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auf der Strecke Dux-Pilsen
(Druck 649/XIV).

Gemäss § 10, Abs. 3, des Gesetzes S. d. G.
u. V. Nr. 126/1933. darf eine Druckschrift, deren
Verbreitung nach den Bestimmungen dieses Ge-
setzes verboten worden ist, in der Èechoslova-
kischen Republik auf keine wie immer geartete
Weise befördert werden. Wer dieses Verbot
übertritt, macht sich gemäss § 18, Abs. 3, dessel-
ben Gesetzes eines Vergehens schuldig. Da das
Gesetz von eines wie immer gearteten Beförde-
rung spricht, muss man unter dem Begriff »Be-
förderung« jede Uebertragung der verbotenen
Druckschrift von einem Orte an einen anderen
verstehen, also auch ihren Transport im Hand-
gepäck mit der Eisenbahn.

In dem vorliegenden Falle hat der Schaffner
beobachtet, dass ein Reisender irgendwelche
Drucksachen in einer Aktentasche befördert und
den Mitreisenden zeigt. Er hat dabei, offenbar
unter dem Eindrucke der Nachrichten von einer
planmässig durchgeführten und staatsfeindlichen
Propaganda, den Verdacht gefasst, es könnte sich
auch in diesem Falle um verbotene Drucksachen
handeln. Infolge des Benehmens des Reisenden,
der sich weigerte auf seine Anfrage, um was für eine
Broschüre es sich handle, irgendeine Antwort zu
geben, und infolge der Bemerkung eines Mitrei-
senden, der - seiner Meinung nach - die Druck-
sachen gut sehen konnte, ist der Schaffner zu
dem subjektiven Urteil gelangt, dass es sich tat-
sächlich um verbotene Drucksachen handle und
dass sich der Reisende wahrscheinlich gegen
die zitierten Vorschriften vergangen habe. Er hat
sich daher zum Einschreiten entschlossen.

Es ist nötig hier allgemein zu sagen, dass ein
Einschreiten solcher Art nicht unzulässig ist. Es
hat im Gegenteil eine Stütze in der geltenden
Rechtsordnung. Dies geht in dem konkreten Falle
auch aus der Bestimmung des Artikels 26, §
der Eisenbahntransportordnung hervor, der zu-
folge ein Reisender Handgepäck mit sich in den
Wagen nehmen darf, sofern dem nicht polizeiliche
oder Vorschriften anderer Verwaltungsbehörden
entgegenstehen, und der zufolge Reisende, welche
die bezüglichen Vorschriften nicht einhalten, von
der Fahrt ausgeschlossen werden können. Es wird
also dem Schaffner das Recht verliehen, fest-
zustellen, ob eine Grundlage für sein Einschreiten
gegeben und ob es vielleicht nicht am Platze ist,
den Reisenden von der Beförderung auszuschlies-
sen oder ihn gemäss § 102 der Eisenbahnbetriebs-
ordnung der nächsten politischen Behörde, der
Staatsanwaltschaft oder dem Gerichte zu über-
geben. Es ist selbstverständlich, dass die Bahn-
organe bei der Ausübung dieser Befugnis, bezw.
Pflicht Ausnahmscharakter der Sache entspre-
chend vorsichtig und taktvoll vorzugehen und die
den Umständen angemessenste Art des Vorgehens
zu wählen haben.

Dies ist in dem vorliegenden Falle im grossen
und ganzen geschehen. Dem Reisenden wäre es
gewiss weit unangenehmer gewesen, wenn der

Schaffner zur Feststellung des wirklichen Sach-
verhaltes Organe des staatlichen Sicherheits-
dienstes herbeigerufen hätte, was für die Reisen-
den offenbar nicht ohne eine Reiseverzögerung
abgegangen wäre. Sicherlich war es für den Rei-
senden vorteilhafter, dass die Angelengenheit auf
kurzem Wege aufgeklärt und dass der Verdacht
ohne Intervention der Sicherheitsorgane zerstreut
worden ist.

Der Vorstand der Stationsbehörde Pladen bei
Jechnitz hat sich seiner Meldung zufolge bei den
Reisenden ordnungsgemäss entschuldigt und der
Zugsschaffner ist über Auftrag der Staatsbahn-
direktion aus Anlass dieses Vorfalles besonders
belehrt worden.

Ich füge noch den Ausdruck meines eigenen
Bedauerns darüber hinzu, dass durch den Eifer
eines Eisenbahnorganes in diesem Falle Reisende
beunruhigt worden sind, die sich gegen die ein-
gangs zitierten Bestimmungen nicht vergangen
haben.

Prag, am 16. Feber 1937.

Für den Eisenbahnminister
der Minister für soziale Fürsorge:

Ing. Jaromír Neèas, m. p.

Pøeklad ad 797/XI.

Antwort

des Finanzministers

auf die Interpellation des Abgeordneten
Dr A. Rosche

wegen Nichtbeachtung der Rechtsspre-

chung des Obersten Verwaltungsgerichtes

durch die Unterbehörden

(Druck 664/I).

Zu Punkt 1.

Das Finanzministerium hat mit Erlass vom
14. Juli 1936, Z. 57.118/35, gestattet, dass begin-
nend mit dem Steuerjahre 1936 die Einnahmen,
welche die Aerzte von den Trägem der Kran-
kenversicherung auf Grund von Rahmenverträgen
oder anderen sie ersetzenden Verträgen beziehen,
der allgemeinen Erwerbsteuer nicht unterworfen
werden. Diese Erleichterung gilt auch für die
früheren Jahre in jenen Fällen, wo es entweder
bisher überhaupt nicht zur Bemessung der Steuer
gekommen ist, oder wo die Steuerbemessung noch
nicht Rechtskraft erlangt hat. Diese Erleichterung
bezieht sich also nicht auf jene Fälle, wo die
Steuerbemessung entweder deshalb Rechtskraft
erlangt hat, weil die Steuerträger ihre Steuer-


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Pflicht anerkannt und keine Berufung eingeh rächt
haben, oder sich mit der Abweisung ihrer Beru-
fungen zufrieden gegeben haben, ohne sich an
das Oberste Verwaltungsgericht zu wenden. Die
Rückerstattung der bereits bezahlten Steuer ist
in diesen Fällen wegen der damit verbundenett
ungewöhnlichen administrativen Schwierigkeiten
nicht gut möglich. Im übrigen war es Sache jener
Steuerträger, sich durch die ordentlichen Rechts-
mittel gegen die Steuervorschreibungen zu weh-
ren, durch welche sie sich materiell geschädigt
gefühlt haben. Ausserdem ist es in zahlreichen
Fällen zu einem glatten Vergleiche der Aerzte
mit der Finanzverwaltung hinsichtlich der Rück-
stände für die verpflossenen Jahre im Rahmen der
sog. Depurationsaktion gekommen, wodurch diese
Angelegenheit zum grössten Teile applaniert
worden ist.

Zu Punkt 2.

Die Judikatur des Obersten Verwaltungsge-
richtes hat nach gewissen Schwankungen seit 1925
die Anschauung zum Ausdrucke gebracht, dass
sich der Zusatz zu dem im Gesetze Nr. 31/1920
enthaltenen Tarife der Bereicherungsgebühr auf
die im § 31, ZI. 1, 2 und 4, d. kais. Vdg. Nr.
278/1915 angeführten unentgeltlichen Zuwendun-
gen nicht bezieht; darnach ist die Gebühren-
pflicht von Schenkungen beweglicher Sachen von
der Errichtung einer Urkunde unabhängig, was
mit der in den Motivenberichten angeführten Ab-
sicht übereinstimmt.

Das Finanzministerium hat diese Judikatur
als der Absicht des Gesetzgebers widersprechend
angesehen und daraufhin erwartet, dass das
Oberste Verwaltungsgericht diese seine Ansicht
später ändern werde, wie es dies bereits in vie-
len Fällen getan hat. In diesem Sinne hat es den
unterstellen Behörden Weisungen erteilt und hat
sich gegen die Judikatur in einer Reihe von dem
Obersten Verwaltungsgerichte bei den einzelnen
Beschwerden überreichten Gegenäusserungen ge-
wehrt. Es hat hiebei unter anderem darauf ver-
wiesen, dass diese Judikatur bei dem bewegli-
chen Vermögen zum Unterschiede vom unbeweg-
lichen, namentlich landwirtschaftlichen Vermögen
eine sichere und einfache Umgehung der Erb-
steuer ermöglicht, so dass sie eine gleichmässige
Belastung dieser beiden Vermögensarten aus-
schliesst und dem Staate dadurch grosse Summen
an Bereicherungssteuer entgehen, was in beiden
Fällen durch das Gesetz Nr. 31/1920 gerade hint-
angehalten werden sollte.

Das Streben der Finanzverwaltung hat im
Frühjahre 1936 insoweit Anerkennung gefunden,
dass zwei Senate des OVG sich gegen die Bei-
behaltung der bisherigen Judikatur ausgesprochen
haben, so dass die Angelegenheit dem Fachplenum
zur Entscheidung vorgelegt wurde. Dieses Ple-
num, welches am 8. Juni 1936 getagt hat, ent-
schied sich jedoch dahin, auf der bisherigen Ju-
dikatur zu beharren. Diese Plenarentscheidung
wurde sodann im Erkenntnisse vom 7. September
1936, Z. 11.345/36, Boh. 8169, benützt, das über
die Teilung beweglicher Familienvermögen im
Werte von mehreren Millionen Kè an die Kinder

handelt, wobei die Parteien diesen unentgeltlichen
Erwerb derart begründeten, dass die Behörde
gerade der bisherigen Judikatur zufolge ihnen
weder eine Erbsteuer noch eine Schenkungssteuer
voischreiben konnte, obwohl es sich um Zuwen-
dungen handelt, die der Gesetzgeber bei der Be-
stimmung des Objektes dieser Steuern offensicht-
lich im Sinne hatte.

Das OVG hat die angefochtene Entscheidung
wegen Ungesetzlichkeit aufgehoben, wobei es
sich auf jene Gründe gestützt hat, welche mit
der Begründung der Erkenntnisse Boh. 1779 und
4971 inhaltlich übereinstimmen, deren Inhalt die
Gegenschriften einer ablehnenden Kritik unter-
zogen haben. Unter Hinweis auf die Materialien
hat das OVG jedoch in diesem Erkenntnisse we-
nigstens das eine anerkannt, dass die Regierung
mit der Vorlage des Entwurfes des Gesetzes Nr.
31/1920 tatsächlich die Absicht verfolgt hat, der
Gebühr auch die im § 31, Z. 1, 2 und 4, der kais.
Vdg. Nr. 278/1915 angeführten, durch Urkunde
nicht bescheinigten unentgeltlichen Zuwendungen
zu unterwerfen, nur dass nach der Meinung des
OVG dem Gesetze nicht eine solche Fassung ge-
geben worden ist, dass das OVG ihm die von der
Finanzverwaltung vertretene Auslegung geben
konnte. Daraus und auch aus den weiteren Aus-
führungen des zitierten Erkenntnisses ist ersicht-
lich, dass das OVG die Finanzverwaltung darauf
verweist, sie möge das Parlament um die Ge-
nehmigung eines klareren Textes des Gesetzes
gemäss der bereits im Entwurfe des Gesetzes Nr.
31/1920 zum Ausdrucke gebrachten Absicht ersu-
chen, gegen welchen Entwurf das Parlament keine
Einwendungen gehabt hat.

Da also das OVG ein Abweichen von der
bisherigen Judikatur abgelehnt hat, passt sich die
Finanzverwaltung der Judikatur an. Zu diesem
Behufe hat das Finanzministerium, wie auch in
der Interpellation angeführt ist, bereits im Jän-
ner 1936 die Vorschreibung der Bereicherungs-
steuer in diesen Fällen einstellen lassen und hat
im Herbste die Eintreibung der vorgeschriebenen
Steuer sistieren lassen, wenn ein Rekurs oder
eine Beschwerde an das OVG eingebracht ist. Es
bleibt nur noch die Liquidierung der laufenden
Rekurse und der Beschwerden an das OVG übrig.
Zu diesem Zwecke hat das Finanzministerium
vom OVG die Akten über alle dazu eingebrachten
Beschwerden erbeten, welche diesen Stritt be-
treffen. Für die Zukunft jedoch wird das Finanz-
ministerium im Interesse des Staates und der
Steuergerechtigkeit die Anregung dazu geben,
dass es durch legislative Massnahmen zu der vom
OVG angedeuteten textlichen Regelung komme,
damit auf diese Weise alle eine Vergrösserung
der Steuerfähigkeit des Beschenkten mit sich
bringenden unentgeltlichen Erwerbungen gleich-
mässig erfasst werden können.

Prag, am 11. Februar 1937.

Der Finanzminister:
Dr. Kalius, m. p.


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Pøeklad ad 797/XII

Antwort

des Ministers für Schulwesen und
Volkskultur

auf die Interpellation des Abgeordneten
Ing. F. Karmasin,

betreffend die Missachtung des Artikels
39 der Regierungsverordnung vom 5. No-
vember 1919, Nr. 607 Slg. d. G. u. V. durch
das Amt der staatlichen Bücherei-
instruktoren (Druck 673/II).

Das durch die Interpellation bemängelte Vor-
gehen ist von allen Tendenzen frei, die ihm die
Interpellation zuschreibt, und entspricht der Be-
stimmung des § 7 des Gesetzes vom 22. Juli 1919.
S. d. G. u. V. Nr. 430, betreffend die öffentlichen
Gemeindebibliotheken, worin zwischen den von

der Gemeindevertretung bestellten Mitgliedern
und den kooptierten Mitgliedern kein Unterschied
gemacht und auch an eine teilweise Erneuerung
der Mitglieder des Büchereirates durch Auslosung
nicht gedacht wird. Mit Ablauf der zweijährigen
Funktionsperiode erlischt also die Funktion aller
Mitglieder des Büchereirates und es ist daher
notwendig, nach Ablauf von je zwei Jahren einen
neuen Büchereirat zu bestellen, wobei allerdings
nicht ausgeschlossen ist, dass ein ehemaliges Mit-
glied dieses Rates neuerlich bestellt, bezw. koop-
tiert werde.

Soweit die Bestimmung der Durchifihrungs-
Regierungsverordnung in dieser Richtung ab-
weicht, führt das Ministerium für Schulwesen
und Volkskultur diese Angelegenheit in Evidenz,
um durch eine entprechende Novellisierung der
Vorschriften die erwünschte Uebereinstimtnung
herbeizuführen.

Prag, am 12. Februar 1937.

Der Minister für Schulwesen und Volkskultur:
Dr. Franke, m. p.


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