26

stattfinden dürfe. Oberwachtmeister Èak nahm
ein Protokoll auf und drohte auch dem Gastwir-
te Franz Barnert mit einer Anzeige, weil er in
der Küche nicht schänken dürfe, falls ein frem-
der Gast käme Im Orte befinden sich mehrere
Gaststätten.

Diese Aeusserungen und Massnahmen des
Gendarmerie-Oberwachtmeisters Èak von der
Gendarmeriestation m Glomnitz stehen im Wider-
spruche und Gegensätze zu der auf dem § 2 des
Versammlungsgesetzes vom 15. November 1867
R. 135, beruhenden Rechtspraxis und sind ge-
eignet, unter der Bevölkerung Unruhe und das
Bewusstsein der Rechtsunsicherheit hervorzu-
rufen.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Minister die Anfragen.

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerugten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Welche Massnahmen gedenkt der Herr
Minister zu ergreifen, dass der Oberwachtmeister
Èak von der Gendarmeriestation m Glomnitz
über seine Dienstvorschriften aufgeklärt und zu
ihrer Einhaltung veranlasst wird?

Prag, am 15 Feber 1937

Dr. Köllner,

Jäkel, Gruber, Axmann, Stangl, Fischer, Illing,
Dr. Hodina, Dr. Rösche, Kundt, Dr. Zippelius, Ing.
Künzel, Wollner, Rösler, Sandner, Hollube, Jobst.
Dr. Eichholz, Obrlik, Dr. Peters, May, Dr. Kellner.

Wegen ihrer guten Ausstattung und Reich-
haltigkeit ist diese Zeitschrift im sudetendeutschen
Gebiete äusserst verbreitet.

Durch das Verbot dieser Zeitschrift wird
nicht nur den tschechoslovakischen Staatsbürgern
deutscher Nationalität ein wertvolles Mittel der
Weiterbildung und Unterhaltung grundlos entzo-
gen, sondern es wird auch den Buchhändlern ein
schwerer Schaden bereitet.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Minister die Anfragen:

1 Ist der Herr Minister bereit, die Grunde
erheben zu lassen, die zu dem Verbote der Zeit-
schrift »Volk und Welt«. Hannover, geführt ha-
ben?

2. Welche Massnahmen gedenkt der Herr Mi-
nister zu ergreifen, dass grundlose Verbote von
Zeitschriften aufgehoben werden, die die Staats-
bürger deutscher Nationalität m ihrem kulturellen
Leben beeinträchtigen und dem Buchhändlerge-
werbe einen ungerechtfertigten, empfindsamen
Schaden bereiten?

Prag, am 15. Feber 1937

Ing. Karmasin,

Dr. Kellner, Budig, Nickerl, Wagner, Fischer, Knö-
chel, Rösler, Dr. Eichholz, May, Kundt, Ing. Kün-
zel, Ing. Richter, F. Nitsch, Ing. Peschka, Sandner,
Dr. Jilly, Birke, Gruber, Dr. Neuwirth, Illing.

Pùvodní znìní ad 790/XXV.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Franz Karmasin
an den Minister des Innern

wegen grundlosen Verbotes der Verbrei-
tung der Zeltschrift »Volk und Welt«,
Hannover.

Laut Mitteilung der "Zeit", sudetendeutsches
Tagblatt m Prag, vom 24. Dezember 1936, Seite
4, wurde wiederum einer ganzen Reihe von pe-
riodischen Druckwerken das Beförderungsrecht
auf dem Gebiete der Tschechoslovakischen Republik
bis 1. Dezember 1938 entzogen und die Verbrei-
tung verboten. Unter anderem fällt unter dieses
Verbot die Zeitschrift »Volk und Welt«, Hanno-
ver. Diese Zeitschrift ist m ihrem Aufbau auf die
Gebiete Wissen, Kunst und Unterhaltung be-
schränkt und vermeidet es streng, m ihren Aus-
führungen irgendwelche politische Gebiete zu
berühren.

Pùvodní znìní ad 790 XXVI.

Interpellation

des Abgeordneten Gustav Obrlik
an den Finanzminister

wegen Misshandlung eines tschechoslovaki-
schen Staatsbürgers durch Finanzorgane
in Hermsdorf.

Am Mittwoch, den 30. Dezember 1936, gegen
9 Uhr abends, standen auf der Bezirksstrasse m
Hermsdorf in der Nahe des Hauses Nr. 78, m
welchem der Wagnermeister Wilhelm Buchelt
sein Gewerbe ausübt, dessen Tochter Hildegard
Buchelt, der auf Urlaub weilende Soldat Edwin
Hausmann, beide aus Hermsdorf, und der Maler-
gehilfe Erich Michel aus Christiansau und unter-
hielten sich. Zur gleichen Zeit gingen zwei in
Hermsdorf stationierte Finanzwachbeamte vorbei.


27

ohne dass die drei oben genannten Personen jene
beachtet hätten. Plötzlich kehrte der Aufseher
Erich Fenèl um, wendete sich an den Malerge-
hilfen Erich Michel mit der Frage, was er gemacht
habe, und schlug ihm dann unmittelbar darauf
ohne jeglichen Grund und Ursache mit der Hand
in das Gesicht. Auf die Frage des Erich Michel,
warum ihm diese Misshandlung zuteil werde, rief
der zweite Finanzwachbeamte Wenzel Kuèera in
èechischer Sprache: »Geben Sie dem Lausjungen
nur noch eine.« Beide Finanzwachbeamte setzten
sodann ihren Diensttag fort. Dieser Vorgang
spielte sich, wie schon erwähnt, vor den Zeugen
Edwin Hausmann und Hildegard Buchelt ab.

Von den Gemeindeämtern Hermsdorf und
Christiansau wird gemeindeamtlich bestätigt,
dass Erich Michel nicht nur in Christiansall und
Hermsdorf, sondern auch jenseits der Grenzen
des Ortes im ganzen Erlbachtal als braver und
unbescholtener Mensch bekannt ist.

Wie die anwesenden Zeugen bestätigen kön-
nen, hat Erich Michel zu dieser rohen Behandlung
keinerlei Anlass gegeben. Die Handlungsweise
der Finanzwachbeamten hat in der Umgebung
Krosse Erregung hervorgerufen, da sie, abgesehen
von ihrer völligen Unbegründetheit, das Straf-
gesetz und die Dienstvorschriften auf das gröb-
lichste verletzt.

Es besteht die begründete Befürchtung, dass
der Verletzte, falls er selbst die Disziplinaran-
zeige bei der zuständigen Aufsichtsbehörde er-
stattet hätte, weiteren unbegründeten und groben
Verfolgungen ausgesetzt wäre.

Die Interpellanten bringen diesen rohen
Uebergriff der Finanzwachbeamten Erich Fenèl
und Wenzel Kuèera aus Hermsdorf dem Herrn
Finanzminister zur Kenntnis und richten an ihn
die Anfragen:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, gegen die
beiden Finanzwachbeamten Erich Fen51 und Wen-
zel Kuèera aus Hermsdorf das Disziplinarver-
fahren einleiten zu lassen?

3. Ist der Herr Minister bereit, die beiden Fi-
nanzorgane aus ihrem jetzigen Dienstorte sofort
versetzen zu lassen und Massnahmen zu ergreifen,
dass sie sich solche Uebergriffe nie mehr zu
Schulden kommen lassen können?

Prag, am 15. Feber 1937.

Obrlik,

Ing. Karmasin, Ing. Richter. Ing. Peschka, Rösler,
Fischer, Nickerl, Dr. Jilly, Kundt, Budig, Wagner,
Illing, Dr. Elchholz, May, F. Nitsch, Dr. Neuwirth,
Stangl, Knöchel, Dr. Peters, Birke, Ing. Künzel.

Pùvodní znìní ad 790/XXVII.

Interpellation

des Abgeordneten Dr Ludwig Eichholz
an die Regierung

wegen Herausgabe offiziller Kommuni-
ques über die im interministeriellen Ver-
fahren befindlichen Gesetzentwürfe.

Immer wieder tauchen Gerüchte auf, dass
irgendein Gesetzentwurf sich im interministeriel-
len Verfahren befinde, ohne dass die Presse des
gesamten Staates hierüber einheitlich informiert
wird. Es ereignet sich oft, dass irgendein Blatt
besonders gut informiert ist und sogar in die Lage
kommt, die wesentlichen Bestimmungen des Ent-
wurfes zu veröffentlichen, während andere Blät-
ter nicht informiert werden. Ebenso pflegt die
Regierung offiziell oder offiziös gewisse Fach-
verbände über solche Entwürfe genauestens zu
informieren, während sie andere Fachverbände
nicht informiert.

Diese ungleiche Praxis wird keineswegs nur
bei politischen Vorlagen angewendet, obwohl sie
auch in diesen Fällen unzulässig ist, sondern auch
bei unpolitischen Vorlagen, z. B. bei dem im An-
merkungsverfahren befindlichen Gebührengesetz-
entwurf über die landwirtschaftlichen Uebertra-
gungsgebühren, der für die gesamte Presse und
alle Fachverbände von höchstem Interesse ist.

Es darf auf diesem Gebiete auf keinen Fall
der Anschein des Protektionismus erweckt wer-
den: Entweder wird die Oeffentlichkeit über die
im Anmerkungsverfahren befindlichen Entwürfe
unterrichtet - dann hat dies unparteiisch durch
eine offizielle oder offiziöse Erklärung des èe-
choslovakischen Pressebüros zu geschehen -
oder die Vorlagen sollen wirklich geheim gehal-
ten werden - dann hat die Regierung dafür zu
sorgen, dass keine Zeitung, und mag sie der Re-
gierung noch so nahe stehen, über die vertrau-
liche Behandlung der Entwürfe im interministe-
riellen Verfahren berichtet. Jede andere Praxis
muss den Anschein des Protektionismus hervor-
rufen und in der Bevölkerung die Ansicht er-
wecken, dass gewisse Verbände, Zeitungen und
Einzelpersonen durch ihre Beziehungen oder an-
dere Mittel in der Lage sind, sich die Entwürfe
von Gesetzesvorlagen, die noch im interministe-
riellen Verfahren geheim verhandelt werden, frü-
her zu verschaffen als andere Verbände. Zeitun
gen und Einzelpersonen. Ein solcher Zustand ist
unhaltbar. er gefährdet die Sauberkeit unseres


28

öffentlichen Lebens und die Idee des demokra-
tischen Rechtsstaates.

Wir stellen an die Regierung die Anfrage:

Ist die Regierung bereit, dafür zu sorgen, dass
entweder die im interministeriellen Verfahren be-
findlichen Gesetzentwürfe durch das èechoslova-
kischen Pressebüro verlautbart werden oder,
falls die Vorlagen für geheim erklärt werden

jede Veröffentlichung mit allen Mitteln des Straf-
gesetzes und der Dienstpragmatik energisch ver-
folgt wird?

Prag, am 15. Feber 1937.

Dr. Eichbolz,

Stangl, Dr. Hodina, Birke, Illing, Gruber, Hollube,

Ing. Künzel, Dr. Kellner, Dr. Zippelius, Ing. Lischka,

Nickerl, Dr. Peters, Franz Nìmec, Sandner, Kundt,

Dr. Rösche, Jäkel, Fischer, Obrlik, Axmann.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP