22

hoch ist, demnach viel Mittel erfordert und von
uns mit 80% angesetzt wird.

Die verbleibenden 20% also 10. 8 Millionen Kè
sollen nun zur Förderung von Kunst und Wissen-
schaft, insbesondere zur Unterstützung der not-
leidenden Theater verwendet werden. Lichtspiel-
theater und insbesondere die Radiosendung macht
tausende von Menschen brotlos, die bei dein
Theater ihre Existenz fanden, sei es als Künstler,
Musiker oder Hilfsarbeiter. Deshalb ist es auch
nur selbstverständlich, dass aus den reichen
Mitteln des Radiojournals weitaus grössere Mittel
für die Theaterförderungszwecke zur Verfügung
gestellt werden. Die im Vorjahr verwendeten bei-
läufigen 3. 5 Millionen sind ungenügend. Die nach
Deckung der Regiekosten verbleibenden Millionen
sollten wenigstens grösstenteils dem angeführten
Zweck zugeführt werden.

Wir stellen demnach an den Herrn Minister
für Post- und Telegrafenwesen die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, das Radio-
journal zur Vorlage der Rechnungsabschlüsse über
die letzten 10 Jahre zu veranlassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, die bis auf das
Jahr 1935 erwiesene, grundlose Benachteiligung
der deutschen Theater durch grössere Zuwendun-
gen in den nächsten Jahren zu ersetzen?

3. Ist der Herr Minister bereit, zu verfügen,
dass ein weitaus höherer Teil der Ueberschüsse
des Radiojournals zur Förderung des Theaters zu
verwenden ist und hievon den deutschen Theatern
der dem Bevölkerungssatz entsprechende Anteil
zukommt?

Prag, am 20. Oktober 1936.

Dr Hodina,

Dr Rösche, Axmann, Fischer, Illing, Ing. Peschka,

Dr Zippelius, Gruber, Dr Jilly, May, Ing. Karmasin,

Stangl, Jobst, Ing. Künzel, Sandner, Jäkel. Wollner,

Dr Kellner, Dr Peters, Obrlik, Ing. Richter.

Pùvodní znìní ad 672/XVII.

Interpellation

des Abgeordneten Dr Franz Hodina
an die Regierung

wegen der stillschweigenden und be-
wussten Duldung der parteipolitischen
Propaganda durch die Sprecher der deut-
schen sozialdemokratischen Partei Im
deutschen Rundfunk.

Für die deutsche Sendung im tschechoslowaki-
schen Rundfunk ist eine, den tatsächlichen Bevöl-

kerungsverhältnissen nicht entsprechende und
möglichst kurz bemessene Zeit vorbehalten.

Statt der Allgemeinheit zu dienen, wird ein-
seitig zumeist sozialdemokratische Parteipropa-
ganda betrieben.

Selbst der Nachrichtendienst wird marxistisch
zugeschnitten, sodass die deutsche Bevölkerung
zum Unterschiede von der tschechischen, nur ein-
seitig informiert wird.

So zu. B. werden über die Verhältnisse in
Spanien nur einseitige Nachrichten über die un-
unterbrochenen Siege der marxistischen Parteien
ausgegeben. Eine sachliche und unparteiische Be-
richterstattung über die Verhältnisse in Spanien,
wie sie in der tschechischen Sendung erfolgt,
war noch nie zu hören und doch hat die deutsche
Bevölkerung ein grosses Interesse, sachliche und
unparteiische und nicht nur einseitig marxistisch
gefärbte Nachrichten zu hören.

In den immer wiederkehrenden »Aktuellen 10
Minuten für den deutschen Arbeiter« hören wir
sich immer steigernde Hassepisteln gegen unsere
Nachbarstaaten und deren Staatsoberhäupter. Die
wütendsten Hassexplosionen der deutschgeschrie-
benen Emigrantenblätter verzapfen die Herren
Marxisten auch noch im Rundfunk. Diese Sonder-
stellung und Sonderbehandlung im Rahmen des
deutschen Rundfunks wurde von Seite der Rund-
funksverwaltung den Marxisten eingeräumt, trotz-
dem die deutschen Sozialdemokraten bei den
letzten Wahlen nur etwa 14% der deutschen
Stimmen auf sich vereinigen konnten. Diese Ver-
hältnisse sind unhaltbar. Die deutsche Bevölke-
rung hat ein Recht darauf, zumindestens in den
Nachrichten unparteiisch berichtet zu werden.
Die grundverschiedenen Nachrichten im tschechi-
schen und deutschen Rundfunk werden heute
schon als eine tschechoslowakische. Spezialität
vermerkt und verstädnisvoll belächelt.

Ob die Hetzreden in den »aktuellen 10 Minuten
für den deutschen Arbeiter« und die Hassgesänge
gegen unsere Nachbarstaaten die »korrekten Be-
ziehungen und die freundschaftliche Annäherung«
an diese Nachbarstaaten fördern, wäre zu unter-
suchen.

Von den mit Ende August 1936 ausgewiese-
nen 868. 902 Hörren sind ein gutes Drittel Deutsche.
Diese Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit
sind mit Ausnahme der wenigen Marxisten ob
dieser Verhältnisse empört und fordern Abhilfe.

Wir stellen demnach an den Herrn Minister
und an die Gesamtregierung die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister für Postwesen bereit,
diese Unzukömmlichkeiten erheben zu lassen und
der Regierung entsprechende Anträge zur Abhilfe
zu stellen?

2. Ist der Herr Ministerpräsident als Vor-
sitzender der Regierung gewillt, diese unmögli-


25

eben Verhältnisse abzustellen und das zustehende
Ministerium zur sofortigen Abstellung dieser Ver-
hältnisse zu verhalten.

Prag, am 20. Oktober 1936.

Dr Hodina,

May, Dr Rösche, Axmann, Illing, Ing. Karmasin,
Stangl, Wollner, Dr Jilly, Gruber, Ing. Richter,
Ing. Peschka, Jäkel, Dr Peters, Sandner, Jobst,
Ing. Künzel, Fischer, Dr Zippelius, Dr Kellner,
Obrllk.

Pùvodní znìní ad 672/XVIII.

Interpellation

der Abgeordneten Ludwig Wagner und
Adolf Jobst

an den Minister des Innern

wegen mangelhafter Ausübung der Auf-
sichtsgewalt der Landesbehörde in Prag
gegenüber der gesetzwidrigen sprachen-
rechtlichen Praxis der Bezirksbehörde in
Prachatitz.

Die Bezirksbehörde in Prachatitz hat dem
Abgeordneten Ludwig Wagner in B. Krumau mit
Bescheid vom 17. September 1935 ZI. 2/241 ai 35
die Abhaltung einer öffentlichen Kundgebung in
Winterberg verboten.

Dieser Bescheid war wie folgt gefertigt: »Dr
V. Mareä, v. r., za správnost vyhotoveni správce
kanceláøe.

Als der Abgeordnete Ludwig Wagner gegen
das Versammlungsverbot die Berufung einlegte,
wurden die gesamten Akten, also auch der ge-
nannte Bescheid der Landesbehörde in Prag vor-
gelegt.

Die Landesbehörde in Prag hat der Berufung
mit Bescheid vom 13. Juni 1936, è. 8. 429/1 ai 1935
odd. 19 keine Folge gegeben.

Der im Bescheide I. Instanz angeführte, in
dieser Interpellation genannte Schlussvermerk
war gesetzwidrig, denn er verstösst gegen die
Vorschriften des § 2 des Sprachengesetzes und
gegen die Artikel 15 und 18 der Sprachenver-
ordnung.

Es war Amtspflicht der Landesbehörde in
Prag, die Ausübung ihrer offiziösen sprachen-
rechtlichen Aufsichtsgewalt, die Bezirksbehörde
Prachatitz darüber zu belehren, dass der genannte
Schlussveimerk nicht nur in obzitierter tschechi-
schen Sprache, sondern auch in deutscher Sprache
anzuführen war, und zwar: »Dr. V. Mareš, e. h.

für die Richtigkeit der Ausfertigung, der Kanzlei-
leiter«. Dabei war noch zu untersuchen, ob der
Vorname des Bezirkshauptmannes, der mit »V. «
abgekürzt ist, auch eine analoge Vornamensbe-
zeichnung im Deutschen hat und daher für den
Fall einer Abkürzung ebenso auch in deutscher
Sprache abgekürzt werden müsste; denn alle diese
Elemente der Ausfertigung sind integrierende Be-
standteile der Erledigung, die nicht nur im Haupt-
texte, sondern auch m allen zur Erledigung ge-
hörenden Nebenbemerkungen, auch in deutscher
Sprache auszufertigen waren. Die Aufsichtsbe-
hörde hätte diese Mängel der Unterbehörde im
Aufsichtswege auszustellen, ohne Rücksicht dar-
auf, ob eine Sprachenbeschwerde erhoben wurde
oder nicht.

Im Allgemeinen entzieht es sich der Kenntnis
der Beschwerdeführer, ob die Oberbehörde der-
artige sprachenrechtliche Mängel von Amtswegen
im Aufsichtswege gegenüber der Unterbehörde
ausgestellt und gerügt hat; denn dieser Akt der
staatlichen Aufsichts- und Disziplinargewalt er-
folgt nicht vor der Öffentlichkeit, sondern im
Interesse des Prestiges des gerügten und belehrten
Beamten der Unterbehörde im inneramtlichen, also
nicht öffentlichen Verkehr.

Irn vorliegenden Falle sind die Interpellanten
aber in der Lage, in voller Klarheit aufzuzeigen,
dass die Landesbehörde das gesetzwidrige Vor-
gehen der Bezirksbehörde Prachatitz keineswegs
gerügt oder ausgestellt haben kann; denn die Lan-
desbehörde Prag hat ja die gerügte Gesetz-
widrigkeit selbst begangen und scheint sich daher
des gesetzwidrigen Vorgehens der Bezirksbehörde
Prachatitz gar nicht bewusst geworden sein.

Auch die Landesbehörde, die doch als Auf-
sichtsbehörde zu einer grösseren Diligenz als die
ihrer Aufsicht unterstellte Bezirksbehörde Pra-
chatitz verpflichtet gewesen wäre, hat den Be-
scheid vom 13. Juni 1936, ZI. 8. 429, mit dem sie
als Berufungsinstanz entschieden hat, gesetz-
widrig ausgestellt; denn auch die Landesbehörde
hat den genannten Bescheid wie folgt gefertigt:
»Mikula, v. r., za správnost vyhotoveni, pøednosta
kanceláøe«.

Dem Gesetze gemäss (§ 2 des Sprachenge-
setzes) hätte die Fertigung lauten müssen: »Mi-
kula e. h., für die Richtigkeit der Ausfertigung der
Kanzleileiter«.

Aus der Ausfertigung der Landesbehörde ist
zu erkennen, dass diese selbst bei der sprachen-
rechtlichen Ausstattung in eigenen Bescheiden ge-
gen die Verfassung - denn das Sprachengesetz
ist ein Verfassungsgesetz - gegen § 2 des Spra-
chengesetzes und gegen die Artikel 15 und 18 der
Sprachenverordnung - gehandelt hat. Die Lan-
desbehörde kann sich nicht exkulpieren, dass sie
nicht wusste, dass der Einschreiter ein Deutscher
war; denn der Einschreiter ist Abgeordneter der
Sudetendeutschen Partei, Vorsitzender Konrad
Henlein.

Die Aufsichtsbehörde wusste auch, dass sich
ihre Amtshandlung auf den Gerichtsbezirk Win-
terberg, also auf einen Bezirk in dem nach der


24

letzten Volkszählung mehr als 20% tschechoslo-
wakischer Staatsbürger deutscher Nationalität
(ethnischer und sprachlicher Zugehörigkeit) woh-
nen, bezieht.

Wir stellen an den Herrn Innenminister die
Anfrage:

1. Ist der Herr Minister des Innern bereit,
den gerügten Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister des Innern bereit, den
damalig amtierenden Rat der Bezirksbehörde
Prachatitz, V. Mareš und den Vertreter des Lan-
despräsidenten Mikula über die offenbar gesetz-
widrige Ausfertigung der von ihnen verantworte-
ten Bescheide belehren zu lassen und nötigenfalls
das Disziplinarverfahren gegen beide einleiten zu
lassen?

Prag, am 20. Oktober 1936.

Wagner, Jobst,

Ing. Peschka, Ing. Künzel, Dr. Zippelius, Sandner,
May, Ing. Schreiber, Dr. Peters, Gruber, Klieber,
Kundt, Ing. Richter, Wollner, Dr. Rösche, Sogl,
Jäkel, Franz Nemec, Illing, Hollube, Ing. Lischka.

Pùvodní znìní ad 672, XIX.

Interpellation

der Abg. Adolf Jobst und
Ludwig Wagner

an den Minister des Innern

wegen Verdrängung der Kundgebungen

der Sudetendeutschen Partei von den

öffentlichen Plätzen, insbesondere in

Winterberg.

Mit Bescheid der Bezirksbehörde in Pracha-
titz vom 17. September 1935 Zl. 2/241 ai 35 hat
die Bezirksbehörde Prachatitz die Abhaltung einer
gesetzmässigen öffentlichen Versammlung für den
28. und 29. September 1935 in Winterberg ver-
boten. Die Landesbehörde in Prag hat mit Be-
scheid vom 13. Juni 1936 Zl. 8. 429/1 ai 1935 odd. 19
der Berufung des Einberufers Ludwig Wagner,
Abgeordneter in B. Krumau keine Folge gegeben
und in den Gründen u. a. ausgeführt:

»Die Absicht der Veranstalter, den Ringplatz
für den Verkehr zu sperren und denselben in an-
derer Richtung umzuleiten, griff in die Rechte
der Verkehrspolizei ein und übersteigt den Rah-
men der den Veranstaltern im § 11 des Gesetzes
über das Versammlungsrecht auferlegten Pflich-
ten. «

Eine solche Praxis würde, wenn sie die Regel
würde, dazu führen, dass die Kundgebungen der

Sudetendeutschen Partei überhaupt von den öffent-
lichen Plätzen verdrängt werden. § 11 des Ver-
sammlungsgesetzes 135/67 bietet keineswegs die
Möglichkeit, unter Hinweis auf diese Gesetzesbe-
stimmung Kundgebungen auf öffentlichen Plätzen
einfach zu verbieten.

Wie unbegründet ein solches Verbot ist, geht
schon daraus hervor, dass an jedem Sonn- und
Feiertag in irgendeiner tschechischen Stadt von
tschechischen Veranstaltern öffentliche Kundge-
bungen auf öffentlichen Plätzen stattfinden. Keine
Behörde der Republik würde es wagen, das Ge-
such um Abhaltung einer öffentlichen Kundgebung
der Teilnehmer einer Regierungspartei zu unter-
sagen. Schon aus dieser Tatsache erhellt das
ungleiche Mass, mit dem unsere Verwaltungsbe-
hörden anlässlich der Ausübung ihrer Versamm-
lungspolizei amtieren und es ist notwendig, unse-
re Verwaltungsbehörden daran zu erinnern, dass
die Ausübung der Amtsgewalt innerhalb der Sphä-
re des freien Ermessens niemals in Willkür aus-
arten darf, sondern immer und überall den Gleich-
heitsgrundsatz der Verfassung respektieren müs-
sen.

Wir stellen an den Herrn Minister des Innern
die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister des Innern bereit, den
gerügten Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister des Innern bereit,
zu veranlassen, dass die beabsichtigte Abhaltung
einer Kundgebung auf öffentlichen Plätzen an sich
von den Verwaltungsbehörden nicht zum Anlass
von Versammlungsverboten gemacht werden?

Prag, am 20. Oktober 1936.

Jobst, Wagner,

Jäkel, Ing. Künzel, Dr. Peters, Ing. Schreiber, Dr.
Zippelius, Ing. Peschka, May, Gruber, Ing. Rich-
ter, Sandner, Klieber, Kundt, Dr. Rösche, Wollner,
Illing, Franz Nìmec, Sogl, ing. Lischka, Hollube.

Pùvodní znìní ad 672/XX.

Interpellation

des Abg. Josef Illing
an den Minister des Innern

wegen unbegründeten Verbotes von
Spruchbändern (Werbebändern) des Su-
detendeutschen Tagblattes »Die Zeit«.

Das sudetendeutsche Tagblatt «Die Zeit« mel-
det in seiner Folge 192, vom 19. August 1936, H.
Jahrgang, Seite 3:

»In der Nacht auf Dienstag wurden von un-
bekannten Tätern die Spruchbänder der »Zeit«,


25

die anlässlich der Reichenberger Messe ange-
bracht waren, heruntergerissen. Die Reichenber-
ger Polizeidirektion hat die Wiederaufbringung
ohne Angabe von Gründen verboten, obwohl kei-
ne gesetzliche Handhabe für diese Massnahme be-
steht. «

Das Verbot dieses Werbebandes war im Ge-
setze nicht begründet, weil dieses Werbeband kei-
ne Druckschrift gemäss § 23 des Pressegesetzes
war und daher keiner Bewilligung bedurfte.

Wir stellen an den Herrn Innenminister die
Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, zu veranlas-
sen, dass in Hinkunft die freie Werbung für das

sudetendeutsche Tagblatt »Die Zeit« niemals wie-
der in gesetzwidriger Weise von Unterbehörden
eingeschränkt wird?

3. Ist der Herr Minister bereit, gegen dieje-
nigen Staatsbeamten und Staatsbediensteten, die
das gesetzwidrige und unbegründete Verbot er-
lassen haben, das Disziplinarverfahren einleiten zu
lassen ?

Prag, am 27. Oktober 1936.

Illing,

Hollube, Stangl, F. Nitsch, Sandner, Rösler, Birke,
Dr. Kellner, Ing. Lischka, Dr. Eichholz, Obrlik, Sogt,
Dr. Zippelius, Franz Nìmec, Kundt, Ing. Richter, Dr.
Rösche, Gruber, May, Wollner, Fischer, Knöchel.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP