Úterý 5. záøí 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Siebenunddreißigste Sitzung des constituirenden Reichstages am 5. September 1848.

Tagesordnung. 

Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Kudlich.

Hofloge: leer 

Vorsitzender. Präsident S t r o b a c h 

Auf der Ministerbank: D o b l h o f f,  L a t o u r, Bach, Krauß, Schwarzer, Hornbostl 

Anfang um 10  1/2 Uhr.

Präs. Die zur Eröffnung der Sitzung erforderliche Anzahl von Deputirten ist bereits anwesend. Ich ersuche den Herrn Schriftf. das Protokoll der letzten Sitzung zu verlesen (Secr W i e se r verliest es). (Wutscht Jemand das Wort über das vorgelesene Protokoll?)

Abg. Joseph Kutschers Es wird eine Irrung sein Den Protest des Abg. Doliak habe ich nicht unterschrieben, und dennoch kommt mein Name im Protokolle vor.

Secr Wieser Ich bitte, hier ist aber eine solche Namensunterschrift

Abg. Joseph Kutschera Es muß Jemand anderer unterschrieben haben.

Secr. W i e se r. Er ist ohne Taufname geschrieben, und ist wie er hier in der Unterschrift erscheint, in's Protokoll aufgenommen.

Watzel Im Protokolle vom ersten September erscheine ich unter jenen, welche ihre Amendements zuruckgezogen haben, es ist dieß aber nicht der Fall Es ist in dem eben vorgelesenen Sitzungsprotokolle nicht zur Abstimmung gekommen, es muß daher in jenem vom ersten September mein Name ausbleiben, nämlich auf der zweiten Seite des Protokolles vom ersten September, im zweiten Absatze von unten

Präs. Ich bitte, behaupten, daß über diesen Antrag, den der Herr Abgeordnete gestellt hat, abgestimmt sei?

Watzel. Nach dem letzten Sitzungsprotokolle ist er zur Abstimmung gekommen, im Sitzungsprotokolle aber vom ersten September erscheine ich unter Jenen, die ihr Amendements zurückgenommen haben Im Sitzungsprotokolle vom ersten September muß also mein Name wegbleiben.

Präs. Dann durfte diese Stelle im nächsten Sitzungsprotokolle mittelst Verbesserung eingeschaltet werden. 

Ein Abgeordneter. Herr Präsident i Ich muß mir erlauben, daß ich meinen Antrag nur bedingungsweise zurückgenommen habe, allein ich bin auch unter Jenen, die ihren Antrag unbedingt zuruckgenommen haben. 

Präs Berufen sie sich auf das Sitzungsprotokoll vom ersten September. (Ja ) Dann bitte ich dieses holen zu lassen, weil dieses Protokoll bereits vorgelesen und als richtig angenommen wurde .

Borrosch. Ich bitte, ich behalte mir die hier bereits angekündigt gewesene Protestation für ein anderes Mal vor, mein Unwohlbefinden verhinderte mich selbe abzufassen, und noch wichtiger scheint mir die dem Herrn Präsidenten Samstag angekündigte Interpellation Ich werde also die Protestation bezüglich des Lasser´schen und Kudlich'schen Antrages morgen einbringen. 

Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß dieses nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung nicht heute, sondern erst morgen geschehen konnte.

B o r r o s c h. So melde ich sie heute an für morgen, denn die Verhandlung geht noch fort, oder ich gebe sie fuhr die stenographischen Berichte zu Protokoll. 

Präs. Ich glaube, auch die Anmeldung durfte nicht stattfinden, weil sie bei dem Beschlusse oder dem Vorgange, gegen welchen protestirt werden will, angegeben werden muß Dieser Vorgang ist jedoch von Samstag, es durfte daher in dieser Beziehung die Anmeldung der Protestation nicht Platz greifen. 

Borrosch.Ich habe sie gleich angemeldet, aber es wurde mir wahrend des Vorganges durch den stürmischen Ruf. "zur Tagesordnung" das Wort genommen Ob ich sie heute oder morgen schriftlich einbringe, wird, da die Verhandlung noch fort wahrt, im Wesen ganz gleichgültig sein (viele Stimmen: Nein! nein!) So bringe ich sie jetzt vor Ob sie der Herr Secretär abliest, oder ob ich sie jetzt absage ist einerlei, so nehme man sie zu Protokoll.

Präs. Über den Grund oh es gleichgültig ist oder nicht, darüber dürften wir nicht streiten, hierüber wurde dazumal gesprochen, als der §. 86 der Geschäftsordnung angenommen wurde, und ich will nicht historisch auf die Gründe zurückgehen. Die Stelle heißt ganz einfach so: Ein Protest gegen einen Vorgang in der Reichstagssitzung oder gegen einen Reichstagsbeschluß, kann aber nur dann, wenn er noch in der nämlichen Sitzung angekündigt, und längstens vor Beginn der nächsten Sitzung dem Vorstande schriftlich eingereicht wird, nach geschehener Vorlesung zu Protokoll genommen werden.

Borrosch. So bitte ich es darin zu lassen, ich werde darauf zurück kommen.

Brestel. Ich wollte nur ganz einfach bemerken, daß die Geschäftsordnung allerdings vorschreibt, ein Protest müsse in der nächsten Sitzung eingebracht werden, vorausgesetzt, daß es dem Protestanten möglich sei. Wenn er aber durch Unwohlsein oder gar durch Krankheit verhindert ist, so kann die Auslegung wohl nicht in dem strickten Sinne genommen werden; denn wir müssen uns an die Vorschrift, dem Geiste, und nicht dem todten Buchstaben nach halten; ich kann das nicht zugeben, daß Jemand in seinem Rechte dadurch gekränkt wird, weil er durch Unwohlsein gehindert wird, seinen Protest zur Zeit einzubringen. Ich glaube allerdings, daß es die Regel ist, daß man den Protest vor der nächsten Sitzung einbringe, vorausgesetzt, daß der Protestierende nicht daran gehindert ist; in diesem Falle ist er berechtigt, während der nächsten Sitzung ihn vorzubringen, weil wie gesagt, jede einzelne Verordnung und jedes einzelne Gesetz nicht nach dem todten Buchstaben, sondern nach dem Sinne ausgelegt werden muß.

Präs. Ich muß mich verwahren gegen die Auslegungsart nach dem Geiste, die gerade das Gegentheil von der Bestimmung der Geschäftsordnung hervorrufen kann

Wünscht noch Jemand das Wort über das verlesene Protokoll? 

Pienczykowski. Nach der Geschäftsordnung sollen alle diejenigen, die sich zu einem Protest bewogen finden, ihn bei der Sitzung persönlich anmelden. Nun höre ich im Protokoll auch jene Namen verlesen, welche sich schriftlich gemeldet haben; und ich wollte wissen, ob diese schriftliche Anmeldung eigene Namensfertigung sei, oder nur durch die Abgeordneten vorgebracht.

Präs. Darüber wird der Herr Secretär Auskunft erteilen, der diese Proteste entgegennahm.

Wieser. Bei den übergebenen Anmeldungen ist ein großer Theil mit Bleistift geschrieben, und es scheint von der Hand derjenigen herzurühren, deren Hand dort steht; nur sind bei den drei Löhner´schen Listen fünfzehn Namen bloß mit einem Kreuzzeichen versehen, woraus zu schließen ist, daß die Schreiber ihren Namen nicht schreiben konnten, und als Namensfertiger der Abg. Kosacki erscheint. Dann habe ich diejenigen Anmeldungen, die mir in dieser Form übergeben worden sind, diejenigen Herren, welche nachträglich gekommen sind, und sich persönlich anmeldeten, ersucht, auch eigenhändig mit Tinte die Namen zu schreiben Daher habe ich auch einen Unterschied gemacht, zwischen den Namen, die mir bereits unterschrieben, übergeben worden sind, und denen, die mit einem Kreuzzeichen erscheinen, und denen, die sich persönlich meldeten, und bei mir die Anmeldungen unterschrieben haben, die ich angeführt.

Pienczykowsky. Aber ich finde nicht, daß ein solches Verzeichniß vorgelegt war.

Wieser. Es heißt ausdrücklich: Löhner übergibt drei Listen, auf welchen diese Namen stehen. Es heißt bei Violand, er übergibt eine Urkunde, auf welcher diese Namen stehen, und bei Doliak, er übergibt eine Urkunde, auf welcher diese Namen stehen; und dann sind erst jene Abg. angeführt, welche persönlich den Protest unterschrieben haben. Ich habe dadurch die Thatsachen, wie sie vorgegangen sind, aufgeführt, denn es steht mir nicht zu, zu unterscheiden, ob die eine oder die andere Art der Anmeldung gültig ist oder nicht, worüber nur die hohe Kammer entscheiden kann.

Pienczykowsky. Ich habe diesem gesagt, weil in der Geschäftsordnung steht, persönliche Anmeldungen.

Präs. In der Geschäftsordnung heißt es, daß Proteste in der nämlichen Sitzung angemeldet werden müssen.

Löhner Ich will nur eine ganz einfache Erläuterung geben.

Der Geschäftsordnung gemäß hat jeder Abgeordnete, welcher sich einem Proteste anschließt, in derselben Sitzung noch die Meldung zu machen.

Es ist neulich bei einem Proteste und auch bei einem zweiten vorgekommen, daß eine bedeutende Anzahl sich sogleich erhoben hat, und es schien mir der Zeitersparniß wegen der geeigneteste Weg, daß eine Liste herumgegeben würde, auf welcher jeder sich mit seiner eigenen Unterschrift einzeichne, der dem Proteste beizutreten sich erhoben hat, weil die Herren Secretäre nicht im Stande sind, so viele Personen zu constatiren. Dieses ist der Fall mit den 3 Listen, auf welchen ich oben mit Bleistift meinen Namen aufgeschrieben habe. Diese sind herumgegangen, und jeder der Herren, welche dann aufgeschrieben erscheinen, möge sich überzeugen, daß sein Name entweder mit eigener Schrift oder nach seinem Wunsche von einem hiezu erbetenen Herrn geschrieben worden ist.

So scheint der Vorfall auch hei den anderen zwei Listen gewesen zu sein, und da in der Geschäftsordnung nicht ausgedrückt ist, ob die Meldungschriftlich oder mündlich zu geschehen habe, so glaube ich, daß, so lange die hohe Kammer nicht eine deutlichere Auslegung gibt, diese Vorgänge innerhalb der Schranken der Geschäftsordnung sind.

Präs. Wünscht noch Jemand das Wort? (Niemand. ) Diejenigen Herren, welche sich für die Genehmigung des so eben gelesenen Protokolles aussprechen, wollen aufstehen. (Angenommen. )

Nunmehr sind die angemeldeten Proteste vorzulesen.

Schriftführer Streit. Vor Allem bringe ich zur Kenntniß der hohen Kammer, daß der Protest des Abg. Cavalcabó nicht eingebracht wurde, und ebenso wenig der Gegenprotest des Abg. Kudlich.

Die Gegenerklärung des Abg Hawelka und derjenigen, die sich ihm angeschlossen haben, lautet:

Veber die unterm 2. September 1848 gegen den Reichstagsbeschluß: "daß der Biers und Branntweinzwang aufzuhören habe" von verschiedenen Kammermitgliedern eingelegten zwei Proteste erstatten die Gefertigten nachstehende Gegenerklärung: 

1. Wenn es auch wahr wäre, daß der Antrag des Abg. Kudlich wesentlich das Unterthänigkeitsverhältniß und die daraus entspringenden Rechte und Pflichten im Sinne hatte, und in solchem Sinne in Verhandlung gekommen ist, so folgt daraus doch nicht, daß der Bier und Branntweinzwang in diese Verhandlung nicht gehörte. Denn der Begriff der Unterthänigkeit, und daraus entspringenden Rechte und Pflichten involvirt alle jene Verhältnisse, wo, im Gegensatze zu freiwilligen zweiseitigen Übereinkommen, aus bloß einseitiger Willensherrschaft Rechte angesprochen, und einem nie um seinen Willen gefragten Gegentheile Pflichten aufgebürdet werden 

Es ist historisch nachgewiesen, daß der Bier und Branntweinzwang in seiner Entstehung zu jenen einseitigen Anmaßungen der Baurechtsinhaber (zumeist Obrigkeiten) gehört, zu Folge deren obrigkeitliche Wirthschaftsschaften: Käse, Butter u. dgl., um den einseitig von der Obrigkeit bestimmten Preis den Unterthanen aufgedrungen wurden Dieses Unrecht der Feilschafteraufdringung ist durch Gesetze schon im 17. Jahrhunderte, und das Bier und Branntweinaufdringungsrecht, d i der Bier und Branntweinzwang, ist insbesondere durch Hofdekrete vom 27. Februar 1788 und 29. Mai 1788 unbedingt aufgehoben worden.

Ist ungeachtet dieser Aufhebung der Bier und Branntweinzwang dennoch fernerhin geübt worden, so ist das nur ein desto schlagenderer Beweis, daß er als Recht lediglich im einseitigen, herrschsüchtigen Willen der Obrigkeiten seinen Grund hat, und daß er somit unter jene obrigkeitlichen Rechte gebohrt, die mit Aushebung der Unterthänigkeit ebenfalls fallen müssen.

Daß der Bier und Branntweinzwang alles rechtlichen Grundes ermangelt, und lediglich in dem Herrlichkeitsverhältnisse der Obrigkeiten wurzelt, sah schon die absolute Regierung ein, weßhalb sie im Jahre 1837  da sie nicht gewillt war, den Unterethansverband, resp Obrigkeitsgewalt, aufzuheben zur Entscheidungsenorm bei derlei Streitigkeiten die Gepflogenheit aufgestellt, das ist, jenes Verhältniß sowohl, wo seit 1788 Bierfreiheit sich erhielt, als auch das, wo seit 1788 Eigenmachtneuerlich den Bier und Branntweinzwang eingeführt, legalisiert und sanktioniert hat.

2. Wollte man aber wirklich Zweifel erheben, ob der Bier und Branntweinzwang in den Unterethansverband gehört, so muß dagegen bemerkt werden, daß der Antrag des Abg. Kudlich nicht ausschließlich die Unterthänigkeit, sondern auch andere dahin einschlagende, oder analoge Verhältnisse, wie z. B. das getheilte Eigenthum, das in vielen Fällen mit der Unterthänigkeit nichts gemein hat, in seinen Inhalt einbezog und zur Verhandlung brachte, wodurch sich demnach die Einbeziehung des Bier und Branntweinzwanges vollkommen rechtfertiget.

3. Daß der Bier und Branntweinzwang wirklich Gegenstand der Verhandlung war, beweist der Umstand, daß er in den Amendements zum Kudlich´schen Antrage ausdrücklich hervorgehoben war. Einem jeden Kammermitgliede stand es frei, in der Debatte darauf einzugehen, und es ist auch der Bier und Branntweinzwang in den Hauptreden besprochen worden. Überdies hat sich im ganzen Verlaufe der Debatte kein Redner dagegen, und auch nicht derart ausgesprochen, daß etwa dieß in einen besondern Antrag gehöre, weßhalb der Bier und Branntweinzwang mit vollem Fug und Recht Gegenstand der Hauptbestimmung über den Kudlich'schen Antrag geworden ist

4. Die Hinweisung auf Propinations  Verhältnisse in Städten ist derzeit unstatthaft. Einmal gehört eine solche Hinweisung in die Debatte, welche nach genug langer Dauer nunmehr geschlossen ist, und dann unterliegt es keinem Zweifel, daß der Bier und Branntweinzwang in den Städten in ganz gleicher Art seit 1788 von den Besitzern der Braurechte durch allmälige Anmaßung wieder eingeführt worden ist, wie auf den Dominien, daher die absolute Regierung im Jahre 1841 zum Schutze dieser Eigenmacht  in Consequenz zum Jahre 1837 die Gepflogenheit auch für die Städte, resp. für die brauberechtigten Bürger in Städten, zur Entscheidung  Norm erhob

5. Auch der Umstand, daß sich irgend wo der gedachte Zwang auf Verträge stützen kann, benimmt dem Kammerbeschlüsse die Rechtlichkeit nicht, weil auf die emphyteutische Natur solcher Rechte, wo sich dieselbe erweisen läßt, sattsam Rücksicht genommen worden ist. (§. 8, ad. a. )

Diesem nach läßt sich gegen den Reichstagsbeschluß über den Bier und Branntweinzwang weder in materieller Beziehung, noch hinsichtlich des formellen Vorganges irgend ein Bedenken erheben, und die Gefertigten bemerken nur noch zum Schlusse

6. Daß die im Proteste vorkommende Einstreuung, es fei dieser Gegenstand durch einfaches Aufstehen und Sitzen bleiben entschieden worden, mit Hinblick auf die Geschäftsordnung darum keine Beantwortung verdient, weil es ja den Proteststellern frei stand, eine andere Abstimmungsart zu verlangen, sie dieß aber unterlassen haben, und weil gerade über diesen Gegenstand eine auffallend große Mehrheit erzielt, daher die vollständig reife Kenntniß des Gegenstandes von Seite der hohen Reichsversammlung bewiesen worden ist. 

Wien den 4. September 1848.

Fr. Teufel.

Math. Hawelka.

Dr. Löhner.

Joh. Umlauft.

C. Hainz.

Jos. Mückl.

Jos. Mickl.

Georg Getzler.

Dr. Zimmer.

Jo. Leberl

Huscher.

Carl Kraule.

Woiteck.

Fr. Watzel.

Jos. Demel.

Jos. Motyka.

Dr Polaczek.

Wenzel Kaulich.

I. Reimershoffer.

Ferd. Boese.

Martin Wittek.

Joh. Sidon.

Constant. Kosacki.

 

Gegenaußerung des Abgeordneten J o h a n n Lhotta.

Hohe Reichsversammlung!

Über den Protest des Abg. S z ab e l, bezüglich der von der Stimmenmehrheit ausgesprochenen Behebung des Bier und Branntweinzwanges, überreiche ich meine gehörig angemeldete Gegenerklärung, wie folgt:

1. Der Protest erkennt selbst die zeitgemäße Nothwendigkeit der Behebung des Bier und Branntweinzwanges an, ist daher mit dem Reichstagsbeschlusse im Principe einverstanden, nur mit dem Vorgange ist er nicht zufrieden, und fordert eine längere Debatte, ein näheres Auseinandersetzen der verschiedenen Verhältnisse.

Wie unstatthaft die Forderung dieses Protestes an und für sich ist, ergibt sich aus den bisherigen Verhandlungen von selbst. Die stenographischen Berichte zeugen dafür, daß verschiedene Reden im Verlaufe über die Behebung des Unterethansverbandes eröffneter Debatte ausdrücklich auch die Behebung des Bier und Branntweinzwanges zum Gegenstande haben. Wie kann man also eine Debatte über den Bier und Branntweinzwang in Abrede stellen? Eine neuerliche Debatte nach den gar zu vielen Reden läßt die Geschäftsordnung nicht zu, zumal die Debatte längst geschliffen ist, und so kann eine eigene separate Debatte über die Behebung des Bier und Branntweinzwanges nicht mehr eingeleitet werden.

2. Der Protest bestreitet die Ansicht, der Bier und Branntweinzwang gehöre zum Unterthansverhältnisse. Nach den provinziellen Verhältnissen unterscheidet man wenigstens in meinem Vaterlande Böhmen zwischen dem Bräurechte (jus praxandi), und zwischen dem Ausschankrechte (jus eporilandi). Das Bräurecht ist durch besondere Landesgesetze als ein Vorrecht den Obrigkeiten und Gemeinden freier Städte, zuweilen auch der Bürgerkommune in königlichen Städten zugestanden worden. Dieses Vorrecht ist jedoch durch den Reichstagsbeschluß vom 1. d. M. nicht angegriffen oder vernichtet worden, denn vom Biererzeugungsrechte ist in dein zum Beschlusse erwachsenen Antrage keine Rede, sondern es wird darin lediglich von dein Zwange gesprochen, mittelst dessen das obrigkeitliche Getränke den Unterthanen und überhaupt dem Publikum aufgedrungen wurde. Es bleibt sonach das Bier und Branntweinerzeugungsrecht noch immer den bisherigen Berechtigten verwahrt, und es wird die Belassung oder Behebung dieses Vorrechtes erst bei der Verhandlung über Gewerbe zur Sprache kommen.

Mittelst Beschlusses vom 1. d. M. ist aber wohl das Ausschankrecht beschränkt worden Es wurde bloß ausgesprochen, daß von nun an keine Obrigkeit und keine Kommune, welche im ausschließlichen Besitze des Bräuregals sich befindet, berechtiget sein soll, ihr erzeugtes Getränke dem Publikum aufzudringen. Das Aufdringen solcher Getränke gründet sich einzig und allein in dem Untertänigkeitsverhältnisse, und dieses Aufdringen hat sich noch heute als solches erhalten, nachdem das Aufdringen anderer obrigkeitlichen Feilschtaften im Strome der Zeiten inzwischen untergegangen ist. Wer könnte da noch zweifeln, daß die Behebung dieses offenbaren widerrechtlichen Bierzwanges, als eine aus dem Untertänigkeitsverhältnisse stießende Last nicht ausgesprochen werden darf? Ist der Bierzwang nicht ein Überbleibsel der von Kaiser Joseph II. behobenen Leibeigenschaft. Der Reichstag konnte nicht anders umhin, als consequent zu handeln, und mit allen Lasten der Unterthänigkeit auch die Last des Bier und Branntweinzwanges aufzuheben.

Die Staatsverwaltung hat dieselbe Ansicht über den Bier und Branntweinzwang bisher gehegt, und hat insbesondere in neuester Zeit die Freiheit des Bier und Branntweinschankes auf Grund alter Gepflogenheit gestützt; ja schon durch das Berufen auf eine Gepflogenheit gab die Staatsverwaltung zu, daß sie in Betreff der Getränkeabnahme keine Vertragsrechte im Allgemeinen als bestehend anerkenne.

Es gibt in Böhmen eine Art Bierschanke, welche sogenannte obrigkeitliche Verschleißet ausüben. Es sind solche Leute, welche das in obrigkeitlicher Bräu und Branntweinstätte erzeugte Getränke für die Obrigkeit und in ihrem Namen ausschenken. Diese Leute sind im eigentlichen Sinne bloße Kellner der Obrigkeit, oder der Kommune, sie zahlen keine Erwerbsteuer, und die Obrigkeit oder Kommune kann jederzeit ihnen die Ausfolgung des Getränkes versagen, oder einstellen, und sie müssen sich mit jener Qualität zufrieden stellen, welche der Obrigkeit oder Kommune selbst aber mündet. Auf dieses Verhältniß hat der Beschluß des Reichstages wohl keine Anwendung, denn die Diener der Obrigkeit oder der Kommune hängen hier in diesem Falle von dem Wollen derselben ab, und sie können über Beeinträchtigung nicht klagen, wohl aber verhält sich die Sache anders mit den Schäkern, welche den Ausschank als polizeiliches Gewerbe ausüben.

Diese Gewerbsschanker können nicht verhalten werden, von der Obrigkeit sich das Getränke aufdringen zu lassen, selbst dann nicht, wenn in dem Ausschanksbewilligungsdekrete die Obrigkeit in früherer Zeit ihnen die Abnahme zur Bedingung vor geschrieben hätte. Diese das Gewerbe, wovon die Gewerbsschänken die Erwerbsteuer zahlen, höchst nachtheilig einschränkende Bedingung, hat selbst die Staatsverwaltung für widerrechtlich erklärt, und ausdrücklich mittelst besonderer Gesetze den Obrigkeiten und Kommunen untersagt, in die Ausschankbefugnißverleihungsdecrete die einschränkende Bedingung der Pflicht zur Abnahme des Getränkes aus der obrigkeitlichen oder Communalbräustätte einzuziehen. Wenn also irgend in einem solchen Befugnißdecrete eine der gleiche Bedingung vorkömmt, so ist und war sie ursprünglich gesetzwidrig und sonach ungültig. Es hat daher der Reichstag in seinem Beschlusse vom 1. d.M. mit dem Ausspruche über die Beseitigung des Bier und Branntweinzwangs nur im Sinne der bisherigen Gesetzgebung und ohne Verletzung der Privatrechte consequent gehandelt.

3. Man will noch ein Bedenken gegen diesen Beschluß damit rege machen, daß man auf Verletzung der auf bräuberechtigten Häusern versicherten Gläubiger hinweist, welche durch die hierdurch bewirkte Verminderung des Werthes der Realität in der Hypothek verkürzt würden. Dieses Bedenken ist aber ungegründet. Es verlieren durch die Aufhebung des Bier und Branntweinzwanges weder die Besitzer der bräuberechtigten Häuser, noch die hierauf vorgemerkten Gläubiger, noch diejenigen, die das Braurecht eines Hauses beim Bestande der Reihgebräue erkauft oder verpfändet erhalten haben, denn das Braurecht wurde mittelst Reichstagsbeschlusses vom 1. d. M. nicht behoben, es besteht fortan in dem bisherigen Umfange aufrecht und ich will vielmehr behaupten, daß diese Gläubiger durch die Behebung des Zwanges gewinnen. Wenn die obrigkeitliche oder Communalbräustätte gutes Getränke erzeugen wird, so wird sie ohne Zwang einen vorteilhaften, gewünschten Absatz haben, ja selbst aus der Umgebung werden ihr Abnehmer zueilen. Sie wird also keineswegs über Absatz klagen können. Es hat dieß die Erfahrung in einzelnen Ortschaften Böhmens gelehrt. Der Zwang wurde dort freiwillig behoben, und siehe da! die Konkurrenz der Bierabnehmer hat sich noch vermehrt. Und daß das Publikum durch die Behebung des Bierzwanges ungemein gewinnt, hierüber dürfte wohl nur eine Stimme sein. Warum also diese Vortheile, welche sich im Gesetze und in der Billigkeit gründen, und kein Recht verletzen, dem Publikum länger vorenthalten wollen? Warum Hindernisse legen in den Weg der Entwickelung des freien Reiches? Ich erachte sonach, daß der Reichstagsbeschluß vom 1. d. M. ebenso gerecht als heilbringend ist, und daß jede dagegen erhobene Stimme nur eine Hemmnis des Rechtes der Allgemeinheit sei, und nicht beachtet werden könne und dürfe.

Von der Entschädigung für den aufgehobenen Zwang dürfte wohl keine Rede sein können, hat ja Kaiser Joseph II. für die Leibeigenschaften keine Entschädigung geleistet, und es ist auch Niemanden eingefallen, eine solche Entschädigung zu fordern. Und nach welchem Maßstabe wollte man die Entschädigung bemessen?

Leider ist bei dem Beschlusse noch der Weinzwang übersehen worden, die Obrigkeiten schenken selbst Wein, oder verpachten dieses Schankrecht an Andere. Dieses Vorrecht wirkt nachtheilig auf den Verkehr, und bringt dem Publikum keinen Vortheil, denn die Obrigkeit schließt jeden ändern Weinschank auf ihrem Territorium aus, ist so im Besitze eines Monopols, und setzt dem Publikum willkürliche Preise.

Auch dieses Schankrecht ist ein Überbleibsel der Leibeigenschaft, und des hierauf sich basierenden Aufdringens obrigkeitlicher Feilschtaften, und muß jetzt nach bereits ausgesprochener Behebung der Unterthänigkeit, auch von selbst zusammenstürzen, und es bleibt der Kommission überlassen, hierüber den geeigneten Antrag zur unentgeldichen Behebung dieser nachtheilbringenden Einschränkung zu stellen.

P r o t e st.

Bei der Abstimmung über den Zusatz von §. 3 des Kudlich'schen Antrages, daß in die Kommission auch wenigstens ein Abgeordneter aus der Bukowina zu wählen sei, hat sich die Majorität der Reichsversammlung dafür ausgesprochen, daß dieser Antrag bereits durch die früheren Beschlüsse über diesen Gegenstand erledigt sei. Da das Lasser'sche Kollektiv  Amendement im achten Punkte von einer aus Abgeordneten aller Provinzen zu bildenden Kommission spricht, so könnte ich mich als Deputierter der Stadt Czernowitz, und beziehungsweise Antragsteller, beruhigen, wenn die Bukowina, wie sie wirklich eine besondere Provinz ist, auch immer als solche anerkannt und behandelt würde; allein, wenn bei Zusammensetzung dieser Kommission das Wort "Provinz" mit "Gouvernement" gleichbedeutend genommen werden sollte, wie solches bei Bildung des Konstitutions-  Ausschusses und der Petitions-  Kommission geschah; so fühle ich mich verpflichtet, gegen den eben erwähnten Reichstagsbeschluß zu protestieren, und zur Begründung dieses Protestes nur den Umstand anzuführen, daß es im eigenen Interesse der Kommission liegen müsse, wenn sie ihren Verpflichungen genau nachkommen, und nicht ein unvollständiges Operat liefern will, von allen Verschiedenheiten der bäuerlichen Lasten genau und umfassende Kenntniß zu haben.

Wien den 2. September 1848.

Anton Kral, Abgeordneter der Stadt Czernowitz in der Bukowina.

Ich Abgeordneter Violand protestiere feierlich nicht nur vor den Bänken dieses Hauses, sondern auch vor dem Angesichte aller österreichischen Völker, welche uns zur Vertretung ihrer höchsten Interessen und unantastbaren Rechte gewählt und hierher gesandt.

Erstens. Gegen das Benehmen der jetzigen Minister, welche schwiegen, und sich somit scheinbar einverstanden erklärten, als in der Sitzung vom 31. August das Recht dieses Hauses, seine Beschlüsse in der Untertänigkeits- und Grundlastenfrage an das Landvolk zu proklamieren, anfangs von der Majorität bejaht wurde, welche aber jenes Recht und dadurch den konstituierenden Charakter dieses Hauses leugneten, als die Versammlung in der Sitzung vom 2. September über jenes besagte Recht,  weil sich von selbst verstehend, und in den bereits gefaßten Beschlüssen involviert  ohne weiter zu gestattende Diskussion zur Tagesordnung überging, welche also, sage ich, das Recht der Gesetzpublikation und den constituirenden Charakter dieses Hauses durch den Mund des Herrn Justizministers Bach in einem Augenblicke leugneten, wo sie über ein Thema, das die wichtigsten Interessen des Landes, den Frieden der österreichischen Völker, und die exzeptionelle, dem Boden der Revolution entsprossene legislatorische Stellung dieses Hauses wesentlich berührt, keinen Widerspruch, keine siegreiche Widerlegung fürchten durften.

Zweitens. Ich protestiere gegen das Benehmen des Präsidenten dieses Hauses, welcher zwar in seinem formellen Rechte war, mir nach jener Ministerialenklärung das Wort zu verweigern, welcher aber als zugleich geistiger Leiter des Hauses, die wichtigeren von den Interessen des Vaterlandes gebotenen Pflichten, die doch unendlich erhaben über der Geschäftsordnung und ihrem mechanischen Druckwerke stehen, hätte berücksichtigen sollen, welcher also,  wenn er es nicht vorzog, als Präsident und im Namen des Reichstages selbst die Erklärung des Ministers zurückzuweisen  mir von jenem höheren moralischen und politischen Gesichtspunkte aus, in einem Ausnahmefalle dieser Art das Wort hätte lassen müssen, in einem Momente, wo es sich nicht um die Aufrechthaltung eines trockenen Paragraphen der Geschäftsordnung, sondern um das große Prinzip der Volkssouverainität dieser kostbaren Errungenschaft der Neuzeit handelte, kraft welchen Prinzips wir einzig und allein in diesem Hause sitzen, und darum nicht etwa auf den bloßen Boden der Vertrags und Vereinbarungstheorie stehen, sondern eine selbständig constituirende, vom Kaiser in seinem Manifeste vom 16. Mai feierlich anerkannte und durch die großartigen Umwälzungen und Anstrengungen der österreichischen Völker erkämpfte Versammlung sind, eine Versammlung, die somit die Völkerrechte und ihre eigenen kräftig zu wahren hat, und selbe nicht durch eine bloße Ministerial Erklärung willkürlich beschränken lassen darf.

Wien den 4. September 1848.

Ernst Violand m. p. 

Deputierter des Wahlbezirkes Kornesburg in Niederösterreich. 

Wir schließen uns dem obigen Proteste an:

Alexander Dobrzánski m. p.

Andreas Heigl m. p.

Anton Füster m. p.

Dolesheim m. p.

Leopold Sonntag m. p.

Franz Woitech m. p.

Franz Teufel m. p.

Joh. Umlauft m. p.

Georg Bauer m. p.

Joseph Rigler m. p.

Franz Redl m. p.

Michael Mayer m. p.

Heinrich Fürnfranz m. p.

Johann Eichler m. p.

Joseph Purker m. p.

Joseph Demel m. p.

Anton Weigl m. p.

A. Meindl m. p.

Mathias Brandl m. p.

Plaß m. p.

Suppanz m. p.

Lindinger m. p.

Hofer m. p.

Motyka m. p.

Michael Thar m. p.

Fachinetti m. p.

Michael Leithner m. p.

Ferdinand Fußl m. p.

Johann Leithner m. p.

Michael Klausner m. p.

Michael Marcher m. p.

M. Popiel m. p.

Ignaz Mascha m. p.

I. Zöpfl m. p.

Math. Herndl m. p.

F. B. Radmilli m. p.

Protest des Abg. D o l i a k.

Als der Abg. Doliak bei der Abstimmung über den Verbesserungsantrag des Abg. Halm in der Reichstagssitzung vom 2. September die Erklärung abgab, daß er die Punkte b und c sub 2 der erwähnten Verbesserungsanträge bezüglich der Aufhebung des Jagd und Fischereirechtes darauf für erledigt halte, weil sie nicht als Amendement des Kudlich'schen Antrages angesehen werden können, sondern den Gegenstand selbständiger Anträge bilden, und als der Abg. Doliak verlangte, daß diese Erklärung, welcher sich viele andere Abgeordnete angeschlossen, ins Protokoll der Reichstagssitzung aufgenommen werde, wurde ihm die Aufnahme ins Protokoll als geschäftsordnungswidrig verweigert. In Erwägung, daß eine ähnliche Erklärung Tags zuvor vom Abg. Lubomirski gemacht, und ins Protokoll aufgenommen wurde in Erwägung, daß dieses Protokoll von der Kammer einstimmig gut geheißen und angenommen wurde, in Erwägung, daß jedem Abg. das gleiche Recht, seine Erklärungen abzugeben, eingeräumt werden müsse, in Erwägung, daß dieser Grundsatz im vorliegenden Falle offenbar verletzt worden ist, sehen sich die Abg. Doliak und alle Mitunterfertigten, welche seiner obigen Erklärung beigetreten sind, bemüßigt, gegen die verweigerte Aufnahme ihrer


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP