13

Pùvodní znìní ad 521/IX.

Interpellation

des Abgeordneten Karl Gruber
an den Justizminister

wegen gesetzwidrigen Vorgehens des
Richters Dr Souhrada beim Bezirks-
gerichte in Tachau.

Am 29. April 1934 sprach Franz Dobner aus
Altfürstenhütte beim Bezirksgerichte in Tachau
in einer privaten Rechtssache vor und ersuchte
den anwesenden Richter Dr Souhrada um eine
Rechtsbelehrung.

Franz Dobner, der Ortsleiter der Sudeten-
deutschen Partei in Altfürstenhütte ist, trug bei
dieser Vorsprache auf seinem Rockaufschlage das
bekannte kleine schildförmige Abzeichen der Su-
detendeutschen Partei (SdP).

Bevor der Richter Dr Souhrada, der tsche-
chischer Volkszugehörigkeit ist, die Rechtsaus-
kunft gab, musterte er den Franz Dobner und
entdeckte an ihm das Abzeichen der Sudeten-
deutschen Partei. Kaum wurde der Richter dieses
Abzeichens ansichtig, forderte er den Franz
Dobner auf, das Abzeichen von seinem Rockauf-
schlage zu entfernen.

Franz Dobner, der sich der Gesetzwidrigkeit
dieses Ansinnens bewusst war, fürchtete, dass der
Richter ihm keine Rechtsauskunft erteilen werde,
wenn er seiner Aufforderung nicht nachkäme. In-
folgedessen entfernte er schweigend das Abzei-
chen. Bei diesem Vorfalle war die Gattin des
Franz Dobner, Frau Anna Dobner, anwesend, die
den ganzen Vorgang bezeugen kann.

Am 27. Mai 1936 kam Johann Helgert aus
Hinterpaulusbrunn zu demselben Richter und ver-
langte eine Rechtsbelehrung. Da Johann Helgert
gleichfalls Mitglied der Sudetendeutschen Partei
ist, trug auch er das oben bezeichnete kleine
Abzeichen der Sudetendeutschen Partei. Der
Richter Dr Souhrada beanständete wieder das
Tragen dieses Abzeichens und forderte auch in
diesem Falle die um eine Rechtsbelehrung ansu-
chende Partei auf, das Abzeichen vom Rockauf-
schlage zu entfernen.

Das Verhalten des Richters Dr Souhrada ist
ungesetzlich und zeugt von einer gehässigen Ein-
stellung gegen die Sudetendeutsche Partei. Auf-
gabe eines Richters ist es, unparteiisch die
Rechtspflege zu verwalten und sich bei der Aus-
übung seines Berufes jedweder Art des Politisie-
rens zu enthalten. Wenn der Richter Dr Souhrada
schon bei der Erteilung einer Rechtsauskunft die
notwendige Objektivität vermiessen lässt und auf
die bei Gericht erscheinenden Parteien einen po-
litischen Gesimmungszwantg schärfster Art ausübt,
was kann man dann von diesem Richter erwar-

ten, wenn er in einem Verfahren über das Recht
eines Mitgliedes der Sudetendeutschen Partei
entscheiden soll?

Wir stellen daher an den Herrn Justizmini-
ster die nachstehenden Anfragen:

Sind Sie bereit, den Richter des Bezirksge-
richtes in Tachau, Dr Souhrada, wegen seines
ungesetzlichen Vorgehens zur Verantwortung, zu
ziehen und zu disziplinieren?

2. Sind Sie bereit, dafür Garantien zu schaf-
fen, dass sich Richter tschechischer Volkszuge-
hörigkeit gegen Mitglieder der Sudetendeutschen
Partei keiner ähnlichen Übergriffe mehr schuldig
machen?

Prag, am 6. Juni 1936.

Gruber,

G. Böhm, Illing, Dr Hodina, Birke, Dr Eichholz,
Frank, Dr Köllner, Jäkel, Ing. Karmasin, Axmann,
Hollube, Dr Jilly, Dr Rosche, Jobst, Fischer,
Knorre, Kundt, E. Köhler, Klieber, Ing. Lischka,
lag. Künzel, Knöchet, Dr Kellner.

Pùvodní znìní ad 521/X.

Interpellation:

der Abgeordneten Ernst Kundt und
Dr Hans Neuwirth

an den Vorsitzenden der Regierung und

an den Minister für nationale

Verteidigung,

wegen missbräuchlicher Anwendung der
Terminologie des Sfaatsverteidigungsge-
setzes zu Zwecken parteipolitischer Agi-
tation.

Anlässlich der Beratungen über das Staats-
verteidigungsgesetz haben sowohl der Herr Vor-
sitzende der Regierung, Dr Milan Hodža, als auch
der Herr Minister für nationale Verteidigung, F.
Machník, beruhigende Erklärungen darüber abge-
geben, dass das Staatsverteidigungsgesetz nie-
mals parteiisch missbraucht werden dürfe.

Seither sind wenige Wochen vergangen und
es wird bereits mit der Terminologie des Saats-
verteidigungsgesetzes zum Schaden der Idee der
Staatsverteidigung wüste und skrupellose partei-
politische Agitation getrieben. Vor allem der Be-
griff der staatlichen Zuverlässigkeit scheint vor
allem eine Fundgrube für die Abfassung gehässi-
ger journalistischer Angriffe eher Staatsbürger-
gruppe gegen eine andere Staatsbürgergruppe ge-
worden zu sein.

Pharfsäerisch lobt sich da eine Gruppe ge-
genüber der anderen, dass Ihre Parteiangehörigen


14

die staatliche Zuverlässigkeit gepachtet hatten
und daher selbstverständlich die Besitzer ihrer
Parteibücher m die staatswichtigen Betriebe auf-
zunehmen seien, während diejenigen, die das Par-
teibuch der am lautesten schreienden Partei-
gruppe nicht besitzen, aus den staatswichtigen
Betrieben, wenn es nach dieser Agitation ginge,
herauszufliegen hätten.

Man muss nur eine gewisse Presse lesen, um
festzustellen, wie mit dem Begriffe der staatli-
chen Zuverlässigkeit Missbrauch getrieben wird,
um eine Gruppe von Staatsbürgern gegen die an-
dere auszuspielen. Wir zietieren:

Einen Tag vor den Betriebsausschusswahlen
in den Kolben-Danìk-Fabriken gab das tche-
chisch-nationalsozialistische »A-Zet« zum Beispiel
folgenden Aufruf heraus:

»Die heutigen Wahlen in den Betriebsaus-
schuss haben auch deshalb eine besondere Be-
deutung, weil sie einige Tage nach der Durchbe-
ratung des Gesetzes zur Staatsverteidigung statt-
finden. Es ist kein Geheimnis, dass auch der Kol-
ben-Danìk-Konzern unter jene Unternehmungen
gehört, die Material für die Staatsverteidigung
herstellen.....Darum muss die Parole für je-
den anständigen tschechischen Arbeiter lauten:
»Meine Stimme gebe ich nur staatlich zuverlässi-
gen Kandidaten. Alle Stimmen staatlich zuver-
lässiger Arbeiter gehören der Kandidatenliste Nr.
1.....«

Wählt also der Arbeiter nicht die von den
tschechischen Sozialdemokraten und Nationalso-
zialisten gekoppelte Liste Nr. 1, stellt er sich nach
dieser terroristischen Wahlagitation der zwei ge-
nannten tschechischen Regierungsparteien zwangs-
läufig selbst als »staatlich unzuverlässig« hin.

Es ist selbstverständlich, dass sich das tsche-
chische linkssozialistische Lager nicht damit be-
gnügte, diesen Wahlterror auf tschechische Unter-
nehmen zu beschränken. Bereits das »Severoäes-
ke Slovo« vom 18. Mai 1936 versuchte durch die
Androhung des »Unzuverlässigkeitsparagraphen«
die für den 29. Mai 1936 angesetzten Betriebs-
ansschusswahlen in der Aussiger Chemischen zu
beeinflussen.

»Die Wahlen werden gleichzeitig ein Masstab
für die Gesinnung der Angestellten dieses grosseu
Betriebes sein, dessen Wichtigkeit für die Vertei-
digung unseres Landes unbestreitbar ist. Gleich-
zeitig wird sich zeigen, wie viele tschechische
Angestellte und Wähler der Betrieb bereits be-
sitzt .......«

Aber nicht nur das sich als alleiniger Päch-
ter des demokratischen Gedankens bezeichnende
links-sozialistische Regierungslager, sondern auch
der tschechisch-bürgerliche Nationalismus gibt
einen Vorgeschmack davon, wie man die einzel-
nen Paragraphen des Staatsverteidigungsgeset-
zes zu interpretieren beabsichtigt. So schreibt
das »Nedìlní List« vom 17. Mai:

»Nein, die gesetzliche Festlegung des Begrif-
fes »staatlich unzuverlässig« genügt nicht.....

Der Staat besitzt viele hundert Möglichkeiten,
die Unternehmer dazu zu nötigen, tschechische
und slowakische Arbeiter einzustellen.....Mit

der Existenz des Staates darf nicht gespielt wer-
den .......«

Dieser gefahrliche Missbrauch gesetzlicher
Formulierungen weist eindeutig darauf hin, wie
man in wesentlichen Teilen des tschechischen Re-
gierungslagers das Gesetz gehandhabt sehen
möchte, wobei man offensichtlich auf eine völli-
ge Politisierung unserer öffentlichen Verwaltung
hofft. Es zeigt sich, dass weite tschechische Krei-
se das Staatsverteidigungsgesetz als Vorwand zur
Verdächtigung des Sudetendeutschtums ansehen
und es als Handhabe für die Zuruckdrängung des
deutschen Elementes in unserem Staate missbrau-
chen möchten.

Wenn das so weiter geht und die Regierung
solche parteipolitische Hetzen auf der Basis des
Staatsverteidigungsgesetzes duldet, muss dies
zum Schaden der Staatsverteidigungsidee, die al-
len Staatsbürgern, ohne Rucksicht auf die partei-
politische Zugehörigkeit, auf die nationale und
ethnische Zugehörigkeit, Sprache und Rasse, ge-
meinsam sein soll, sich auswirken.

Die Ziele jeder staatsmännischen Politik ge-
genüber der Idee der Staatsverteidigung müssen
es vor allem sein, diese Idee vor parteipolitischer
Agitation zu schützen.

Der einzelne Staatsburger darf nicht den Ein-
druck haben, dass die Regierung einzelne partei-
politische Gruppen für staatlich zuverlässig und
andere für staatlich unzuverlässig hält. Dieser
Eindruck muss aber erweckt werden, wenn die
Regierung dem Treiben einer gewissen Presse
luhig zusieht und nicht einmal ein Wort der Kri-
tik findet.

Im Vertrauen auf die Zusagen des Herrn Vor-
sitzenden der Regierung, Dr Milan Hodža, und
des Herrn Ministers für nationale Verteidigung,
F. Machník, anlässlich der Vorbereitungen des
Staatsverteidigungsgesetzes, richten wir an den
Herrn Vorsitzenden der Regierung und den Herrn
Minister für nationale Verteidigung nachstehende
Anfragen:

1. Ist die Regierung, insbesondere der Herr
Ministerpräsident und der Herr Minister für na-
tionale Verteidigung bereit, zu erklären, dass er
die parteipolitische Agitation mit der Termino-
logie des Staatsverteidigungsgesetzes, insbeson-
dere mit dem Begriffe der staatlichen Zuverläs-
sigkeit schärfstens missbilligt?

2. Welche Schritte gedenkt die Regierung ge-
gen den Missbrauch der Terminologie des Staats-
verteidigungsgesetzes zu parteipolitischer Agita-
tion, die die einzelnen Staatsbürger und deren
Gruppen zum Schaden der Idee der Staatsvertei-
digung gegen einander aufhetzt und aufreizt, zu
unternehmen?

Prag, am 6. Juni 1936.

Kundt, Dr Neuwirth,

Fischer, Dr Kellner, Wollner, Gruber, Jäkel, Ing.
Lischka, Illing, Dr Rosche, Stangl, Sandner, Frank,
Wagner, Obrlik, Jobst, Ing. Schreiber, Ing. Kün-
zel, Dr Zippelius, May, Dr Peters, Ing. Richter.


15

Pùvodní znení ad 521/XI.

Interpellation

der Abgeordneten Ernst Kundt und
Rudolf Sandner

an die Regierung,

wegen schwerer Schädigung von Jugend-
fürsorgeverbänden durch die Regierung.

Als die Not in unserem Staate immer grösser
wurde und darunter vor allem die heranwach-
sende Jugend schwer zu leiden hatte, entstand
das Hilfswerk »Die Demokratie der Jugend« als
eine überparteiliche und alle Völker unseres
Staatsgebietes umfassende Aktion. Man wollte
mit ihrer Hilfe beweisen, dass die Demokratie
aus sich selbst heraus auf Grundlage der Frei-
willigkeit die Bevölkerung und vor allem die Ju-
gend vor Hunger und Kälte zu schützen weiss.

Deutscherseits stellten sich sofort zahlreiche
Persönlichkeiten und alle grossen Verbände hin-
ter das Hilfswerk (Reichsverband für deutsche
Jugendfürsorge, Deutscher Reichscaritasverband,
Deutscher Kulturverband, Deutscher Turnver-
band, der Bund der Deutschen, der Deutsche
Lehrerbund und andere). Das Ergebnis war von
dem Gelingen der Absicht abhängig, neue Geld-
quellen zu erschliessen. In Verfolg dieser Absicht
wurde die Getreidemonopolgesellschaft im Jahre
1934 veranlasst, beim Einkauf vom Getreide einen
freiwilligen Beitrag von fünf Hellern per Zentner
Getreide von den Landwirten und Handelsfirmen
einzuheben und gesondert für Zwecke der Ju-
gendfürsorge zu verrechnen. Es musste angenom-
men werden, dass die diese Aktion beantragende
»Demokratie der Jugend« und damit auch alle ge-
samtstaatlichen Jugendfürsorgeverbände zur Ver-
teilung und Verwendung der Mittel herangezogen
würden. Die Regierung beschloss jedoch, dass
über die Verteilung der einfliessenden Beträge
an die Jugendfürsorge treibenden Verbände ein
Ministerrat entscheiden solle. Dieser Beschluss
der Regierung wurde auch in den Tagesblättern
veröffentlicht. Die Oeffentlichkeit musste also mit
Recht annehmen, dass die Regierung die Absicht
habe, die Verteilung gerecht und objektiv und vor
allem durch Heranziehung und Vermittlung der
anerkannten grossen gesamtstaatlichen Verbände
für Jugendfürsorge durchzuführen.

Die in Frage kommenden Verbände, die aus-
nahmslos gewaltige Aufgaben zu bewältigen ha-
ben, für welche ihnen bei weitem nicht genügend
Mittel zur Verfügung stehen, bewarben sich
selbstverständlich sofort nach Bekanntwerden
des Beschlusses um Beteiligung aus diesem Be-
trage. Neben dem deutschen und dem tschechi-
schen Reichsverband für Jugendfürsorge, welche
beide wohl in erster Reihe für die Durchführung
von Hilfsaktionen für die Jugend in Frage kom-

men und welche die Regierung auch immer zu
finden weiss, wenn es gilt, eine Arbeit im Dienste
der Jugendfürsorge unentgeltlich zu leisten, be-
warb sich auch der Deutsche Reichscaritasver-
band, wie die beiden erstgenannten rechtzeitig
und begründet, um eine Subvention aus diesem
Titel.

Insgesamt sind nach inoffiziellen Angaben
zwischen 600 bis 700. 000 Kè aus der Umlage ein-
gegangen. Auf diesen Betrag kommt man auch,
wenn man den Umsatz der Getreidemonopolge-
sellschaft überprüft. Die Oeffentlichkeit musste
annehmen, dass die Regierungsmitglieder nunmehr
auf Grund der eingegangenen Ansuchen, der Be-
richte der befragten Referenten und auf Grund
der allgemeinen Kenntnis der einzelnen grossen
Jugendfürsorgeverbände die Aufteilung der Ge-
samtsumme zwischen der Aktion »Demokratie der
Jugend« und anderen deutschen, tschechischen,
polnischen und magyarischen Jugendfürsorgever-
bänden beschliessen wird und den Aufteilungs-
schlüssel der Oeffentlichkeit bekannt gibt.

Nach den an die Oeffentlichkeit gedrungenen
Nachrichten beschäftigte sich der Ministerrat
Ende 1935 mit der Aufteilung. Durch den Funk-
tionär eines der beteilten Verbände, der sich
durch den angemeldeten Schlüssel benachteiligt
fühlte, erhielten die Unterfertigten Kenntnis über
die verteilten Beträge.

Es erhielten:

 

die tschechischen Sozialdemokraten.

50. 000 Kè,

die tschechischen Nationalsozialisten.

50. 000 Kè,

die tschechische Volkspartei...

50. 000 Kè,

die deutsche sozialdemokrat. Partei.

45. 000 Kè,

Her Rund der Landwirte.

25. 000 Kè,

die Aktion Venkov dìtem...

200. 000 Kè,

der Verein » Èeské srdce« .....

50. 000 Kè,

das èsl. Rote Kreuz .......

50. 000 Kè,

der tschechische Arbeiterverein »Hu-

 

manita .......

30. 000 Kè,

die Aktion »Demokratie der Jugend«.

50. 000 Kè,

 

600. 000 Kè.

Diese Aufteilung ist eine ungeheuere Benach-
teilung eines sehr grossen Teiles der Bevölkerung
dieses Staates. Es wurde mit ihr das Gegenteil
von dem erreicht, was die soziale Aktion »Demo-
kratie der Jugend« erreichen wollte. Es liegt hier
eine volle Verkennung der demokratischen Prin-
zipien durch die höchste Regierungsstelle vor. Es
geht nicht an, dass die Regierung einen eindeutig
für einen bestimmten Zweck gewidmeten Betrag
nicht den mit diesen Aufgaben zum Teil auch im
Auftrage des Staates beschäftigten Verbänden
zuweist, sondern politischen Parteien, welche
diese Beträge nicht der Allgemeinheit zufahren,
sondern nur dem engen Breich, in dem die Partei-
legitimation entscheidet. Seit wann ist die Ju-
gendfürsorge Aufgabe politischer Parteien? Wa-
rum wurden die beiden Reichsverbände für Ju-
gendfürsorge und der Deutsche Reichscaritasver-
band übergangen? Warum erhielt, wenn man
schon diese Verbände überging, die Aktion »De-


16

mokratie der Jugend nur 8% der verteilten
Summe? Warum erhielt der Bund der Landwirte,
der nicht einmal andeutungsweise eine Jugend-
fürsorgeorganisation besitzt und sicher relativ
noch am wenigstens notleidende Kinder in seinen
Reihen hat, 25. 000 Kè? Warum wurde demgegen-
über die deutsche Christlichsoziale Partei, wenn
man schon den Deutschen Reichscaritasverband
übergangen hatte, nicht beteilt? Warum gibt die
Regierung politischen Parteien Beträge für die
Jugendfürsorge, wo sie genau weiss, dass sie von
keiner politischen Partei eine Verrechnung dieser
Beträge verlangen kann?

Alle oben angefahrten Fragen und viele an-
dere, welche man mit Hinblick auf das zu
wahrende Ansehen der Regierung überhaupt nicht
zu stellen wagt, beschäftigen vor allem die su-
detendeutsche Oeffentlichkeit, die von dieser ein-
seitigen Verteilung Kenntnis erhielt und sich mit
volten Recht in allererster Linie geschädigt
fühlt. Denn weder die Beträge, die die deutschen
Sozialdemokraten, noch jene, welche der Bund
der Landwirte erhielt, kommen im wesentlichen
Masse deutschen notleidenden Kindern zu gute.
Beide Parteien erfassen nur einen kleinen Teil
der-sudetendoutschen Bevölkerung und zumindest
der Bund der Landwirte weiss gar nicht, welche
notleidenden Kinder er beteilen und durch welche
Organisation er sie erfassen soll.

Angesichts des schreienden Unrechtes das
hier begangen wurde und mit Hinblick darauf,
dass die inzwischen neu eingehobenen Beträge
der Getreidemonopolgesellschaft unmittelbar vor
der Verteilung stehen (nach Berechnungen müs-
sen. bereits im März über 800. 000 Kè neuerdings
zur 'Verfügung gestanden sein), stellen die unter-
zeidhneten Abgeordneten an die Regierung fol-
gende Pragen:

1. Entspricht der angeführte Tatbestand den
Tatsachen?

2. Was gedenkt die Regierung zu unterneh-
men, um das erschütterte Vertrauen in die Objek-
tivität der Entscheidungen des Ministerrates wie-
der herzustellen?

3. Ist die Regierung bereit, eine Erklärung
abzugeben, welche die deutsche Bevölkerung be-
ruhigt und über die Gründe des ihr unverständli-
chen Vorgehens der Regierung aufklärt?

4. Ist die Regierung bereit, von den politischen
Parteien die zu Unrecht empfangenen Beträge
wieder zurückzuverlangen?

5. Ist die Regierung bereit, in Zukunft aus
dem in Frage stehenden Fond keinerlei Beträge
an politische Parteien auszugeben?

6. Ist die Regierung bereit, zu veranlassen,
dass die demnächst zur Verteilung gelangende
Summe den Bevölkerungsschichten zugute kommt,
welche die grösste Not leiden und die durch die
bisher beteilten Parteien und Verbände überhaupt
nicht erfasst werden können das heisst, ist sie
bereit, den Reichsverband für deutsche Jugend-
fürsorge sofort mit einem entsprechend grossen
Betrag zu beteilen?

Prag, am 4. Juni 1936.

Kundt, Sandner,

Ing. Richter, Budig, Birke, Knarre, May, G. Böhm,
Dr Rosche, Dr Köllner, Gruber, Fischer, Axmann,
Illing, Jobst, F. Nitsch, Dr Eichholz, Dr Kellner,
Hollube,: Dr. Neuwirth, Frank, Ing. Künzel, Dr Jilly.
Jäkel, Rösler, Dr Hodina, Knöchel, Ing. Karmasin,
E. Konter, Ing. Lischka, Obrlik, Dr Peters, Hirte,
Nickerl, Ing. Peschka, Stangl, Wollner, Wagner,
Sogl, Dr. Zippelius, Ing. Schreiber, Dr Szüllö,
Jaross, Esterhäzy, Petrášek, Dr Porubszky, A.
Nitsch, Szentiványl, Dr Korláth, Dr Holota, Franz
Nìmec,. Klieber.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP