20

2. Ist der Herr Minister bereit, die schuldigen
Organe schärfstens zur Verantwortung ziehen zu
lassen?

3. Ist der Herr Minister bereit, die nationale
Zusammensetzung beim Postamte in Weikersdorf
den in der Antwort vom 8. November 1937, Druck
Nr. 1109/X, aufgestellten Grundsätzen gemäß zu
überprüfen?

P r a g, am 16. März 1938.

F. Nitsch, Axmann,

Hollube, Illing, Knöchel, Rösler, Klieber, Nickerl,
Birke, Sandner, Ing. Karmasin, Dr. Kellner, Hirte,
Jobst, Ing. Králíèek, Dr. Eichholz, Knorre, E.
Köhler, Dr. Hodina, Dr. Zippelius, Jäkel, Franz
Nìmec.

Pùvodní znìní ad 1292/IX.

Interpellation

des Abgeordneten Karl Hermann Frank
an den Minister des Innern

wegen einseitiger Zensurpraxis gegen
deutsche periodische Druckschriften.

Von der Ascher staatlichen Polizeibehörde als
Zensurbehörde wurde am 1. Feber 1988 die
"Ascher Zeitung" beschlagnahmt, weil in einem
Leitartikel die Ziele der Kommunistischen Partei
der Èechoslovakischen Republik gekennzeichnet
waren. Das Kreisgerieht in Eger gab dem Ein-
spruch des Schriftleiters des Blattes, Dr. Tins,
statt und führte in der Begründung aus, daß es
sich um die Behauptung politischer Ziele einer
politischen Partei gehandelt hätte und daß deshalb
von der Verbreitung einer unwahren Nachricht im
Sinne des § 18, Z. 2, des Schutzgesetzes nicht die
Rede hätte sein können.

Am 23. Feber 1938 fand in Böhm. Leipa eine
Bezirkskundgebung der Sudetendeutschen Partei
statt, bei der Abgeordneter Hubert Birke sprach.
Der Redner wurde von dem Regierungsvertreter,
der an der Versammlung teilnahm, nicht ein ein-
ziges Mal verwarnt oder unterbrochen. Trotzdem
wurde aber die "Deutsche Leipaer Zeitung" vom
25. Feber 1938 beschlagnahmt, da sie einen Artikel
mit einem Auszug aus der Rede brachte.

Das "Trautenauer Tagblatt" vom 3. März 1938
beschlagnahmt, weil es einen Auszug aus der Rede
des Generalfeldmarschalls Göring zum Tage der
Luftwache brachte. Diese Rede war in fast allen
in der Republik erscheinenden Tageszeitungen
vollständig oder auszugsweise erschienen und auch
mit Kommentar versehen worden.

Durch eine derartige Zensurpraxis entsteht nicht
nur den betreffenden periodischen Druckschriften
ein nicht unerheblicher Schaden, sondern es er-
scheint auch der in der Verfassungsurkunde fest-
gelegte Grundsatz der Pressefreiheit willkürlich
eingeschränkt, besonders wenn der Zensurpraxis

gegen deutsche Organe die Schreibweise gewisser
èechischer Zeitungen gegen die deutsche Bevölke-
rung im allgemeinen und gegen die Sudeten-
deutsche Partei im besonderen entgegengehalten
wird.

Wir richten daher an den Herrn Minister des
Innern die Anfrage:

1. Ist dem Herrn Minister die einseitige Zensur-
praxis, von der soeben 3 Beispiele dargelegt wur-
den, bekannt?

2. Welche Garantien ist der Herr Minister bereit
zu geben, daß die Zensurbehörden den in der Ver-
fassungsurkunde ausgesprochenen Grundsatz der
Pressefreiheit auch deutschen Organen gegenüber
peinlichst beachten?

Prag, am 16. März 1938.

Frank,

Illing, Knöchel, Rösler, Hollube, Klieber, Stangl,
G. Böhm, Hirte, Ing. Lischka, Ing. Králíèek,
Franz Nitsch, Dr. Eichholz, Birke, Nickerl, Jobst,
Knorre, E. Köhler, Dr. Kellner, Dr. Zippelius,
Jäkel, Franz Nìmec, Ing. Karmasin.

Pùvodní znìní ad 1292/X.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. St. Králíèek
an den Eisenbahnminister

wegen pflichtwidrigen Verhaltens des

Schaffners des Autobusses D 54. 511 im

Dienste.

Am 24. Feber 1938 begleitete Hilde Gutschik
ihren Vetter Rudolf Spielvogel zur Autobushalte-
stelle der Strecke Brünn-Klobouky. Um 11. 10 Uhr
fährt der Autobus fahrplanmäßig weg und da
weder Hilde Gutschik noch ihr Vetter die èechische
Sprache beherrschen und auch die Strecke nicht
kennen, konnte sich Hilde Gutschik bei dem
Schaffner des Wagens D 54. 511 auch nur in deut-
scher Sprache erkundigen, ob dies der richtige
Autobus nach Menin sei. Der Schaffner antwortete
nur, daß er nicht deutsch verstände. Hilde Gut-
schik versuchte es nochmals, doch erhielt sie nur
folgende Antwort: "In Brunn spricht man èechisch,
wir sind in der Èechoslovakei und nicht bei Hitler!"

Der angeführte Fall zeigt, wie wenig Verständ-
nis unter dem Personal der Staatsbahmen noch für
die Bedürfnisse des Verkehrs vorhanden ist und
widerspricht auch den im Art. IV des Gesetzes
125/27 aufgestellten Grundsätzen, durch die allen
Bediensteten der staatlichen Verwaltung höfliches
Betragen zur Pflicht gemacht wird.

Wir stellen daher an den Herrn Minister die
Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den Fall ge-
nauestens untersuchen zu lassen?


21

2. Ist der Herr Minister bereit, Voraussetzungen
dafür zu schaffen, daß das Personal der Staats-
bahnen sich jedweder chauvinistischen Äußerung
bei der Ausübung des Dienstes, enthalte?

P r a g, am 16. März 1938.

Ing. Králíèek,

Hollube, Illing, Knöchel, Ing. Lischka, Rösler,
Klieber, Stangl, F. Nitsch, Nickerl, Birke, Hirte,
G. Böhm, Jobst, Knorre, Dr. Eichholz, E. Köhler,
Dr. Zippelius, Dr. Kellner, Jäkel, Ing. Karmasin,
Franz Nìmec.

Pùvodní znìní ad 1292/XI.

Interpellation

des Abgeordneten Georg Böhm
an den Minister des Innern

wegen Verweigerung von Reisepässen und
Grenzausweisen.

Im August 1937 suchte Alfred Keilwerth,
Elektriker in Schindlwald Nr. 43, bei der staat-
lichen Polizeiexpositur in Neudek um einen Reise-
paß, den er dringend für seinen Beruf benötigt, an.
Er wurde mehrmals zur Staatspolioeiexpositur be-
stellt und jedesmal wurde ihm gesagt, er möge an
einem bestimmten Tage wieder kommen. Endlich
wollte man ihm seine Papiere zurückstellen, jedoch
ohne einen schriftlichen Bescheid einer Ablehnung.
Am 4. März 1938, also nach 7 Monaten, sprach er
nochmals vor und erhielt die Antwort, daß der
ganze Akt nochmals der Gendarmerie zur Er-
hebung übergeben worden sei.

Selbst wenn die Staatspolizeiexpositur in Neudek
erklären wollte, sie hätte das Ansuchen um den
Reisepaß nicht abgelehnt, so kommt doch das
7 Monate lange Hinausziehen eines aus Berufs-
gründen begründeten Ansuchens um einen Reise-
paß einer Ablehnung gleich und stellt einen in den
gesetzlichen Bestimmungen keineswegs begründe-
ten Übergriff der Organe dar.

Anna Lehrer in Sauersack 107 ging am 15. Fe-
ber 1938 bereits zum vierten Mal zwecks Ausstel-
lung eines Grenzübertrittsscheines zum Gendar-
merieposten in Frühbuß, Bezirk Neudek, und
mußte erfahren, daß sie den Grenzausweis nicht
erhalte, obzwar sie das Ansuchen begründet hatte.
Auf ihre Frage, warum sie den Grenzübertritts-
schein nicht erhalte, wurde ihr erklärt, sie solle
sich an die Staatspolizeiexpositur in Neudek wen-
den. Am 19. Feber 1938 wurde ihr auf der staat-
lichen Polizeiexpositur in Neudek erklärt, daß auch
diese für die Verweigerung des Grenzübertritts-
schemes keinen Grund angeben könne, hiefür sei
die Gendarmerie zuständig.

Die angeführten Fälle zeigen, wie man im
Amtsbereiche der staatlichen Polizeiexpositur in
Neudek den Staatsbürgern auf kaltem Wege ihr
Recht auf Ausstellung von Reisepässen und

Grenzausweisen nehmen will. Dies widerspricht
nicht nur den in der Verfassungsurkunde nieder-
gelegten Grundsätzen von der Freiheit der Person,
sondern auch den gesetzlichen Bestimmungen über
Reisepässe und Grenzausweise.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Minister die Anfrage:

1. Ist dem Herrn Minister diese Praxis der
staatlichen Polizeiexpositur in Neudek bei der
Ausstellung von Reisepässen und Grenzausweisen
bekannt?

2. Ist der Herr Minister bereit, der staatlichen
Polizeiexpositur in Neudek den Auftrag zu ertei-
len, bei der Ausstellung von Reisepässen und
Grenzausweisen den gesetzlichen Bestimmungen
gemäß vorzugehen?

Prag, am 16. März 1938.

G. Böhm,

Hollube, Illing, F. Nitsch, Dr. Eichholz, Klieber,
Knöchel, Birke, Hirte, Jobst, Ing. Králíèek, Stangl,
Ing. Lischka, Rösler, Ing. Karmasin, Dr. Kellner,
Nickerl, E. Köhler, Knorre, Dr. Zippelius, Jäkel,
Franz Nìmec.

Púvodní znìní ad 1292/XII.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. St. Králíèek
an den Minister des Innern

wegen gesetzwidriger Anordnung der

staatlichen Polizeidirektion in Brunn

vom 10. Feber 1938.

Die staatliche Polizeidirektion in Brunn erließ
am 10. Feber 1938 nachstehende Anordnung:

"Polizeidirektion in Brunn.
Anordnung.

Brunn, am 10. Feber 1938.

Gemäß § 5 des Ges. vom 21. Oktober 1936,
Nr. 269 S. d. G. u. V., wird Ihnen als Hausbesitzer
- Verwalter - auferlegt, am Staatsfeiertage, den
28. Oktober, sowie bei anderen bedeutungsvollen
Anlässen, wenn die Bevölkerung dazu vom Stadt-
rat der Stadt Brunn besonders aufgefordert wird,
Ihr Haus mit einer Flagge oder einer Fahne in
den Staatsfarben zu versehen.

Nichtbefolgung dieser Anordnung wird gemäß
§ 22 des erwähnten Gesetzes mit Geldstrafe bis zu
20. 000 Kè oder mit Freiheitsstrafen bis zu 2 Mo-
naten bestraft.

Der Regderungsrat und Polizeidirektor:

Dr. Kraèmer m. p.
Diese Anordnung nehme ich zur Kenntnis: "


22

Der Hauseigentümer ist nicht verpflichtet die
Anordnung zu unterfertigen, denn:

1. handelt es sich um keine generelle Verfügung,
sondern um einzelne Verwaltungsakte, denn in der
Anordnung heißt es: "... wird als Hausbesitzer
('Verwalter) auferlegt... ". Durch das Fehlen der
Reohtsmittelbelehrung, die nach den Grundsätzen
der Verfahrensverordnung Nr. 8/1928 jedem ein-
zelnen Verwaltungsakt beigefügt ist, erscheint
dieser Bescheid mangelhaft und gesetzwidrig;

2. ist die Anordnung unklar. Durch die Worte:
"... bei 'anderen bedeutungsvollen Anlässen... "
ist nicht gesagt, zu welchen weiteren Anlässen
außer dem 28. Oktober beflaggt werden muß;

3. ist der Bescheid mangelhaft und gesetzwidrig,
weil die staatliche Polizeibehörde ihre Anordnung
vom Beschluß eines Selbstverwaltungskörpers ab-
hängig macht.

Wir stellen daher an den Herrn Innenminister
die Anfrage:

1. Ist dem Herrn Minister die angeführte An-
ordnung der staatlichen Polizeidirektion in Brunn
bekannt?

2. Ist der Herr Minister bereit, der staatlichen
Polizeidirektion in Brunn auf zutragen, die ange-
führte Anordnung zu widerrufen?

Prag, am 16. März 1938.

Ing. Králièek,

Birke, Hollube, F. Nitsch, Illing, Klieber, Knöchel,
Dr. Eichholz, G. Böhm, Hirte, Jobst, Stangl, Knor-
re, Ing. Lischka, Rösler, Dr. Zippelius, Dr. Kell-
ner, Jäkel, Nickerl, E. Köhler, Ing. Karmasin,
Franz Nìmec.

Pùvodní znìní ad 1292/XIII.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. W. Richter
an den Minister des Innern

wegen Verletzung der Sprachenverordnung
No. 17/1926.

In der Stadt Liiboch a. E., die nach der letzten
Volkszählung von 1568 Einwohnern èechoslova-
kischer Staatsangehörigkeit 616 deutscher Volks-
zugehörigkeit, also mehr als 20%, zählte, wurde
für den 16. Feber 1938 eine Verdunkelungsübung
verbunden mit einer Übung des Sanitätsdienstes,
des Verbindungs, Alarm- und Ordnungsdienstes,
angesagt.

Die Kundmachung dieser Übung erfolgte jedoch
durch das Kommando des Zivilen Luftschutzes nur
einsprachig, sodaß die deutsche Bewohnerschaft
der Stadt Liiboch a. E. von der Übung keine Kennt-
nis erlangte und sie infolgedessen auch nicht mit-
machen könnt*.

Nach dem Gesetz Slg. Nr. 82/1935 und der Re-
gierungsverordnung Slg. Nr. 199/1935 über den
Schutz und die Verteidigung gegen Fliegerangriffe
sind in erster Linie die Gemeinden zur Durchfüh-
rung der notwendigen Maßnahmen verpflichtet.
Zur Durchführung der notwendigen Maßnahmen
gehören auch allgemeine Anordnungen, die die Ge-
meinde in Form von Aufträgen und Verboten zu
erlassen hat. Nach den Vorschriften über die
Organisation des zivilen Luftschutzes sind als
Organe in den Gemeinden der Gemeindevorsteher,
der Kommandant des örtlichen Luftschutzes und
der Ortsberatungsausschuß für den Luftschutz be-
stimmt. Der Kommandant des örtlichen Luft-
schutzes ist für seine Tätigkeit dem Gemeinde-
vorsteher verantwortlich und ist somit nur dessen
Hilfsorgan.

Wenn nun der Kommandant des örtlichen Luft-
schutzes als Hilfsorgan des Gemeindevorstehers
irgendwelche Kundmachungen erläßt, so gilt auch
für diese der Artikel 81 der Sprachenverordnung,
d. h. die Kundmachungen des Kommandanten des
örtlichen Luftschutzes haben in der Stadt Liboch
a. E. auch in deutscher Sprache zu erfolgen.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Innenminister die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den aufgezeigten
Fall untersuchen zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, die entsprechen-
den Verordnungen zu treffen, daß in der Stadt
Liboch a. E, auch durch den Kommandanten des
örtlichen Luftschutzes die sprachenrechtlichen Be-
stimmungen eingehalten werden?

P r a g, am 18. März 1938.

Ing. Richter,

G. Böhm, Dr. Kellner, Jäkel, Klieber, Ing. Künzel,
Illing, Stangl, Obrlik, Gruber, Ing. Peschka, F.
Nitsch, Dr. Hodina, Nickerl, Dr. Zippelius, Fi-
scher, Dr. Peters, Jobst, Dr. Rösche, May, Hollube,
Dr. Jilly, Kundt, Sogl, Birke, Rösler.

Pùvodní znìní ad 1292/XIV.

Interpellation

des Abgeordneten Franz Hollube
an den Minister des Innern

wegen weiteren ungebührlichen Verhaltens

des Leiters der staatlichen Polizeiexpositur

in Neustadt a. T., Stanislaus Fila.

Obzwar die Interpellanten den Herrn Innen-
minister in letzter Zeit auf eine Reihe von Fällen
aufmerksam gemacht haben, aus denen hervor-
geht, daß der Aktuar Stanislaus Fila von der
staatlichen Polizeiexpositur in Neustadt a. T. die
Erfüllung seiner ihm durch das Gesetz 125/1927
auferlegten Pflichten vermissen läßt, sehen sie sich


23

bereits heute wieder genötigt, dem Herrn Minister
einen weiteren solchen Fall mitzuteilen.

Am 13. März 1938 fand in Neustadt a. T. eine
Notstandskundgebung statt, für die als Redner der
Bezirksvertreter der Sudetendeutschen Partei Ing.
Sittig, als zweiter Redner Abg. Franz Hollube
vorgesehen war. Ing. Sittig gab einen Bericht über
die wirtschaftliche Lage und referierte unter
anderem, daß die derzeit stilllegende Porzellan,
fabrik Persch in Hegewald bei Neustadt a. T.
wieder in Betrieb gesetzt werden könnte mit der
Finanzhilfe einer èechischen Vorschußkasse, jedoch
nur unter der Bedingung, daß 60% der Beleg-
schaft èechen eingestellt werden. Hegewald bei
Neustadt a. T. hat nach der letzten Volkszählung
476 Einwohner, hievon sind 4 èechischer, 462
deutscher Volkszugehörigkeit und 1 Ausländer.
"Was ist das", fragte Ing. Sittig, "ist das Aus-
gleich und Sinn des 18. Feber, nein es ist Ausbeu-
tung deutschen Volkskörpers".

Nach dieser in einem demokratischen Staate be-
stimmt erlaubten Kritik an bestehenden Verhält-
nissen löste der Aktuar Stanslaus Fila von der
staatlichen Poldzeiexpositur in Neustadt a. T. die
Versammlung auf und benahm sich hiebei in der-
selben Weise, wie bereits in früheren Interpella-
tionen angeführt wurde. Aktuar Fila stieg wieder
auf den Stuhl und begann mit lauter Stimme zu
schreien: "Hinaus, hinaus!"

Abgesehen davon, daß durch die durch den
Aktuar Fila ausgesprochene Auflösung der
Tagung das vorgesehene Referat des Abg. Franz
Hollube nicht mehr gehalten werden konnte, stellt
die Art und Weise der Auflösung einen weiteren
Beweis dafür dar, daß sich die Beschwerden gegen
ungebührliche Amtsführung bei der staatlichen
Polizeiexpositur in Neustadt a. T. häufen.

Die Interpellanten stellen an den Herrn Minister
die Anfrage:

1. Auch diesen Fall strengstens untersuchen zu
lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, nunmehr gegen
den Aktuar der staatlichen Polizeiexpositur in
Neustadt a. T. Stanislaus Fila das Disziplinarver-
fahren einleiten zu lassen?

P r a g, am 18. März 1938.

Hollube,

Nickerl, Fischer, Stangl, Rösler, Illing, G. Böhm,

Sandner, E. Köhler, Knöchel, Kundt, Dr. Hodina,

May, Hirte, Obrlik, F. Nitsch, Ing. Künzel, Sogl,

Franz Nìmec, Birke, Knorre.

Pùvodní znìní ad 1292/XV.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Franz Hodina

an den Minister für Schulwesen und
Volkskultur

wegen des ausgeübten Zwanges auf die

Mutter der Henna Kretschmer aus

Olmütz und auf den Method Novotny aus

Nebotein, ihre Kinder in die èechische

Schule zu schicken.

Am 10. März 1938 hat Abg. Dr. Frans Hodina
in einer dringlichen Interpellation dem Herrn Mi-
nister den Fall des Johann Dohnal aus Fratting,
Bezirk Jamnitz, mit dem Ersuchen, sofort Abhilfe
zu schaffen, mitgeteilt. Die Interpellanten sehen
sich genötigt, dem Herrn Minister zwei weitere
Fälle mitzuteilen, die einen ähnlichen Verlauf zu
nehmen drohen.

Die zehnjährige Herma Kretschmer aus Olmütz
besuchte die deutsche Schule im Ursulinenkloster
m Olmütz. Das Kind lebt bei seiner deutschen
Mutter, versteht und spricht nur die deutsche
Sprache. Nun hat der Stadtschulausschuß ange-
ordnet, daß das Kind von nun an die èechische
Schule besuchen müsse, da der Vater des Mäd-
chens èeche sei. Der Vater hat sich jedoch schon
volle 7 Jahre nicht um das Kind gekümmert, da er
von der Kindesmutter geschieden ist und von ihr
getrennt lebt.

Die Rinder des Method Novotny in Nebotein 133
beherrschen die èechische Sprache nicht und, wur-
den nur aus dem Grund, daß der Vater èeche ist,
aus der deutschen Schule in Nebotein ausgeschult.
Ihre Mutter ist Deutsche. Die Berufung gegen die
Ausschulung aus der deutschen Schule in Nebotein
wurde vom Ministerium für Schulwesen und Volks-
kultur abgewiesen. Die Kinder wohnen jetzt in
einem anderen Dorfe, das ihrer Gesundheit zuträg-
licher ist, da ihnen der Arzt Erholung verordnet
hat. In die dortige Schule dürfen sie jedoch nicht
eingeschult werden, da der Bezirksschulausschuß
ihr Gesuch abgewiesen hat. Nunmehr gehen die
Kinder schon mehrere Monate nicht in die Schule,
da ihr Vater sie nicht in die èechische Schule
gehen läßt, denn dort könnten sie, da sie die
èechische Sprache überhaupt nicht beherrschen,
nichts lernen. Method Novotny war deshalb schon
mit 2 Tagen Arrest bestraft worden und soll des-
halb, weil er seine Kinder in eine Schule schicken
will, wo sie dem Unterricht wegen ihrer deutschen
Muttersprache einwandfrei folgen können, mit
weiteren 5 Tagen bestraft werden. Nicht nur die
Vernunft, sondern auch Gesetz und Judikatur ver-
langen, daß die Kinder einen Unterricht besuchen,
dem sie mühelos folgen können. Die Versuche,
Kinder mit deutscher Muttersprache mit Gewalt
in èechische Schulen zu schicken, kommt Entnatio-
nalisierung gleich, die durch den § 134 der Ver-
fassungsurkunde nicht erlaubt ist.

Die Interpellanten fragen deshalb den Herrn
Minister:

1. Ist der Herr Minister bereit, beide angeführten
Fälle einer strengen Untersuchung zu unter-
ziehen?

2. Ist der Herr Minister bereit, eine Verfügung
zu erlassen, daß sowohl Herma Kretschmer als


24

auch die Kinder des Method Novotný weiterhin die
deutsche Schule zu besuchen haben?

P r a g, am 18. März 1938.

Dr. Hodina,

Hollube, Birke, Sandner, Knorre, Nickerl, Jäkel,

Stangl, F. Nitsch, Illing, Jobst, Kundt, Axmann,

Ing. Künzel, E. Köhler, Gruber, Sogl, Hirte, G.

Böhm, Fischer, Dr. Peters.

Pùvodní znìní ad 1292/XVI.

Interpellation

des Abgeordneten Schenk

an den Minister für Schulwesen und
Volkskultur und Justizminister

in der Angelegenheit des Mißbrauches der

Amtsgewalt seitens Professor Knittel in

Kaaden.

Samstag, den 12. März, kam Professor Knittel,
der an der landwirtschaftlichen Mittelschule in
Kaaden wirkt, nach Alkohol riechend in die Schule,
nachdem er in der Nacht die gewaltsame Okkupa-
tion Österreichs beim Alkohol gefeiert hatte. In
der Schule forderte er alle Schüler der landwirt-
schaftlichem Mittelschule auf, in den DTV (Deut-

schen Turnverlband) einzutreten. Er rief dabei
jeden einzelnen von jenen auf, die noch nicht Mit-
glied des DTV. sind und frug nach dem Grund,
warum sie noch nicht beigetreten sind. Er stellte
allen, die noch nicht Mitglied sind, eine Frist von
4 Wochen. Dies wiederholte er in allen Schul-
klassen der landwirtschaftlichen Mattelschule im
Laufe des Samstag vormittag. Dabei stellte er
diese Frist mit der bekannten Erpressung: "So-
lange es nicht zu spät ist. " Daraus folgt, daß
Professor Knittel:

a) seine Amtsgewalt mißbrauchte,

b) die Schüler terrorisierte,

c) bei Anwendung einer irredentistischen Pro-
paganda mit bewußten Unwahrheiten operiert.

Wir fragen daher den Herrn Schulminister:

Ist er geneigt, Professor Knittel sofort zu
suspendieren und ein Disziplinarverfahren einzu-
leiten?

Wir fragen den Herrn Justizminister:

Ist er geneigt, der zuständigen Staatsanwalt-
schaft anzuordnen, das Strafverfahren gegen den
Genannten einzuleiten?

P r a g, am 23. März 1938.

Schenk,

Vodièka, Borkaòuk, Vallo, Klima, Kopecký, Zá-
potocký, Kosik, Kopøiva, B. Köhler, Beuer, Ma-
chacová-Dostálová, Procházka, Široký, Zupka, Kli-
ment, Nepomucký, Šverma, Hodinová-Spurná, Dr.
Clementis, Sliwka.

Státní tiskárna v Praze - 2206-38.


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