wallachische Regimenter. Ich erlaube mir daher an den Herrn Minister des Äußern, an eine bereits früher gestellte Interpellation des verehrten Mitgliedes für Schottenfeld anknüpfend, die Fragen zu stellen: 1. Ob das Ministerium von dem Charakter der in Bukarest und in der ganzen Walachei stattgefundenen Volksbewegung, wodurch eine Änderung der dortigen Verfassung herbeigeführt wurde, vollkommen unterrichtet sei?
2. Welche Politik das Ministerium seit dem Ausbruche der Volksbewegung in Bukarest der provisorischen Regierung und den beiden Schutzmächten gegenüber befolgt habe, und dermalen einzuschlagen gedenke?
3. Ob es sich erwahre, daß die provisorische Regierung eine Deputation hierher gesandt habe, um von Österreich Hilfe, die sich wahrscheinlich vor der Hand auf diplomatische Unterstützung der Volkssache bei der Verhandlung mit der hohen Pforte und dem russischen Cabinets beziehen dürfte zu erbitten, und ob diese Deputation bereits empfangen wurde, oder wenigstens Aussicht habe, mit ihrem Anbringen gehört zu werden?
4. Ob für den Fall eines wirklichen Ausbruches von Feindseligkeiten zwischen dem wallachischen und moldauischen Volke, wider die türkischen und russischen Occupationstruppen die nöthigen Vorkehrungen getroffen, um die Person und das Eigenthum der österreichischen Staatsbürger, die sich in den Donaufürstenthümern befinden, wirksam zu schützen?
5. Endlich, ob das Ministerium auf Grund des in der Zeitschrift "Presse'' Nr. 51, in einem Korrespondenzartikel aus Iassy, vom 14. August erzählten Vorfalles, über das nach diesem Artikel auffallende, wenig Vertrauen einflößende Betragen des österreichischen Agenten eine nähere Erhebung eingeleitet habe oder einzuleiten gedenke?
Ministerpräsident Weissenberg. Was den historischen Theil der Interpellation betrifft, so kann ich folgende Auskunft geben:
Als nämlich in der Wallachei die tumultuarische Bewegung der bestehenden Regierung ein Ende machte und in Folge derselben der Hospodar Fürst Bibesco auf seine Stelle resignierte, erachteten die beiden Schutzmächte, die Pforte und Rußland, den bestehenden Verträgen gemäß, thätig zur Vermeidung größerer Unruhen einzuschreiten. In der Walachei constituirt sich eine provisorische Regierung, welche eben von der Pforte als illegal erklärt wurde; dieselbe ernannte in der Person des Suleiman Pascha einen Bevollmächtigten, welcher die Einsetzung einer interimistischen Regierung oder Statthalterschaft veranlaßte, die auch bereits am 21. August ihr Amt antrat. Suleiman Pascha machte hiervon mittelst Circulare vom 24. allen Konsuln die Anzeige mit dem Bemerken, daß besagte Statthalterschaft von der Pforte einstweilen als die illegale Regierungsbehörde anzusehen sei. Ich habe Ursache zu glauben, daß die gegenwärtige Regierung in der Türkei sehr geneigt ist, dem wallachischen Volke wesentliche Erleichterungen zu verschaffen, wofür mir auch der Charakter der dermalen an der Spitze stehenden Staatsmänner, Reschid Pascha, Ali Pascha (Minister des Auswärtigen) und Rifaat Pascha, die freisinnigsten Männer in der ganzen Türkei, bürgt.
Hinsichtlich des Benehmens der österreichischen Regierung bei diesen Ereignissen, so hat dieselbe nichts versäumt, die Rechte der österreichischen Unterthanen in den Fürstentümern zu wahren, und sind ihr dießfalls bereits die bestimmtesten Zusicherungen von der Pforte zugegangen.
Von der von dem Interpellanten erwähnten förmlichen Deputation von Seite der provisorischen Regierung ist mir nichts bekannt, und würde auch solche, da jene bereits wieder aufgehört hat, nun mehr ganz zwecklos sein.
Abg. S t r a ffe r. Und über den fünften Punct meiner Anfrage? Es wird dem Herrn Minister bekannt sein, welches sonderbare Benehmen der österreichische Agent in Jassy in einer Angelegenheit, welche einen österreichischen Unterthan betrifft, nämlich einen GaIizianer aus der Bucowina, der von einer russischen Militärabheilung ins Lager geführt, dort zu Rede gestellt wurde und zur Strafe gezogen werden sollte, weil in seiner Schenke der Mantel eines russischen Deserteurs gefunden worden ist. tractatenmäßig ist aber die Untersuchung und Bestrasung der österreichischen Unterthanen, im Falle sie sich eines Vergehens schuldig machen, der Competenz des österreichischen Konsuls oder Agenten zugesichert. Nun hat aber der russische General, nach diesem Korrespondenzartikel, den ich gelesen habe, erst auf nachträgliche Reklamation diesen österreichischen Unterthan freigegeben, und hat dabei ausdrücklich erklärt, daß er es nur aus besonderer Rücksicht für die Person des Herrn Agenten oder Konsuls thut; das glaube ich, ist nicht in der Ordnung, denn wenn Traktate bestehen, so muß sich auch die hohe Schutzmacht daran halten, und zwar aus dem Grunde der Gerechtigkeit und es bedarf, wenn etwas zu Recht besteht, keiner persönlichen Rücksichten, damit man seiner Verpflichtung nachkomme. Ich habe mir daher den Herrn Minister zu fragen erlaubt, ob er über diesen Vorgang, wodurch wechselseitige Rechte und Pflichten festgesetzt werden und das wenig Vertrauen auf die Energie und Würde des österreichischen Agenten in Handhabung unserer tractatmäßig zugesicherten Rechte einstoßende Betragen eine nähere Erhebung des eigentlichen Sachverhaltes eingeleitet habe oder einleiten wolle. (Beifall. )
Minister Doblhoff. Die auf diesen Gegenstand Bezug nehmenden Actenstücke sind, wie ich sehe, dem Herren Minister des Äußern noch nicht vorgelegt worden, wogegen ich in der Lage bin, darüber die nöthigen Auskünfte zu ertheilen. Befragte Verhaftung eines österreichischen Unterthames, und zwar eines Galizianers, welcher sich in Jassy als Schenkwirth aufhielt, hat wirklich stattgefunden, ohne daß der österreichische Agent hievon in Kenntniß gefetzt worden war. Unser Agent erhielt auf anderem Wege die Nachricht, reklamierte den Angehaltenen, welcher ein oder zwei russische Soldaten zur Desertion verleitet haben soll, und erhielt ihn auch mit der Bemerkung von dem General Duhamel ausgefolgt, daß das Nationale unbekannt war. Die Reklamation war nämlich aus dem doppelten Grunde gestellt, weil die Verhaftung nicht von der ordentlichen Behörde erfolgte und eine Mittheilung an den Agenten unterblieb. Dem letzteren sind die für einen solchen Fall vorgezeichneten Weisungen ertheilt worden.
Präs. Ferner liegt die Anmeldung einer Interpellation des Abg. Johann Huemer vor.
Huemer. Ich erlaube mir an das hohe Ministerium die Frage zu stellen:
1. Ob das Ministerium das Steuer Regulierungspatent vom 23. Dezember 1847 für gerecht erkennt.
2. Was dort das Ministerium oder der Kaiser für Absicht hatte, wegen der Lasten, da es im Patente ausdrücklich heißt. Der Grund muß versteuert werden, ohne Rücksicht der Lasten.
3. Da aber im Jahre 1821 die Steuer schon eingetreten ist, ohne Rücksicht der Lasten bei uns in Ober Österreich; da wir aber einen bedeutenden Körnerzins haben, der 4 bis 5 Mal mehr ausmacht als die Steuer, wie sie früher berücksichtiget war, wodurch viele um ihre Häuser gekommen sind, und jetzt um das Brot betteln müssen, ich frage: wer ist daran Schuld, daß die Lasten noch bestehen, vielleicht unsere Landstände, die uns vertreten haben und wer soll es ihnen gut machen, was ihnen unrecht geschehen ist?
4. Warum muß nur Ober Österreich eine größere Steuer, Procent vom Reinertrag zahlen, gegen die andern Provinzen. Im Jahre 1818 zahlt Ober. Österreich nur 360. 000 fl. Von dem Jahre 1821 zahlt es um 4 Mal mehr bei 1, 619. 968 fl.
5. Ob denn bisher seit 1821 die übrigen Provinzen in demselben Maße zu dem Staate Lasten beigesteuert haben, wie wir Oberösterreicher. Für den Fall, daß wir viele Jahre hindurch mehr als andere an Grundsteuer entrichtet, einen rechtlichen Anspruch gegen den Staat selbst haben, so daß wenigstens für Oberösterreich die ganze Allenfallsiege Entschädigung vom Staate allein geleistet werden müsse. Ich bitte daher das Ministerium, Oberösterreich zu unterstützen.
Minister Doblhoff. Ich muß aufmerksam machen, auf den obersten Grundsatz im Patente vom Jahre 1817, der dahin lautet: daß die Steuern nur nach den Reinerträgnissen eines Grundes abzunehmen ist; dieser Grundsatz ist ein gerechter und er ist auch in Anwendung gekommen, denn überall sind die Lasten und Alles was auf den Grund und Boden lastet, abgezogen worden. Es war die Aufgabe der Steuerregulierung, daß alles bis ins kleinste, insbesondere durch die Urbarial Fissionen erhobenen Lasten vom Reinerträgnisse eines Grundes abgezogen würde, daher auch der Unterschied zwischen belasteten und unbelasteten Gründen. Was das verschiedene Steueropercent betrifft, so ist es allerdings in den Provinzen verschieden, nachdem dießfalls noch keine Ausgleichung stattgefunden hat und wie gesagt, es war die Aufgabe der Steuerregulierung, nach Erhebung der verschiedenen Reinerträgnisse ein gleiches Maß in den einzelnen Provinzen für die Gesammtheit zu Stande zu bringen. Der Unterschied ist noch immer ein sehr großer, und besonders ist dieser Unterschied zwischen dem Königreiche Böhmen und den deutschen Provinzen, namentlich Ober und Niederösterreich bemerkbar. Die Steuer Regulirung wird ihre Aufgabe erst dann vollendet haben, wenn sie auch diese Gleichmäßigkeit hergestellt haben wird, denn zu einer vollkommen gerechten Besten und gehört auch, daß sie eine gleichmäßige sei.
Finanzminister K r a u ß. Ich muß noch als Ergänzung bemerken, daß die Provinzen in Absicht auf die Umlegung der Steuern zweifacher Art sind. Provinzen, in welchen das neue Kataster durchgeführt würde, und Provinzen, in welchen es noch nicht zu Stande gekommen ist. In Provinzen, in welchen das Kataster durchgeführt wurde, ist gegenwärtig die Grundsteuer nach diesem Kataster umgelegt worden. Man hat die Summen, welche von einzelnen Provinzen zu entrichten sind, auf die Grundlage der Josephinischen Steuerregulierung, oder wie z. B. in Salzburg nach der Bemessung des bairischen Steuerkatasters bestimmt.
Nach der Durchführung des neuen Katasters, fand man es nicht angemessen, die Steuersummen für die einzelnen Provinzen zu ändern, man zog vor, die einzelnen Provinzen nach ihren früheren Steuerdummen fort zu belassen, die letzteren jedoch auf die einzelnen Steuerpflichtigen nach den Ergebnissen des neuen Katasters im Innern jeder Provinz umzulegen. In den südlichen Provinzen hat man einen anderen Weg eingeschlagen, der bemerkten Einrichtung hat sich ergeben, daß, weil die ursprünglichen alten Kataster der Provinzen, auf deren Grundlage die Provinzialsteuerquoten bestimmt worden war, nicht in gleichmäßigem Verhältnisse zu den Ergebnissen der neuen Erhebungen standen, verschiedene Procente für die einzelnen Provinzen entfielen.
Dieser Gegenstand ist in Verhandlung, und ich hoffe, bald einen Antrag stellen zu können, daß wenigstens zwischen denjenigen Provinzen, welche bereits katastriert sind, eine gleichmäßige Umlage stattfinde, und dadurch dürfte eine der Beschwerden, welche Österreich ob der Eins erhebt, daß nämlich Österreich im Vergleiche zu Salzburg viel höher belegt ist, weil der Anschlag des Grundertrages in Salzburg nach dem bairischen Kataster minder hoch war, als jener in den übrigen Provinzen.
Präs Der Verbesserungsantrag zum Antrage des Abg. Kudlich ist vom Abg. Leberl zurückgenommen worden. Ich bitte den Antragsteller Kudlich, nun sein Wort zu ergreifen.
Kudlich (besteigt die Tribune).
Meine Herren! Ich verspreche der hohen Versammlung vor Allem so kurz und kalt als möglich zu sein, um erstens Zeit zu ersparen, und dann die hohe Versammlung vor der gefährlichen Begeisterung zu bewahren, die dann einen Vorwand, um neue Amendements einzuschalten, hervorrufen könnte. Ich will nur kurz einige jener Einwürfe zu widerlegen versuchen, welche gegen die Form meines Antrages gemacht worden sind; über die Sache wird jeder der Herren Abgeordneten seine bestimmte Meinung haben, wird sie schon in dieses Haus mitgebracht haben, wenn er sich um die Interessen des Landes überhaupt bekümmert hat. Mein Antrag wurde von einem der Herren Abgeordneten ein Kleeblatt genannt, daß aus einem Lorbeerblatt entstanden sei. Ich nehme das als ein Lob an, und ich glaube, daß wenn mein erster Antrag ein Grund gewesen ist, auf welchem ein reichliches Feld von Klee entstanden ist, ich glaube es waren siebenzig solcher Kleeblätter, so sind sie nützlicher als Lorbeeren. Derselbe Abgeordnete hat meinen Veränderungsantrag einen grausamen Herodes genannt, der die kleinen unschuldigen bethlehemitischen Kinder fressen, und tödten lassen wollte. Dagegen muß ich mich verwahren, da ich erkläre, daß es mir einerlei ist, welches Amendement angenommen wird, wenn nur die Sache durchgeht. (Beifall. ) Hätte ich eine Ansicht gesunden, welche meinem Sinne und meiner Ansicht vollkommen entspricht, so hätte ich gewiß sie mit der aller dieser Amendements zugleich zurückgezogen, und vernichtet. Ich will, da ich mein letztes Amendement noch immer für das Beste halte, im Gegentheile hoffen, daß es ein kleiner David sein wird, der manchen großen Goliath schlagen wird. Ich habe schon vor geraumer Zeit, es ist schon lange her meinen Antrag überreicht, und fand eine bedeutende Unterstützung, und er würde mit der so gefährlichen Begeisterung angenommen, welche zu löschen, sich manches der Mitglieder bewogen fand. Das hat mich verleitet, meinen Antrag auf Vollberathung zu stellen, was mir später auch sehr getadelt wurde; allein ich glaube, wenn hier von einem Tadel die Rede sein kann, so trifft er nicht mich, sondern die Majorität der hohen Versammlung, welche damals den Antrag auf Vollberathung angenommen hat.
Wie konnte ich vermuthen, daß über eine so klare Sache, über welche damals die ganze Versammlung einig zu sein schien, daß darüber 14 Tage werde debattirt werden können? Ich habe zu viel Achtung vor der hohen Versammlung gehabt, um daran zweifeln zu können, sie werde damit eher als in 14 Tagen fertig werden. Wir haben die Sache von allen möglichen Seiten, von dem sozialen, politischen, juridischen, vom tirolischen und böhmischen Standpuncte betrachtet, und was war das Resultat? Wir sind gerade so klug als zuvor, nachdem wir Iuristerei und Medicin darüber studiert haben, und stehen dort, wo wir früher standen, und ich glaube, es wird dabei bleiben, was ich gleich anfangs beantragte, dasjenige, worüber wir alle einig sind, fest und bestimmt anzusprechen, und das Übrige einer Commission zu überlassen. Nachdem nun die Sache so langsam gegangen, und so gründlich behandelt worden ist, kann ich es nur für seine Ironie, für bitteren Sarkasmus halten, wenn ein Herr Abg. aus Prag ausgerufen hat, weil wir so mit Dampfwagen Eile vorwärts gegangen, so sehen sich die Herren Antragsteller genöthigt, Hemmschuhe anzulegen.
Der Daimpf, mit dem wir fortgetrieben worden sind, hat die Eile nicht so groß gemacht, denn die Versammlung war bloß mit der Geschäftsordnung geheizt, die eben nicht eine besondere Eile hervorbrachte, und der Abgrund, in welchen wir zu stürzen Gefahr liefen, kömmt mir nicht so schauerlich vor, wie ihn der Herr Abg. Borrosch geschildert hat. Ich habe, dadurch aufgeschreckt, meine Fantasie angestrengt, konnte aber dort keinen Abgrund, sondern nur einen herrlichen Garten, unser schönes Österreich erblicken, in welchem ich keine Dämonie und keine Teufel sah, sondern nur die Gärtner, welche das Schwert der Volkswehr an der Seite sich gegenseitig die Hände reichen, und das Bewußtsein der freien Staatsgenossenschaft in der Brust, nicht mehr fürchten dürfen, von den ersten besten Schreibern tyrannisiert zu werden, die einhergehen und fleißig arbeiten und nachbarlich sich die Hände reichen, ob sie im Schlosse wohnen, oder in Bauernhöfen; ich habe in diesem Abgrunde, wo ich einen Garten sah, nicht mehr gesehen, die Sitze der Edlen, als Kerker und als feindliche Zwingburgen. Ich habe in diesem Abgrunde, oder dort, wo ich einen Garten sah, nicht gesehen den Abgrund der alles verschlingenden Bureaukratie, sondern das seine Angelegenheiten selbst verwaltende, freie, gerechte Volk, das, von dem patriotischen Feuer des Vaterlandes erglüht, das gute Gesetze hat, die das Volk vertreten und wahren wird. Wenn dort, wo B o r r o s c h einen Abgrund sah, ich einen Garten sah, da ich mit mehr Eile als er, dem Ziele zueilte, so kann man ihm dieß nicht zum Vorwurfe machen, und um so weniger verdenken, wenn er mit zögernden Schritten dort ging, wo er einen Abgrund vermutete. Ich kann dieß nur billigen, wenn man dem Dampfwagen einen Hemmschuh anlegt; man soll aber des Guten nicht zu viel thun, und keinen Hemmschuh anlegen, der so groß ist, als der Dampfswagen selbst. (Heiterkeit. )
Ich will sehr schnell über alles, weil es schon weitläufig besprochen wurde, zur Entschädigungsfrage wegeilen, obgleich ich mir für den Fall, als diese Frage, wie es nothwendig ist, nach dem Commissionsbericht noch mal zur Sprache gebracht werden muß, vorbehalte, meine Meinung zu sagen. Weil jeder Herr seine Meinung sagte, werde auch ich es thun. Es sind hier zwei Ansichten: Einige meinen, man soll das Princip der Entschädigung von vorne herein als eine Forderung des Rechtes aussprechen. Sie nehmen die Entschädigung als Recht, Princip, Regel an, und ich gestehe es, daß ich diese Forderung nur als eine Ausnahme gelten lasse.
Ich will den Herren, welche der ersteren Meinung sind, zugeben, daß es sehr viele hundert tausend Fälle gebe, wo das Verhältniß zwischen Unterthanen und Herrschaft auf einem Vertrage beruht, ich kenne selbst Fälle, wo ganze Dörfer durch Grundzerstückelung, durch Theilung von Grund und Boden entstanden sind, aber das sind Ausnahmefälle, mögen sie noch so zahlreich sein, der Regel nach, in den meisten Fällen, ist das Verhältniß zwischen Unterthan und Herrschaft entstanden durch die Entwicklung, durch die Zeitverhältnisse, ich möchte sagen durch den damaligen Zeitgeist, und basirt sich nur auf die Landesverfassung und nicht auf Verträge. Es haben einige Abgeordnete, wie z. B. der Abgeordnete Helfert sich auf die Grundbücher berufen und sagen, nachdem es doch deutlich in den Grundbüchern steht, der Bauer muß seiner Herrschaft so und soviel leisten, nach dem es in den Landtafeln verklausuliert ist, wie könnt ihr solche Gotteslästerer sein und länger zweifeln, wenn ihr es schwarz auf weiß habt. Ich möchte wünschen, das in den Grundbüchern und Landtafeln auch das österreichische Wuchergesetz intabulirt wäre, ich glaube, dann hätte der Abgeordnete Belfert mehr Respekt, wenn es eingeschrieben wäre, ich wünsche denn, daß das Recht des Bauern auch darin intabulirt gewesen wäre. (Beifall. ) Vielleicht, wenn es geschrieben wäre, so hätten wir auch mehr Respekt, da wir nur das Geschriebene achten wollen. Ich wünschte, daß die Grundbücher von Kaiser Carl dem Großen vorhanden wären, da bekäme die Sache eine einfache und andere Gestalt. Meine Meinung ist die, daß wir nicht wie die meisten Herren es thun, das Verhältniß von einem Bauer zu einem Grundherrn auffassen und immer sagen, es ist die Analogie zwischen Schuldner und Gläubiger vorhanden. Es ist nicht derselbe Standpunct nach meiner Meinung, ich glaube hier fei eine große Volksblasse, und zwar die zahlreichste Volksblasse, eigentlich das Volk Österreich als Eines zu betrachten, eine Kaste, eine Kriegerkaste, oder nennen Sie es wie sie immer wollen, es ist einerlei, es bleibt eine Kaste. Ich behaupte nun, daß dieses Verhältniß zwischen dem Volke und dieser Kaste nicht dem Verhältnisse von Schuldner und Gläubiger analog sei, sondern dem Verhältnisse, wie ich es in der Geschichte so oft fand, wo eine Kaste die andere Kaste beherrscht hat, ich behaupte, das zwischen der Herrschaft der Türken in Griechenland, der Aristokratie in Österreich und dem Volke eine viel größere Analogie besteht, als zu dem Verhältnisse der Schuldner und Gläubiger.
Denn das ist doch ein Factum, dem Niemand widerspricht, daß in alten Zeiten alle Männer, die Grundbesitz besaßen, oder die auch keinen besaßen, als freie Männer, als eigentliche Staatsbürger, wie wir sie jetzt erst machen wollen, neben einander nachbarlich wohnten; sie übten ihr Stimmrecht, sie übten ihre Wehrhaftigkeit als Zeichen der Freiheit. Ich berufe mich da auf einige Grundbuchführer der Menschheit, vom alten Tacitus herab bis auf Rotteeck, Hillmann, Möser, und sogar Palacki. Es werden alle übereinstimmen darin, daß in dem großen Grundbuche der Weltgeschichte das eingetragen sein muß, daß alle diese Völker einmal frei und in keine Kasten getheilt waren. Wir wissen ferner aus diesen Grundbüchern, welche diese Herren zusammengeschrieben haben, daß Anfangs jeder Mann in den Krieg ziehen müßte. Das thaten sie so lange, als es ihnen bequem war, aber als sie anfingen, Ackerbauer zu werden, konnten sie natürlich nicht in den Krieg ziehen; es hat sich Nachlässigkeit, Faulheit, Bequemlichkeit ihrer bemächtiget, sie ließen andere, die das Blut des Krieges in sich fühlten, in deren Familien vielleicht schon ein hitzigeres Blut war, für sich in den Krieg ziehen, sie rüsteten sie aus und zahlten ihnen dafür als Entschädigung einen förmlichen Zins; daraus entstand natürlich ein Übergewicht jener stärkeren, jener kämpfenden Classe über die ackerbauende, das hat sich durch die Zeit immerfort entwickelt, die Gewalt, die Kraft wüchsen auf der einen Seite, während die Schwäche und Unbeherztheit ebenso auf der anderen Seite gewachsen sind, und daraus entstand aus der Sanction der Landesfürsten, die mit Hilfe dieser Kaste regierten, und mit Hilfe dieser Kaste Gesetze schrieben, daraus entstand tractatus de jure incorporali, und das sind die jetzigen Grundbücher, welche den status quo von jener Zeit enthalten, wo er der herrschenden Kaste am günstigsten gewesen ist. Das kann eine Warnung für uns selbst sein, daß wir die Wehrhaftigkeit nicht fahren lassen, und daß wir wachsam bleiben gegen alle Seiten.
Nun meine Herren! wenn, wie es factisch ist, hier eine unterjochte Kaste, ein unterjochtes Volk, einem Unterjochenden gegenüber steht, wie können wir darauf kommen, hier zu theilen. Hat man in Griechenland, als es sich die Fesseln brach, unterschieden den Vertrag zwischen jeden einzelnen Griechen und zwischen jedem einzelnen Türken. Und wenn wir jedem Volke zujauchzen, wenn es die Fesseln bricht, so können wir es auch dem Unsrigen. Das ist meine Ansicht, daß in der Regel das Verhältniß zwischen dem Unterkhane und zwischen der Herrschaft auf der Landesverfassung allein beruht, und daß also, wenn dieser Grund, die alte Landesverfassung, die alte Herrschaft wegfällt, auch die Folgen wegfallen müssen. Viele sagen, es könne wo privatrechtliche Verhältnisse geben. Ich gebe das vollkommen zu, es gibt solche Verhältnisse und da soll Entschädigung geleistet werden, und zwar vom Staate, der diese Wuchergesetze, diese Wucherverträge sanktioniert und nicht gehindert hat; weil der Unterthan nicht zu entschädigen im Stande ist, das ist meine kurze und einfache Ansicht über diese ganze Sache, und nach diesem Maßstabe würde ich manchen Einwurf widerlegen, der gemacht wurde. Der Abg. Mayer, z. B. gestern, der hat und ich muß mich freuen, daß so viele soziale und idealkommunistische Anschauungen in der Kammer vorhanden sind, der Abg. Helfert und Mayer haben sich berufen auf das arme Proletariat und haben unser Mitleid dadurch auf das arme Proletariat zu erregen gesucht, haben aber wohlweislich nur erwähnt von dem Verhältnisse des Proletariates gegenüber dem wohlhabenden Bauer, haben aber immer geschwiegen davon, daß das Verhältniß vom Proletariat gegenüber den reichen Gründbesitzern gilt. Sie haben immer nur gesagt, daß durch große Anhäufung von Vermögen bei den Bauern und so weiter das Proletariat gekränkt wird, denn der Bauer ist reich, schenken wir ihm was, so ist der Häusler gekränkt, nun so würde ich weiter schließen, schenken wir dem Häusler, so wird der Inmann gekränkt sein, und schenken wir dem Inmann, so ist der Bettelmann gekränkt, wir können dann keinem ohne Entschädigung etwas nachlassen. Alle diese müssen wir dann entschädigen, wohin sollen wir aber dann kommen?
Der Abg. Helfert hat gesagt, daß es Bauern gibt, die sehr wohlhabend sind, und daß es Häusler, Inmänner und Proletarier gibt, welche von saurer Milch leben müssen. Wir haben in Schlesien dieselbe Classe, und wir können dann noch vielleicht Classen und Unterabteilungen machen, die die andern begeizen und um ihr Vermögen beneiden. Bei uns ist es noch nicht so weit gekommen. Auch wir haben Proletarier, auch wir nennen sie der Kürze wegen Bettler. Diese müssen meistens die Bauern erhalten; allein der Bauer könnte ihnen dort keine saure Milch geben, weil das für ihn selbst ein Leckerbissen ist, aber es wurde ihnen auch von einer Herrschaft nichts gegeben, denn wie sie zu einer Herrschaft gekommen sind, bewacht von gut abgerichteten Bettelvögten und Gerichtsmännern, wurden sie abgewiesen; und so würde es wahrscheinlich auch für die Zukunft sein, und wenn der Bauer nicht mehr seinen Überstuss an die Herrschaft wird abgeben müssen, so wird er auch dem Bettler und dem Proletarier mehr geben können. Es sind hier noch Worte gefallen von Communismus. Einige Abgeordnete sind darüber als über ein Absurdum mit Lächeln hinweggegangen; ich habe dieses mit Entrüstung vernommen. Wie kann man da von Communismus reden, wo die Grenzen des Eigenthums durch den Mißbrauch der Zeiten ganz undeutlich und verrückt worden sind, wie kann man da von Raub und Diebstahl reden, wenn wir nicht vermeiden und es nicht hindern, daß ein Jeder aus dem Sacke eines Andern nach Belieben das Beste heraussuchen kann. (Beifall. ) Wie kann man da von Raub reden, wenn der nächtliche Geier, nachdem ein Familienvater gestorben ist, sich auf seine Leiche stürzt, und aus dem Stalle das beste Kalb heraussucht. Wie kann man da von Raub und Diebstahl reden; wie kann man da reden von gewissenlosem Raube. Ich glaube, wenn wir schon diese Worte gebrauchen wollen, müßte man auf eine ganz andere Sache sehen. Der Abg. Helfert und Gredler haben sich ferner von ihrem juridischen Standpuncte auf einen Kampfplatz begeben, den, ich gestehe es, mir die Achtung vor der Kammer und vor mir verbietet. (Beifall. ) Meine Herren, ich werde kurz sein, weil mir daran liegt, die Sache so schnell als möglich beendet zu sehen. Das Volk wird nicht mehr überrascht werden, es ist hinlänglich darauf vorbereitet, und Niemanden wird darüber der Schlag treffen, daß wir endlich einen Beschluß fassen, und daß wir mit unseren Vorbereitungen aufhören, und dem Volke zeigen, daß wir, wo es sich um sein Wohl und Wehe handelt, uns schnell entschließen, und Abendsitzungen halten können, wie damals, wo es sich darum gehandelt hatte, dem Volke 20 Millionen für den Staatsschatz zu entnehmen. Ich möchte mir die Freiheit nehmen, die hohe Versammlung aufzufordern, jetzt gleich die Sitzung zu beenden, und heute Abends, vielleicht schon sogar um 5 Uhr, wiederzukommen, um heute noch mit der Abstimmung fertig zu werden; alle Parlamente, ich führe bloß die Ungarn an sitzen bis in die Nacht, bis 1, 2 Uhr, und in Frankreich und England noch länger beisammen, warum wollen wir, nachdem wir schon so lange warten und warten lassen, nicht dasselbe thun. Ich habe aus allen dem, was gesagt worden ist, nicht entnehmen können, daß mein Antrag der Form nach schlecht fei, und eben die Stilisierung des Ob und Wie scheint mir die beste, denn dieser Ausdruck enthält hier keine Präjudiz, und nach dem, was ich gehört habe, mag wohl die Ansicht Aller sein, daß sie im Allgemeinen wohl einer eigentlichen Entschädigung nie gelten können. Sprechen wir das Recht der Entschädigung im Allgemeinen und bestimmt aus, so wird dem Bauer wirklich ein Geschenk gemacht, obwohl es nur sein gutes Recht ist. Wir dürfen keine Präjudiz fällen, weil wir sonst den ganzen Stand verletzen. Von einer Aufhebung der Unterthänigkeit ohne Entschädigung kann hier gar nicht die Rede sein, weil darunter doch auch privatrechtliche Verhältnisse einbegriffen sind, die wir achten müssen. Das Beste wäre, wenn man die Spezialisierung der ganzen Frage der Commission überlässt, und daß man bei jedem einzelnen Puncte darüber debattirt, ich bleibe daher bei meinem letzten Antrage stehen. (Bravo. )
Abg. Borrosch. Da der geehrte Herr Redner meinen Namen genannt hat; so will ich bemerken, daß, er ganz das Gegenteilige verstanden hat.
Präs. Betrifft es noch den Gegenstand selbst, so muß ich bitten, sich des Wortes zu enthalten.
Abg. Helfert. Der Herr Abgeordnete hat meine Meinung mißverstanden, und es kann mir nicht gleichgültig sein, daß er mich gedeiht hat, als hätte ich die Achtung vor der Kammer verletzt. (Auf der Linken Ruf: Sie wurde verletzt. )
Abg. Kudlich. Ich habe die Namen bloß deßhalb genannt, weil ich die Herren nennen wollte (Gelächter), wenn ich bloß sage, der Abgeordnete, so wissen wir noch immer nicht, wen ich gemeint habe und ich glaube, bezeichnet werden müssen sie und dazu sind die Namen da, meine Herren, nach meiner Meinung. (theilweise Bravo. )
Präs. Herr Minister Bachwill noch in dieser Angelegenheit sprechen.
Kudlich. Ist geschlossen.
Präs. Der Minister hat (Kudlich ruft: es ist die Frage ) so oft das Wort, als er es wünscht. Ich erlaube mir den Herrn Abgeordneten aus die Bestimmung der Geschäftsordnung aufmerksam zu machen; der betreffende §. 31 lautet: Die Herren Minister (liest) u. s. w.
Kudlich. Sprechen der Herr Minister als solcher oder als Deputirter?
Bach. Als Minister.
Minist. Bach. Ich ergreife in dieser wichtigen Angelegenheit im Namen des Ministeriums das Wort, nicht in der Absicht, die hohe Versammlung durch lange Auseinandersetzungen aufzuhalten, sondern in wenigen kurzen Bemerkungen den Standpunct des Ministeriums selbst zu dieser Verhandlung zu bezeichnen.
Die Angelegenheit, die seit so lange beschäftigt, greifst tief ein in alle Verhältnisse unsers sozialen Lebens. Die vollständige Durchführung der Grundsätze, in deren Ausspruch die hohe Kammer in diesem Augenblicke eintreten will, umfaßt die völlige Reorganisation fast aller staatlichen Verhältnisse; sie greift ein in das Gemeindewesen, so wie in die Organisation der administrativen und Gerichtsjustiz; es ist daher ganz gewiß wichtig, daß es mit aller Ruhe und Besonnenheit, und nicht im Sturme der Leidenschaften erlediget werde. Man hat angedeutet, warum das Ministerium in dieser Sache nicht selbst die Initiative ergriffen, und einen Gesetzentwurf vorgelegt habe. Ich bin verpflichtet, vorerst über diesen Punct einige Bemerkungen zu machen. Als das Ministerium vor wenig Wochen an die Geschäfte trat, waren in dieser Angelegenheit keine ausreichenden Vorarbeiten vorhanden; das vorige Ministerium betrachtete dieselbe vorzugsweise als einen Gegenstand, zu dessen Erledigung die ausreichendesten Vorarbeiten auf den Provinziallandtagen geliefert werden müßten. Es sind zu diesem Behufe auch mehrere Provinziallandtage zusammengetreten, und es liegen von einigen bereits vollständige Elaborate über die Ablösungsrage vor. Selbst die in dieser Sache so notwendigen umfassenden statistischen Daten stehlen zum größten Theil, und es ist daher, abgesehen von der vielseitigen Beschäftigung, in der das Ministerium seit dem Beginne seiner Wirksamkeit sich befindet, geradezu unmöglich gewesen, einen Gesetzentwurf, welcher in alle Details und in alle Provinzialengelegenheiten einginge, und ganz genügende Bestimmungen über sämmtliche hierbei in Frage kommenden Puncte erteilte, einzubringen. Zudem läßt sich nicht verkennen, daß es bei der großen Verschiedenheit der provinziellen Verhältnisse angemessen sein dürfte, immerhin die Einzelheiten dieser Gesetze den Provinziallandtagen vorzubehalten (Bravo!), soweit diese auf eine wahrhaft volksthümliche Weise reorganisiert, durch diesen Reichstag überhaupt werden ausrecht erhalten werden.
Es dürften durch diesen h. Reichstag wohl nur die allgemeinen Grundsätze ausgesprochen, das Detail der Ausführung aber mit Berücksichtigung der so verschiedenen Provinzen und Provinzial Verhältnisse den Provinzialautoritäten überlassen werden. Dieß war der Gesichtspunct, welcher das Ministerium nöthigte, sich bei dieser Frage nur in sofern zu betheiligen, als es sich um das Princip handelt. Wenn ich den Antrag, welcher jetzt der h. Kammer vorliegt, richtig auffasse, so liegt darin unmittelbar noch nicht ein Gesetzentwurf. Es liegt darin nur der Antrag auf Anerkennung zweier allgemeiner Principe; dagegen soll die Frage der Einzelheiten des, die Ausarbeitung, die praktische Durchführung dieser Principien vermittelnden Gesetzentwurfes erst einer Commission vorbehalten bleiben, einer Commission, in welcher selbst nach dem Antrage des ursprünglichen Herrn Antragstellers geradezu durch Berufen von Abgeordneten aus allen Provinzen auf die provinziellen Verhältnisse die nöthige Rücksicht getragen werden soll.
Das Ministerium erkennt die dringende Nothwendigkeit, jene zwei großen Principe, welche den Antrag charakterisieren, mit möglichster Bescheunigung auszusprechen; es sind die beiden Principe der vollkommenen Aufhebung des persönlichen Untertänigkeitsverbandes mit allen seinen Folgen, und jenes der völligen Entlastung des Grund und Bodens. Das Ministerium glaubt aber auch, daß die Frage der Entschädigung ebenso wichtig sei, und daß darüber schon auch in der jetzigen Verhandlung, wo es sich nur um den Ausspruch von Grundsätzen handelt, volle Beruhigung gegeben werden müsse; es glaubt, daß diese Frage nicht durch die zweideutigen Worte