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Püvodní znìní ad 1308/XIV.

Interpellation

des Abgeordneten Guido Klieber
an die Regierung

wegen der von der èechoslovakischen
Regierung nicht ausgezahlten Entschädi-
gungssumme an die am Eigentum Kriegs-
geschädigten.

Während des Weltkrieges und auch während
des èechoslovakisch-polnischen Grenzstreites lebten
in dem damaligen Galizien, das heute ein Teil von
Polen ist, eine Reihe von Gutspächtern, Kaufleu-
ten, Gewerbetreibenden und Bannten. Diese Men-
schen, unter denen sich auch einzelne Deutsche be-
finden, haben ihre im Kriege erlittenen Schäden
nach den in der èechoslovakischen Republik gel-
tenden gesetzlichen Vorschriften angemeldet und
registrieren lassen. Internationale Verträge, die
die èechoslovakische Republik abgeschlossen hat,
sichern den an ihrem Eigentum Kriegsgeschädig-
ten (rund 170 Personen) ihre Ansprüche: Die
internationalen Verpflichtungen der èechoslovaki-
schen Republik vom 10. IX. 1919 zu St. Germain
und die Verpflichtungen der Konferenz von Spaa
vom 10. VII. 1920.

Dem Vernehmen nach hat die Prager Regierung
auch die zum Zwecke der Auszahlung an die am
Eigentum Kriegsgeschädigten bestimmte Summe
bereits erhalten. Die seit dem Jahre 1923 fälligen
Entschädigungssummen für registrierte Kriegs-
und Plebiszitschäden betragen nach Angabe der
am Eigentum Kriegsgeschädigten rund SO Millio-
nen Kè, zu welchen noch die Zinsen seit dem Jahre
1923 hinzu kämen.

Einen teilweisen Erfolg des Rechtskampfes der
am Eigentum Kriegsgeschädigten stellt, die Re-
gierungsverordnung vom 3. VII. 1931 Zahl 106/31
dar, laut welcher die Regierung mittellosen Kriegs-
geschädigten einen Staatsbeitrag gewähren kann.
Dem Vernehmen nach soll auch bereits seit dem
Jahre 1932 bei der Nationalbank in Prag ein be-
stimmter Betrag deponiert sein, der aber trotz
zahlreicher Schritte der am Eigentum Kriegsge-
schädigten bisher nicht zur Auszahlung gelangte.
Es soll sich um einen vorläufigen Betrag von Kè
32, 000. 000- handeln.

Die Unterzeichneten fragen nunmehr die Re-
gierung:

1. Anerkennt die èechoslovakische Regierung
ihre eingegangenen und durch internationale Ver-
träge garantierten Verpflichtungen, den am
Eigentum Kriegsgeschädigten, soweit sie den ge-
setzlichen Voraussetzungen entsprechen, die Ent-
schädigung auszuzahlen?

2. Ist tatsächlich in der Nationalbank ein Betrag
von Kè 32, 000. 000- als Entschädigungssumme für
die am Eigentum Kriegsgeschädigten deponiert
und warum wurde diese Summe bisher nicht aus-
gezahlt?

3. Warum ist überhaupt die Auszahlung bisher
nicht erfolgt?

4. Welche Vorkehrungen hat die Regierung ge-
troffen, um auch den Restbetrag der Ansprüche
der am Eigentum Kriegsgeschädigten befriedigen
zu können?

5. Für wann ist die entgültige Liquidierung die-
ser Angelegenheit in Aussicht genommen?

Die Dringlichkeit der Interpellation wird damit
begründet, daß die am Eigentum Kriegsgeschä-
digten teilweise in sehr großer Notlage leben und
diese durch Steuer- und Zivilexekutionen gerade in
der letzten Zeit auf das Schwerste in ihrer Exi-
stenz gefährdet sind!

P r a g, am 18. März 1938.

Klieber,

Knorre, Jäkel, Rösler, Dr. Neuwirth, Axmann,
Frank, Ing. Peschka, Obrlik, Hirte, May, Knöchel,
Wollner, Dr. Köllner, Nickerl, Ing. Králièek, Franz
Nìmec, Dr. Zippelius, Kundt, Ing. Karmasin,
Stangl, Gruber, Illing, Dr. Hodina, E. Köhler,
Fischer, Jobst, Ing. Künzel, Dr. Eichholz, G. Böhm,
Hollube, Sogl, Dr. Jilly, Birke, Ing. Lischka,
Dr. Kellner, F. Kitsch, Dr. Peters, Ing. Richter,
Szentivänyi, Esterházy, Dr. Szüllö, Petrišek,
Dr. Holota, Jaross, Dr. Porubszky, Dr. Korláth,
A. Nitsch, Sandner, Dr. Rösche, Ing. Schreiber.

Püvodní znìní ad 1308/XV.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Ludwig Eichholz
an den Innenminister

wegen gesetzwidriger Anwedung des § 7
d. Ges. Slg. No. 55/1928 zu Paßverweige-
rungen an ehemalige Angehörige der auf-
gelösten Deutschen Nationalsozialistischen
Arbeiter Partei (DNSAP).

In unzähligen Fällen stehen die Verwaltungs-
behörden auf dem irrigen Standpunkt, daß die ehe-
malige Mitgliedschaft èechoslovakischer Staats-
bürger bei der aufgelösten DNSAP allein schon
ein gesetzlicher Grund zur Verweigerung eines
Reisepasses sei. In allen diesen Fällen begründen
die Verwaltungsbehörden ihre abweisenden Ent-
scheidungen an die Paßwerber lediglich damit,
daß dem Ansuchen des Paßwerbers um Ausstel-
lung eines Reisepasses oder Grenzausweises, bezw.
deren Verlängerung auf Grund des § 7, Abs. 1,
Buchstabe d) deshalb nicht Folge gegeben werden
können, weil die Befürchtung besteht, daß durch
die Reisen des Paßwerbers ins Ausland wichtige
Interessen der staatlichen Sicherheit gefährdet
werden könnten.

Den Berufungen der Paßwerber gegen die ab-
weisenden Entscheidungen der Verwaltungsbe-
hörden T. Instanz werden von den Landesbehörden


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keine Folge gegeben, obwohl in allen diesen Fällen
weder die Verwaltungsbehörde I. Instanz noch die
Landesbehörden als Berufungsbehörden konkrete
Gründe dafür angeben können, daß im konkreten
Falle die Annahme einer Gefährdung wichtiger
staatlicher Interessen durch die Reisen des Paß-
werbers ins Ausland berechtigt wäre.

Als Beweis für die Richtigkeit dieser Behaup-
tung führen die Interpellanten nur folgende, ihnen
zufällig bekannt gewordene Bescheide an:

Entscheidung: Staatspolizei Freiwaldau, Ex-
positur Weidenau vom 25. II. 37, Zl. 1249/37;
Staatspolizei Prachatitz vom 6. III. 1937, ZI. 150/9;
Staatspolizei Schatzlar vom 12. IV. 1937, ZI.
912/37; Staatspolizei Deutsch-Gabel vom 23. V.
1936, ZI. 9; Staatspolizei Dux vom 21. X. 1936, ZI.
8683/ 36; Staatspolizei Graslitz vom 12. IV. 1937,
ZI. 2617; Staatspolizei Görkau vom 19. IV. 1937, ZI.
751/37; Staatspolizei Komotau vom 23. III. 1937,
ZI. 2409/37; Staatspolizei Expositur Schatzlar vom
9. IV. 1937, ZI. 1284/37; Staatspolizei Expositur
Weipert vom 8. III. 1937, ZI. 6-17/37; Polizeidirek-
tion Troppau vom 15. III. 1937, ZI. 11/194; Politi-
sche Behörde Znaim vom 3. II. 1937, ZI. 4359/4-III;
Landesbehörde in Brunn vom 13. XI. 1936, ZI.
39040/1-7; Bezirksbehörde Freiwaldau vom 24. X.
1936, ZI. IV-41/298/S; Bezirksbehörde Komotau
vom 26. I. 1937, ZI. 6/22; Bezirksbehörde Komotau
vom 14. H. 1937, ZI. 6/121; Bezirksbehörde Komo-
tau vom 13. 1. 1937, ZI. 6/2310; Bezirksbehörde Ko-
motau vom 12. III. 1937, ZI. 18. 193 usw.

Das Oberste Verwaltungsgericht hat unter an-
derem im Erkenntnis vom 27. November 1937, Zahl
1394/35/3 erkannt, daß aus der ehemaligen Mit-
gliedschaft des Paßwerbers bei der aufgelösten
DNSAP allein noch nicht die Befürchtung, der Be-
schwerdeführer werde während seines Aufenthal-
tes außerhalb des Gebietes der èechoslovakischen
Republik im Rahmen des Programmes der aufge-
lösten Partei tätig sein, geschlossen werden kann.
Die gegenteilige Anschauung der Landesbehörde
ist logisch unrichtig. Das Oberste Verwaltungs-
gericht hat daher die Entscheidung der Landes-
behörde aufgehoben.

Es kann dem Staatsbürger nicht zugemutet
werden, daß er erst über den Weg einer Berufung
und einer OVG-Beschwerde sein Recht durchsetzt,
denn

1. vergehen Jahre bis zur Erledigung und

2. ist dieser Weg mit Kosten verbunden, die den
Paßwerber völlig ungerechtfertigt treffen (Stem-
pel, Mitfertigung eines Anwaltes, Porto usw. )

§ 13, Abs. 4 und 5 des Gesetzes Nr. 164/1937
Slg. lauten:

"Hat das Oberste Verwaltungsgericht bei der
Rechtsfindung über eine bestimmte Rechtsfrage
wiederholt die gleiche, von der Rechtsanschauung
der belangten Behörde abweichende Rechtsan-
schauung zum Ausdrucke gebracht, so kann der
erste Präsident des Obersten Verwaltungsgerich-
tes diese Rechtsfrage einem erweitertem Senate,
bestehend aus einem Vorsitzenden und acht Mit-
gliedern des Obersten Verwaltungsgerichtes, zur
Erwägung und Beschlußfassung vorlegen. Auf

begründeten, mit Genehmigung der Regierung
hingebrachten Antrag eines Ministeriums ist der
erste Präsident des Obersten Verwaltungsgerichtes
verpflichtet, diesem Senate eine Rechtsfrage zur
Erwägung und Beschlußfassung vorzulegen, über
welche das Oberste Verwaltungsgericht bei der
Rechtsfindung bereits eine bestimmte Rechtsan-
schauung geäußert hat.

Beharrt der erweiterte Senat bei der Beschluß-
fassung nach dem vorstehenden Absätze auf der
Rechtsanschauung, die das Oberste Verwaltungs-
gericht bei der Rechtsfindung bisher vertreten hat,
so gibt der erste Präsident des Obersten Verwal-
tungsgerichtes den Beschluß des Senates samt der
Begründung dem Ministerratspräsidium und allen
Ministerien bekannt und läßt den so angenomme-
nen Rechtssatz ohne Begründung im Amtsblatte
der èechoslovakischen Republik verlautbaren. Der
verlautbarte Rechtssatz ist für die Verwaltungs-
behörden verbindlich und die Regierung hat ohne
Verzug die notwendige Verfügung zu treffen, da-
mit sich die Verwaltungsbehörden nach diesem
Satze richten.

Die Interpellanten stellen daher an den Herrn
Innenminister zwecks Änderung der in Sachen
Verweigerung von Reisepässen von den Verwal-
tungsbehörden geübten Rechtspraxis, die mit der
Judikatur des Obersten Verwaltungsgerichtes in
fortgesetztem Widerspruch steht, die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, die Initiative
gemäß § 13 Abs. 4 des Ges. 164/1937 zu ergreifen
und die Vorlage der Rechtsfrage der Verweige-
rund der Ausstellung von Reisepässen an ehema-
lige Angehörige der aufgelösten DNSAP auf
Grund des § 7, Abs. 1, Buchst, d) des Ges. 55/1928
an einen erweiterten Senat des Obersten Verwal-
tungsgerichtes zu beantragen?

2. Welche konkreten Verfügungen hat der Herr
Minister auf Grund dieser Interpellation ge-
troffen?

Die Interpellanten ersuchen, mit Rücksicht dar-
auf, daß durch die bisherige Praxis der Verwal-
tungsbehörden I. und II. Instanz Staatsbürger in
ihren Rechten, die ihnen auf Grund des Gesetzes
Nr. 55/1928 Slg. zustehen, fortgesetzt verletzt
werden, diese Interpellation als dringlich zu be-
handeln.

Prag, am 19. März 1938.

Dr. Eichholz,

E. Köhler, Rösler, Sandner, Birke, Dr. Hodina,
Klieber, Dr. Jilly, Dr. Kellner, Szentivänyi, Dr. Ho-
lota, A. Nitsch, Dr. Korláth, Jaross, Jäkel, G.
Böhm, Ing. Peschka, Frank, Ing. Krdlièek, Ing.
Künzel, Hirte, Jobst, Nickerl, Dr. Köllner, Dr. Zip-
pelius, Obrlik, May, Ing. Richter, Wollner, Dr. Pe-
ters, Dr. Rösche, F. Nitsch, Kundt, Dr. Neuwirth,
Knöchel, Gruber, Illing, Stangl, Fischer, Ing.
Lischka, Dr. Hodina, Axmann, Ing. Schreiber,
Hollube, Sogl, Knorre, Ing. Karmasin, Franz
Nìmec, Dr. Porubszky, Petrášek. Esterházy,
Dr. Szüllö.

Státní tiskárna v Praze - 2353-38.


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