Sobota 12. srpna 1848

Verbesserungsantrag zu stellen, so schaden wir der Sache vielleicht mehr als der Nutzen wäre, den man durch ein oder zwei Tage Zeit gewinnen könnte; aber die Kammer, der im Allgemeinen das Princip heilig ist, welche von ihm durchdrungen ist, diese Kammer wurde von mehreren Mitgliedern vielleicht zu scharf angegriffen, als wäre irgend eine Opposition. Ich glaube aussprechen zu müssen, daß hinsichtlich des Principes durchaus keine Opposition in der Kammer herrsche, und es wird sich herausstellen, ob nicht zu diesem hochwichtigen Gegenstände ein Verbesserungsantrag beigefügt wird. Ich muß es für durch aus unparlamentarisch halten, wenn die Verwandlung darüber jetzt abgeschnitten würde.

Abg. Jonak. Nachdem schon vorher das gesagt wurde, was ich sagen wollte, verzichte ich auf mein Wort.

Abg. Borrosch. Ich habe bloß Eines zu erwidern, um die Verhandlungen des Reichstages in ihrer Freiheit zu wahren, nämlich daß noch keine Debatte schon dadurch Statt finde, wenn man der frühern Anträge erwähnt. Es muß das Letztere oft Statt haben, um einen grundsätzlichen Unterschied darzuthun, oder um vorausgegangene Ausfälle zurückzuweisen; wurde dieß nicht gestattet, so hätte sie dann der frühere Antragsteller nicht aussprechen dürfen.

Abg. Violand. Ich habe nur zu bemerken, daß der Abg. Helfest im Irrthume sei, wenn er glaubt, daß ich gestern gegen ihn gesprochen habe.

Abg. Helfest. Nein, ich habe gesagt der Vorredner.

Abg. Goldmark. Wenn ich den Wunsch "zum Schluß" recht verstehe, so heißt es eigentlich: "Beginnen wir die Debatte," denn es wird nichts Anders gewünscht, als daß die Amendements, welche sich auf sechzig belaufen, geschlossen werden und die Debatte beginnen möge. Das ist eigentlich der Sinn des Wunsches. Übrigens was das Debattiren betrifft, so muß ich erklären, daß gerade Herr Helfest es war, der vorzugsweise von der Motivirung seines Amendements abgewichen ist, und man ihn "zur Sache" rufen mußte, daß er es war — (Der Redner wird unterbrochen.)

Vicepräs. Der Abg. Mayer hat das Wort.

Abg. Mayer. Meine Herren! Ich kann gar nicht begreifen, wie der Antrag auf Schluß der Debatte gleichlautend sein soll mit dem auf Beginn. (Heiterkeit, Beifall.) Meine Herren! Ich glaube, wir haben schon eine traurige Strafe erlitten, für das was wir früher beschlossen haben, nämlich den Gegenstand, ohne ihn einer Vorberathung zu unterziehen, in die Vollberathung zu nehmen. Ich erlaube mir früher darauf hinzuweisen, daß wir keinen ursprünglichen Antrag mehr haben! Der Antragsteller hat schon seinen dritten Antrag vor die Kammer gebracht, ein Beweis, daß bei dem ursprünglichen Antrag nicht jene reife Überlegung vorgewaltet hat, daß er sich im Laufe der eingebrachten Amendements selbst überzeugt hat, welche große Lebensfrage vor uns liegt, über welche Interessen des Staates wir zu entscheiden haben. Meine Herren, ich sehe den dritten Verbesserungsantrag, und jetzt wollen Sie uns das Recht abschneiden, über diesen dritten Antrag auch Amendements vorzubringen? Wir sind auf demselben Standpuncte, wo wir vor vier oder fünf Tagen waren, nämlich bei einem neuen Antrag des Antragstellers. Wenn wir so fortfahren, so ist schwer zum Ziele zu gelangen. Wir bringen die Zeit hin, und verwickeln uns so tief, daß ich nicht mehr sehe, wo wir den schönen Faden finden, der uns aus dem Labyrinthe führt. Meine Herren, es handelt sich hier nicht um den Ausspruch des Principes. Keiner sitzt hier in der Versammlung, der nicht freudig beistimmen wird, daß ein solcher Verband für die Zukunft nicht mehr existiren kann. (Beifall.) Wir haben das Princip ausgesprochen, schon unsere Wahlordnung hat es anerkannt; Niemand wird gegen das Princip streiten. Wir haben Errungenschaften — auch das ist eine Errungenschaft. Aber ich erlaube mir zu bemerken: sind dann unsere Errungenschaften dadurch schon ins Leben getreten? oder sind wir nicht gerade als die Baumeister berufen, denselben die praktische Geltung zu verschaffen? Es ist eine Errungenschaft, daß der kräftigste Stand des Staates, der Bauernstand, frei geworben ist—sitzt er nicht auch da? Meine Herren, wir greifen sehr tief in unser soziales Leben hinein, es hängt vielleicht an dieser Frage die Zukunft Österreichs! Das Princip leugnet Niemand, aber die consequente Durchführung für die provinziellen Verhältnisse ist nicht ein« Sache des Augenblickes, die wir hier im Hause, ohne Vorberathung austragen können. Meine Herren! Das fordert Überlegung und Erwägung aller Zustände, und ich glaube, damit daß wir bloß das Princip aussprechen, haben wir dem Landmanne noch nicht geholfen. Wenn wir dem Hungrigen sagen: "Du hast das Recht zu speisen", geben ihm aber keine Speise, so ist damit das Übel nicht gehoben. Nicht das Princip allein genügt, sondern die praktische Durchführung, und daß solche so schnell als möglich geschehe, ohne jedoch Unordnung und Anarchie in die Provinzen zu bringen, ohne jedoch, daß die schwachen Autoritäten aufhören Autoritäten zu sein. Dazu ist aber die reiflichste Überlegung nothwendig. Wir nahmen eine Geschäftsordnung an, zu diesem Zwecke führten wir Abtheilungen ein, damit wir unsere Meinungen früher austauschen können, ehe der Gegenstand in die Versammlung kommt, und in der wichtigsten Lebensfrage haben wir dieses Princip nicht angenommen! Was ist die Folge davon? Wir traten bann mit solchen Fragen in die Kammer, mit 383 Minoritäten! Jeder wird seine eigene Lebensansicht erst hier ausgleichen, was die Feige davon ist, daß Jeder seine Ansicht in seinem Amendement ausspricht, und dieß wird uns eine Sündflut von Amendements bringen. Wir haben sie selbst herbeigerufen, und ich erlaube mir, auf den weitern Umstand aufmerksam zu machen, daß, wenn wir tagelang debattiren, und die Debatte tagelang fortsetzen, dann müssen wir noch in Frage stellen, welcher Präsident im Stande ist, diese Amendements so zusammen zu fassen, um sie zur Abstimmung zu bringen. Wir werden wochenlang über die Fragestellung debattiren und der guten Sache Zeit opfern, ohne sie zu realisiren, während doch die schnellste Durchführung der Aufhebung des Unterethansverbandes unsere heiligste Pflicht ist. Meine Herren, im Principe sind wir einig — warum ist es nicht auch möglich, sich über die Modalitäten zu vereinigen? Ob wir uns auf dem Wege vereinigen, das muß ich gegründet bezweifeln. (Beifall) (Abg. Brestel will sprechen, wird aber vom Vicepräsidenten unterbrochen, mit der Bemerkung, daß Abg. Löhner das Wort hat.)

Abg. Löhner. Ich erlaube mir ganz trocken zu bemerken, daß der Unterschied zwischen Debatte und Verhandlung in der Geschäftsordnung gar nicht vorkommt; ich habe das Wort Debatte schon gesucht und nicht gefunden, das Wort Verhandlung ist in Bezug auf Behandlung ein so klarer Begriff, ein so festangenommener und überall und in allen Geschäftsordnungen gebräuchlich. In der Hinsicht geht der Mechanismus dahin, daß auf eine nähere Seite erst dann der Schluß der Debatte bei einem wichtigen Gegenstande eintreten wird, wenn der Beschluß durch Abstimmung gefaßt worden ist, die Verhandlung zu schließen. Darum ist zu gleicher Zeit die Bestimmung gefaßt worden, daß in jedem Stadium der Verhandlung, so lange der Beschluß nicht gefaßt worden ist, Amendements gestellt werden können, deren Begründung der Amendementisteller zu leisten hat. Auf dem Wege sehe ich nicht ein, wie es anders kommen kann, was früher ein Herr Redner bemerkte, bevor wir die Debatte gehört haben, nämlich die Debatte für und wider, wenn wir nicht den formellen Beschluß fassen, den Schluß der: Verhandlung zu beschließendes ist schon früher bedeutet worden, daß in unserer Geschäftsordnung ein formeller Beschluß gegeben ist, es ist durchaus nicht wie in andern Geschäftsordnungen ein Schritt gemacht worden, wie die Beschlusse gefaßt werden könnten. ES fängt bei uns die Debatte erst an, und wenn wir heute nicht den Beschluß zum Schluß der Verhandlung fassen, und den Amendements ein Ende setzen, so werden wir zu gar keinem Schlüsse kommen. Weil wir in dem letzten Augenblicke bereits alle hier beschlossenen Amendements durchgesprochen haben, so weiden noch eben so viele Amendementisteller hervorkommen. So lange der formelle Beschluß nicht vorliegt, werden wir kein Mittel haben, uns vor diesen Amendements zu schützen, und nach sechzig besprochenen Amendements werten wir noch sechzig neue bekommen können; es ist daher durchaus nothwendig, daß wir den formellen Beschluß fassen, die Verhandlung sei geschlossen, weil wir sonst durchaus nicht den Schluß der Debatte herbeifuhren.

Abg Brestel. Ich glaube, es ist allerdings die Folge davon, daß eigentlich der betreffende Paragraph der Geschäftsordnung unpassend ist, ich bin im Allgemeinen davon überzeugt, und es ist auch wirklich der Paragraph nicht mit meinem Willen angenommen worden; meine Überzeugung davon ist von jeher, daß eine zweckmäßige Debatte nicht stattfinden kann, wenn es in der Macht Einzelner liegt, die Verhandlung ins Endlose zu schleppen, dem Reichstage nicht das Recht zusteht, den Schluß der Verhandlung zu beschließen, lind daß dann kein weiterer Redner gehört werden darf, er mag eingeschrieben sein oder nicht. Hätten wir eine solche Geschäftsordnung, dann würde ich ganz mit dem Abg. Mayer übereinstimmen, dann wurde ich aber auch den Amendementistellern nicht das Recht gegeben haben, ihre Amendements vor Beginn der Debatte zu motiviren. Das ist eigentlich Dasjenige, wodurch wir in diesen Fehler gekommen sind, wodurch die Debatte endlos zu werden droht. Wie ich schon einmal zu bemerken die Chre halte, sehe ich nicht ein, warum gerade der Amendementsteller früher als andere zu sprechen habe, es ist dieß auch nirgends in anderen parlamentarischen Verhandlungen üblich, wo Derjenige, der ein Amendement stellen will, sich als Redner einschreiben läßt, und am Schlusse seiner Rede das Amendement anführt, welches er stellen will. Hätten wir diesen Hergang eintreten lassen, der meiner Meinung nach der einzige rationelle ist, so wären wir in diese große Verlegenheit nicht gekommen; da wir aber einmal theils durch die Geschäftsordnung selbst, theils durch diesen Hergang in diese Verlegenheit gekommen sind, die sich hier nicht leugnen läßt, so mussen wir, nachdem wir drei Tage debattirt haben, uns aus dieser Verlegenheit herausziehen wie es eben geht, da es auf eine vollkommen rationelle Weise nicht möglich ist, sie zu verhüten; vor der Hand müssen wir ans derselben herauskommen, es kann aber nicht anders sein, als wenn die hohe Versammlung beschließt, die Debatte für geschlossen zu erklären, und ich kenne kein anderes Mittel, als daß die hohe Versammlung den Schluß der Debatte beschließe, denn in dem Falle hebt sich die Debatte nicht auf, sie dauert fort, weil alle eingeschriebenen Redner zum Wort kommen mussen. Man möge die Debatte für geschlossen erklären, sie dauert schon ohnehin drei Tage, lind was den Vorwurf betrifft, den man dein Herrn Antragsteller gemacht hat: er habe seine Sache nicht überlegt, weil er schon zweimal seinen Antrag geändert hat, so übersieht man, daß der Herr Antragsteller nur im Interesse der Sache, um dem schleppenden Gange der Amendements vorzubeugen, und dieselben zu vereinen, seinen Antrag geändert hat. Der letzte Antrag des Abg. Kudlich ist nicht sein eigener, sondern mehr ein Coollektionsantrag, bloß in der Absicht, um eine Abstimmung möglich zu machen. Es sind bereits 50 bis 60 Amendements vorhanden. Der Herr Hauptantragsteller will sich mit den andern vereinigen, er hält nicht die Fassung seines früheren Antrages für schlecht, sondern er geht aus die neue Fassung ein. Meine Herren, den Gegenstand jetzt in die Abtheilung zu verweisen, wäre rein zwecklos und zeitraubend. Wir haben alle die Sachen so durchgesprochen, daß jeder Einzelne, nach dem bereits Gehörten, schon über die ganze Sache eine bestimmte feste Meinung sich gebildet hat. Die Sache ist von allen Herren als dringlich anerkannt worden, ich habe beinahe keinen Antrag stellen gehört, der nicht für die Dringlichkeit der Sache gesprochen hätte, und doch wird die Sache durch die Fluth von Amendements ins Unendliche verschoben. Ich glaube, daß Diejenigen, welchen die Dringlichkeit der Sache am Herzen gelegen ist, heute schon ihre Amendements gestellt harten. Dann noch Eines: es handelt sich hier nicht bloß um den Ausspruch des Principes, der Kudlich Antrag hat wesentliche drei Theile: erstens der Ausspruch eines Principes, zweitens die für die Beruhigung des Landes höchst wichtige Bestimmung, daß an keinem Orte des Landes eine solche Last gefordert werden kann. Das ist das Wichtigste, das Dringlichste im Antrage: das ist nicht bloß ein Princip, sondern etwas Reelles. (Ruf zur Sache.)

Abg. Helfert. Aus das, was der Abg. Brestel gesagt hat, will ich noch einmal hervorheben, daß es keine Debatte war, wie er mir gestern selbst aus diesem Grunde ins Wort gefallen ist. Ferner auf das, was er gegen die Unvollkommenheit der Geschäftsordnung gesagt hat, so frage ich, ob er wünscht, daß wir noch einmal durch vierzehn Tage die Geschäftsordnung berathen sollen. (Bewegung.) Abg. Brestel. Das ist eine Persönlichkeit, und da gebührt mir das Wert. (Bewegung.) Abg. Helfert. Gegen das, was das verehrte Mitglied für Satz gesagt hat, ist mir soviel erinnerlich, daß ausdrücklich vom Herrn Berichterstatter das Wort "Verhandlung" ausgelegt wurde, als gleichbedeutend mit "Debatte." Wenn also die Kammer diese Auslegung angenommen, so kann sie selbe jetzt nicht zurücknehmen. Gegen beide Herren Gegner habe ich zu erinnern, daß das Recht der Amendements und der Verbesserungsanträge heilig ist, welches nicht abgeschnitten werden darf. Wenn der Abgeordnete für Behnisch selbst mit dem Beispiele vorangeht, zwei Amendements zu stellen, wird er keinem von uns das Recht nehmen wollen, wenigstens eines zu stellen.

Abg. Doliak. Ich werde nur kurz bemerken, daß der Abgeordnete für Satz sich vorgestern eifrigst für das Recht, Amendements zu stellen, angenommen hat, und ich begreife nicht, wie er heute das entgegengesetzte Princip vertheidigt. Ferner erlaube ich mir zu bemerken, daß wir wahrend der Zeit dieser Incidenzdebatte alle weiteres vorliegenden Amendements durchgemacht hätten und trage daher darauf an, zur Tagesordnung überzugehen. (Beifall — wird allgemein unterstützt. Ruf nach Abstimmung, Tagesordnung — Unruhe.) Es ist ein früherer Antrag gestellt und unterstutzt worden, ich muß darauf bestehen. (Bewegung.)

V i c e  p r ä s. Sie werden erlauben, ich habe mich noch nicht ausgesprochen, in welcher Art ich die Abstimmungsrage stellen werde. Es liegen hier zwei Antrage vor, die rein formell sind. (Unruhe, Mehrere sprechen.) Ich bitte mich früher ausreden zu lassen! — Es liegen zwei Anträge vor, die rein formeller Natur sind; der eine geht dahin, zur Tagesordnung überzugehen, und ich verstehe nichts Anders darunter, als den Schluß d. Incidenzdebatte herbeizuführen, und ein zweiter Antrag des Abg. Violand: damit die Verhandlung über den Antrag des Abg. Kudlich für geschlossen erklärt wird. Was nun den Antrag zur Tagesordnung überzugehen betrieft, so muß er vor allem Anderen zur Abstimmung gebracht werden; wenn wir zugleich den zweiten Antrag beschließen, so behebt er sich. Ich frage daher, es mögen diejenigen Herren, die wünschen, es möge der Schluß der Debatte erklärt werden, es durch Aufstehen kund geben.

Abg. Wiesenrauer. Ich bin gegen die Formulirung der Frage; ich bitte, die Frage nur so zu formuliren, ob keine neuen Amendements eingebracht werden dürfen; denn wird die Frage so allgemein gestellt, so werden wir die Folgerung ziehen, daß nur die bis heute eingeschriebenen Redner im fünfzigen Verlaufe der Debatte reden dürfen und alle anderen ausgeschlossen werden, während es im Verlaufe der Debatte Jemanden allerdings gelegen sein kann, sich darüber auszusprechen.

Vicepräs. Ich habe hier die Frage so gestellt, wie der Antrag vorliegt. Ich für meine Person bin überzeugt, daß der hier gestellte Antrag weiter geht, als es" eigentlich in der Absicht des Herrn Antragstellers selbst gelegen sein mochte, doch glaubte ich als Präsident nur nicht erlauben zu dürfen, selbstständige Anträge dießfalls zu stellen. Sollte jedoch dieser Antrag, wie er vorliegt, nicht acceptirt werden, so wird er von der hohen Versammlung selbst abgelehnt werden.

Abg. Peitler. Ich erlaube mir eine Bemerkung, und bitte auch mich aussprechen zu lassen. Ich habe gleich am ersten Tage, wie der Antrag des Abg. Kudlich zur Sprache kam, die hohe Versammlung aufgefordert, sie möchte sich hierbei nach der Geschäftsordnung, nämlich nach §. 83 benehmen; ich wurde, aber damit abgewiesen, Am zweiten Tage habe ich wiederholt, daß wir von einer Confusion in eine noch größere kommen werden, wenn wir uns nicht nach dem eigenen Gesetze halten werden, und daß meine Prophezeiung in Erfüllung gegangen ist, beweist der jetzige Stand der Sache, Ich erlaube mir nochmals aufmerksam zu machen, daß wir aus der Verwirrung nicht herauskommen, wenn wir uns nicht nach unserm eigenen Gesetze, und zwar nach §. 83 halten. (Er liest den §. 83.) Wenn wir meine Herren uns nach diesem Paragraphe benehmen, so entsteht nun die Frage: Soll die heutige Verlesung und Berathung als die erste anzusehen sein, soll nach drei Tagen zur zweiten und dritten geschritten werden, damit wir endlich einmal zu einem Ende kommen?

Vicepräs. Ich erlaube mir auf den Stand der Debatte hinzuweisen. Was das verehrte Mitglied vor der Hand gesagt hat, ist bloß eine Interpellation und kein Antrag und daher nicht zu berücksichtigen. Was Herr Abg. Wiesenrauer gesagt hat, ist ein Verbesserungsantrag zum Antrage des Abg. Violand: er wünscht eine beschrankte Stylisirung des Antrages, nämlich, daß die Aufnahme der Amendements zum Antrage des Abg. Kudlich schon aufzuhören habe. Wird dieser Antrag unterstützt?

Abg. Wiesenrauer. Ich habe das nicht angetragen, sondern im schlimmsten Falle soll der Antrag anders formulirt werden.

Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt?

Abg. Peitler. Ich habe auch einen Antrag gemacht, nämlich, daß darüber abgestimmt werde, daß die heutige Lesung die erste sein soll. (Bewegung.)

Vicepräs. Damit wir endlich einmal zum Zwecke kommen, wird dieser Antrag unterstützt? (Bewegung.) Er findet keine Unterstützung. (Unterbrechung.)

Abg. Feifalik. Es ist bereits von einem Mitgliede der Antrag gestellt worden, zur Tagesordnung überzugehen. Ich glaube auf den §. 74 aufmerksam machen zu müssen, der ausdrücklich ausspricht, daß der Antrag: zur Tagesordnung, vor allen zur Abstimmung gebracht werten muß. Ich glaube, daß in der Berathung derart fortgeschritten werde, wie es früher einmal von der hohen Kammer selbst ausgesprochen ist: daß alle Amendements vorgelesen und dann begründet werden, und die Redner ihre Reden zu beginnen haben.

Vice  Präs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Unterstützt. Große Bewegung.)

Abg. Goldmark. Herr Präsident, ich bitte um das Wort. Ich erlaube mir die Anfrage, ob während einer Abstimmung wie diese ist, ein zweiter Antrag gestellt, die Unterstützungsfrage gemacht und zur Abstimmung gebracht werden kann; ich bitte diese Frage zu beantworten.

Vice Präs. Ich glaube, eine Beantwortung ist hier nicht erforderlich, weil He Abstimmung selbst noch nicht eintrat, sondern ich nur die Frage formulierte und nach der Bestimmung der Geschäftsordnung es jedem Mitgliede zusteht, auf eine andere Formulirung der Abstimmungsfrage selbst, einen Antrag zu stellen. Wünscht noch Jemand das Wort über den Antrag, daß auf die Tagesordnung übergegangen werde?

Abg. Mayer. Der Antrag auf die Tagesordnung ist jetzt nicht vom Abg. Feifalik, sondern früher vom Abg. Doliak gestellt und unterstützt worden. Ich glaube, der geehrte Herr Sprecher vor mir wird sich im Irrthume befinden, wenn er glaubt, daß dieses eine Debatte war. Der Herr Präsident hat nur die Frage gestellt, ob zur Tagesordnung übergegangen werden soll, und hier ist berichtigend auf den §. 63 der Geschäftsordnung hingewiesen worden. Ich erlaube mir zu bemerken, daß eine solche Berichtigung meines Erachtens keiner Unterstutzung bedarf, weil der §. 74 der Geschäftsordnung ein Gesetz ist, wonach der Antrag auf Tagesordnung zu jeder Zeit vor allen andern zur Abstimmung gebracht werden muß.

Vicepräs. Ich meinerseits erkläre mir den Paragraph anders, weil ich glaube, daß jeder Antrag unterstützt werden muß, und da der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung auch nur dann vor allen andern zur Abstimmung gebracht werden muß, wenn er gehörig unterstützt worden ist.

Abg. Cavalabo. Ich bitte um das Wort. Ich glaube, daß der Redner— (Ruf: Abstimmen!).

Vicepräs. Diejenigen Herren, welche wünschen, daß zur Tagesordnung übergegangen werde, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Große Majorität.) Es liegen weitere Anträge vor, und zwar der Abänderungsantrag des Abg. Joseph Halm:"Die hohe Reichsversammlung wolle beschließen:"Erstens. Daß die Beschränkung der persönlichen Freiheit durch das Band der Untertänigkeit aufzuhören hat, "Zweitens. Daß alle Robot, Zehent, Bergrecht, dann die Getreideabschüttlungen und Sammlungen aller Art, ferners alle, die Freiheit des Grund und Hausbesitzes beschränkenden, aus dem Verhältnisse der Grund, Zehent, Berg, Schutz, Patronats, Vogtei und Landgerichtsherrschaft, dann dem Lehenverbände oder geistlichen Pfründen entspringenden Geld und Naturalabgraben, sie mögen bisher unter welchem Titel immer bestanden haben, künftig nicht mehr gefordert werden dürfen, sondern sogleich auf ewige Zeiten aufgehoben sind."Drittens. Werden noch folgende Rechte und Bezüge auf obige Weise aufgehoben, als:

a) Das Recht der Grundherrschaften zum Bezug eines Laudemiums und sämtlicher Taxen, h) Das Jagdrecht auf den dem bisherigen Jagdeigentümer nicht zugehörigen Gründen, c) Das Recht zu siechen in fließenden Wässern, wo beide Ufer nicht ein Eigenthum der berechtigten Herrschaft find."Viertens. Daß eine aus den Vertretern aller Provinzen gewählte Commission mit Zuziehung des Ministeriums mit thunlichster Beschleunigung über die etwaige Entschädigung, und über die Einführung der neuen Gerichtsverfassung Gesetzentwürfe auszuarbeiten habe."Fünftens. Daß die Gerichtsbarkeit und politische Geschäftsführung bis zur Einführung der neuen Gerichtsverfassung von den Patrimonialgerichten inzwischen noch ausgeübt werden soll."Sechstens. Daß diese Beschlüsse zur einstweiligen Beruhigung und Benehmungswissenschaft des Landvolkes auf geeignetem Wege kündgemacht werden. "Wünscht der Herr Antragsteller zur Begründung zu schreiten?

Abg. Halm. Was meinen Antrag betrifft, so haben ihn bereits die Deputirten, die über diesen Gegenstand gesprochen haben, und besonders über den Antrag des Abg. Kudlich hinreichend erörtert und ich glaube, daß eine weitere Besprechung überflüssig wäre. Ich bin mit demselben einverstanden und erlaube mir nur übrigens zu bemerken, daß von der Ablösung der Pfarrzehente bisher noch keine Rede gewesen ist, die nach meinem Ermessen so wichtig sind als Fischerei und Jagdgerechtigkeit, Ich muß erklären mit dem Antrage des Abg. Kudlich ganz einverstanden zu sein und bitte nur meinen Antrag dem Drucke übergeben zu wollen.

Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Es geschieht.) Ferner liegt der Abänderungsantrag des Abg. Franz Richter vor:"Die hohe Reichsversammlung wolle beschließen: "Der constituirende Reichstag erkennt als Grundsatz an, daß der Unterethansverband, es mag derselbe die Person oder eine Sache betreffen, in den Landesteilen der österreichischen Monarchie, welche Abgeordnete zu diesem Reichstage abzusenden hatten, und wo jener Verband noch besteht, nicht weiter stattfinden könne; daß mit demselben zugleich auch alle durch ihn bedingten Rechte und Verpflichtungen auszuhören haben, und daß derlei Rechte oder Verpflichtungen unter keinerlei Form wieder eingeführt werden dürfen. "Die Ausführung dieses Grundsatzes und die Bestimmung, welche von den obgedachten Rechten und Verpflichtungen, so wie auch von den sonstigen auf dem Realbesitze haftenden Lasten und Eigentumsbeschränkungen, und zwar entweder gegen eine Entschädigung oder ohne eine solche aufzuhören haben, dann von wem und in welchem Maße eine allfällige Entschädigung zu leisten sei, werden einem besonderen mit möglichstet Beschleunigung zu erlassenden Gesetze vorbehalten. "Zur Abfassung dieses Gesetzes ist unverzüglich ein Ausschuß zu bestellen, zu welchem die Abgeordneten eines jeden Gouvernementbezirkes eine gleiche Anzahl Mitglieder zu wählen haben. "Wünscht der Herr Abgeordnete seinen Antrag zu begründen?Abg. Franz Richter. Ich habe mir bloß deßhalb erlaubt, diesen Antrag in dieser Form zu stellen, weil ich glaube, daß die hohe Reichsversammlung nur über einen Antrag in dieser Form in eine Vollberathung eingehen und darüber Beschluß fassen kann.

Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Es geschieht.) Nun liegt der Verbesserungsantrag des Abg. Herzig vor. — Er lautet:"Es möge die hohe Versammlung unter Einem die Aufhebung der in manchen Provinzen bestehenden Alleinberechtigung zur Erzeugung von Bier und Branntwein, gegen eine billige vom Staate zu leistende Entschädigung beschließen, und diese Erwerbszweige dem Betriebe jedes Staatsbürgers unter den gesetzlichen Bestimmungen frei geben. "Wünscht der Herr Antragsteller zur Begründung zu schreiten?

Abg. Herzig. Unter den vielen Berechtigungen, die die Obrigkeiten in manchen Provinzen noch besitzen, gehört auch jene der ausschließlichen Bier und Branntweinerzeugung. Es ist dieß ebenfalls eine Berechtigung, die auf das allgemeine Wohl höchst nachtheilig einwirkt. Wir finden, daß dadurch die Erzeugung eines billigen und der ärmeren Classe zuträglichen Getränkes dem Landmanne und überhaupt der ärmeren Classe nicht so leicht möglich gemacht wird, als es sein würde, wenn diese Erzeugung allgemein freigegeben wäre. Eben so finden wir, daß dadurch die Erzeugung des Branntweines vermehrt wird und auch das so schädliche Branntweintrinken bei der ärmeren Classe, welche nicht in der Möglichkeit ist, sich ein anderes Getränk anzuschaffen, befördert wird. Deswegen glaube ich, daß man diese Gewerbe ganz frei geben soll, weil dadurch so viele, die das Gewerbe erlernt haben, in die Lage versetzt würden, es auszuüben, was sie jetzt nicht können; und dem Staate selbst würde dadurch ein sehr bedeutender Vortheil gewährt werden, indem durch den größeren Verbrauch eine Vermehrung der Tranksteuer erfolgen würde. Auch könnte der Staat den Berechtigten dadurch entschädigen, daß ihm nicht die Möglichkeit entzogen würde, noch ferner dieses Gewerbe auszuüben, da er ohnehin die nöthigen Gebäude und Utensilien besitzt; also braucht man ihn nicht voll zu entschädigen, sondern nur theilweise. Ich glaube also daher meinen Antrag dadurch zu unterstützen, daß eben die Erzeugung des Bieres und Branntweines als Freigewerbe unter den gesetzlichen Bestimmungen erklärt werden.

Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.)

Der Abg. Stieber hat nachfolgenden Verbesserungsantrag zu dem Antrag des Abg. Kudlich überreicht: "Ferner wolle die hohe Reichsversammlung beschließen. Jeder Grundbesitzer sei von nun an ohne Unterschied, ob der Grund rustikal, dominical oder emphiteutlich sei, der Eigenthums der darauf stehenden Bäume. Ferner der Ortraum jeder Gemeinde sei ein gemeinschaftliches Eigenthum derselben."

Abg. Stieber. Ich wollte bemerken, daß von diesen Grundlasten aus allen Provinzen noch keine dergleichen vorgekommen sei, eben darum bin ich so frei, dieses in Vortrag zu bringen. Nachdem in der Provinz Schlesien die Eigenthums von Grund und Boden nicht Berechtiget waren, das darauf befindliche Holz für ihren eigenen Wirtschaftsbedarf zu fällen, war dieß ein Eigenthum der Grundherrschaft, folglich eine der grüßten Benutzungsweisen, besonders auf Wiesen, wo so viele hochstämmige Baumine wachsen. (Oben darum trage ich darauf an, daß die hohe Versammlung dieses in Zukunft anerkennen wolle. Was endlich den Ortraum betrifft, so sind dieses bei den Gemeinden die Wege und Fußsteige, welche im Grunde der Gemeinde liegen und denselben bilden Es sind nur verschiedene unproduktive Flächen Diese unproduktiven Flachen sind bei der Kateastral Vermessung auch den Herrschaften zugeschrieben worden, daher ist jeder Besitzer gehemmt und gestört, wenn es später doch dahin kommen sollte, daß der Herrschaft diese Flacher angehören sollten Eben deßhalb stelle ich den Antrag: die hohe Versammlung wolle beschließen, daß diese unproduktiven Flachen im Ortraum der Gemeinde zuerkannt werden sollen, übrigens schließe ich mich ganz dem Antrage des

Abg. Kudlich an.

Vicepräs. Unterstutzt Jemand den Antrag? (Wird unterstutzt)

Der Abg. Lotta hat nachstehenden Antrag bei mir niedergelegt, den Feder und Garnzins so wie den Federzins betreffend: "Auch der Weber und Garnzins, sowie der Federeins sei aufzuheben."

Abg. Lotta. Bei uns im Riesengebirge hat sich eine besondere Abgabe gebildet. Es war in dem Riefengebirge die Weberei und der Garnhansel einst blühend, aus diesem Anlasse hat sich die Obrigkeit die Leistung bedungen, daß die Unterthanen, besonders die Weber, eine gewisse Quantität Leinwand zu weben und jährlich zu liefern haben. Später kam auch eine ähnliche Leistung in Garn hinzu. Diese Leistungen wurden späterhin in Zinsen umgewandelt und eben so der sogenannte Federzins gebildet. Was aber die Obrigkeit sich bedungen hat, war nämlich eine jährliche Leistung von Federn. Ich halte dafür, daß, wenn der Grundzins aufhören wird und auch aufhören muß, auch diese Leistungen von selbst aufhören werden. Dann besondere spezielle Ztuse, wie z. B. die Hirschenheuabgabe, die Pottascheabgabe zur Sprache gebracht wurden, so glaube ich mich verpflichtet halten zu müssen, um meine Committenten nicht in ihrem Rechte zu verkürzen, auch diese Abgabe zur Sprache zu bringen.

Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Ja.) Der Abg Thinnfeld hat einen Antrag gestellt, der den 3. Punct des Kudlich'schen Antrages betrifft. Er geht dahin."Drittens. Das Ministerium wird aufgefordert, in kürzester Frist einen alle provinziellen Verhältnisse berücksichtigenden erschöpfenden Gesetzentwurf über den Betrag und die Art der für die aufgehobenen Bezüge zu leistenden Entschädigung, sowie einen Gesetz Entwurf über die vorzunehmende Regelung der gerichtlichen und administrativen Amtshandlung vorzulegen, auch wild das Ministerium ermächtigt, die in letzterer Beziehung nöthigen Provisorien zu treffen. "Wünscht der Har Abgeordnete seinen Antrag zu begründen?

Abg. Thinnfeld. Ich halte es von der grüßten Wichtigkeit, daß die Frage der Entschädigung sobald als möglich gelost werde. Vor Allem muß der Reichstag aussprechen, daß den Berechtigten eine Cntschadigung gebührt Durch das Wort. "ob und Welche Entschädigung den Berechtigten zu kommen soll," wird ein ungeheures Capital in der ganzen Monarchie in Frage gestellt, es wird ein Eigenthum von mehr als 200 Millionen gleichsam in du Luft gestellt, so daß wir einen Eingriff in die bürgerlichen Rechte machen, was zu den traurigsten Resultaten fuhren durfte. Meine Herren seit Hunderten von Jahren sind die grundherrlichen Bezuge als Eigenthum betrachtet worden, unter der Kaiserin Maria Theresia sind alle in die öffentlichen Bücher eingetragen und hiermit anerkannt worden. (Seither sind sie vererbt, verkauft, vertauscht worden, wie jedes andere Eigenthum; der Betrag derselben wird in den hier im Reichstag vertretenen Provinzen nicht weniger als 200 Millionen ausmachen. Diese sind vielleicht zur Hälfte verhypothecirt und dadurch viele Hunderttausende von Pupillen und Sparkassengeldern in Frage gestellt. Ich glaube daher, daß der Reichstag vor Allem aussprechen muß, daß im Allgemeinen den Berechtigten für die Auflösung ihrer Richte eine Entschädigung gebührt, und daß die Frage, "ob ihnen eine gebührt," hier nicht verhandelt werde. Früher hielt ich es für äußerst dringend, daß die definitive Feststellung dieser Angelegenheit sobald als möglich in Ordnung komme; kein Zustand ist schlechter, als der der Ungewißheit. So lang dieß nicht durch Gesetze ausgeglichen ist, weiß der Berechtigte nicht, was er bekommen wird, und der Verpflichtete


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP