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einen Grossteil der deutschen Bevölkerung auuser
Kraft.
Ueber die Besetzung der Burgermeisterstellen
heisst es in den Richtlmien:
»Die Besetzung der Burgermeisterstellen in
den Stadien über 20. 000 Einwohner ist dem Vor-
sitzenden der SdP (Konrad Heniem) persönlich
vorzubehalten. «
In krassem Widerspruch zu den Wahlge-
setzen, nach denen die Wahl der Burgermeistei
auf demokratische Weise zu erfolgen hat, usur-
piert der Fuhrer der SdP das Recht, die Bürger-
meister der grössten deutschen Städte zu ernen-
nen. Es ist klar, dass die Durchführung der Ge-
meinde wählen auf der Grundlage dieser Richt-
linien die faschistische Gleichschaltung der deut-
schen Selbstverwaltungskorper bedeuten wurde
Die Führer der SdP versuchen mit allen
Mitteln der Luge, der Verleumdung und Erdich-
tung von Tatsachen, die Durchführung der
Verembaungen vom 18. Feber zu verhindern und
die deutsche Bevölkerung gegen den nationalen
Ausgleich zu stellen, dessen baldige Verwirkli-
chung im Lebensmteresse von Volk und Republik
gelegen ist. In welcher gewissenloser Weise die
SdP bei diesem Bestreben mit den Tatsachen
amspringt, geht aus den nachstehenden »Wei-
sungen der Hauptstelle (O. G. 14/37)« deutlich
hei vor:
»In letzter Zeit häufen sich die Falle, dass
Berichte, die der »Zeit« für die Rubriken »Tat-
sachen klagen an« oder »Im Zeichen des Aus-
gleiches« emgesandt werden, von den zuständi-
gen Stellen berichtigt werden konnten. Eine Häu-
fung solcher Berichtigungen kann der Glaubwür-
digkeit unserer gesamten Presse schweren Scha-
den zufügen. Es muss daher von allen Bericht-
erstattern gefordert werden, dass nur volkom-
men auf Tatsachen beruhende Beiträge eingesandt
werden.
Berichterstatter, deren Beiträge sich als
unwahr herausstellen, werden m Zukunft von der
Schriftleitung der »Zeit« ohne Rucksicht auf das
Redaktionsgeheimnis voll und ganz Verantwor-
tung gezogen.
Mit deutschen Gruss:
Für die Hauptstelle der SdP:
Unterschrift. «
Das gesamte hier zusammengetragene Ma-
terial über die volks- und republikfeindliche Po-
litik der SdP, über ihren Terror und ihre Burger-
knegsvorbereitungen sowie über ihre hochver-
räterischen Verbindungen mit dem III. Reiche ei-
fordern ein sofortiges, energisches Einschreiten
der Regierung zum Schütze der deutschen Be-
völkerung und zur Verteidigung der Republik.
Wir fragen den Herrn Minister des Innern:
1. Ist er bereit, Massnahmen zu treffen, um
die Versammlungen und Kundgebungen der anti-
faschistischen Parteien gegen den SdP - Terror
wirkungsvoll zu schützen und die Versammlungs-
freiheit für die Antifaschisten sicherzustellen, statt
sie - wie es nach den Vorfallen in Niedergrund
der Fall war. durch allgemeine Versammlungs-
verbote aufheben zu lassen?
2. Ist er bereit, den Auftrag zur Auflösung
aller wie immer benannten oder getarnten Ter-
rorgruppen, insbesondere der sogenannten Ord-
nerformationen zu geben?
3. Ist er bereit, die hochverräterischen Zwek-
ken dienenden Reisen Henleins und der anderen
SdP Führer ins Ausland zu unterbinden?
4. Ist er bereit, Massnahmen zur Verhinde-
rung der Werbung und Verlockung junger Sude-
tendeutscher zur Annahme von »Arbeit« m den
Arbeitslagern des III. Reiches zu ergreifen P
5. Ist er bereit, das Strafverfahren gegen alle
jene Führer der SdP zu veranlassen, die durch
Herausgabe von Weisungen zu Terroraktionen
und zur Organisierung von Terrorgruppen, sowie
zu Anschlagen gegen die demokratischen Ein
richtungen der Republik auffordern.
6. Ist er bereit, eine genaue Untersuchung den
gesamten Tätigkeit der SdP und ihrer Verbin-
dungen mit dem III. Reich anzuordnen P
7. Ist er bereit, die sofortige Strafverfolgung
aller jener Führer der SdP zu verfugen, denen
die Organisierung und Durchführung von Terior-
akten und die Verbindung mit solchen Organisa-
tionen des III. Reiches bezw. der NSDAP nach-
gewiesen wird, die gegen die Sicherheit der Èe-
choslovakischen Republik und ihrer Nationen ar-
beiten?
8. Ist er bereit, dem Parlament über die hoch-
verräterischen und terroristischen Umtriebe und
über die vom Innenministerium getroffenen Mass-
nahmen Bericht zu erstatten?
Prag, den 18. Juni 1937.
Beuer, B. Köhler, Appelt, Kosik,
Krosnáø, Fušèiè, Procházka, Dölling, Vodièka,
Schmidke, Sliwka, Machaèová, Kliment, Schenk,
Dr Clementis, Zápotocky, Šverma, Klima, Kopøiva,
Hodinová-Spurná, Široky.
Pùvodní znení ad 1011/IX.
Interpellation
des Abgeordneten Ing. Franz Karmasin
an den Minister des Innern
wegen willkürlicher Erlassung von Straf-
bescheiden durch die staatlichen Polizei-
behörden.
Immer häufiger ereignet es sich, dass staat-
liche Polizeibehörden mit Verwaltungsstrafen ge-
27
genüber Staatsbürgern deutscher Volkszugehörig-
keit vorgehen, ohne dass diese auch nur den ge-
ringsten Anlass dazu gegeben hätten.
So wurde dem Hubert Stotzek, Arbeiter in
Krawarn Nr. 264 von der staatlichen Polizeiex-
positur in Hultschin mit Bescheid vom 31. März
1937, Zl. 313 eine Strafe von 200 Kè deshalb auf-
erlegt, weil er sich zusammen mit etwa 150 Mann.
Mitgliedern der Sudetendeutschen Partei, am
Begräbnis eines verstorbenen SdP-Mitgliedes be-
teiligt hatte.
Die Begründung zu diesem Strafbescheid
wird im Art. 3, Abs. 2 des Organisationsgesetzes
gesucht, weil angeblich die Beteiligung der SdP-
Mitglieder an diesem Begräbnis bei den Anhän-
gern anderer politischer Parteien Aufregung und
Aergernis hervorgerufen habe.
Diese Strafpraxis grenzt tatsächlich schon an
Willkür. Es ist eine bekannte Tatsache und ein
durch das Gesetz 135/67 anerkannter Brauch, dass
korporative Beteiligungen am Begräbnis keiner-
lei behördlicher Bewilligung bedürfen. Ob diese
Beteiligung bei den Angehörigen anderer Parteien
Aergernis erregt, ist vollkommen irrelevant und
darf auf keinen Fall zur Grundlage einer Be-
strafung genommen werden, schon gar nicht darf
in diesem Falle der Art. 3, Abs. 2 des Organisa-
tionsgesetzes zur Motivierung einer Verwaltungs-
strafe herangezogen werden.
Diese geradezu lächerliche Begründung für
die Bestrafung eines Angehörigen der Sudeten-
deutschen Partei ist ein Beweis dafür, dass die
unieren Verwaltungsbehörden Gesetzbestimmun-
gen, die wegen ihrer allgemeinen gehaltenen Abfas-
sung keine klare Umgrenzung des Tatbestandes
enthalten, in geradezu willkürlicher Weise zur
Beschränkung und Behinderung der Entfaltung
und der Betätigung der Sudetendeutschen Partei,
Vorsitzender Konrad Henlein, missbrauchen.
Die Interpellanten bringen diese unhaltbare
Praxis unterer Verwaltungsbehörden dem Herrn
Minister des Innern zur Kenntnis und richten an
ihn die Anfrage:
1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt untersuchen zu lassen?
2. Ist der Herr Minister bereit, die Tätigkeit
der staatlichen Polizeibehörde in Hultschin hin-
sichtlich des gerügten Sachverhaltes einer einge-
henden Prüfung zu unterziehen und über den zu-
ständigen Referenten wegen der zweifellos un-
gerechtfertigten Bestrafung das Disziplinarverfah-
ren verhängen zu lassen?
3. Welche konkreten Verfügungen hat der
Herr Minister wegen des gerügten Sachverhalte:
getroffen?
Prag, am 18. Juni 1937.
Ing. Karmasin,
Ing. Schreiber, Knorre, Fischer, Hollube, Stangl,
Sogl, E. Köhler, Röster, Sandner, May, Wollner,
Wagner, Franz Nìmec, Kundt, Obrlik, Axmann,
Dr Zippelius, Ing. Richter, Dr Rösche, F. Nitsch.
Pùvodní znìní ad 1011/X.
Interpellation
des Abgeordneten Benno Fischer
an den Minister des Innern
wegen Bekanntgabe einer Verfügung.
lu der Interpellation vom 20. Oktober 1936
Druck 672/XV hat sich Abgeordneter Benno Fi-
scher an den Herrn Minister des Innern wegen
unzulässiger Befragung über die Parteizugehö-
rigkeit seitens der Gendarmerie gewendet.
Mit Antwort vom 26. Feber 1937 Druck
842/VII gibt der Herr Minister des Innern wohl
bekannt, dass hinsichtlich des Vorgehens bei Er-
hebungen in analogen Fällen diesbezüglich Wei-
sungen erteilt worden sind. Er teilt aber nicht
mit, welche konkrete Verfügungen gegenüber dem
verantwortlichen Organ der Gendarmeriestation
in Ronsperg, wegen des in der Interpe11ation vom
20. Oktober 1936 Druck 672/XV gerügten Sach-
verhaltes getroffen wurden.
Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Innenminister die Anfrage:
Welche konkreten Verfügungen hat der Herr
Minister des Innern wegen des in der Interpella-
tion vom 20. Oktober 1936 Druck 672/XV gerüg-
ten Sachverhaltes getroffen?
Prag, am 18. Juni 1937.
Fischer,
Dr Eichholz, Wollner, Ing. Peschka, Frank, May,
Dr Jilly, Gruber, Dr Zippelius, Illing, Sandner,
Jobst, Axmann, Ing. Künzel, Ing. Richter, Jäkel,
Dr Peters, Dr Hodina, Kundt, Franz Nìmec,
Stangl.
Pùvodní mém ad 1011/XI.
Interpellation
des Abgeordneten Georg Wollner
an den Minister des Innern
wegen willkürlicher Beschränkung kultu-
reller Tätigkeit von Staatsbürgern deut-
scher Volkszugehörigkeit durch die staat-
liche Polizeidirektion in Karisbad.
Die staatliche Polizeidirektion in Karlsbad
hat mit Bescheid vom 21. April 1937, Zl. 12198
dem Karlsbader »Turnverein. 1860« zuhanden des
Einschreiters Adolf Grimm in Karlsbad Nr. 111
28
die Abhaltung einer Festakademie am 24. April
1937 in Karlsbad mit folgenden Programm ver-
boten:
1. Sudetendeutscher Marsch von Sykory, 2.
Begrüssung durch den Ortsleiter, 3. Fanfaren des
Spielmannszuges und 4. »Volksgemeinschaft« -
ein lebendes Bild und dies wie folgt begründet:
»Es wurde durch das eingeleitete Verfahren
festgestellt, dass eine grosse Anzahl der Mit-
glieder des Vereines »Deutscher Turnverein
1860« an der Veranstaltung des Vereines »Deut-
scher Jugendbund« am 21. März 1937, im Saale
des Hotel Schützenhaus, teils in Einheitskleidung,
teilgenommen hat, sich dabei ungebürlich benom-
men hat, sodass ein Mitglied des deutschen Turn-
verbandes administrativ und andere Mitglieder
des obgenannten Vereines gerichtlich geahndet
wurden bezw. werden. Dieselben Mitglieder be-
teiligten sich auch am selben Nachmittage an der
gesetzwidrigen Strassendemonstration, bei wel-
cher es zu Beschädigungen fremden Eigentums
gekommen ist.
Es könnte infolgedessen bei Bewilligung die-
ser angesuchten Veranstaltung ebenfalls zur Stö-
rung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, zu de-
ren Schütze die Polizeidirektion gesetzlich be-
rufen ist, kommen, wodurch nicht nur fremdes
Eingentum und körperliche Sicherheit, sondern
auch der ruhige Verlauf der im Anzug begriffenen
Kursaison gefährdet und der Stadt Karlsbad und
Umgebung grober wirtschaftlicher Schaden zu-
gefügt werden können. «
Es ist völlig unerfindlich, woher die staatliche
Polizeidirektion in Karlsbad die Berechtigung
nimmt, dem gesamten Turnverein in Karlsbad die
Abhaltung eines vollkommen unpolitischen und
nur der mannschaftlichen Erziehung dienenden
Festabends zu verbieten, nur aus dem Grunde,
weil sich angeblich einige Mitglieder des Turn-
verbandes an einer Veranstaltung des Deutschen
Jugendbundes am 31. März 1937 in Karlsbad be-
teiligt haben?
Das» die Veranstaltung des Deutschen Ju-
gendbundes den Unwillen gewisser Bevölkerungs-
kreise von Karlsbad erregte, ist keinesfalls auf
Veranlassung oder eines wie immer gearteten
Zusammenhanges mit dem Deutschen Turnver-
band in Karlsbad zurückzuführen.
Dass es der Polizeidirektion in Karlsbad kei-
nesfalls auf eine objektive, gesetzlich begründete
Motivierung von Verbotsbescheiden ankommt,
beweisst weiters der Bescheid vom 24. April
1937, ZI. 11. 931, mit welchem dem Karl Schreiter
in Alt-Rohlau die Abhaltung eines »Bunten
Abends« am 22. April 1937, um halb neun Uhr
verboten wurde. Als Begründung dieses Verbotes
wird wiederum das Hofkanzleidekret weiland Sr.
Majestät Ferdinand des Gütigen vom 6. Jänner
1836, ZI. 5 der Sammlung der polit. Gesetze aus-
gegraben und dargetan, dass »der Gesuchsteller
zur Veranstaltung ähnlicher Produktionen keine
rechtliche Qualifikation besitzt. «
Diese Rechtsansicht ist vollkommen irrig.
Wenn der zuständige Referent das Hofkanzlei-
dekret jemals gelesen hätte, so hätte er sich
überzeugen müssen, dass es sich nur auf Produk-
tionen, Deklamationen und Schaustellungen aller
Art um Geld, und auf gewerbsmässig im Lande
herumziehende Leute bezieht, also keinesfalls auf
die Veranstaltung von kulturellen Abenden, wel-
che mit diesen beruflichen Attraktionen des Hof-
kanzleidekretes von 1836 nichts zu tun haben.
Es muss vielmehr geschlossen werden, dass
die staatliche Polizeidirektion in Karlsbad an der
Unterdrückung und Verhinderung von Veranstal-
tungen des nationalen Deutschtums ein Interesse
hat und zum Verbote dieser Veranstaltungen die
allerentlegendsten Begründungen an den Haaren
herbeizieht.
Die Interpellanten bringen dem Herrn Mini-
ster des Innern diese willkürliche und ungerecht-
fertigten Beschränkung des kulturellen Lebens
durch die staatliche Polizeidirektion in Karlsbad
zur Kenntnis und richten an ihn die Anfrage:
1. Ist der Herr Minister bereit, wegen der un-
gerechtfertigten Beschränkung des kulturellen
Lebens èechoslovakischer Staatsbürger deutscher
Volkszugehörigkeit durch die staatliche Polizei-
direktion in Karlsbad den gerügten Sachverhalt
überprüfen und den verantwortlichen Referenten
das Disziplinarverfahren verhängen zu lassen?
2. Welche konkreten Verfügungen hat der
Herr Minister wegen des gerügten Sachverlhaltes
getroffen?
Prag, am 18. Juni 1937.
Wollner,
Fischer, G. Böhm, Dr Peters, Gruber, Ing. Schrei-
ber, Jobst, Ing. Richter, Dr Kellner, Dr Rösche,
Kundt, Sandner, Jäkel, Frank, Nickerl, Axmann,
Dr Hodina, Dr Jilly, Illing, Dr Zippelius,
Ing. Künzel.
Pùvodní znìní ad 1011/ XII.
Interpellation
des Abgeordneten Adolf Jobst
an den Minister für Schulwesen
und Volkskultur,
den Landwirtschaftsminister und
den Justizminister
wegen unzulässiger Werbung deutscher
Kinder für die èechische Schule.
Am 18. April 1937 sprachen der Lehrer der
èechischen Schule in Eleonorenhain Josef Novák
und der Vorstadjunkt der staatlichen Forstver-
waltung Josef Pacola aus Schattawa Nr. 1 zu-
sammen mit einem dritten Herrn bei mehreren
deutschen Familien in Schattawa vor und ver-
suchten die deutschen Eltern zu bewegen, ihre
Kinder in die zu errichtende èechische Schule in
Schattawa einschreiben zu lassen.
29
In der Ortschaft Schattawa befunden sich 142
deutsche Familien mit 96 schulpflichtigen Kindern,
4 gemischtsprachige Familien mit 1 schulpflichti-
gen Kinde und 3 èechische Familien mit keinem
schulpflichtigen Kinde.
Die nächste èechische Schule befindet sich in
Eleonorenhain und ist vom Mittelpunkt des Ortes
Schattawa etwa 2. 5 km entfernt.
Die Errichtung einer neuen èechischen Schu-
le ist also durch keinerlei wie immer geartete
Umstände gerechtfertigt.
Es muss vielmehr vermutet werden, dass,
wie so oft in letzter Zeit, ausschliesslich deutsche
Kinder zur Errichtung einer èechischen Schule
herhalten sollen.
Da die Werber vor allem bei Holzhauem
vorsprachen und der Forstadiunkt Josef Pacola.
Schattawa Nr. 1. selbst als Werber auftrat, der
zu den Holzhauern im Verhältnis eines direkten
Vorgesetzten steht, ist leicht ersichtlich, dass bei
den heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen und
der Talsache, dass über das Beschäftigungsver-
hältnis der Holzhauer dem zuständigen Forst-
adjunkten ausschlaggebender Einfluss eingeräumt
ist, von einem freien Entschluss der Eltern keine
Rede sein kann.
Mit welchem Recht tritt ein Forstadjunkt als
Werber zum Besuche einer Schule mit èechischer
Unterrichtssprache bei deutschen Eltern auf, die
vom ihm wirtschaftlich abhängig sind?
Es besteht der dringende Verdacht, dass der
Forstadjunkt Josef Pacola in Schattawa, abge-
sehen von der Ungehörigkeit der ganzen Werbe-
aktion, seine Stellung als Arbeitgeber dazu be-
nutzt, um widerrechtlich von jemanden eine
Leistung zu erzwingen.
Die Interpellanten richten daher an die Her-
ren Minister die Anfrage:
1. Ist der Herr Schulminister bereit, feststel-
len zu lassen, dass es sich bei dem gerügten
Sachverhalt um eine ungehörige Werbung und
den Versuch einer verfassungswidrigen Entnatio-
nalisierungstätigkeit handelt?
2. Ist der Herr Minister für Landwirtschaft
bereit, wegen des gesetzwidrigen Verhaltens des
Forstadjunkten Josef Pacola aus Schattawa über
diesen das Disziplinarverfahren einleiten zu
lassen?
3. Ist der Herr Justizminister bereit, zu ver-
anlassen, dass wegen des gesetzwidrigen Ver-
haltens des Forstadinnkten Josef Pacola aus
Schattawa der Strafanspruch des Staates ge-
wahrt werde?
4. Welche konkreten Massnahmen sind wegen
des gerügten Sachverhaltes getroffen worden?
Prag, am 18. Juni 1937.
Jobst,
May, Dr Hodina, Sandner, Ing. Peschka, Illing,
Obrlik, Ing. Richter, Gruber, Wollner, Sogl, Franz
Nìmec, Ing. Schreiber. Ing. Lischka, Nickerl,
Dr Zippelius, F. Nitsch, Dr Peters, Jäkel, Fischer,
Ing. Künzel, Dr Jilly.
Pùvodní znìní ad 1011 XIII.
Interpellation
des Abgeordneten Franz Hollube
an den Minister des Innern
wegen ungebührlichen Verhaltens des
Leiters der staatlichen Polizeiexpositur
in Neustadt a. T., Fiala.
Es mehren sich in der letzten Zeit die Falle,
dass über das Benehmen und die Amtsführung
des Leiters der staatlichen Polizeiexpositur in
Neustadt a. T. berechtigte Klage geführt wird.
Unter anderem wird Abg. Franz Hollube fol-
gender Fall mitgeteilt:
Die 63jährige Arbeitsinvalidin Marie Heidler,
Neustadt a. T. Nr. 760, welche vollkommen mit-
tellos und lediglich von einer monatlichen Inva-
lidenrente von 120 Kè leben muss, ersuchte bei
der staatlichen Polizeiexpositur in Neustadt a. T.
um Ausfolgung eines Grenzübertrittsscheines.
Sie benötigte den Grenzschein dazu, um in dem
angrenzenden Forste auf reichsdeutschem Gebie-
te, Holz zu sammeln, wozu ihr die Bewilligung
der Forstverwaltung in Meffersdorf in Preussen
gegeben war.
Sie wurde aufgefordert nach einigen Tagen
wieder zu kommen. Am 21. Mai 1937 kam diese
alte Frau wieder in die staatliche Polizeiexpositur
in Neustadt a. T. und ersuchte um den Grenz-
ausweis. Der Aktuar Fiala schrie die gesuch-
stellende Frau im gröbsten Tone an: »Schauen
Sie, dass Sie hinauskommen!«
Als sich die erschrockene Frau die schüch-
terne Entgegnung erlaubte: »Aber, das ist doch
ungerecht, ich bin eine arme Frau«, erhielt sie
eine Strafe von 50 Kè oder 48 Stunden Arrest
auferlegt.
Da sich ähnliche Fälle, wie eingangs erwähnt,
in letzter Zeit häufen und Abgeordnete der Su-
detendeutschen Partei sich mehrmals an die Po-
lizeidirektion in Reichenberg wandten, ohne dass
in der Art der Amtsführung durch den Leiter der
staatlichen Polizeiexpositur in Neustadt a. T.
Fiala eine grundsätzliche Aenderung eingetreten
wäre bringen die Interpellanten dem Herrn Mi-
nister des Innern den gerügten Sachverhalt zur
Kenntnis und richten an ihn die Anfrage:
1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?
2. Ist der Herr Minister bereit, feststellen zu
lassen, dass sich der Leiter der Polizeiexpositur
in Neustadt a. T. Fiala, in seiner Art den Par-
teienverkehr abzuwickeln, mit dem Artikel 4, des
Ges. 125/27 in Widerspruch setzt?
30
3. Welche konkreten Verfügungen hat der
Herr Minister in dem gerügten Sachverhalte ge-
troffen?
Prag, am 18. Juni 1937.
Hollube,
Dr Rosche, Nickerl, Ing. Richter, F. Nitsch, Kundt,
Franz Nìmec, Dr Jilly, May, Jäkel, Sandner,
Jobst, Obrlik, Dr Zippelius, Gruber, Dr Kellner,
Illing, Dr Peters, Axmann, Stangl, Ing. Peschka.
Pùvodní znìní ad 1011/XIV.
Interpellation
des Abgeordneten Dr Theodor Jilly
an den Minister für Schulwesen und
Volkskultur und
an den Minister des Innern
wegen gesetzwidriger Einschulung deut-
scher Kinder in die èechische Staatsschule
in Hödnitz bei Znaim.
In der deutschen südmährischen Gemeinde
Hödnitz bei Znaim bestellt eine aus staatlichen
Mitteln erhaltene èechische Staatsschule, die dei-
zeit von 12 Kindern besucht wird. Von diesen
Kindern sind 6 èechischer, eines jüdischer und 5
deutscher Volkszugehörigkeit. Die im Wider-
spruch zu der derzeit noch geltenden Mährischen
Landesgesetzgebung die èechische Schule besu-
chenden deutschen Kinder sind:
Der am 28. März 1925 in Winau geborene
Franz Grillowitzer und die am 14. August 1929
in Hödnitz geborene Marie Grillowitzer, beides
Kinder des deutschen Arbeiters Franz Grillo-
witzer, Hödnitz Nr. 94, die Kinder des deutschen
Arbeiters Vinzenz Ristl, Hödnitz: Franz Ristl,
geboren am 31. März 1925 in Hödnitz, Karharina
Ristl, geboren am 11. März 1930 in Hödnitz und
Theresie Ristl, geboren am 13. März 1923. Die
Mutter der Kinder ist Marie Ristl, geb. Till.
Die Kinder Franz und Marie Grillowitzer
erschienen bereits seit 15. Feber 1936 nicht mehr
in der dortigen deutschen Volksschule und wur-
den ohne die eriorderliche Bewilligung des Be-
zirksschulausschusses während des Schuljahres
in die èechische Minderheitsschule eingeschrieben.
Dasselbe gilt von Theresia Ristl, die seit 1. Sep-
tember 1936 und von Franz Ristl, der seit 24.
November 1936 ohne Abmeldung dem Unterricht
in der deutschen Schule fernblieb und ohne Be-
willigung des Bezirksschulausschusses in die èe-
chische Schule ging. Katharina Ristl wurde im
Jahre 1936 mit Beginn ihrer Schulpflicht über-
haupt gleich ohne Bewilligung des Bezirksschul-
ausschusses m die èechische Schule eingeschrie-
ben.
Da der Besuch einer èechischen Staatsschu-
le durch deutsche Kinder, selbst wenn ihr Va-
ter, wie das im gegebenen Falle von der èechi-
schen Schulleitung behauptet wird, seine Zu-
stimmung dazu geben sollte, eindeutig dem § 20
des Mähr. L. G. 4/1906, dem Mähr. L. G. 3/1870
und dem § 1, Abs. 2 Slg. 189/1919 widerspricht,
wurden die obengenannten Schüler zum Teil be-
reits im Juli 1936, die anderen im November
1936 und im Jänner 1937 vom deutschen Orts-
schulrat in Hödnitz beim Ministerium für Schul-
wesen und Volkskultur für die dortige deutsche
Volksschule reklamiert. Bis heute ist in keiner
einzigen dieser Angelegenheiten eine Erledigun
erfolgt. Die fünf deutschen Kinder besuchen da-
her weiterhin die èechische Schule, machen, da
sie wegen Unkenntnis der Unterrichtssprache
dem Unterrichte nicht folgen können, überhaupt
keine Fortschritte, sodass bei den Kindern The-
resia, Katharina und Franz Ristl von der èechi-
schen Schulleitung nur Zeugnisse ausgestellt
werden konnten, die keine Noten, sondern nichts
als den kurzen Vermerk enthalten: »wegen Un-
kenntnis der Staatssprache nicht klassifiziert«!
Das Kind Franz Ristl befindet sich dabei im
sechsten und das Kind Theresia Ristl gar im
achten Schuljahr.
Obwohl der deutsche Bezirksschulausschuss
in Znaim nach amtlicher Feststellung, dass der
Vater der Kinder ein Deutscher sei und die Um-
gangssprache nur deutsch sei, die Ausscheidung
der Kinder aus der èechischen Minderheitsschule
forderte, hat sich bisher das staatliche èechische
Staatsschulinspektorat bezw. die Leitung der èe-
chischen Schule geweigert, die deutschen Kinder
herauszugeben und schützte dabei vor, der Vater
habe selbst ein Dispensgesuch eingebracht, wel-
ches aber tatsächlich von dem vollkommen vom
èechischen Arbeitgeber abhängigen Vater der
Kinder erst einen Monat später eingebracht
wurde. Obwohl dieses Gesuch keine aufschieben-
de Wirkung hat und die Kinder daher bis zu
seiner Erledigung die deutsche Schule besuchen
müssten, werden sie von der Leitung der èechi-
schen Staatsschule nicht entlassen.
Bezeichnend für die Art und Weise, wie èe-
chische Minderheitsschulen in deutschem Sied-
lungsgebiet des Staates mit deutschen Kindern
gefüllt werden, ist der Fall der achtjährigen
Schülerin Martha Buchta, die bisher die deutsche
Volksschule in Hödnitz besuchte. Obwohl sich
der Vater des Kindes, der Schlossermeister Franz
Buchta in Hödnitz 85, stets und auch anlässlich
der letzten Volkszählung im Jahre 1931, zum
Deutschtum bekannt hatte, wurde, nachdem man
ihn durch Versprechungen vergeblich zu bewe-
gen versucht hatte, das Kind in die èechische
Schule zu schicken, über Antrag des èechischen
Staatsschulinspektorates von der Behörde sofort
das Reklamationsverfahren eingeleitet und auch
bereits beendet. Im Laufe dieses Verfahrens kam
es zu einer ganzen Reihe von Uebergriffen der
untersuchenden Behörden, die mit dem Begriffe
31
eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar sind.
So wurde beispielsweise vom Landesschulrat die
Weisung erteilt, bei den Untersuchungen über
die Nationalität des Kindes die mit Deutschen be-
setzten Behörden (Gemeindeämter) zu umgehen.
Die Folge dieser Weisung war, dass alle Erhe-
bungen fast ausschliesslich durch die Gendarme-
rie vorgenommen wurden, die, wie die aus den
Gendarmerieberichten ersichtlichen Unrichtigkei-
ten und die durch nichts bewiesenen Annahmen
zeigen, vollkommen einseitig sind.
So wird beispielsweise von der Gendarmerie
behauptet, dass sich der Vater des Kindes bei
der Volkszählung 1931 als Èeche einbekatnnt ha-
be, während aus einer Erhebung des Volks-
zählungsergebnisses in Grusbach das Gegenteil
ersichtlich ist. Während der Kindsvater im Ver-
fahren vor der Bezirksbehörde schriftlich zu
Protokoll gab, seine Muttersprache sei deutsch und
er habe sich nie zu einer anderen Nationalität
bekannt, meldet die Gendarmerie, beide Eltern
des Kindes fühlen sich als Èechen, aber die Angst
vor Boykott durch die Deutschen zwinge den
Vater, das Kind in die deutsche Schule zu geben
und es liege die Vermutung nahe, dass die Eltern.
wenn ihnen durch die Behörde aufgetragen wür-
de, das Kind in die èechische Schule zu geben,
sie dies gerne täten, weil sie vor der deutschen
Bevölkerung dann die Ausrede hätten, sie seien
dazu gezwungen worden. Ebenso stützt das èe-
chische Staatsschulinspektorat seine Reklamatio-
nen auf die unbegründete Behauptung, man könne
zur Ansicht neigen, dass der Vater das Kind nach
amtlicher Entscheidung in die èechische Schule
gebe. Es wird also von staatlichen Behörden im
gegenständlichen Falle mit Staatsbürgern deut-
scher Nationalität und ihren kulturellen Interes-
sen in unverantwortlicher Weise experimentiert.
Und dies in der Voraussetzung, dass sie sich das
gefallen lassen, welche Voraussetzung gleich-
zeitig als genügende Begründung des Experimen-
tes betrachtet wird.
Die Gendarmeriestation in Selletitz weiss in
diesem Zusammenhange an ihre vorgesetzte Be-
hörde zu berichten, dass die Grosseltern des
Kindes immer èechisch gewählt hätten. Diese
Kenntnis des Wahlbekenntnisses muss in Anbe-
tracht des seit Bestehen allgemeiner Wahlen
geltenden Grundsatzes des Wahlengeheimnisses
verblüffen. Im ganzen Reklamationsverfahren
wurden von der Bezirksbehörde nicht mehr als
2 Zeugen einvernommen, über deren eindeutig
èechisch nationale Haltung die Gendarmerie zu-
vor Bericht erstattete, während der Bruder des
Kindsvaters, der nach Angabe der Gendarmerie
zum Deutschtum neige, von der Bezirksbehörde
nicht einvernommen wurde. Aber selbst von den
beiden einzigen Zeugen konnte der eine lediglich
seine private Meinung ausdrücken, dass der
Kindsvater vielleicht das Kind nur aus wirtschaft-
lichen Gründen in die deutsche Schule schicke,
während der andere lediglich behauptete, der
Grossvater des Kindes sei èechischer Abstam-
mung gewesen, d. h., dass irgend einer der
Urahnen des Kindes ein Èeche war.
Das Ministerium für Schulwesen und Volks-
kultur schloss auf Grund dieses Verfahrens die
Schülerin Martha Buchta mit Erlass vom 25.
Feber 1937, Zl. 21. 923/37-1/5 aus der deutschen
Volksschule und verwies das Kind, ohne es zu-
vor auch nur einer Prüfung seiner èechischen
Sprachkenntnisse zu unterziehen, an die èechische
Minderheitsschule.
Die Begründung der ministeriellen Entschei-
dung lautet dahin, dass Martha Buchta infolge
ihrer Abstammung väterlicherseits als Èechin zu
betrachten sei. Da aber ihr Vater ein bewusster
Deutscher ist, konnte nicht einmal während des
ganzen Verfahrens von irgend einer Seite be-
hauptet werden, er sei èechischer Nationalität
und man musste sich daher m diesem Verfahren
gleichfalls mit der Behauptung seiner èechischen
Herkunft begnügen, wobei man auf den angeblich
èechischen Grossvater des Kindes, Lambert
Buchta, hinwies. Da nun im ganzen Verfahren
nur eine Zeugin aussagen konnte, Lambert
Bnchta sei wiederum èechischer Herkunft ge-
wesen, könnte allenfalls einer seiner Ahnen,
höchstens aber der Urgrossvater des Kindes
Èeche gewesen sein. Zu dieser Feststellung
aber wäre kein behördliches Verfahren not-
wendig gewesen, denn dass der Familienname
slavischen Ursprungs sei und dass sich einer sei-
ner Träger vielleicht vor Jahrhunderten zum Sla-
ventum bekannt hat, wurde vom reklamierenden
deutschen Ortsschulrat nie bestritten.
Es ergibt sich also der drastische Fall, dass
ein Sudetendeutscher gezwungen wird, sein Kind
in die èechische Schule zu schicken, weil viel-
leicht der Urgrossvater des Kindes Èeche war
und dass schon der slavische Klang eines Namens
genügt, ein deutsches Kind in die èechische
Schule zu pressen.
Die Angelegenheit wiegt usmo schwerer, als
es sich hier nicht um einen Übergriff unter-
geordneter Behörden handelt, sondern diese
Übergriffe bereits seitens eines Ministeriums als
Grundlage zu einer Entscheidung genommen
wurde.
Die Interpellanten richten daher an die Herren
Minister die Anfrage:
1. Ist den Herren Ministern der gerügte Sach-
verhalt bekannt bezw. sind sie bereit, ihn um-
gehend erheben zu lassen?
2. Ist der Herr Schulminister bereit, die be-
reits seit einem Jahr anhängigen Reklamations-
verfahren über die deutschen Kinder von Hödnitz
einer beschleunigten Erledigung zuzuführen?
3. Ist der Herr Schulminister bereit, in An-
betracht der Krassheit des Falles, der für Martha
Buchta eingebrachten Beschwerde an das Ober-
ste Verwaltungsgericht aufschiebende Wirkung
zuzuerkennen?
4. Sind die Herren Minister aus demselben
Grunde bereit, die Unterbrechung des gegen den
deutschen Vater des Kindes bereits eingeleiteten
administrativen Strafverfahrens bis zur Entschei-
dung durch das Oberste Verwaltungsgericht zu
veranlassen?