20

1. Dne

2. èís.

3. Vìc: Jmenování èlenù do okresní sociální

komise.

4. Konopík v. r.

5. Za správnost vyhotovení: pøednosta kan-

celáøe.

Ausserdem fechte ich den Umstand an, dass
der Briefumschlag ausschliesslich folgende ein-
sprachig tschechische Aufschriften trägt ohne dass
die Aufschriften auch in deutscher Sprache ge-
mäss § 2 des Sprachengesetzes angeführt wor-
den sind:

Okresní úøad v Bílinì, èís. j. Pan Vaclav
Zischka. kováø v Bílinì 207, Mlýnská,
Vìc úøední od poštovného osvobozená.

Ich erhebe wegen dieses gesamten Sachver-
haltes die Sprachenbeschwerde und beantrage die
Aufhebung des genannten Bescheides und der
Ausfertigung des Briefumschlages zu der grund-
liegenden Verfügung und beantrage ferner die
Zustellung eines dem Sprachengesetze entspre-
chenden Bescheides und Briefumschlages zu Han-
den meines mit Vollmacht ausgewiesenen Rechts-
vertreters, Herrn Dr Hans Neuwirth, Rechtsan-
walt in Prag II, Hybernská 4.

Wenzel Zischka.

Prag, am 12. Oktober 1936. «

Erfahrungsgemäss dauern die Erledigungen
solcher Beschwerden viele Monate. Es besteht
die Gefahr, dass inzwischen die gerügte Unter-
behörde ihre gesetzwidrige Sprachenpraxis fort-
setzt.

Wir stellen daher an den Herrn Minister des
Innern die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, zu veranlas-
sen, dass die Landesbehörde die eingebrachte
Sprachenbeschwerde dem Gesetze gemäss schleu-
nigst erledigt ?

3. Ist der Herr Minister bereit, zu veranlas-
sen, dass die Bezirksbehörde Bilin bei der Aus-
fertigung ihrer Bescheide das Sprachengesetz be-
achtet?

4. Ist der Herr Minister bereit, gegen die-
jenigen Beamten und Bediensteten der Bezirks-
behörde Bilin, die die Verletzung des Sprachen-
gesetzes im konkreten gerügten Falle verschul-
deten, das Disziplinarverfahren einleiten zu las-
sen ?

Prag, am 12. Oktober 1936,

E. Köhler,

Ing. Schreiber, G. Böhm. Sogl, Rösler, Ing. Kar-
masin, Budig. Obrlik. Dr. Kellner, Ing. Künzel,
Axmann, F. Nitsch. Wagner, Birke, Illing, May,
Ing. Lischka, Dr. Hodina, Ing. Peschka, Dr. Peters,
Jäkel, Hollube, Stangl, Gruber.

Pùvodní znìní ad 667/VI.

Interpellation

des Abg. Franz Nìmec
an den Minister des Innern

wegen schikanöser Abweisung pressge-
setzlicher Ansprüche durch die Bezirks-
behörde in Podersam.

Die Bezirksbehörde Podersam hat mit Be-
scheid vom 23. Juni 1936, Zahl 23538/III-18-ch-11,
dem Ansuchen des Anton Steiner, Landwirt in
Hockau, Post Deutsch-Horschowitz, um Bewilli-
gung von Aushängungen gemäss § 23 des Press-
gesetzes keine Folge gegeben und folgende ver-
wunderliche Gründe angeführt:

»Die Gemeinde Hokau ist nicht so ausge-
dehnt und gross, um den beabsichtigten Zweck
in einer ändern Weise als gerade durch öffentli-
ches Aushängen von Drucksorten an öffentlichen
Stellen zu erreichen. Es ist auch weiter keine
Garantie, dass die erteilte Bewilligung durch Aus-
hängen von tendenten Berichten und Mitteilungen
und zweideutigen Karikaturen, Ausschnitten aus
fremdländischen Zeitschriften und Aehnliches,
welche gegen die übrigen politischen tschechi-
schen oder deutschen Parteien zielen würden,
wodurch es zur Verletzung oder Gefährdung der
öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit kom-
men könnte, nicht missbraucht würde. «

Der genannte Bescheid ist vollständig gesetz-
widrig, denn er führt keine Gründe für die Ab-
weisung des Ansuchens an, die pauschalmässigen
Anführungen der Behörde erster Instanz, es
können zweideutige Karikaturen und Ausschnitte
aus fremdländischen Zeitschriften ausgehängt
werden, als auch Ausschnitte, welche sich gegen
die übrigen tschechischen und deutschen politi-
schen Parteien richten, sind in keiner Weise
durch Anführung konkreter Tatsachen gerecht-
fertigt.

Es ist auch vollständig unentscheidend, ob
die Gemeinde Hokau gross oder klein ist, denn
auch in kleinen Gemeinden hat die grösste poli-
tische Partei des Staates den subjektiven Rechts-
anspruch, ihre Ankündigungen im Sinne des § 23
des Pressgesetzes kundzumachen.

Wegen des Bescheides wird deshalb inter-
pelliert, weil er keine Einzelerscheinung ist, son-
dern für die Bewilligungspraxis nach § 23 des
Pressgesetzes typisch ist. Es geht nicht an, dass
in den Gründen behördlicher Bescheide mit Ver-
mutungen operiert wird.

Die Behörden haben vielmehr die Pflicht,
konkrete Tatsachen anzuführen, auf welche sie
ihre Erwägungen stützen. Solche Pauschalver-
dächtigungen und Betrachtungen über die Grosse
der Gemeinde Hekau sind keine gesetzlichen


21

Gründe. Solche Erwägungen entsprechen einem
Polizeigeiste, der sich anmasst, zu überprüfen, ob
ein Bedürfnis für den Aushang besteht oder nicht.
Das Bedürfnis ist aber bei der Geltendmachung
eines Anspruches auf eine Aushängebewilligung
absolut unentscheidend.

Wir stellen daher an den Herrn Minister des
Innern die Anfrage:

Ist der Herr Minister bereit, die Unterbehör-
den darüber aufklären zu lassen, dass bei der
Prüfung eines pressgesetzlichen subjektiven
Rechtsanspruches auf Bewilligung des Aushanges
Erwägungen über das Bedürfnis dieses Aushan-
ges im Gesetze nicht begründet und daher absolut
unzulässig sind?

Prag, am 14. Oktober 1936.

Franz Nìmec,

Knorre, Fischer, Rösler, Axmann, Nickerl, Stangl,
G. Böhm, Dr. Eichholz, Hirte, Sogl, Ing. Schreiber,
Birke. May, Gruber, Obrlík. Dr. Zippelius, Illing,
Ing. Karmasin, ing. Lischka, Budig, Ing. Peschka,
Klieber, Jäkel

Pùvodní znìní ad 667/ VII.

Interpellation

des Abgeordneten Karl Gruber
an den Minister des Innern,

betreffend die Verteilung von aufreizen-
den Flugblättern durch die Ortsgruppe
der »Národní Jednota Pošumavská«
in Haselbach.

Die Ortsgruppe der Národní Jednota in Ha-
selbach liess im Juni 1936 in Alt-Langendorf
öffentlich auf der Strasse aufreizende Flugblätter
folgenden Inhaltes verteilen:

»Wir bitten, legen Sie unsere Bitte nicht un-
beachtet beiseite! Unsere Feinde haben sich ge-
gen uns und unsere Minderheiten zusammenge-
schlossen. Sie wollen uns aus unseren Positionen
verdrängen. Sie machen uns unsere Minderheiten-
tätigkei vollständig unmöglich, die wir Jahre hin-
durch zum Nutzen des Volkes und Staates ver-
richten, für die Sicherung der Grenzen.

Wir haben kein Vereinslokal, wo wir zusam-
menkommen und uns beraten könnten, wo wir
Vereinsveranstaltungen abhalten könnten, es sind
keine Wohnungen für ledige Staatsaneestellte und
erst recht nicht für tschechische Familien.

Wir übersenden Ihnen anbei einen Zahlungs-
schein der Postsparkasse und bitten Sie dringend
um einen Beitrag zum Bau eines tschechischen
Hauses in Haselbach, zur Stärkung der hiesigen
tschechischen Minderheit und Sicherung der be-
drohten tschechischen Schule.

Durch Ihr Geschenk helfen Sie mit, das be-
drohte Grenzgebiet zu befestigen. Beweisen Sie,
dass die, den Grenzlern gegebenen Versprechun-
gen nicht nur hohle Worte sind und dass wir
nicht ganz verlassen sind auf dem westlichen
Wall der Republik, wo wir ständig als unwill-
kommene Eindringlinge betrachtet werden. Auch
die geringste Spende zum Ersatz der, mit dieser
Aktion verbundenen Auslagen gesandt, ist uns
willkommen. Wir bitten dringend, legen Sie nicht
weg, werfen Sie nicht weg, machen Sie freundlich
Ihre Freunde und Bekannten in Vereinen auf
unsere Aktion aufmerksam, in denen Sie Mitglie-
der sind, wir wären Ihnen unendlich dankbar.

Vor den Feinden haben wir keine Angst, mö-
gen sie noch so sehr wüten, mögen sie uns noch
so sehr schikanieren, nur wenn wir wissen wer-
den, dass wir unser ganzes tschechisches Hinter-
land hinter uns haben werden, das zu Opfern fä-
hig ist, die wir hier an den Grenzen ständig
bringen.

Wir hoffen, dass Sie unsere flehende Bitte
nicht ablehnen werden und danken Ihnen herz-
lichst im voraus.

Hochachtungsvoll für den Bauausschuss:

Laurenz Nìmec. Schriftführer,

Stanislav Vácha, Kassier,

Georg Èerný, Obmann. «

Von der Verteilung dieser aufreizenden Flug-
zettel mussten die Sicherheitsbehörden wissen,
denn diese haben die Pflicht, die Gesetzmässig-
keit der Kolportage zu kontrollieren. Nach dem
ganzen Inhalte der Flugzettel besteht kein Zwei-
fel, dass sich diese gegen die Deutschen überhaupt
richten. In den Flugzetteln wird in unerhörter
Weise gegen Gruppen der Bevölkerung wegen
ihrer Nationalität und Sprache aufgereizt und
hiedurch der § 14 des Gesetzes zum Schütze der
Republik verletzt.

Diese Druckschriften untergraben die demo-
kratische Ordnung der Tschechoslowakischen Re-
publik und verletzen das Strafgesetz, ihre Ver-
breitung war daher im Sinne des Gesetzes 126/33
zu verbieten.

Wenn man bedenkt, dass erst vor kurzem
Kolportagematerial der Sudetendeutschen Partei
beschlagnahmt wurde, das nichts anderes enthielt
als Zitate aus dem Minderheitenschutzvertrag und
der Verfassung, erscheint die Nicht-Beschlag-
nahme der, in dieser Interpellation zitierten Flug-
zettel eines Tschechisierungsvereins geradezu un-
erhört. Diese Tatsache ist ein neuer Beweis da-
für, dass jede gesetzmässige Kolportage der Su-
detendeutschen Partei unterdrückt wird, hinge-
gen Kolportagematerial chauvinistischer Tsrhe-
chisieruiiKsvereine von der Administrative unbe-
anstandet gelassen wird, weil niemand die Kuraee
aufbringt, solchen chauvinistischen Hetzern ihr
unsauberes, staatsfeindliches Handwerk zu legen.

Wir stellen daher an den Herrn Innenminister
die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?


22

2. Ist der Herr Minister bereit, dafür zu sor-
gen, dass die Sicherheitsbehörden aufreizendes
Kolportagematerial der Tschechisierungsvereine
beschlagnahmen und die Kolportage untersagen?

3. Ist der Herr Minister bereit, gegen die
schuldtragenden Staatsbeamten und Staatsbedien-
steten, die die Beschlagnahme des Kolportage-
materials und deren Verbot unterlassen haben,
das Disziplinarverfahren einzuleiten?

Prag, am 14. Oktober 1936.

Gruber,

Kling, Axmann, Knorre, Fischer, G. Böhm, Jäkel,
Ing. Peschka, Dr. Eichholz, Stangl, Birke, Nickerl,
Rösler, Sogi, Hirte, Ing. Schreiber, Klleber, May,
Obrlik, Dr. Zippelius, Ing. Lischka, Hollube, Budig.

Pùvodní znìní ad 667/VIII.

Interpellation

des Abgeordneten Paul Nickerl
an den Minister des Innern

wegen unbegründet harter Bestrafung des
Ortsleiters Josef Jäger aus Pokeslav durch
die Bezirksbehörde Plan und ungebührli-
chen Verhaltens des vernehmenden Be-
amten bei der Beschuldigteneinvernahme.

Josef Jäger, der Ortsleiter der SdP von Po-
keslav (Gerichtsbezirk Weseritz), hat am 6. Juli
1936 ein behördlich bewilligtes Plakat für die SdP-
Kundgebung in Mies ordnungsgemäss beim Ge-
meindeamt Pokeslav abstempeln lassen und die
diesbezügliche Gebühr entrichtet. Damit hatte er
das Recht erworben, das Plakat auf der Kund-
machungstafel anzubringen. Die Kundmachungs-
tafel war zur Hälfte mit Verlautbarungen der Be-
zirksbehörde und zur Hälfte mit dem Einladungs-
plakat zu einer Denkmalsfestlichkeit unpolitischer
Art auf dem Schafberge beklebt. Die Verlautba-
rung der Bezirksbehörde zu überkleben, wäre
ungehörig gewesen. Hingegen war es keineswegs
ungehörig, das Plakat über dem genannten Ein-
ladungsplakat zum Feste auf dem Schafberg an-
zubringen. Dies hat Ortsleiter Jäger getan, weil
kein anderer Platz auf der Kundmachungstafel
vorhanden war und überdies das somit überdeckte
Plakat bereits seit Freitag den 3. Juli 1936 an-
gebracht war, also durch 3 volle Tage einschliess-
lich Sonntag kundgemacht war. Ortsleiter Jäger
konnte mit Recht annehmen, dass der Inhalt des
nunmehr überklebten Plakates, der nur 150 Ein-
wohner zählenden Ortsbevölkerung längst zur
Kenntnis gelangt war. Uebrigens hatte er ja durch
die Abstempelung seines Plakates beim Gemeinde-
amt und durch Entrichtung der diesbezüglichen
Gebühr das unbestrittene Recht erworben, das

Plakat auf der, für Plakatierungen vorgesehenen
Plakatierungstafel aufzukleben. Es ist das Schick-
sal aller früheren angebrachten Plakate, dass sie
von später angebrachten Plakaten einmal über-
klebt werden. Dieser Vorgang wird dadurch
nicht gesetzwidrig, weil Ortsleiter Jäger der Su-
detendeutschen Partei angehört.

Man sollte es nicht für möglich halten, aber
es ist so: Ortsleiter Jäger erhielt wegen des Pla-
katierens, das vollständig dem Gesetze entspro-
chen hatte, von der Bezirksbehörde Plan eine
Verwaltungsstrafe von 500 Kè oder 7 Tage Arrest!
Selbstverständlich hat sich Ortsleiter Jäger gegen
diesen Strafbescheid berufen. Es ist ihm aber
ausser dieser Bestrafung noch eine weitere Un-
bill widerfahren, die im Gesetze keinesfalls be-
gründet ist.

Als Ortsleiter Jäger, ein vermögensloser,
arbeitsloser Techniker, im genannten Verwal-
tungsstrafverfahren als Beschuldigter einvernom-
men wurde, empfing ihn der diensthabende Be-
amte mit folgenden Worten: »Mit solchen Men-
schen, wie Sie sind, werden wir gleich fertig sein,
das sind lausbübische Handlungen. «

Selbstverständlich hat Ortsleiter Jäger wegen
dieser ungebührlichen Aeusserung des Beamten
die Aufsichtsbeschwerde überreicht.

Wir stellen an den Herrn Innenminister die
Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, die Verwal-
tungsbehörden darüber zu belehren, dass sie ge-
gen niemanden Verwaltungsstrafen verhängen,
der von seinem wohlerworbenen Recht der Pla-
katierung nach Abstemplung des Plakates und
Bezahlung der Plakatierungsgebühr in ortsübli-
cher Weise Gebrauch gemacht hat?

3. Ist der Herr Minister bereit, zu veranlas-
sen, dass gegen Arbeitslose nicht derart hohe
Verwaltungsstrafen (500 Kè oder 7 Tage Arrest)
verhängt werden, sondern wenn schon die Be-
hörden rechtsirrig eine Schuld als erwiesen an-
nehmen, die Strafe den Vermögensverhältnissen
und dem Vorleben des Beschuldigten entspricht?

4. Ist der Herr Minister bereit, zu veranlas-
sen, dass die Beamten anlässlich der Einvernahme
der Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren
vorgreifende und selbstverständlich erst auch be-
leidigende Aeusserungen unterlassen?

5. Ist der Herr Minister bereit, gegen den
Beamten, der sich die gerügten vorgreifenden und
beleidigenden Aeusserungen gegenüber den Be-
schuldigten Josef Jäger zu schulden kommen liess,
das Disziplinarverfahren einleiten zu lassen?

Prag, am 15. Oktober 1936.

Nickerl,

Dr. Kellner, Dr. Eichholz, Ing. Schreiber, Budig,

Birke, Ing. Peschka, Ing. Künzel, Franz Nìmec,

Ing. Lischka. Jäkel, Hollube, Axmann, Fischer,

Illing, Sandner, Gruber, Knorre, Hirte,

Ing. Karmasin, Wollner.


23

Pùvodní znìní ad 667/IX.

Interpellation

des Abgeordneten Dr Fritz Köllner
an den Minister des Innern

wegen der Uebergriffe des Oberwacht-
meisters Pedelik in Ullersdorf.

Am 4. März 1936, ca 10 Uhr vormittags er-
schien' der Oberwachtmeister Pedelik, Komman-
dant des Gendarmeriepostens in Ullersdorf, in
Begleitung des sozialdemokratischen Gemeinde-
angestellten Karl Walter, Grossgemeinde Janegg,
in der Wohnung des Karl Heinrich, Pensionist in
Janegg und forderte diesen auf, sämtliche Bro-
schüren, Parteischriften und Flugzettel vorzule-
gen, da der Verdacht vorliege, dass Heinrich ver-
botene Schriften der Sudetendeutschen Partei
verwahre. Heinrich verlangte die Vorweisung
eines richterlichen Befehls, diesen konnte jedoch
der Gendarm nicht vorlegen. Als Heinrich den
marxistischen Geineindeangestellten Walter frag-
te, was er bei dieser Amtshandlung zu tun habe,
gab dieser an, dass er im Auftrage des Gemeinde-
vorstehers als Dolmetsch fungiere. Heinrich liess
den Oberwachtmeister durch den marxistischen
Gemeindeangestellten Walter darüber aufklären,
dass er nichts Verbotenes bei sich habe, weil die
Sudetendeutsche Partei keine verbotenen Schrif-
ten herausgebe. Heinrich erklärte weiter, dass er
selbstverständlich der Amtshandlung keinerlei Wi-
derstand entgegensetze, er jedoch darauf bestehe,
dass ihm über die beschlagnahmten Schriftstücke
Bestätigungen ausgefolgt werden. Der genannte
Oberwachtmeister versteht kein Wort deutsch.
Es musste also der sozialdemokratische Gemein-
deangestellte die Parteischriften durchlesen und
sie dem Oberwachtmeister übersetzen. Während
sich Walter mit dem Lesen der Schriften befasste,
musste Henrich dem Gendarmeriewachtmeister
befehlsgeinäss auf den Hof, in den Keller und auf
den Abort folgen. Während dieser Zeit blieb der
Sozialdemokrat Walter mit den Schriften der Su-
detendeutschen Partei allein zurück. Erst nach
Beendigung der Durchsicht liess der Oberwacht-
meister Herrn Karl Heinrich durch den Sozialde-
mokraten Waiter sagen, dass die Amtshandlung
beendet sei.

Sodann sagte Heinrich zu Herrn Walter wört-
lich: »Bitte, fragen Sie den Herrn Oberwacht-
meister, ob verbotene Schriften gefunden wur-
den und ob er etwas beschlagnahmt habe. « Wal-
ter antwortete hierauf: »Nein, es wurde nichts
gefunden und auch nichts beschlagnahmt. « So-
dann erwiderte Heinrich: »Dann lasse ich den
Herrn Oberwachtmeister bitten, mir über den er-
folglosen Verlauf der Hausdurchsuchung und
darüber eine Bestätigung zu geben, dass kein
Schriftstück beschlagnahmt wurde. «

Walter antwortete nach Rücksprache mit
dem Oberwachtmeister: »Es ist nicht nötig, dass

Sie eine Bestätigung bekommen, da ja nichts vor-
gefunden wurde und wir (!) auch nichts beschlag-
nahmt haben. Schhesslich haben Sie ja mich als
Gemeindeangestellten als Zeugen. Ich hafte Ihnen
mit meinen Worten. « Mit diesem Bescheide musste
sich Heinrich abfinden.

Am 10. März 1936 kam in Abwesenheit des
Heinrich der Oberwachtmeister Pedelik in seine
Wohnung. Da Heinrich nicht zu Hause war, hin-
terliess er beim Nachbar, dass Heinrich sich um
5 Uhr beim Postenkptnmando in Ullersdorf ein-
zufinden habe. Heinrich leistete dieser Aufforde-
rung Folge. Bei seiner Ankunft zeigte ihm Ober-
wachtmeister Pedelik von der Ferne ein Schrift-
stück. Aus der Gebärdensprache des Herrn Ober-
wachtmeisters und seinen, kaum verständlichen
deutschen Sprachworten, konnte Heinrich ent-
nehmen, dass Pedelik behauptete, er habe dieses
Schriftstück am 4. März 1936 bei ihm beschlag-
nahmt. Da eine Verständigung in deutscher Spra-
che unmöglich war, musste sich Heinrich auf
Verlangen des Oberwachtmeister Pedelik in die
Kanzlei einer Privatfirma, und zwar der Firma
Edelstein, Spinnerei in Ullersdorf, begeben. Dort
waren drei Angestellte der Firma anwesend. Einer
von diesen besorgte über Verlangen des Gendar-
men die Uebersetzung der Einvernahme und
sagte dem Heinrich: »Der Herr Oberwachtmei-
ster hat dieses Schriftstück am 4. März 1936 in
Ihrer Wohnung beschlagnahmt und fragt Sie, ob
Sie das Schriftstück kennen. «

Der Oberwachtmeister hielt hierauf Herrn
Heinrich ein Schriftstück hin, der sofort erkannte,
dass es schon dem Formate nach nicht zur Kor-
respondenz der Sudetendeutschen Partei gehören
konnte, von der Ferne entgegen, weigerte sich
aber, es dem Heinrich zum Lesen zu geben. Aus
der Ferne konnte jedoch Heinrich feststellen, dass
es sich um die Abschrift eines Gedichtes »Lebens-
traum« handelte; Heinrich sah die Nummer
131-O. G. und die Unterschrift »Witzany«.

Heinrich erwiderte dem Gendarmen: »Es
kann nicht sein, dass Sie dieses Schriftstück bei
mir beschlagnahmt haben, da mir der Gemeinde-
angestellte Walter auf mein ausdrückliches Ver-
langen nach vorheriger Aussprache mit Ihnen
wiederholt versicherte, dass bei der Hausdurch-
suchung am 4. März 1936 nichts vorgefunden
wurde und auch nichts beschlagnahmt wurde. Es
kann daher dieses Schriftstück nicht mir gehören. «

Hierauf benahm sich der Wachtmeister in
seinen Handlungen und Aeusserungen in einer
Weise, die die Interpellanten, um der Untersu-
chung nicht zuvorzugreifen, mit dem sehr zurück-
haltenden Ausdruck »ungebührlich« bezeichnen.
Die Interpellanten ersuchen den Innenminister,
sowohl den Herrn Oberwachtmeister Pedelik als
auch die Beamten der Firma Edelstein und den
Gemeindeangestellten Karl Walter, der allerdings
bei der letzten Szene nicht anwesend war, im
Verwaltungsverfahren verantwortlich als Zeugen
vernehmen zu lassen.

Am 11. März 1936 begab sich Heinrich in
Begleitung des Wenzl Kastner in Janegg Nr. 44
in die Kanzlei der Grossgemeinde Janegg (Sitz


24

Ullersdorf. Heinrich ersuchte den sozialdemo-
kratischen Gemeindevorsteher Julius Ferner um
die Erlaubnis, betreffs der, bei ihm am 4. März
1936 durchgeführten Hausdurchsuchung an den
Gemeindeangestellten Walter in seiner Gegen-
wart und im Beisein des Herrn Wenzel Kastner
einige Fragen richten zu dürfen.

Gemeindevorsteher Ferner weigerte sich, in
Gegenwart des Herrn Kastner mit Heinrich zu
verhandeln. Durch eine Handbewegung wies er
Kastner aus dem Zimmer. Kastner begab sich in
das Nebenzimmer, liess jedoch die Tür offen und
konnte daher den ganzen folgenden Vorgang als
Zeuge beobachten.

In Gegenwart des Gemeindevorstehers fragte
Heinrich den Walter: »Wie war das Resultat der,
bei mir am 4. März 1936 in Ihrer Gegenwart
durchgeführten Hausdurchsuchung?«

Walter: »Ich sagte Ihnen bereits in Ihrer
Wohnung im Auftrage des Oberwachtmeisters,
dass nichts vorgefunden wurde. «

Heinrich: »Der Oberwachtmeister beruft sich
auf Sie als Zeuge, dass er in meiner Wohnung ein
Schriftstück beschlagnahmt habe. «

Walter: »Es ist mir nicht bekannt, dass ein
Schriftstück mitgenommen wurde. «

Heinrich: »Ihre Aussage kann nicht stimmen,
denn der Gendarm kann kein Wort deutsch, ver-
steht nicht deutsch zu lesen, konnte also auch den
Inhalt des angeblich beschlagnahmten Schrift-
stückes nicht verstehen. Ich muss daher annehmen,
dass Sie dieses Schriftstück ohne mein Wissen
meinen Akten entnahmen und es dem Gendarmen
gaben und mir beim Weggehen trotzdem ehren-
wörtlich versicherten und sich als Zeugen antru-
gen, dass nichts beschlagnahmt wurde. «

Zum Vorsteher Ferner gewendet, sagte Hein-
rich: »Ich möchte Sie bitten, Herr Vorsteher, mir
in Hinkunft einen Gemeindeangestellten, der das
Vertrauen eines Gemeindeinsassen so miss-
braucht, nicht mehr ins Haus zu schicken. «

Vorsteher Ferner: »Ich habe Herrn Walter
nicht zu Ihnen geschickt, ich war zu dieser Zeit
gar nicht da. «

Heinrich: »Laut Aussage des Herrn Walter
wurde er von Ihnen gesandt. «

Walter, der sichtlich verlegen war, meinte:
»Von dem Schriftstück habe ich nicht gewusst,
das hat mir der Oberwachtmeister erst beim

Weggehen auf der Strasse gezeigt Es ist ja auch
weiter nichts dabei, es ist ja nur ein Lied. «

Heinrich: »Der Gendarm beruft sich auf Sie
als Zeuge, dass das Schriftstück bei mir in der
Wohnung beschlagnahmt wurde. «

Walter: »Da kann ich Ihnen jetzt keine Ant-
wort geben, da muss ich erst den Herrn Ober-
wachtmeister sprechen. «

Ortsvorsteher: »Hätten Sie auf der Ausfol-
gung einer Bestätigung bestanden. «

Walter: »Dann hätten Sie eben dabei sitzen
bleiben müssen, damit Ihnen nichts wegkommt. «

Heinrich: »Sie wissen, dass ich dem Gendar-
men folgen musste. Soviel Vertrauen aber muss
ich doch einem Staatsorgan und einem Gemeinde-
funktionär schenken können, dass, wenn sie ver-
sichern, nichts mitgenommen zu haben, es auch
der Wahrheit entspricht. «

Der anwesende tschechische Gemeindesekre-
tär meinte: »Herr Heinrich, ich bin ein Tscheche,
aber wenn es so war, wie Sie sagen, muss ich
ihrer Meinung beipflichten. «

So schaut also die vielgepriesene verfassungs-
mässige Freiheit des Hausrechtes aus! So schauen
also die Organe der staatlichen Exekutive aus,
die der Herr Innenminister in die Randgebiete
entsendet! So schaut die Sprachenpraxis in
Wirklichkeit aus!

Wir stellen an den Herrn Innenminister die
Anfrage:

1. Ist der Herr Innenminister bereit, den ge-
rügten Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Innenminister bereit, den Gen-
darmen Pedelik disziplinieren zu lassen?

3. Ist der Herr Innenminister bereit, zu ver-
anlassen, dass der Gendarmen Pedelik in ein Ge-
biet versetzt wird, in dem er die Kenntnis der
deutschen Sprache nicht benötigt?

Frag, am 9. Oktober 1936.

Dr Köllner,

Birke, Wagner, May, Budig, Jäkel, Nickel,

Dr. Eichholz, Fischer, llling, Hirte, Dr. Hodina,

Rösler, Axmann, Dr. Zippellus, Stand Nitsch,

Knorre, G. Böhrn, Ing. Lischka, E. Köhler,

Dr. Kellner, Ing. Künzel, Ing. Karmasin.


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