19

vielfach die Geneigtheit besteht, die sogenannte
(humanitäre) Demokratie mit dem Nationalitä-
tenrecht durcheinander zu mischen. Nicht die de-
mokratischen Einrichtungen der Schweiz sollten in
dieser Note besonders betont werden, sondern das
Nationalitätenrecht und, im Punkt 7, auch die
konfessionellen Rechte. Die Note umfaßt 9 Punkte,
von denen uns hier nur die Punkte 1 und 6 be-
schäftigen sollen. Herr XY hat sie in seinem Auf-
satze vom 10. Oktober 1937 in deutscher Über-
setzung gebracht, DH Miller hat die englische
Übersetzung in Band 13, Seite 69, veröffentlicht.
Im folgenden wird der deutsche Text des Herrn
XY angeführt, wobei das von ihm hinzugefügte
Wort durch Druck und Klammern bezeichnet wird:

1. Die èechoslovakische Regierung hat die Ab-
sicht, ihren Staat so zu organisieren, daß sie als
Grundlage der Nationalitatenrechte die Grundsätze
annimmt, die in der Konstitution der schweizeri-
schen Republik zur Geltung gebracht sind, das
heißt, sie will aus der Èechoslovakischen Republik
eine (bestimmte) Art Schweiz machen, wobei
sie, wie sich von selbst versteht, die besonderen
Verhältnisse in Böhmen in Betracht zieht.

6. Die lokale Administration (Selbstverwaltung
der Gemeinden und Bezirke) wird in der Sprache
der Mehrheit der Bevölkerung gefuhrt werden.

An anderer Stelle meines Aufsatzes übersetzt
Herr XY "une sorte de Suisse", (englisch: a sort
of Swizzerland) gar mit "eine g e w i s s e" Art
Schweiz und schließt nunmehr aus diesem Texte,
wie folgt:

"Wenn wir sagen..., daß wir aus der Èechoslo-
vakei »eine bestimmte Art Schweiz, die, wie
sich von selbst versteht, die besonderen Verhält-
nisse in Böhmen in Betracht zieht«, schaffen wer-
den..., bedeutet das gerade nicht, eine neue
Schweiz mit identischen Institutionen zu schaffen,
sondern gerade im Gegenteil einen Staat mit In-
stitutionen zu schaffen, die die besonderen Ver-
hältnisse in Böhmen in Betracht ziehen, und der
einioge Hauptgrundsatze des liberalen schweizeri-
schen Regimes übernimmt. "

Herr XY hat sich hier also mit einer kleinen,
netten - Fälschung eingeführt und wir verstehen
jetzt auch, warum: er mußte, um das bedingungs-
los in Aussicht gestellte Vorbild der Schweiz ver-
gessen zu machen, den wirklich klaren und eindeu-
tigen Sinn der Note in sein Gegenteil verkehren,
wobei er anscheinend vergessen hat, daß er dabei
der èechoslovakischen Vertretung in Paris eine
höchst bedenkliche Rolle zuschiebt, nämlich die
Absicht, die Friedenskonferenz hineinzulegen. Daß
der Sinn der Note vom Ausschusse für die neuen
Staaten und auch vom Rate der 5 oder 10 nicht
anders gedeutet wurde, als er unter anstandigen
Menschen gedeutet werden muß: daß nämlich der
neue Staat, was die Nationalitäten anbelangt, eine
Art Schweiz sein werde, geht aus dem Ausschuß-
berichte deutlich hervor.

Es wäre auch lacherlich zu glauben, die cecho-
slovakische Delegation hätte, wie es Herr XY dar-
stellt, gemeint, die böhmische Frage werde nach
den böhmischen Verhältnissen geregelt werden,
eine so alberne Ausführung hätte in Paris wohl
federmann als solche empfunden, da das tertium
comparationis, der Vergleichsmaßstab, gefehlt
hatte* dieser Maßstab sollte eben die Schweiz sein,

wobei selbstverständlich die böhmischen Verhält-
nisse in Rechnung zu stellen waren, was jeder
vernünftige Mensch als selbstverständlich emp-
finden wird. Es zeugt von wenig Geschick und
noch weniger Achtung vor den èechoslovakischen
Vertretern mit Dr. Benes an der Spitze, wenn Herr
XY ihnen solch eine Rolle zumutet.

Waren aber die schweizer Nationahtatenver-
hältnisse das angepriesene Muster, so ergab sich
daraus zwanglaufig, und so hat es auch die Frie-
denskonferenz verstanden, daß es im neuen Staate
kein herrschendes und kein beherrschtes Volk
geben durfte, daß sie vielmehr alle zu Staatsvöl-
kern hatten werden müssen und es ist auch der
Punkt 6 verständlich, daß sich die Sprache der
Gemeinden und Bezirke nach der Mehrheit der Be-
völkerung richten sollte. In Wirklichkeit ist frei-
lich das Gegenteil der Fall.

Es widersprechen folgende Bestimmungen die-
sem Grundsätze:

§ 3 des Verfassungsgesetzes 122/20, wo be-
stimmt wurde, daß von den autonomen Behörden
mündliche und schriftliche Eingaben in der Staats-
sprache anzunehmen sind; daß diese Sprache in
den Beratungen stets gebraucht werden kann;
Art. 71 der Regierungsverordnung 17/26, wonach
die Gemeinden verpflichtet sind, Eingaben einer
20 % igen Minderheit in deren Sprache anzuneh-
men, auch wenn diese Sprache nicht die Ge-
schäftssprache der Gemeinde ist; Art. 72 dersel-
ben Verordnung, wonach Gemeinden bei Erledi-
gungen verpflichtet sind, die Staatssprache zu ge-
brauchen, wenn der Vertretung auch nur ein An-
gehöriger der èechoslovakischen Sprache als Mit-
glied angehört; wonach dasselbe für eine 20%ige
Minderheit gilt; wonach Gemeinden mit 3000 Ein-
v ohnern zum gleichen Vorgange verpflichtet sind,
wenn sie eine der Staatssprache kundige Amts-
kraft besitzen; wonach Heimatscheine und Legiti-
mationen für den Grenzverkehr stets und Mittel-
losigkeitszeugnisse auf Verlangen der Partei auch
cechisch auszustellen sind; Art. 73 wonach der
Burgermeister einer Stadt mit eigener Gemeinde-
oidnung und dessen Stellvertreter der Staats-
sprache mächtig sein müssen; Art. 74, wonach die
Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnern sich
zwar Übersetzungen bei der Bezirksbehörde be-
schaffen können, sie aber bezahlen müssen;
Art. 78, wonach die Gemeinden verpflichtet sind,
mit den Staatsbehörden im èechischen Gebiete,
sowie mit den èechischen Gemeinden stets in der
Staatssprache zu verkehren; Art 79 und 80, die
den S 3 des Rorachengesetzes ausführen; Art. 81
betreffend die Kundmachungen und Art. 82. wo-
nach die Bezeichnung dos Gemeindeamtes stets
auch èechisch erfolgen muß und wonach das Amts-
pießrel doppelsprachig sein muß, wenn 20% èechen
in der Gemeinde vorhanden sind oder es sich um
Schriftstücke handelt, die auch èechisch abgefaßt
sein müssen; Vdg. 229/28, wonach die Verhand-
1-ing und Amtsführung in den Bezirksvertretun-
fen und Bezirksausschüssen grundsätzlich in der
Staatssprache zu erfolgen haben, so ziemlich ihrem
ganzen Inhalte nach.

Im übrigen ist für die Geschichtsforschung auch
die Entstehungsgeschichte des Spraohensresetzes
Nr 122/20 von höchstem Belang. Leider klafft
auch hier eine Lücke in den Urkunden, die bis


20

heute von der èechoslovakischen Regierung nicht
geschlossen wurde.

Das Verfassungssprachengesetz war in den re-
volutionären Nationalversammlung dem Verfas-
pungsausschusse zugewiesen worden und dieser
behandelte es in 5 Sitzungen: 15., 16. Jänner, 24.,
25., 26. Feber 1920. Der stenographische Bericht
über diese Sitzungen wird bis heute geheim ge-
halten, es werden nur - Auszüge verabreicht,
während die vollständige Urschrift unter Ver-
schluß liegt; gerade sie wäre aber, wie das Fol-
gende zeigen soll, wichtig.

Der § 8 des Sprachengesetzes, der allein hier in
Betracht kommt, lautet bekanntlich, soweit er für
die autonomen Behörden von Belang ist:

S 8. Die nähere Durchführung dieses Gesetzes
erfolgt durch eine Verordnung der staatlichen
Vollzugsgewalt, die im Geiste dieses Gesetzes auch
den Sprachengebrauch für die autonomen Behör-
den... regelt.

Dieser Paragraph war im ursprünglichen Ent-
wurfe, der in den Sitzungen am 15. und 16. Jän-
ner 1920 durchberaten und angenommen worden
war, nicht enthalten. Die Sitzung am 24. Feber
1320 wurde vom Berichterstatter Dr. Hnídek
mit folgenden Worten eröffnet:

,. Der Verfassungsausschuß hat bereits einmal
den Wortlaut des Sprachengesetzes, eigentlich
seiner Grundsätze, angenommen, aber im Laufe
der Zeit hat es sich herausgestellt, daß es not-
wendig ist, dieses Gesetz, das im Verfassungs-
ausschusse bereits angenommen wurde, in einigen
Punkten zu ändern. Demzufolge hat das Sub-
komitee des Verfassungsausschusses die einzelnen
Paragraphen von neuem durchberaten und einen
neuen Entwurf fertiggestellt, den ich hiemit vor-
lege. "

Was sich in der Zeit vom 16. Jänner bis zum
24. Feber ereignet und die neue Beratung erfor-
derlich gemacht hat, das ist den Ausschußberich-
ten, soweit sie in Auszügen vorliegen, nicht zu
entnehmen. Ob es den vollständigen Verhandlungs-
schriften zu entnehmen ist, läßt sich natürlich
ohne deren Kenntnis nicht sagen, kennzeichnend
ist jedenfalls, daß die Abschriften der steno-
graphischen Protokolle an zahlreichen Stellen
gegenüber der Urschrift gekürzt sind, so daß an-
genommen werden muß, deren Inhalt solle geheim
gehalten werden. Welche Schwierigkeiten übri-
gens die Beschlußfassung des Sprachengesetzes
gemacht hat, das geht auch schon aus den Aus-
zügen hervor.

Maßgebend ist nun, daß durch den neuen § 8
die Regelung des Sprachenrechtes der Gemeinden
der Verordnungsgewalt übertrage» wurde, die sie
.. im Geiste dieses Gesetzes" durchführen sollte.
Daraus hat nun das OVG geschlossen, daß den
Gemeinden ein primäres Sprachenrecht überhaupt
nicht zusteht, da dieses nur aus dem Ermessen
der Verordnungsgewalt fließe. Das ist jedenfalls
das genaue Gegenteil von dem. was die Note vom
20. Mai 1919 besagte, denn dort sollte sich das
Sprachenrecht der Gemeinden primär nach der
Nationalität der Mehrheit der Bevölkerung rich-
ten. In Wirklichkeit genügt ein einziges èechi-
sches Mitglied der Gemeindevertretung, um die-
sen Grundsatz umzuwerfen, nicht die Minderheit
richtet sich nach der Mehrheit, sondern die Mehr-

heit muß sich der Minderheit unterwerfen. Es soll
hier nicht untersucht werden, ob der in der Note
vom 20. Mai 1919 ausgesprochene Grundsatz eine
ideale Lösung der Sprachenfrage darstellt, man
darf dies für viele Fälle füglich bezweifeln, da
nicht einzusehen ist, warum z. B. eine Minder-
heit von 49 Prozent in der Verwaltung der Ge-
meinde in sprachenrechtlicher Beziehung rechtlos
sein sollte. Allein darum handelt es sich hier nicht,
sondern nur um den geschichtlichen Nachweis,
daß die Zusagen und Versprechungen vom Jahre
1919 nicht eingehalten worden sind; das dürfte
erwiesen worden sein.

Zur Erforschung der geschichtlichen Wahrheit
wäre es notwendig, die Unterlagen, die hier er-
wähnt werden, zu veröffentlichen und wir fragen
daher:

Ist die Regierung bereit, sowohl die seinerzeit
überreichten Denkschriften als auch die Verhand-
lungsschriften über die Sitzungen der revolutio-
nären Nationalversammlung veröffentlichen zu
lassen?

Prag, den 30. April 1938.

Dr. Zippelius,

Hollube, Dr. Hodina, Fischer, Jäkel, Jobst, Stangl,

Knorre, Illing, Rösler, Ing. Králièek, Axmann,

Obrlik, Nickerl, Sandner. Kunz, Ing. Schreiber,

May, Sogl, Franz Nìmec, Knöchel, G. Böhm.

Рùvodní znìní аd 1347/IV.

Интерпелляция

депутатовъ Д-ра Ивана Пьещака
и Андрея Брод/я

министрамъ внутреннихъ и финансо-
выхъ дЪлъ

въ дЪлЪ злоупотреблешя властью Виле-

момъ Герготомъ, ветеринарнымъ совЪт-

никомъ окружнаго уряда и некоторыми

финансовыми чиновниками въ ХустЪ.

Вилемъ Герготъ, ветеринарный совът-
никъ при окружномъ урядЪ въ ХусгЬ,
отъ 1921 года, якъ осмотрщикъ мяса
долженъ былъ осмотръ перевести за
властями установленныя цъны: За вола,
корову, яловицу и т. д. по 20 Кч; за свини
и под. тоже по 20 Кч. Но ветеринарный
совътникъ В. Герготъ въ протяженш пол-
ныхъ 17 лътъ за осмотръ мяса, за одинъ
кусъ скота отъ мясниковъ бралъ по 40 Кч,
а поели урядовыхъ часовъ по 80 Кч.

Приблизительно въ 1925 году сельсюй
урядъ выдалъ распоряжеше, на основа-


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP