20

Schritte eingeleitet worden und auch die vorge-
setzte Bezirksbehörde hat bis zum heutigen Tage
kein Verfahren eingeleitet.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Justizminister und an den Herrn Innenminister die
nachstehenden Anfragen:

1. Sind die Herren Minister bereit, die Un-
regelmässigkeiten in der Finanzgebarung der Ge-
meinde Glasdörfl untersuchen zu lassen?

2. Sind die Herren Minister bereit zu unter-
suchen, warum die Staatsanwaltschaft in Ohnütz
die Untesuchung eingestellt und die Bezirksbe-
hörde kein Disziplinarverfahren eingeleitet hat?

3. Was gedenken die Herren Minister zu tun,
damit die Unregelmässigkeiten in der Finanzge-
barung der Gemeinde Glasdörfl ihre gesetzliche
Sühne erfahren?

Prag, am 27. Dezember 1937.

Axmann,

E. Köhler, Illing, Gruber, Nickerl, Knorre, Jäkel,

Rösler, Fischer, Birke, flirte, Jobst, F. Nitsch,

Dr Eichholz, Ing. Karmasin, Dr Kellner, Dr Jilly,

Knöchel, Obrlik, Hollube, Dr Hodina.

Pùvodní znìní ad 1199/ XI.

Interpellation

des Abg. Dr Ludwig Eichholz

an den Minister des Innern
und an den Justizminister

wegen ungesetzlicher Beschlagnahme-
praxis der staatlichen Sicherheits-
behörden.

Den Interpellanten wird von einer Reihe von
Fällen berichtet, in denen die Organe der staat-
lichen Sicherheitsbehörden eine Praxis bei der
Beschlagnahme von Druckschriften befolgen, die
sowohl mit dem Gesetze selbst wie auch mit
seiner gerechten Handhabung in krassem Wider-
spruche steht. Insbesondere muss hierbei darauf
verwiesen werden, dass die Richtlinien, nach de-
nen sich die die Beschlagnahme durchführenden
Organe richten, offenbar verschieden sind, je nach
der parteipolitischen Einstellung, welche die be-
treffenden periodischen Druckschriften vertreten.
Charakteristisch hiefür ist der unter Punkt 1 die-
ser Interpellation geschilderte Fall. Als eine aus-
gesprochen böswillige Schikane muss aber das
Vorgehen, das unter Punkt 3 dieser Interpellation
geschildert wird, bezeichnet werden, das an-
scheinend nur darauf abzielt, den Redaktionen der

betreffenden periodischen Druckschriften einen
empfindlichen finanziellen Schaden zuzufügen.

Im einzelnen wird den Interpellanten folgen-
des berichtet:

1. Die Folge 34 des Wochenblattes für die
Karpathenländer »Deutsche Stimmen« vom 21.
August 1937 und die Folge 35 vom 28. August 1937
verfielen der Beschlagnahme, die durch die Staats-
anwaltschaft in Olmütz ausgesprochen wurde. In
der Folge 34 wurde folgende Stelle beschlagnahmt:
»Es ist amtlicher Missbrauch, wenn überhaupt eine
Fürsorgeaktion unter Mitwirkung eines Ministers
ins Werk gesetzt wird, die eindeutig die mate-
rielle und politische Bereicherung gewisser Par-
teien zum Ziele hat«. Obwohl diese Stelle in an-
deren Blättern unbeanstandet erscheinen konnte,
wurde sie in den »Deutschen Stimmen« beschlag-
nahmt.

In der Folge 35 wurde ein Teil des Artikels
über das Verbot der deutschen Bürgerschule in
Kremnitz beschlagnahmt. Es heisst da: »In dem
Verbote wird darauf hingewiesen, dass die Schü-
lerzahl zu klein ist - es hatten sich 92 Schüler
gemeldet!! - und dass der Aufwand für diese
Klassen nicht sichergestellt ist! Mit grösserem
Zynismus konnte das Verbot wohl nicht begrün-
det werden! Ein Blitzschlag aus heiterem Himmel
vernichtete die Begeisterung, aber noch mehr das
Vertrauen der Deutschen zu den Behörden, zu
den staatlichen Einrichtungen«.

2. In der Abendausgabe der »Reichenberger
Zeitung« vom 8. Oktober 1937, No. 238, wurde
ein Teil der Entschliessung beschlagnahmt, die
eine am 7. Oktober stattgefundene und von 4000
Menschen besuchte Versammlung der Sudeten-
deutschen Partei gefasst hatte und die die Aus-
schreibung von Gemeindewahlen beinhaltete. Der
beschlagnahmte Teil lautet: »Gleichzeitig gibt die
Versammlung der Hoffnung Ausdruck, dass der
Herr Präsident Dr Eduard Beneš den ihm ver-
fassungsmässig eingeräumten Einfluss auf die
massgebenden Stellen geltend macht, damit sein
schönes Wort, welches die Èechoslovakei als
einen Leuchtturm der Demokratie bezeichnet,
langsam zur Wahrheit werde«.

3. Die 43. Folge der »Front« in Mähr. Schön-
berg vom 21. Oktober 1937 wurde wegen des Be-
richtes über die Teplitz-Schönauer Vorfälle und
wegen des Briefes, den Konrad Henlein aus An-
lass dieser Vorfälle an den Herrn Präsidenten
Dr Beneš richtete, beschlagnahmt. Bemerkenswert
ist. dass die Beschlagnahme in drei Etappen er-
folgte. Bereits am 19. Oktober 1937 wurden der
Staatspolizei drei Zensurexemplare übermittelt
und noch am gleichen Tage wurde von der Staats-
polizei die Beschlagnahme des Briefes Konrad
Henleins verfügt, nur der Titel des Briefes »Pro-
test Konrad Henleins« blieb von der Beschlag-
nahme unberührt.

Am 20. Oktober 1937 erschien der Polizei-
agent Navratil in der Redaktion und erklärte,
dass das über die erfolgte Beschlagnahme ausge-
fertigte Protokoll falsch sei und dass er ein neues
vorbereitet habe, um es mit dem ursprünglichen


21

auszutauschen. In dem neuen Protokoll wurde
gleichzeitig die Beschlagnahme der Ueberschrift
des Briefes »Protest Konrad Henleins« ausge-
sprochen. Daraufhin wurde die gesamte Auflage
in Druck gelegt und zum Versand gebracht.

Am 21. Oktober 1937 erschien abends der Po-
hzeiinspektor Kominek und erklärte, dass über
Auftrag der Staatsanwaltschaft in Olmütz neuer-
dings eine Beschlagnahme durchgeführt werden
müsse und zwar seien Stellen aus der Rede des
Abg. K. H. Frank in Teplitz-Schönau, eine Dar-
stellung des Vorgehens der Staatspolizei in Teplitz-
Schönau und zwei Absätze aus dem Proteste der
Tagung für öffentliches Recht in Leittneritz so-
fort zu entfernen.

Die Interpellanten stellen daher an den Herrn
Minister des Innern und den Herrn Justizminister
folgende Anfrage:

1. Sind die Herren Minister bereit, in allen
geschilderten Fällen eine genaue und strenge Un-
tersuchung des gerügten Sachverhaltes einleiten
zu lassen?

2. Sind die Herren Minister bereit, die schul-
dig befundenen Organe der staatlichen Sicher-
heitsbehörden jeweils eindringlichst ermähnen zu
lassen und ihnen neuerdings eine genaue Einhal-
tung der geltenden Gesetze in Erinnerung zu
bringen?

3. Sind die Herren Minister bereit zu berich-
ten, welche konkrete Massnahmen er in allen ge-
schilderten Fällen bereits ergriffen hat?

4. Sind die Herren Minister bereit, geeignete
Garantien zu nennen, die in Zukunft die Wieder-
holung ähnlicher Vorfälle, wie der gerügten, un-
möglich machen?

Prag, am 27. Dezember 1937.

Dr Eichholz,

Hollube, Gruber, Axmann, Birke, Fischer, Stangl,

Ing. Karmasin, Dr Zippelius, Dr Kellner, Ing.

Peschka, Klieber. May, Knorre. Jäkel, E. Köhler,

G. Böhm, Rösler, Franz Nìmec, Illing,

Dr Rosche.

Pùvodní znìní ad 1199/XII.

Interpellation

des Abg. Josef Jäkel
an den Eisenbahnminister

wegen Anbringung eines Bahnschrankens
auf der Bezlrksstrasse Friedland-Hain-
dorf-Bad Liebwerria bei der Bahn-
station Mildenau.

An der Stelle, wo die Bezirksstrasse Fried-
land-Haindorf-Bad Liebwerda in der Nage der

Station Mildenau das Geleise der èechoslovaki-
schen Staatsbahnen kreuzt, ist der Bahnübergang
durch keine Vorsiclitsmassregel geschützt. An die-
ser Stelle haben sich daher auch schon eine Rei-
he schwerer Unglucksfalle ereignet. So sind be-
reits an dieser Stelle drei Todesopfer zu beklagen
und zwei Passanten wurden schwer verletzt. Ein-
mal wurde auch eine Auto und einmal ein Braue-
reifuhrwerk auf die Wiese geschleudert. Das letz-
te Unglück ereignete sich am 13. August 1937, als
das Auto der Frau Hilda Bienert (Auto Nr. 72472)
aus Karbitz vom Zuge erfasst und auf die Seite
geschleudert wurde, wobei es schwere Beschädi-
gungen erlitt. Nur einem glücklichen Zufalle ist
es zu danken, dass bei diesem letzten Unglücke
keine Todesopfer zu beklagen waren.

Der bezeichnete Bahnübergang ist sehr stark
frequentiert, da auf der Bahnstrecke täglich 22
Züge und eine Lokomotive verkehren und diese
Strecke täglich von vielen Autos aller Art, Fuhr-
werken, Radfahrern und Fussgängern passiert
wird. Zum Beweise dafür sei angeführt, dass am
31. August 1937 in der Zeit von 12 bis 19 Uhr
und am 1. September 1937 in der Zeit von 6 bis
12 Uhr

163 Personenautos.
40 Lastautos.
69 Motorräder.
50 Fuhrwerke,
915 Radfahrer,
369 Fussgänger.
16 Handwagen und
14 Kinderwagen

diesen Uebergang passierten. Es zeigt sich also,
dnss die Anbringung einer Schutzvorrichtung bei
dem genannten Bahnübergang ein dringendes Er-
fordernis ist.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Fisenbalmminister die Anfragen:

1. Ist der Herr Minister bereit, den oben ge-
schilderten Tatbestand untersuchen zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit dafür zu sor-
gen, dass mit grösster Beschleunigung der Mis-
stand an der bezeichneten Stelle beseitigt und ent-
sprechende Bahnschranken errichtet werden?

Prag, am 27. Dezember 1937.

Jäkel,

Knöchel Hollube, Birke, Dr. Elchholz, E. Köhler,

Nickerl. Knorre, Stangl. Axmann. Sogl. F. Nitsch,

Illing, Jobst. Gruber, Dr Jilly. Hirte. Obrlik, Ing.

Karmasin, Rösler, Dr Hodina.


22

Pùvodní znìní ad 1199 /XIII.

Interpellation

des Abgeordneten Georg Böhm

an den Minister des Innern und
an den Minister für soziale Fürsorge

wegen Verschleppung einer Aufsichis-

beschwerde gegen die Amtsführung des

Bürgermeisters von Neudek.

Am 29 Feber 1936 wurde der Bezirksbehorde in
Neudek eine umfangreiche Aufsichtsbeschwerde
über die Amtsführung des Burgermeisters und
der sozialdemokratischen Gemeindefraktion in
Neudek überreicht. Es wurde zu weit fuhren, alle
Misstände, insbesondere die Übergriffe des Bur-
germeisters von Neudek, Karl Winterstem, noch
einmal zu erörtern; die Interpellanten verweisen
in diesem Zusammenhange auf die detaillierter
und belegten Ausführungen der genannten Be-
schwerde, insbesondere auf die Punkte betreffend
die Art der Durchführung der sozialen Fürsorge
und der Arbeitslosenausspeisung, die Benachtei-
ligung von nicht der sozialdemokratischen Partei
angehorigen Arbeitslosen bei Einstellung für die
Gemeindenotstandsarbeiten, das parteiische Vor-
gehen bei Anstellungen, Entlassungen und Vei-
gebungen von Lieferungen überhaupt, das Nicht-
einhalten der Gemeindegeschäftsordnung seitens,
des Burgermeisters und vor allein die Gememde-
fmazgebarung und die ständige Bevorzugung von
Verwandten des Bürgermeisters bei jeder Gele-
genheit.

Diese Aufsichtsbeschwerde, die die Meinung
von 60% der Bevölkerung vetritt und von 24
Wählern der Gemeinde Neudek gefertigt ist, wurde
in einer Gleichschrift im April 1936 auch der Lan-
desbehörde und dem Ministerium für soziale Für-
sorge (Zahl E 3590-15 4/36 vom 17. 4. 1936) über-
reicht deren Referenten diese Beschwerden am
17. und 20. April 1936 an die Bezirksbehörde in
Neudek zur weiteren Veranlassung abgetreten
haben.

Von der Bezirksbehorde wurde die Aufsichts-
beschwerde bereits Mitte Marz 1936 an die Ge-
meinde Neudek zur Ruckäusserung binnen drei
Tagen übermittelt. Einsichtnahme in die Gegenaus-
serung wurde den Beschwerdeführern verweigert
Vielmehr hat der geistige Fuhrer der sozialdemo-
kratischen Partei, Dr. Henisch, den Verfasser der
Beschwerde, Johann Stöckner, aufgefordert, die
Beschwerde zurückzuziehen, was selbstverständ-
lich abgelehnt wurde.

Auf Befragen im April 1936 teilte die Bezirks-
behörde lediglich mit, dass sie die Einvernahme
des Bürgermeisters Karl Winterstein vorgenom-
men habe.

Nach einen Rücksprache mit Bezirkhauptmann
Dr. Skramlík versprach dieser im Mai 1936 die
Angelegenheit zu erledigen. Da jedoch die Erle-
digung hintertrieben zu werden scheint und auch
bis Juni 1937 keinerlei Verständigung einlief,
sprach einer der Beschweidefuhrer, Johann
Stockner. Neudek Nr. 683, am 19. Juni 1937 neuer-
lich beim Bezirkshauptmanne Dr. Skramlík vor.
Dieser teilte ihm mit. dass er vier Revisionen
bezüglich der Ernahrungsaktion der Gemeinde
Neudek vornehmen hess. dass jedoch weitere
8 - 10 Revisionen noch notig seien; er werde
aber einen Teilbencht bis Ende Juni 1937 dem
Ministerium für soziale Fürsorge vorlegen, was
nach einer spateren Mitteilung des Bezirkshaupt-
mannes auch geschehen ist. Für die Revision der
Gemeindeverwaltung m Sachen ausser Ernah-
rungsaktion sei nur die Landesbehörde zuständig

Trotz öfterer Intervention des Abg. Böhm bei
der Bezirksbehorde Neudek, verschleppt sich nun
die Erledigung dieser Angelegenheit bereits ms
Unendliche; es wird auch seitens der massgeben-
den Behörden in Prag nichts getan, um die Be-
schwerde endlich zu behandeln

Die bisherige Amtierung in der Gemeinde
Neudek halt dabei unverändert an. Es hat jedoch
keinen Zweck, weitere Beschwerden einzubringen.
wenn die erstemgebrachte Beschwerde mit den
schwersten Anschuldigungen einfach unerledigt
bleibt, ja den Interpellanten sogar die Einsicht-
nahme m die Gegenäusserung der Gemeinde ver-
wehrt wird Es wird noch bemerkt, dass gegen
die Amtsführung des Burgermeisters von Neudek
schon am 16 Mai 1935 eine Beschwerde bei der
Bezirksbehorde eingebracht wurde, die ebenfalls
bis heute unerledigt blieb

In Hinblick auf den geschilderten Sachverhalt
richten daher die Interpellanten an die Herren
Munster die Anfragen:

Sind die Herren Minister bereit.

1 unverzüglich eine genaue und strenge Prü-
fung des gerügten Sachverhaltes zu veranlassen?

2 gegebenenfalls eine Sonderkomnnssion mit
der Aufgabe zu betrauen, die Angelegenheit an
Ort und Stelle zu überprüfen?

3 den Interpellaten mitzuteilen, welche kon-
kreten Massnahmen m der Richtung einer Abstel-
lung der gerügten Misstände bereits getroffen
wurden?

Prag. am 27. Dezember 1937

G. Böhm,

Hollube, Knöchel, Jäkel, Birke, Nickerl, Stangl.

Obrlík, E. Köhler, Gruber, Knorre, Axmann, Sogl,

Jobst, F. Nitsch, Hirte, Illing, Ing. Karmasin,

Dr Jilly, Fischer, Franz Nìmec.


23

Pùvodní znìní ad 1199/XIV.

Interpellation

des Abgeordneten Dölling

an den Justizminister
und Minister für soziale Fürsorge

betreffend die Verhinderung der Betriebs-
aüsschusswahlen in verschiedenen Unter-
nehmungen von Kolín.

Wir erhalten aus Kolín folgende Tatbestands-
Schilderung:

Am Samstag, den 30. Oktober kamen die Ar-
beiter der Firma »Akciová továrna na výrobu
luèebnin« in Kolín in einer Versammlung zusam-
men und wählten für Vorbereitung der Betriebs-
susschusswahlen aus ihrer Mitte drei Vertrauens-
männer und drei Ersatzmänner. Die Gewählten
wurden den am längsten im Betriebe beschäftig-
ten Arbeitnehmern entnommen. Sie sollten sich
mit der Betriebsverwaltung zwecks Vorbereitung
der BA-Wahl ins Einvernehmen setzen und dm
Funktion des Wahlausschusses übernehmen.

Der Direktor des genannten Betriebes, Ing.
Špinka, bei dem diese Arbeiter in Erfüllung ihres
Auftrages vorsprachen, liess mit ihnen ein Pro-
tokoll verfassen und erklärte, dass er über die
Errichtung eines Betriebsausschlusses nicht ent-
scheiden kann, aber diese Angelegenheit an die
Betriebsverwaltung weiterleite, damit diese über
die Errichtung des Betriebsausschusses entschei-
de. Er versprach ihnen bis 15. November die Ant-
wort der Betriebsleitung zu übermitteln.

Am 13. November wurden 7 Arbeiter mit der
Begründung »Arbeitsmangel« entlassen. Unter die-
sen Entlassenen befinden sich die drei mit der
Vorbereitung der BA-Wahlen beauftragten Arbei-
ter, sowie ihre drei Ersatzleute. Diese Tatsache
allein zeigt schon die offensichtliche Absicht einer
Persekution der von der Arbeiterschaft mit der
Errichtung des Betriebsausschusses betrauten Ar-
beitnehmer.

Gegen diese Persekution protestierte am 15.
November die Arbeiterschaft der pharmazeuti-
schen Abteilung des genannten Betriebes durch
einen halbstündigen Proteststreik. Die Arbeiter
dieser Abteilung wurden im der Betriebs - Kanzler
einem Verhör unterzogen. Mit jedem verhörten
Arbeiter wurde ein Protokoll aufgenommen und
die Arbeiter dann entlassen. Mit dem so erzwun-
genen Protokoll versucht der Direktor Špinka der
Bezirksbehörde, sowie dem Gewerbeinspektorat
in Kolín nachzuweisen, dass die Arbeiterschaft
einen Betriebsausschuss nicht wünscht.

Trotzdem diese Entlassungen klar den Stem-
pel der Persekution zwecks Einschüchterung und
Verzichtleistung der Arbeiter auf die Wahl des

Betriebsausschusses tragen, begründet der ge-
nannte Direktor diese Entlassungen formal mit
Arbeitsmangel.

Der genannte Direktor legt auch sonst ein
ausserst provozierendes Auftreten an den Tag.
Die Arbeiter verweisen mit Recht darauf, dass
Špinka ein Faschist sei, der es jetzt ablehne, zu
Verhandlungen bei der Bezirksbehörde zu erschei-
nen und entsprechend den Bestimmungen der so-
zialen Gesetze zu handeln. In viel grösserem Aus-
masse wird er sich im Falle eines faschistischen
Angriffes auf die Republik gegen Inhalt und Geist
der demokratischen Gesetze stellen. Die Arbeiter-
schaft ist naturgemäss über diese Provokation
äusserst erregt und envartet, dass die Behörden
gegen solche Elemente einschreiten. Die Massre-
gelung der Arbeiter, die die Erfüllung der ihnen
zustehenden demokratischen Rechte - Wahl eines
Betriebsausschusses - forderten, fuhrt er durch,
um den Betrieb von allen demokratischen Ele-
menten zu säubern und um für seine faschisti-
schen Umtriebe freie Hand zu haben.

Eine weitere unerhörte Provokation und einen
offenen Missbrauch seiner wirtschaftlich stärkeren
Position leistet sich Direktor Spinka dadurch,
dass er im Betriebe eine Kundmachung aushängen
liess, in welcher er die Arbeiter, die einen Be-
triebsausschuss wünschen, auffordert, in die Kanz-
lei zu kommen. Er weiss genau, dass sich kein
Arbeiter getrauen kann, auf diese Weise seinen
Wunsch nach einem Betriebsausschuss zu äussern,
wenn er nicht ebenfalls sofort entlassen werden
will.

Dass die Begründung für die Entlassungen
»Arbeitsmangel« nicht stichhältig ist, geht daraus
hervor, dass seit den angeführten Entlassungen
drei neue Arbeitskräfte aufgenommen wurden,
die bis jetzt in diesem Betriebe nicht beschäftigt,
während die entlassenen Vertrauensleute der Ar-
beiterschaft 15 und mehr Jahre im Betriebe
waren.

Dass es sich bei diesen Provokationsmass-
nahmen nicht um einen Zufall, sondern um eine
planmässig organiserte und geführte Aktion
zwecks Verhinderung der Wahl von Betriebs-
ausschlüssen in Kolín handelt, geht aus Folgendem
hervor:

Vor kurzer Zeit entliess die Firma Hebek
& Co. Tubenfabrik in Kolín die Vertrauensper-
sonen der Arbeiterschaft, welche bei der Firma
die Errichtung des BA fordern sollten.

Die Firma Kolinea, Schokoladen- und Zucker-
warenfabrik in Kolín verweigert dem Wahlaus-
schuss die Herausgabe des Beschäftigtenverzeich-
nisses zur Vorbereitung der Wahl, weil angeblich
über die Wahl die Betriebsverwaltung entschei-
den muss.

Die Oelfabrik Jakl & Štìøík schiebt mit immer
neuen Einwendungen die Errichtung des Betriebs-
ausschusses ebenfalls hinaus.

Dieser planmässig organisierte Angriff auf die
der Arbeiterschaft gesetzlich garantierten Rechte
wird vom Industriellenverband in Kolín geleitet.
Die Weisung dazu erschien im Organ der »Na-


24

tionalen Vereinigung« in Kolín, dem »Hlas demo-
kracie«, welches in Nr. 45 einen Leitartikel gegen
die Betriebsausschüsse und die Gewerkschaften
brachte. Ihr Standpunkt ist klar in der Drohung
ausgedrückt, dass die Errichtung von Betriebs-
ausschüssen in Unternehmen, wo sie bis jetzt
nicht bestellen, Einfluss auf die Entwicklung der
Industrie und ihre event. Verlegung aus Kolín ha-
ben könnte.

Es ist ganz klar, dass die weitere Duldung
dieser Persekutionsmassnahmen bedeutet, dass die
Arbeiterschaft in vielen Betrieben in Kolín des
gesetzlichen Schutzes, wie er aus dem BA-Ge-
setz erfliesst, verlustig gehen müsste.

Aus dieser Schilderung des Tatbestandes er-
gibt sich also:

a) Die Arbeiter der genannten Betriebe ver-
langen nichts anderes, als das ihnen gesetzlich
zustehende Recht auf Wahl eines Betriebsaus-
schusses.

b) Die genannten Firmen versuchen mit allen
Mitteln, auch mit jenen des wirtschaftlichen Ter-
rors, die Errichtung von Betriebsausschüssen, wie
sie im Gesetz Nr. 330/1921 garantiert ist zu ver-
hindern.

c) Dadurch soll die Arbeiterschaft um ihre
gesetzlichen Rechte, samt den daraus erfliessen-
den Wohltaten, gebracht werden.

d) Die Firma Akciová továrna na výrobu lu-
èebnin masst sich ein Recht an - nämlich dass
die Firma über die Errichtung eines Betriebsaus-
schusses zu entscheiden hätte - das ihr gar nicht
zusteht.

e) Die genannte Firma wendet Mittet des
Terrors an und verstösst damit gegen das Gesetz
vom 12. August 1921, Nr. 309, sowie gegen Inhalt
und Geist der Verfassung der Èechoslovakischen
Republik.

f) Die Tatsachen zeigen, dass es sich in Kolín
nicht um einen Einzelubergriff, sondern um die
organisierte Sabotage der Durchführung wichtiger
sozialpolitischer Gesetze handelt, wodurch ernste
politische Spannungen und Störungen hervorge-
rufen werden können.

Ich frage die Herren Minister:

1. Sind Sie bereit Vorkehrungen zu treffen,
damit die Arbeiterschaft der genannten Betriebe
von Kolín ungehindert und ohne Gefahr des Ver-
lustes des Arbeitsplatzes die Wahl der Betriebs-
ausschüsse durchführen kann?

2. Sind Sie bereit gegen die genannten Fir-
men die entsprechenden strafrechtlichen Mass-
nahmen zur Wahrung der sozialpolitischen Geset-
ze einleiten zu lassen?

Prag, am 27. Dezember 1937.

Dölllng,

Široký, Hodinová-Spurná, B. Köhler, Kosik, Pro-
cházka. Schenk, Vodièka, Vallo, Machaèová-Do-
stálová- Beuer, Šverma, Synek, Kopøiva, Zupka,
Krosnáø, Slanský, Zápotocký, Kopecký, Klíma,
Dr Clementis.


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