und ich glaube, daß der Protest bei dieser Wahl berücksichtiget werken müsse. Die Commission hat gestern einen Beschluß gefaßt, weil ein Beschluß über diesen Protest an und für sich gepaßt werden muß, nämlich: man solle erheben, ob für Lemberg bereits die Wahlen vorliegen und ob sie geprüft sind. Ich glaube, daß die Section diese Wahlen vorlausig heute nicht zum Vortrage bringen solle, und daß sie den Protest der Abtheilung für beanstandete Wahlen abtreten möchte — (das ist für den eisten Wahlbezirk.) Es handelt sich aber um alle Wahlen für Lemberg, weil Proteste insbesondere über die ungleiche Vertheilung der Juden in den Abtheilungen vorliegen.
Da die Abtheilung nicht im Stande war, diesen Protest zu berücksichtigen, so bedaure ich, daß ich dieses nicht früher gewußt habe, und nehme den Antrag in Bezug auf die Lemberger Wahlen vorläufig zurück. (Der Antrag wird nochmals gelesen.)
Vicepräs. Wünscht noch Jemand das Wort? — Ich glaube über die Bemerkung des Abg. Klaudi dürfte es in der Natur der Sache gelegen sein, die Acten, welche bei der Berathung den Wahlen nicht vorlagen, einer neuen Prüfung in den Sectionen zu unterziehen. Es dürfte daher darüber nicht einmal ein Beschluß zu fassen sein. Was dagegen die andern Theile anbelangt, so bitte ich die hohe Versammlung aufzustehen, wenn sie sich für die Gültigkeit der Wahlen des Herrn Zamoiski, Gratschitsch, Havelka, Mokry und Schediwi anzusprechen wünscht.
Wünscht noch Jemand das Wort? — Falls die hohe Versammlung den Antrag der Section annimmt, so bitte ich aufzustehen. (Majorität)
B e r i c h t e r s t. Dasselbe muß auch von der Wahl des Nicolaus Kanski gelten. (Liest den Antrag vor.)
Vicepräs. Wünscht noch Jemand das Wort zu ergreifen?
Ich bitte die Annahme dieses Antrages durch Aufstehen kund zu geben. (Majorität.)
Ich ersuche den Berichterstatter des Ausschusses zur Prüfung der beanstandetem Wahlen zum Vortrage zu schreiten. (Es liegt nichts vor )
Den dritten Gegenstand der heutigen Tagesordnung bildet die Verhandlung über den Antrag des Abg. Kudlich, wegen Aufhebung des Unterhaltungsverhältnisses. Er hat einen Verbesserungsantrag wieder vorgehet, und ich glaube, daß vielleicht dieser zuerst zur Spracht kommen soll. Es liegen noch mehrere Verbisse ums Anträge vor, und es haben sich auch mehrere Redner dafür, und einer dagegen einschreiben lassen Ich glaube, was den Vorgang selbst anbelangt, daß der Verbesserungsantrag zueist vom Redner motivirt werde, daß kann die Untersuchungsfrage gestellt werde, und dann diejenigen Herren Redner sprechen, welche sich einschreiben ließen. Dieser Vorgang ist derjenige, welcher der Sachlage entspricht.
Abg. Peitler. Ich erlaube mir Folgendes hier beizufügen: Seit der Zeit, als dieser Antrag das erste Mal verkündet worden ist, hat sich die Sachlage verändert, es hat nämlich Abg. Kudlich einen Verbesserungsantrag vorgelegt, der von dem ersteren in einigen wesentlichen Puncten abweicht. Es betrifft sehr wichtige Puncte, denn er handelt von der Aufhebung des Untertänigkeitsverhältnisses und der daraus entspringenden Giebligkeiten. dieß ist aber ein Gesetzentwurf, und es muß nach §. 83 vorgegangen werden. Ich trage daher darauf an, daß diese Ankündigung heute das erste Mal vorgelesen werde, und daß dann wegen der Dringlichkeit des Gegenstandes, und wegen Gefahr am Verzuge, dieser nicht in acht Tagen, sondern in drei Tagen wieder vorgelesen werde, damit die» der Gegenstand endlich beendigt werde.
Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt?
(Abg. Peitler unterbricht den Präsidenten mit der Bitte, den § 48 zu lesen.)
Sie werden erlauben, jeder Antrag muß Unterstützung finden, wenn er weiter beachtet werden soll. Ich stelle daher nochmals die Anfrage, ob der An» trag des Abg. Kudlich für einen Gesetzentwurf anzusehen, und nach § 48 der neuen Geschäftsordnung zu behandeln fei, und ob dieser Antrag Unterstutzung findet.
(Er wird genügend unterstützt.)
Abg. Cavalcabó. Ich erlaube mir den Antrag zu stellen, daß nach dem allgemein ausgesprochenen Principe dieser Antrag zur Vollberathung des Hauses zu ziehen sei.
Er geht aber in das Specielle hinein, und ist eine Art Gesetz, oder wenigstens den allgemeinen Umrissen nach ein Gesetz; die Folgen sind von großer Bedeutung Ich glaube, daß vorher von der hohen Versammlung abgestimmt werden müsse, ob dieser Gegenstand in dem motivierten Nachtrag noch zur Vollberathung geeignet sei, oder nach der Bohrchrist der Geschäftsordnung einem Ausschusse zuzuweisen sei, der darüber Bericht zu erstatten hat. Dieser Ausschuß soll angewiesen werden, diesen Antrag so schnell als möglich zu erledigen. Mein Antrag geht also dahin, ob dieser verbesserte Antrag auch zur Vollberathung genommen werte, ich meine in pleno, und nicht im speciellen.
V i c p r ä s. Wird der Antrag unterstützt? (Wird unterstutzt)
Abg. Kudlich. Ich glaube, meine Herren, der Beschluß der Reichsversammlung, meinen Antrag in Vollberathung zu bringen, bezieht sich auf das Wesen, nicht aber auf die Form des Antrages; dem Wesen nach ist er aber derselbe geblieben, nur ist er spezialisiert worden, im Grundsatze ist noch alles dahin, was ich aufstellte, nur habe ich es näher auseinander gesetzt. Ich glaube, falls der Sßefchlus, meinen Antrag in Berathung zu ziehen, gefaßt war, derselbe ebenso von meinem verbesserten Antrag gelten müsse, wie er von meinem damaligen allgemein gehaltenen Antrage galt.
Abg. Peitler. Ich habe die Ansicht, daß dieser Antrag zur Beratung komme, aber inzwischen ist die neue Geschäftsordnung zu Stande gekommen, die ausdrücklich sagt, daß jeder Gesetzentwurf dreimal vorgelesen werden müsse, um berathen werden zu können. Der §. 48 der Geschäftsordnung ist für uns ein Gesetz, und dieses Gesetz muß von uns befolgt werden.
Abg. Kudlich. Ich habe nur gegen den Antrag des Abg. Cavalcabó protestirt, daß abgestimmt werden soll, ob mein Antrag zur Vollberathung komme oder nicht, denn darüber ist schon ein Beschluß der hohen Kammer da; es ist daher überflüssig darüber abzustimmen, wenn schon damals beschlossen wurde über meinen Antrag herzugehen, der schon von Jedem Monate, Jahre lang überlegt worden ist, so wird derselbe nicht unreifer, sondern reifer geworden sein. Ich sehe daher den Grund nicht ein, warum aufs Neue darüber abgestimmt werden soll, ob mein Antrag zur Vollberathung kommen könne oder nicht.
Vicepräs. Ich ersuche das verehrte Mitglied, seinen Antrag so formulirt vorzulegen, daß nämlich der §. 48 in Vollzug zu setzen sei.
Der Abg. Umlauft hat das Wort.
Abg. Umlauft. Ich glaube, daß die beiden hier vorgebrachten Anträge bereits in dem Amendement des Abg. Kudlich enthalten sind.
Das Aussprechen des Prinzips, über welches ausdrücklich die hohe Kammer bereits eine Vollberathung beschlossen hat, ist auch hier wieder der Vollberathung vorbehalten. — Der modificirt Antrag des Abg. Kudlich lautet aber selbst dahin, daß die Specialitäten, die aus diesem Principe stießen, der Berathung einer Kommission vorbehalten sein sollen.
Er selbst also trägt auf die Zusammensetzung eines Ausschusses an, und es wird hier gar nicht nöthig sein, abzustimmen, ob von dem früheren Beschließ abgegangen werden solle, weil beide Anträge in diesem Amendement enthalten sind.
Abg. Peitler. Ich bitte um das Wort.
Vicepräs. Sie haben über diesen Gegenstand bereits zweimal gesprochen.
Abg. Cavalcabó. So sehr ich die Richtigkeit der von dem Herrn Sprecher vor mir angeführten Gründe anerkenne, kann ich doch nicht umhin einzuwenden, daß doch einzelne Bestimmungen schon in diesem modificirten Antrag des Abg. Kudlich enthalten sind, welche in Specialität eingehen, und folglich nicht alle ohne Ausnahme einer Specialcommission vorzubehalten find. Ich besonders finde in der Bestimmung, daß die Gerichtsbarkeit und politische Geschäftsführung bis zur Einführung der neuen Gerichtsverfassung von den Patrimonial Gerichten inzwischen noch ausgeübt werden sollen, als einen ganz bestimmten Ausspruch, den ich mit der Gerechtigkeit nicht vereinen kann.
Notorisch ist es, ich spreche nur aus Erfahrung, die ich in Steiermark gemacht habe, daß feit den Märztagen in der Regel die Belastungen der Anterthanen factisch aufgehört haben, und es wird den Unterthanen mit dem Aussprechen dieses Prinzips materiell kein wesentlicher Vortheil zugewendet. Ich glaube, daß gerade mit dem Aussprechen des unbedingten Prinzips, daß das Unterthansverhältniß aufgehört hat, dieß nur zum Vortheile Derjenigen gereichen wird, die unter dem alten System sich vielfache Bedrückungen zu Schulden kommen ließen, und das stäche Land würde in den Zustand der Anarchie gerathen, welchen wir nicht verantworten könnten.
Ich habe während der Zeit, als ich in Steiermark war, und später durch Privatmitteilungen vielfache Fälle von Gewalthandlungen bedenklicher Art erfahren. Es ist also dringend nöthig, daß die Gerichtsbarkeit aufrecht erhalten werde.
Wenn aber einerseits den Gutsherrn gar kein Zufluss zukommt, so frage ich, womit er die Beamten, Requisiten u. s. w. bezahlen, und andere nicht unbedeutende Kosten bestreiten soll? (Ruf zur Sache.)
Ich bitte, es gehört auch dieser Punct zur Sache, und ich glaube, daß ich auch über denselben sprechen kann, weil es in manchen Fällen physisch unmöglich ist, ihn durchzuführen.
Vicepräs. Ich muß bemerken, daß dieses schon in die Debatte eingehen heißt, und es soll bloß über die Form gesprochen werden.
Abg. Trecieski. Ich bin in der Lage, den Antrag des Abg. Kudlich um so mehr zu unterstützen, weil die Repräsentanten eines Volkes doch die Interessen dieses Volkes am ersten beherzigen sollen, und ich glaube, daß die Robot das Unangenehmste für dieselben ist, und zwar nicht sowohl wegen der Leistung, als wegen der Art der Leistung.
Ich glaube, eine der ersten Pflichten der Kammer wäre, das Aufhören dieser Leistungen im Prinzip auszusprechen. — Es sind bereits in mehreren Orten Die Frohen aufgehoben, in manchen faktisch, in andern existiren sie noch. Man muß dieses Illegale ins Legale verwandeln. In Hinsicht der Patrimonialgerichtsbarkeit würde ich auch praktische —
(Der Sprecher wird unterbrochen durch den Ruf: Zur Sache!)
Vicepräs Ich erlaube mir auf den Standpunct der Debatte hinzuweisen. Es handelt sich um die formelle Frage, ob der Antrag des Abg. Kudlich zur Vollberathung kommen soll, oder ob dieser Antrag in die Abteilungen zu weisen sei, wie Abg. Cavalcabó gewünscht hat, oder ob der Verbesserungsantrag des Abg. Kudlich als Gesetzentwurf zu betrachten, und daher nach §. 48 der Geschäftsordnung zu behandeln sei; daher darf die Begründung nicht weiter, als auf die Form gehen, in das Meritorische darf nicht eingegangen werden.
Ich habe nun Beides berührt, ob der Antrag zur Vollberathung kommen oder an die Abtheilungen verwiesen werden soll; der Abg. B i t t n e r hat das Wort.
Abg. Bittner, Ich würde das Wort zurücknehmen, weil der Herr Präsident so ziemlich das sagte, was ich beabsichtigte. Ich habe es nur verlangt, weil ich gesehen habe, daß der Abg. C a v a l c a b o ins Detail der Sache eingegangen ist. Dann wollte ich fragen, ob der Redner das Wort erhält, der früher eingeschrieben ist, oder der, der sich später meldet. Der Herr Präsident hat bereits dieses selbst ausgesprochen, ich ziehe mein Wort zurück.
Abg. Hauschild. Der Herr Abg. Cavalcabó hat die Gründe geltend gemacht: es werden hier bereits gesetzliche Bestimmungen angegeben, und zwar als solche der Absatz: daß die Gerichtsbarkeit und die politische Geschäftsführung inzwischen von der Patrimonialgerichtsbarkeit ausgeübt werden soll. Hierein finde ich kein Gesetz, da es lediglich eine Bestimmung ist, daß es inzwischen bei dem Alten zu verbleiben habe. Ferner hat er angeführt, es sei kein Vortheil, weil die Lasten factisch nicht mehr geleistet werden. Ich glaube, daß es zweckmäßiger wäre, diese Bestimmungen zu legalisieren, damit ein solcher gesetzlicher, illegaler dem factischen Gesetze widerstrebender Zustand nicht fortdauere. (Beifall.)
Abg. Jonak. Ich erlaube mir die Debatte dahin zurückzuziehen, wohin sie gehört; wir kommen vor lauter Berathung nicht zur Berathung. Es handelt sich nur um die Entscheidung, worüber wir berathen sollen, ich bitte den Herrn Präsidenten, da die Anträge bereits vorliegen, ohne weitere Debatte zur Abstimmung zu schreiten.
Abg. Kudlich. Der Herr Präsident hat die Frage sehr klar gestellt, die Frage ist: ob man den verbesserten Antrag jetzt in Vollberathung nehmen soll, oder ob er verschoben werden soll. Für das erste sprechen folgende Präsedenzien: Die hohe Versammlung hat sich einstimmig für die Dringlichkeit, damals als der Antrag zuerst in der allgemeinen Fassung gestellt wurde, erklärt — und ich kann nicht glauben, daß inzwischen, wo die Stimmung in den Provinzen noch viel gefährlicher wurde, die Ansicht der hohen Versammlung sich geändert habe, und es liegt in der Consequenz, unseren Ansichten immer treu zu bleiben und zur Vollberathung überzugehen.
Abg. Löhner. Ich muß mich für den Antrag des Abg. Kudlich aussprechen. Ich muß eigentlich darauf aufmerksam machen, daß die Frage, in wiefern der zweite Verbesserungsantrag zum ersten als selbständiger Antrag oder bloß wirklicher Verbesserungsantrag sich verhalte, ziemlich gelöst sein dürfte, wenn man den weiten Umfang betrachtet, welchen man dem Begriffe Unterthänigkeitsverhältniß im Antrage des Abg. Kudlich geben muß. Nach der allgemeinen Kenntniß des Begriffes, den man damit verbindet, muß ich mich dafür aussprechen, daß auch ohne formelle Frage man an die Lösung der Aufgabe sogleich schreiten kann, da sich doch aus beiden immer eine und dieselbe Ansicht herausfindet, und in wiefern dieser Verbesserungsantrag nicht bloß ein Verbesserungsantrag, sondern einige selbstständige Puncte enthält, wir uns rein darauf beschränken, in wiefern es sich im Verbesserungsantrag um die große Aufgabe handelt, nämlich um die Sanction des Principes — und das wenigstens liegt offenbar von beiden Anträgen im Gefühle, was uns nach meiner innigsten Überzeugung, was den Reichstag durchdringen muß, nämlich von der Entwürdigung nicht bloß im materiellen Drucke, sondern überhaupt von der in dem Unterschiede der Personen, und welcher Unterschied von dein der Personen auf den der Sache und Güter übertragen worden ist. Das Wesentliche von allen Lasten, die man so ziemlich Feudallasten, Untertänigkeitsverhältnisse nennen kann, liegen am Ende in einer mittelalterlichen Auffassung, was man mit dem lateinischen capite minor bezeichnen kann, dieß wurde auf Gut und Liegenschaft übertragen, und welches aufzuheben Abg. Kudlich bezeichnet, da es ganz unverträglich ist mit den Principien, nach welchen der Reichstag zusammengekommen ist. Der Reichstag darf nicht die Majestät, die ihn hierher gesendet, verkennen. (Ruf zur Sache.) Darum trage ich darauf an, das Princip heute noch auszusprechen.
Abg. Brestel, Ich will mich vor der Hand rein auf dem bloß formellen Standpunct halten. Es ist beschlossen worden, daß der Antrag des Abg. Kudlich zur Vollberathung kommen soll, und zwar würde sie durch Beschluß der hohen Kammer auf eine weit frühere Zeit festgesetzt, und bis auf den heutigen Tag hinausgeschoben. Der eigentliche Anstand, daß der Abg. Kudlich zu seinem Antrage selbst einen verbesserten Antrag gestellt hat, und es sich darum handelt, ob der Verbesserungsantrag nicht als ein selbstständiger zu betrachten sei, dagegen muß ich mich vollkommen erklären. Denn ich glaube, daß das Princip in beiden dasselbe ist, und es hätte dieser Verbesserungsantrag auch recht gut von irgend einem andern Abgeordneten gestellt werden können. Zugegeben, der Abg. Kudlich wäre bei seinem ursprünglichen Antrag geblieben, so unterliegt es keinem Zweifel, daß, wenn Einer von uns diesen Verbesserungsantrag in seinem Namen gestellt hätte, er ohne Weiteres als Amendement zu dem Kudlichschen Antrag hatte zugelassen werden müssen, eben weil er sich nur in der Form und Ausführung, nicht aber im Wesen von dem Kudlichschen Antrag unterscheidet. Ich glaube, das kann in der Debatte gar seinen Unterschied machen, ob dieses Amendement im Namen des Kudlich oder in dem eines andern Abgeordneten erscheint, und Kudlich hätte nur darin gefehlt, daß er diesen Verbesserungsantrag in seinem eigenen Namen gestellt hat, und nicht einen seiner Freunde ersucht hat, in seinem Namen diesen zweiten Verbesserungsantrag zu stellen. Ich glaube, diese bloße Formfrage kann auf das Wesen der Sache keinen Einfluß haben; ich glaube, der Beschluß der Kammer steht fest, daß der Kudlichische Antrag in Vollberathung zu nehmen sei, und daß es übrigens ganz gleichgültig ist, wenn auch die hohe Kammer beschließt, es möge über den ursprünglichen Antrag debattirt werden; denn in diesem speziellen Falle würde ich mir vorbehalten, diesen Kudlichischen Verbesserungsantrag zu meinem eigenen Amendement zu machen (Ruf nach Abstimmung).
Abg. Kratochwill. Ich unterstütze den An. trag des Abg. Kudlich um so mehr, als ich erst vor zwei Tagen beunruhigende Nachrichten aus meinem Wahlbezirke erhalten habe, daß sich die Unterthanen weigern, den Frondienst zu leisten, und durch zwei Compagnien Soldaten die Ordnung hergestellt werden mußte, welches leicht die Veranlassung zu einem allgemeinen Aufruhr werden könnte. Wir sind es unseren Committenten schuldig, sobald als möglich das Princip auszusprechen, daß die Roboten also gleich aufhören, und die Allenfallsiege Ablösung derselben entweder dem Landtage, oder einer zu kreierenden Commission überlassen werde. Was frommt es, meine Herren, dem Landmann, wenn er hier für souverän erklärt wird, — — (Ruf: Zur Sache!)
V i c e p r ä s. Zur Sache. Ich bitte, sich nur auf das Formelle zu beschränken.
Abg. Kratochwill. Ich trage darauf an, daß bas Princip ausgesprochen werde, daß die Robot, deren Dauer der Kaiser bis zu Ende März bestimmt hat, also gleich aufgehoben werbe.
Vicepräs. Das gehört nicht zur Sache. Es ist nur die Frage, ob die Vollberathung gleich Platz greifen soll oder nicht.
(Ruf nach Abstimmung. — Allgemein unterputzt.)
Vicepräs. Falls die Herren wünschen, daß die Debatte Über das Formelle als geschlossen angesehen werbe, bitte ich, es durch Aufstehen bekannt zu geben (Majorität dafür).
Es liegt hier ein Antrag des Abg. Haßlwanter vor, der sich auf das Formelle bezieht, und dahin lautet:
"Zur Beurteilung der Frage über die Aufhebung oder Auflösung der die Freiheit des bäuerlichen Grundbesitzers beschränkenden Lasten wolle eine Commission für jedes Gouvernement aus drei Mitgliedern desselben zusammengesetzt werden, und — — —" (unverständlich).
Ich erlaube mir zu bemerken, daß hier bei weitem formellere Anträge vorliegen, und die dürfte ich vielleicht früher zur Abstimmung bringen, und dann würde ich den Herrn Abgeordneten ersuchen, zur Begründung seines Antrages zu schreiten. Es ist der Beschluß gefaßt worden, daß die Debatte über das Formelle, ob nämlich am heutigen Tage die Vollberathung Platz zu ergreifen habe, für geschlossen zu erachten sei. Die Folge ist die, daß der noch vorgeschriebene Redner Potocki das Wort hat; er ist schon früher vorgemerkt.
Abg. Potocki. Ich will gar nicht eingehen auf die Frage, ob der zweite Antrag des Abgeordneten Kudlich ein zweiter Antrag oder nur ein Amendement, ein Verbesserungsantrag des ersten ist, es ist immer eine und dieselbe Frage. Mir ist es darum zu thun, zu wissen ob der ganze Antrag an und für sich der Ausdruck einer Theorie, eines Principes ist, oder ob er mehr in die Praxis hineingreift, oder ob er endlich ein Gesetz sein soll. Im zweiten Fallt, wo es ein Gesetz ist, da könnte ich meine Stimme nicht dazu geben, daß es gleich zur Vollberathung hier genommen werde, weil eigentlich so ein Gesetz, welches in so vielfältige Verhältnisse hineingreift, doch eine längere Frist braucht, um genau erkannt zu werden. Deshalb stimme ich ganz mit Denen, die es zu einer Commission hinschicken wollen. Indessen aber das Princip, die Theorie selbst, daß diese Verhältnisse verändert werden müssen, daß es in die neue Constitution als Princip hineingenommen werden muß, das könnte gleich heute in ein; Vollberathung genommen werden, nicht aber das was nicht Theorie, sondern was Praxis ist, wo man von Robot, von Zehnt und aller Grundherrlichkeit, Bergherrlichkeit u. s. w. spricht.
Wenn ich in dieser Frage das Wort begehrt habe, so ist es ganz gewiß nicht deßwegen, daß bei dieser Frage mein Land vorzüglich, nämlich Galizien, in Anspruch genommen werde. Dort sind diese Verhältnisse nicht nur faktisch, sondern legal aufgehoben. Also es ist nur deßwegen, weil
(der Redner wird unterbrochen)
es ist überall factisch und legal aufgehoben und diesen Fällen und Nuancen, wo es jetzt nicht aufgehoben worden ist, ist es nicht zur Last derer, wo gerade diese Last weggenommen werden soll, sondern zur Last Derjenigen, die die grundherrschaftlichen Gründe haben. In dem heutigen Momente glaube ich aber, daß, wenn wir so leicht ein Provisorium hinwerfen, es ein weit größeres und ärgeres Übel hervorbringen wird, als wenn wir die Sache beim Alten lassen. Wir können ein Provisorium haben, aber dieses Provisorium muß ausgearbeitet werden, und das ist ganz gewiß nicht die Sache einer Vollberathung; deßwegen stimme ich mit denen, welche es zu einer speciellen Commission weisen wollen.
Abg. Kudlich. Ich danke dem Abg. Potocki vor Allem für die so klare Unterstützung meines Antrages.
Vicepräs. Ich bitte, die Debatte ist geschlossen. Es liegen zwei allgemein formelle Anträge vor; von der Annahme des einen oder des andern wird es abhängen, daß der Antrag des Abg. Haßlwanter zu begründen ist oder nicht. Der erste Antrag ist der des Abg. Cavalcabó, er geht dahin, daß darüber abgestimmt werde, ob der modificirten Antrag des Abg. Kudlich in die Vollberathung zu nehmen, oder früher an die Abtheilung zu weisen sei. Der zweite Antrag des Abg. Peitler, der überhaupt diesen Antrag nach den Vorschriften der Geschäftsordnung behandelt sehen will, geht dahin...........
Ich bin des Erachtens, daß der letzte Theil des Antrages vom Abg. Cavalcabó sich am weitesten entfernt von der gegenwärtigen Sachlage, nämlich, daß darüber abgestimmt werde, ob der Antrag den Abtheilungen zuzuweisen sei. Denn eine Abstimmung, ob er zur Vollberathung kommen soll, glaube ich nicht vorzunehmen, indem dieß auf den Beschluß von gestern beruht.
Abg. Cavalcabó. Wenn ohne dies darüber abgestimmt wird, wie ich jetzt sehe, so ziehe ich meinen Antrag zurück.
Abg. Praschak. Bevor abgestimmt wird, erlaube ich mir darauf aufmerksam zu machen, daß mehrere Anträge vorliegen, welche den Antrag Kudlich's nicht an die Abtheilungen, sondern an eine besondere Commission verweisen wollen. Ich glaube, wenn der Beschluß jetzt gefaßt wird, daß der Antrag an die Abtheilungen verwiesen werden soll, wird die Sache verzögert werben, weil die Abtheilungen dann den Antrag stellen würden, daß die Angelegenheit der Berathung einer Commission unterzogen werde. Es dürsten daher vielleicht diejenigen Anträge, welche auf Zusammensetzung einer eigenen Commission gestellt sind, auch jetzt zur Debatte kommen.
Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt, welcher lautet, daß vorläufig jene Anträge vorgelesen Werden sollen, welche die Zusammensetzung einer eigenen Commission beabsichtigen? (Der Antrag wird unterstützt.)
Abg. Brestel. Ich bitte um das Wort hinsichtlich der Fragestellung. Ich glaube, es kann nur Eine Frage gestellt werden: Ist der Verbesserungsantrag des Abg. Kudlich als neu oder als eine Veränderung des ursprünglichen Antrages zu betrachten? Daß der ursprüngliche Antrag zur Vollberathung kommen soll, ist Beschluß der Kammer; dieser Beschluß kann nicht mehr zurückgenommen werden, und man muß dabei bleiben. Darüber bitte ich abstimmen zu lassen, denn nur darum handelt es sicht ist der neue Antrag als Amendement oder als selbstständig zu betrachten? Ist er bloß als ein Amendement zu betrachten, so glaube ich, daß der Antrag unmittelbar in die Vollberathung zu bringen sei.
Vicepräs. Das ist streng genommen nur eine Begründung für jene Herren, welche sich für die Zuweisung an eine Commission ausgesprochen haben. Es ist nur die Vorfrage einer Begründung. Wird der Antrag des Abg. Brestel unterstützt?
(Es geschieht.)
Ich werbe daher diesen Antrag zuerst zur Abstimmung bringen. Diejenigen Herren, welche sich dafür auszusprechen wünschen, daß der neuerdings vorgelegte Antrag des Abg. Kudlich nur ein Verbesserungsantrag, und keineswegs ein selbstständiger ist, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Wird mit großer Mehrheit angenommen.)
Ist das einmal ausgesprochen, so durfte es bei dem Beschlüsse sein Verbleiben haben, daß der ursprüngliche Antrag heute zur Vollberathung kommen soll. Ich bitte daher den Abg. Kudlich zur Motivirung zu schreiten.
Abg. Kudlich. Ich erlaubte mir schon den 26, Juli den Antrag zu stellen. Ich hatte ihn dort im ganz Allgemeinen so gestellt, daß die Untertänigkeitsverhältnisse in dem Prinzipe und alle Rechte und Pflichten, welche aus jenen Verhältnissen stießen, als aufgehoben erklärt werden. Diese glaubte ich als Consequenz dieses Antrages, der sich von selbst versteht, nicht erst erwähnen zu müssen. Es gibt aber eine Menge Einwendungen von Abgeordneten, besonders jenen der Provinzen Steiermark, Kärnthen, Kraut und Österreich, wo der Zehnt vorzüglich drückend auf den Unterthanen lastet. Ich fand mich, um jedem Mißverständnisse vorzubeugen, besonders durch diese Lasten bewogen, meinen Antrag genau zu specificiren, daß auch diese allzudrückenden Lasten im Antrage aufgenommen werden. Es würden aber eine Menge Bedenklichkeiten entstehen, indem viele Gemeinden unter der Aufhebung der Unterethanspflichten und Patrimonialrechte verstehen würden, daß die Unterthanen sich gar keinem Gerichte zu unterwerfen hätten, und im Gegentheile würden sich die Herrschaften nicht mehr für verpflichtet halten, diese Gerichtsbarkeit fortzusetzen. Ich muß daher auch in dieser Rücksicht einem Mißverständnisse vorbeugen, und ich habe daher diesen meinen vorgebrachten Antrag in zwei Abschnitte getheilt.
Der erste Punct bezieht sich auf das Prinzip, daß die Untertänigkeitsverhältnisse und die Einschränkung der persönlichen Freiheit aufzuheben sei. Der zweite Punct betrifft das Materielle, nämlich: daß alle zu drückenden Urbarial Lasten nicht mehr zu leisten seien. Und zwar ist dieser zweite Punct so viel als möglich specificirt, so daß alle Lasten darunter begriffen sein dürfen. Die nähere Ausführung über diesen Punct ist einer eigens zu diesem Zwecke festzusetzenden Commission zu überlassen, welche über diese Angelegenheit eben so zu entscheiden hat, als über die allfallsige Entschädigung, über die Art und Weise des Gerichtswesens. Was den dritten Punct anbelangt, so besteht er darin, daß an die Stelle des alten Patrimonialgerichtswesens eine neue Gerichtsverfassung zu stellen sei. In Bezug auf dieses letztere muß ich bemerken, daß der Herr Justizminister versprechen hatte, über diesen Antrag binnen acht Tagen einen Gesetzvorschlag einreichen zu lassen. Der fünfte Punct besteht darin, daß eine Proclamation zu erlassen sei. Ich glaube dieses in Betracht der beunruhigenden Gerüchte, welche ans allen Provinzen angemeldet werden.
Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Hinreichend unterstützt.)
Justizminister Bach. Ich bitte auf einen Augenblick um das Wort, um eine Erklärung zu berichtigen, die — wie mir scheint — auf einen Mißverständnisse beruht.
Ich konnte darüber durchaus keine officielle Mittheilung machen, und die privatlichte Mittheilung, die ich dem Herrn Deputirten gemacht habe, war bloß dahin gerichtet, daß ich binnen 8 und 14 Tagen im Stande sein werde zu erklären, daß die provisorische Ausübung der mittlerweile festgestellten Patrimonialgerichte in kurzer Frist durch solche neue Gesetze ersetzt werden dürfte; daß aber ein eigentlicher Gesetzentwurf durchaus nicht in meiner Absicht lag, werben die Herren wohl begreifen, indem sie wünschen werden, daß ein so wichtiger Gegenstand nicht in so kurzer Frist von 14 Tagen erledigt werden kann. — Übrigens werde ich im Verlaufe der Debatte eine nähere Aufklärung geben.
Vicepräs. Es wolle also der Abgeordnete die Bemerkungen über seinen Antrag motivirt übergeben.
Abg. Kudlich. Meine Herren! Daß wir die beiden ersten Puncte aussprechen müssen, darüber kann in dieser hohen Versammlung kein Zweifel sein, und die einstimmige Erhebung, und die, ich möchte sagen historische Begeisterung, mit der sie der Begründung am 26. entgegenkamen, bürgt mir dafür, daß die Frage vor der hohen Versammlung schon zur Entscheidung reif genug sei, um auch heute noch den Ausspruch zu thun, daß diese Unterthansverhältnisse aufgehoben werden. Da aber von vielen Feinden, und besonders von den Feinden der Volksfreiheit, der Einwurf gemacht werden könnte, daß wir eine so wichtige Frage, obgleich sie schon lange reif ist, mit Sturm genommen hätten, daß wir aber einen so wichtigen Gegenstand leichtsinnig hinweggegangen wären, so hat mich eben dieses bewogen, auf dem Beschluß, daß mein Antrag sogleich nach drei Tagen zur Vollberathung kommen solle, nicht zu bestehen, sondern eine Zeit dazwischen verfließen zu lassen, in welcher auch die mit diesem Gegenstande minder Vertrauten ihre Ansichten darüber zu ordnen im Stande wären. Daß wir dieses Princip aussprechen müssen, dazu zwingt das Rechtsprinzip, dem wir Alle unser Beisammensein verdanken, — dazu zwingt uns die Anerkennung der Menschenrechte. Alle Versammlungen, welche eine Verfassung für das Volk aufzustellen haben, müssen damit anfangen, die Menschenrechte anzuerkennen; die meisten haben es nicht mehr nöthig, die materiellen Kränkungen der Menschenrechte aufzuheben — aber wir sind es noch dem Volke schuldig, und müssen es auch thun, sobald wir das Princip ausgesprochen haben, denn mit dem bloßen Prinzipaussprechen ist den Unterthanen nicht gedient. Wir müssen die Lasten aufheben, welche noch von dem vermoderten Mittelalter her auf ihrem Rücken lasten, sowie auch das brockende Bewußtsein, einen Herrn zu haben und von dessen Willen abhängig zu sein. Denn nicht nur die Last macht den Sklaven, sondern vielmehr eben dieß drückende Bewußtsein, für ihn zu arbeiten, und für ihn den Schweiß vergießen zu müssen. Es wird heute zum ersten Male von der hohen Kammer ein bestimmtes Gesetz zu besprechen sein, welches nicht bloß auf die Ordnung dieses Hauses, sondern auch auf die Ordnung des ganzen Vaterlandes Bezug hat, und welches nicht nur von dem Gesetze, sondern auch von den Zeitverhältnissen, und vielmehr von dem raschen Dahinrollen der Zeit verlangt wird. Wollen wir den Anforderungen der Zeit entsprechen, abgesehen von den Anforderungen des Rechtes, so müssen wir rasche und entsprechende Maßregeln vornehmen, welche bei uns um so nothwendiger sind, da wir uns ganz auf ungleichem und unebenem Rechtsboden bewegen.
Meine Herren, es ist eine Hauptaufgabe für uns, einen neuen Bau aufzuführen, aber ebenso nothwendig, die Ruinen dir düstern Vergangenheit, welche noch mit moderndem Dufte unsern Athem erfüllt, hinwegzuräumen. Wir müssen ein Haus bauen, welches wohnlich sein soll, heimisch und traulich sein für alle Staatsbürger, nicht bloß wie früher ein Haus mit der prächtigen Fronte, ein Asyl für einige privilegierte Faulenzer, die behaglich im ersten und zweiten Stocke in Wollust schwelgen, während in den Kellergewölben und Dachstübchen das Volk, für sie arbeitend zusammengepfercht lebte. (Sturmischer Beifall.) Ein Haus rollen wir bauen, welches durch seine Einfachheit einladend sein soll für die Völker der Nachbarschaft. Meine Herren! und deßwegen weil es mich schon immer verdross, daß man von einer demokratischen Freiheit spreche, während die Freiheit der Provinzen noch sehr mitternächtlich aussieht, Darum habe ich diesen Antrag eingebracht, damit 5ie Freiheit nicht nur in Wien, sondern auch in den Provinzen eine Wahrheit werde.
Meine Herren, wir müssen um so mehr den Anforderungen jener Grundsätze Gehör geben, auf welchen wir stehen, welche unser Boden sind, und welche zu verleugnen eine Inkonsequenz wäre, denn