziehen. (Bravo. ) Allein das Bürgertum will Eins sein mit dem Adel, es will Eins sein mit dem sogenannten Volke. Eine Gesammtheit gleichberechtigter Staatsbürger! (Beifall. ) Wir weisen von uns jenen Liberalismus, dessen Wirken wir vom Jahre 1815 bis 1848 genügend kennen gelernt haben (Beifall); wir wollen nicht aus dem nach irgend einem beliebigen Systeme gewebten Tuche das Freiheitskleid zuschneiden lassen, wo allmälig aus dem Mantel eine Jacke und zuletzt ein Fetzen wird. (Beifall. ) Die lange geschunden gewesenen Völker wollen sich jetzt die Haut, als das naturwüchsige Freiheitskleid wachsen lassen; das edle Flügelross der Freiheit will die ihm dienliche Nahrung selber auffinden und sich nicht in irgend einem doktrinären Futtertroge den Hafer oder das Heu darbieten lassen. (Stürmischer Beifall. )
Der Reichstag steht nun zwischen der Volksfreiheit und dem erblichen Throne, als der Brautführer, als der Goldschmied des Eheringes, als der Priester zur Einweihung des heiligen, dauernden Bundes da. Will man ihn etwa unnütz als den Versöhner zwischen den beiden Extremen, einerseits der Demagogie, andererseits der Reaction den Opfertod sterben lassen? Will etwa das Ministerium die Stelle dieses natürlichen Vermittlers einnehmen, und nach dem Manifeste, diesem kaiserlichen Friedensworte vom 6. Juni, die sich befreundeten Gewalten: Freiheit und erblicher Thron, zu sich feindlich bekämpfenden, umwandeln? das Ministerium genießt ohnehin den ungeheuren Vortheil, gar nicht verantwortlich zu sein, denn ich wüßte nicht, daß in irgend einem konstitutionellen Staate die Rathgeber der Krone dieser verantwortlich wären, weil sie einfach entweder nicht als Minister eingesetzt oder so fort wieder entlassen werden. Die Verantwortlichkeit bezieht sich nur gegenüber dem Volke, gegenüber der Konstitution. Nun besteht noch keine Konstitution, folglich auch kein Gesetz zur Ahnklagbarmachung und gar keines zur Strafverfallung der Minister; rückwirken wird es auch nicht dürfen. Die Herren Minister haben also den doppelten Vortheil, gleichsam unverantwortlich uns gegenüber zu stehen, und je nachdem sie ihn zum Guten oder Schlimmen benützen werden, und je nach dem wird ihre moralische Verantwortlichkeit im gleichen Maße Rache nehmen oder ihnen bleibenden Ruhm zollen.
Ich frage nun die Herren Minister, 1. Ob das Ministerium (Unruhe und Lachen, )
Ich werde mir erbitten, manche Herren zur Ordnung zu verweisen, die halblauten: "endlich zu. " brauche ich nicht.
Präs. Ich bitte nur die Ordnungsstörer anzudeuten.
Abg..... Und wir werden bitten, den Redner zur Frage zu rufen.
Abg. Borrosch. Ich bin eben der Interpellant, (Unruhe, Unwillen) und hatte das Recht der Begründung.
Ich frage also das Ministerium:
1. Ob das Ministerium unter Sanction und unter dem noch verfänglichen Worte: "Vereinbarung" etwas anderes verstehe, als den bedingungslosen Erfüllungsacht durch die vollziehende Gewalt, um der, von der gesetzgebenden Gewalt des Reichstages zu schassenden Verfassung auch die äußere Form der Gesetzesgültigkeit zur unbezweifelbaren, dann bereits vorhandenen inneren Gesetzeskraft zu verleihen?
2. Ob das Ministerium gesonnen sei, bezüglich jener Gesetze, welche der Reichstag als vorentnommene Verfassungsbestandtheile schon jetzt zur Wahrung des inneren Friedens zu veröffentlichen für nothwendig erachten wird, die ministerielle Mitwirkung zur vorbehaltlosen Sanction und sofortigen Kundmachung zu verweigern?
3. Ob in dem einen oder ändern Bejahungsfalle der eben gestellten zwei Anfragen, das Ministerium pflichtmäßig auf den Vortheil einer bloß moralischen Verantwortlichkeit verzichte, und für alles aus seiner irrtümlichen Stellung höchst wahrscheinlich erwachsende Unheil die volle Haftung gegenüber dem, alsdann in vorhinein, für rückwirkend erklärten, constitutionellen Verantwortlichkeitsgesetze unbedingt übernehme? (Anhaltender Beifall.)
Präs. Der Abg. Löhner hat eine Interpellation angemeldet.
Abg. Löhner. Ich habe eine Interpellation an den Justizminister.
Justizminister Bach. Ich bitte um das Wort.
Nachdem der Herr Abg. für Prag in seiner Interpellation ausdrücklich erklärt hat, daß er heute keine Antwort auf diese Fragen vom Ministerium wünscht, und das Ministerium sich den Ausdruck seiner einstimmigen Meinung in dieser Frage der vorläufigen Berathung zu unterziehen gedenkt, so habe ich nur die Bitte an den Herrn Abg. für Prag zu stellen, daß er seine Fragen schriftlich gestellt an das Ministerium leiten möge, damit wir dann in der Lage sind, die Antwort darauf zu geben.
Abg. L ö h n e r. Meine Interpellation ist an den Justizminister gerichtet. Es ist mir zu Ohren gekommen, daß in Szegedin in Ungarn in Festungshaft feit dem Jahre 1831 fünfhundert italienische Gefangene sich befinden, deren eigentliches Vergehen sowohl ihnen als auch den Behörden selbst unbekannt sein soll. Bereits vor zwei Monaten hatte sich das Ungarische Ministerium, (nach Privatnachrichten) noch an das vorige Ministerium gewendet, mit dem Ersuchen, dafür zu sorgen, daß diese Gefangenen aus Szegedin übernommen werden möchten, einerseits weil den ungarischen Behörden gar nicht bekannt sei, warum sie verhaftet seien, andererseits der Unzukömmlichkeit wegen, die Bewachung und Versorgung von so vielen Gefangenen zu übernehmen.
Es erfolgte aber keine officielle Antwort unter dem vorigen Ministerium. Wohl aber verlautet, das Ministerium habe Schritte machen wollen, wegen der Unterbringung der Szenediner Gefangenen nach Italien, allein wegen den schwierigen Zeitverhältnissen erfolgte kein Resultat; es hat sich nunmehr das ungarische Ministerium ein zweites und ein drittes Mal an das hiesige Ministerium gewendet, und zwar namentlich im Drittel des vorigen Monates drang es darauf, man möge Anstalten zur Übernahme der dort Inhaftierten treffen, widrigenfalls sich das ungarische Ministerium veranlaßt sehen würde, die dort Inhaftierten nach Wien zu schaffen, und sie unter den Augen der hiesigen Behörden in Freiheit zu fetzen, indem die ungarischen Behörden keinen Grund wissen, warum sie verhaftet feien. Mit dem dritten deswegen ergangenen Ersuchen der ungarischen Behörden hat sich jedoch bereits das Antwortschreiben des hiesigen Ministeriums gekreuzt, worin das Ministerium Nachricht gibt, es habe diesen Gegenstand in's Auge gefaßt und den Hofcommissär Grafen Montecouchsoli mittelst ergangener Verständigung angewiesen, für ihre weitere Unterbringung in Italien zu sorgen, und zugleich die ungarischen Behörden zu ersuchen, einstweilen den Transport derselben hierher aus Szegedin zu verhindern, bis man dießfalls weitere Maßregeln treffen könne. Es ist mir auch zufällig eine Andeutung zugekommen, wie das in dieser Antwort in Abschrift beigeschlossene Schreiben des Ministeriums an den Grafen Montecouchsoli, Hofcommissär, wie er hier genannt ist, lautet. Ich werde mir erlauben, diese Andeutung vorzulesen, weil sie auch einen Gegenstand der Interpellation bildet.
Sie soll folgendermaßen gelautet haben:
,, Mit aller. Entschließung vom 18. Februar 1831 hatten Se. Maj. die Maßregeln zu der Deportation nach Szegedin für solche Individuen des lomb. venet. Königreiches zu bestimmen geruht, welche wegen ihres unvertilgbaren Hanges zu gesetzwidrigen Handlungen, ohne Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, nicht im Genusse ihrer bürgerlichen Freiheit gelassen werden konnten. Se. Maj. hatten die Ausführung dieser Maßregel ganz und gar in die Vollmacht des Vizekönigs gelegt und der ehemaligen Hofkanzlei und auch dem Ministerium sind hierüber alle näheren Umstände über Grundsätze und Vorgänge in dieser Sache unbekannt.
Nun aber dringt das ungarische Ministerium darauf, daß diese Häftlinge aus Szegedin schleunig entfernt werden und es leuchtet ein, daß dieses gerechte und nothwendige Begehren erfüllt werden muß.
Nun aber können diese Gefangenen in der Zahl von etwa 500 nicht in Ungarn in Freiheit gesetzt und ihnen überlassen blitzen, sich in ihre Heimat zu begeben, sondern es wird angemessen sein, sie unter Eskorte in einzelnen Abtheilungen nach dem lomb. venet. Königreiche zurückzubringen.
Euer Excellenz sind die Modalitäten aus Ihrer Dienstleistung in Mailand bekannt, unter welcher die jährliche Deportierung der Depottanten erfolgte und in Euer Exc. Vollmacht liegt es, die Maßregeln für die Rückkehr dieser etwa 500 Individuen in ihr Vaterland zu treffen.
So sehr ich einsehe, daß im gegenwärtigen Augenblicke für die Verwaltung im lomb. venet. Königreiche diese Rückkehr eine schwere Verlegenheit ist, so kann ich doch, da ihre Entfernung von Szegedin verlangt wird, ihre Verwahrung und Erhaltung anderen Provinzen durchaus nicht zugemuthet werden kann und auch eine Einsperrung auf unbestimmte Zeit, zumal als Festungsarrestant und ohne strafrechtliches Urtheil nunmehr unzulässig ist, Euer Exe. die schwere Aufgabe nicht ersparen.
Da es sich um die schleunigste Erledigung dieser Angelegenheit handelt, ersuche ich Euer Exc. sich unmittelbar und unverweilt mit dem ungarischen Ministerium ins Einvernehmen zu fetzen über die Art und Weise der Transporte der Gefangenen von Szegedin, wonach Euer Exc. auch in der Lage sein werden, die Disposition zu ihrer Behandlung beim Eintritte in das lomb. venezianische Königreich zu gebend.
Nach meinem Dafürhalten geht aus dieser mir zugekommenen Privatnachricht, deren Authentie ich durchaus nicht behaupten will, hervor, daß wirklich Leute, 500 an der Zahl feit dem Jahre 1831 in Szegedin eingesperrt waren, wegen eines Vergehens, welches in dem österreichischen Strafgesetzbuche auch vor dein Umstürze des alten Systems nicht vorkommt, nämlich wegen eines Hanges zu gesetzwidrigen Handlungen. (Heiterkeit. ) Es geht daraus hervor, daß dieß eine rein sogenannte politische oder eigentlich polizeiliche Maßregel war, da darüber kein Verfahren und kein Urtheil vorliegt, wie schon die Hinweisung auf den Vicekönig und die Hofkanzlei beweist, daß es keine solchen Vergehungen waren, für welche bei uns von Justizbehörden hätte ein Verfahren, ein Urtheil gepflogen werden können.
Es geht weiter daraus hervor, daß das gegenwärtige Ministerium zwar die Notwendigkeit eingesehen hat, diese Häftlinge nicht mehr auf unbestimmte Zeit eingesperrt zu haben, daß aber das Justizministerium keinen Anstoß gefunden hat, dieselben so lange in ihrem Verhaftungsrote zu lassen, bis man weitere Anstalten getroffen hat. Es scheint, daß das Justizministerium keinen Anstand gefunden hat, noch länger Leute der Freiheit beraubt zu lassen, von denen dem Ministerium selbst noch nicht der Grund bekannt war, warum sie ihrer Freiheit beraubt waren. Ich erlaube mir daher die Frage an den Justizminister, ob ihm die. Zuschriften des ungarischen Ministeriums bezüglich dieser Häftlinge bekannt seien, ob er bereit fei, diese Zuschriften stammt der Anweisung an den Hofcommissär Montecouchsoli auf den Tisch des Hauses zu legen. Ich frage, ob das Ministerium bereit sei, Rechenschaft zu geben, wie das Ministerium es habe darauf ankommen lassen können, ihr Schicksal lediglich in die Hände des Hofcommissär zu legen, also nicht einmal ihre Freilassung für Italien anzuordnen. Endlich wie das Ministerium es habe über sich bringen können, noch einen Augenblick länger Leute einsperren zu lassen, für deren Freiheitsberaubung kein zureichender Grund vorliegen könnte. Endlich noch, wie es komme, daß noch ein Hofcommissär in Italien sei, da meines Wissens dieser Titel von Seite des Ministers in Abrede gestellt worden war, und nur der Titel Staatsminister als ein von früherer Zeit herrührender angeführt wurde. Ich frage daher, ob das Ministerium bereit sei, die Instructionen, die der Hofcommissär Montecouchsoli bekommen hat, ebenfalls auf den Tisch des Hauses zu legen.
Bach. Ich kann nur bedauern, nachdem der Herr Abg. von Satz so gut unterrichtet ist, dass er nicht auch die Mittheilung von der letzten Antwort des ungarischen Ministeriums an das österr. Ministerium dem Hause mitgetheilt hat. Höchstwahrscheinlich würde dann das Haus gleich durch den Herrn Interpellanten in Kenntniß gekommen sein, auf welchem Punkte diese Angelegenheit stehe. Vor Allem muß das Ministerium jede Verantwortlichkeit für die hier in Frage stehende Angelegenheit von sich ablehnen, denn es ist ein Act, der der früheren Zeit angehört, und von welchem ich persönlich erst vor kurzem durch die an das Ministerium gelangte Note des ungarischen Ministeriums in Kenntniß gelangt bin. Ich habe nur zu bemerken, daß das Ministerium augenblicklich, nachdem es davon in Kenntniß gelangt ist, Nachforschungen gepflogen hat, was es mit den fraglichen Anhaltungen für eine Bewandtniß habe, und worauf sie beruhte. Ich muß gestehen, daß bisher alle Bemühungen vergebens waren, der Sache völlig auf den Grund zu kommen, weil die Verhandlungen fehlen, auf welchen diese Anhaltungen basiert sind.
Nur soviel liegt vor, daß unter den hier in Frage stehenden Häftlingen kein einziger wegen politischer Vergehen begriffen ist. Das Ministerium war daher verpflichtet, um klar in dieser Sache zu sehen, sich an den Ministerialcommissär Montecouchsoli in Italien zu wenden, was durch Vermittlung des Herrn Ministers des Innern geschah, um von dort einen umständlichen Bericht über den eigentlichen Stand der Sache, und über das, was den Angehaltenen zur Last fällt, so wie, worauf ihre Anhaltung beruht, Bericht zu erhalten. Das ungarische Ministerium hat in Bezug auf eine Antwort des österreichischen Ministeriums, worin ersucht wurde, nicht sofort die Absendung vorzunehmen, versprochen, daß es für den Monat September diese Maßregel sistieren wird. Dieser Monat wird benützt werden, um diese Angelegenheit zur Ordnung zu bringen. Das Ministerium wird, wenn erhoben vorliegen wird, daß die fernere Anhaltung nicht in den Gesetzen begründet sei, ohne Verzug verfügen, daß die Angehaltenen in Freiheit gesetzt werden. Allein vorläufig mußte der eigentliche Sachverhalt in´s Klare gestellt werden, um eine diesem entsprechende Verfügung treffen zu können. Was die Frage anbelangt, ob Graf Montecouchsoli Hofcommissär ist, muß ich bemerken, daß neulich schon die Mittheilung gemacht wurde, daß die Führung des Titels,, Staatsminister", welchen derselbe früher führte, eingestellt wurde, und daß Montecouchsoli nur den Titel: "bevollmächtigter kaiserlicher Commissär"