Hohes Haus! Der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem das Gesetz
Nr. 99/1932 über die Entschädigung der Beruffskrankheiten
novelliert wird, kommt den Forderungen der Joachimsthaler Bergarbeiter
zwar teilweise entgegen, erfüllt sie aber keineswegs vollständig
oder befriedigend. Jahrelang schon führen diese Bergarbeiter
einen harten zähen Kampf um eine höhere Sicherheit ihres
Lebens und die Verbesserung ihrer Versorgungsgenüsse. Wir
haben das tragische Los der Radiumbergarbeiter wiederholt von
dieser Stelle aufgezeigt und nicht nur das, sondern auch, soweit
unsere Kräfte ausreichten, versucht, ihnen Hilfe zu bringen.
Es sei nur auf den Gesetzentwurf Pohl - Brožík
verwiesen, der schon im Jahre 1930 im Hause eingebracht wurde.
Der Herr Abg. Böhm hat gestern auf den Antrag der
SdP verwiesen, den sie im Jahre 1936 eingebracht haben. Er hat
vergessen hinzuzufügen, daß derselbe im wesentlichen
von dem Antrag Pohl - Brožík aus dem Jahre
1933 abgeschrieben wurde. Man hat nicht einmal Wert darauf gelegt,
diese Abschreibearbeit etwas zu kaschieren. Böhm hat
ferner, da er zur Vorlage absolut nichts Sachliches zu sagen wußte,
es für gut befunden, der Koll. Kirpal den Vorwurf
zu machen, daß sie die Berichterstattung zu dieser Vorlage
übernommen und den Bericht èechisch erstattet hat.
(Posl. G. Böhm: Bleiben Sie doch bei der Wahrheit.)
Wir haben die Berichterstattung übernommen, weil es sich
in Joachimsthal ausschließlich um deutsche Arbeiter handelte
und glauben, diesen beklagenswerten Opfern ihres Berufes damit
einen Dienst erwiesen zu haben. (Posl. G. Böhm:
Wir haben nur gegen das èechische Referat protestiert!
- Místopøedseda dr Markoviè zvoní.)
Daß Koll. Kirpal èechisch berichtet hat,
liegt in den Bestimmungen der Geschäftsordnung (Výkøiky
posl. G. Böhma. - Místopøedseda
dr Markoviè zvoní.), was Koll. Böhm
auch weiß, da er selbst den einzigen sehr dürftigen
Resolutionsantrag, den er im sozialpolitischen Ausschuß
stellte, èechisch eingebracht hat, obwohl dies keineswegs
notwendig gewesen wäre. (Rùzné Výkøiky.)
Místopøedseda dr Markoviè (zvoní):
Prosím o k¾ud.
Posl. Katz (pokraèuje): Es ist auch hier
das Sprichwort in Erfüllung gegangen: "Wenn zwei dasselbe
tun, ist es nicht dasselbe." Der Abg. Böhm beklagt
sich, daß der Antrag vom Jahre 1936, der wie schon erwähnt,
von unserem Antrag abgeschrieben wurde, in der Regierungsschublade
- gestern haben Sie es gesagt - liegen blieb. Warum haben Sie
denn nicht veranlaßt, daß dieser Antrag aus der Regierungsschublade
herausgeholt werde? (Výkøiky posl. G. Böhma.)
Místopøedseda dr Markoviè (zvoní):
Neráète reèníka vyrušova!
Posl. Katz (pokraèuje): Bei Behandlung der
Vorlage im sozialpolitischen Ausschuß hat Herr Abg. G. Böhm
nicht einen einzigen Abänderungsantrag gestellt, trotzdem
er dazu Gelegenheit gehabt hätte. Wenn er gestern hier Forderungen
erhoben hat, so hätte er dieselben im sozialpolitischen Ausschuß
stellen können, er hätte dazu Zeit gehabt. Was er gestern
hier sagte, war nichts anderes als eine reine Augenauswischerei.
Wenn G. Böhm erklärt, daß durch die Übernahme
der Berichterstattung (Výkøiky posl. G. Böhma.
- Místopøedseda dr Markoviè zvoní.)
der Anschein erweckt werden sollte, daß wir uns damit
eine Legitimation verschaffen wollen, etwas für die Radi
umbergarbeiter zu tun, so sage ich, daß wir diese Legitimation
hundertmal mehr besitzen als die SdP. Wir waren für die Joachimsthaler
Bergarbeiter schon in einer Zeit tätig, als der Abg. Böhm
politisch noch nicht auf der Welt war.
Die Union der Bergarbeiter als die Berufsgewerkschaft hat einen
zehnjährigen ununterbrochenen Kampf um die Verbesserung der
Verhältnisse in den Joachimsthaler Radiumgruben geführt.
So fand zum erstenmal am 29. September 1928 eine Enquete in Joachimsthal
statt, der eine Denkschrift über die Gesundheitsverhältnisse
der Radiumbergarbeiter vorlag, ferner am 12. Feber 1930 eine Entschließung
der Joachimsthaler Bergarbeiterschaft, eine Eingabe der Union
an das Ministerium für öffentliche Arbeiten betreffend
die Verhältnisse in den Joachimsthaler Erzbergbau vom 24.
Jänner 1930, eine Denkschrift der Betriebsräte und Revierräte
vom November 1931, ein offener Brief an den seinerzeitigen Vorsitzenden
des sozialpolitischen Ausschusses vom 17. April 1932, eine Resolution
der Betriebsräte von Joachimsthal vom 19. August 1932, die
Eingaben an den Herrn Präsidenten Masaryk vom 23.
November 1932 und 8. Mai 1933, die Eingabe an den Herrn Ministerpräsidenten
vom 8. Mai und vom 7. Juli 1933, eine Eingabe an das Fürsorgeministerium
vom 5. Oktober 1936, die Eingaben der Revierbruderlade in Falkenau
an das Fürsorgeministerium und an die Arbeiterunfallversicherungsanstalt,
eine Antwort auf die Erwiderung derselben vom 15. April 1937 und
eine Antwort der Bruderlade an das Fürsorgeministerium vom
10. Jänner 1938. Dazu kamen widerholte persönliche Vorsprachen
und Interventionen bei den verschiedenen Ministerien und bei der
Arbeiterunfallversicherungsanstalt (Výkøiky posl.
G. Böhma) Ich führe das alles nur deshalb
an, um aufzuzeigen, daß von unserer Seite alles getan wurde,
um eine Änderung der traurigen Verhältnisse herbeizuführen,
unter denen die Radiumbergarbeiter le iden. (Posl. G. Böhm:
Warum glauben Sie, daß die Arbeiter gestreikt haben?) Ich
werde schon darüber noch sprechen!
Durch all diese Maßnahmen haben wir den Boden zur Novellierung
des Gesetzes 99/1932 vorbereitet.
Der vorliegende Gesetzentwurf und die ihm vorausgegangene Regierungsverordnung
Nr. 36 vom 25. Feber 1938 bringen wenigstens eine teilweise Beseitigung
des Unrechtes, das die Joachimsthaler Bergarbeiter zu tragen haben.
Zunächst wird in der genannten Regierungsverordnung endlich
neben der Erkrankung an Lungenkrebs auch die Staubeinatmungskrankheit
und Erkrankung der Lunge als entschädigungspflichtig anerkannt,
wenn die Arbeitsunfähigkeit mehr als 10% beträgt. Das
ist schon ein wesentlicher Fortschritt, der es den Radiumbergarbeitern
ermöglicht, früher in den Genuß der Berufsunfallsrente
zu kommen als bisher. Bis jetzt hat sich das Gesetz über
die Berufskrankheiten von Joachimsthal deshab nicht entsprechend
ausgewirkt, weil neben der reaktionären Spruchpraxis der
Unfallsversicherungsanstalt, über die ich noch einiges sagen
werde, nur Lungenkrebs als entschädigungspflichtig anerkannt
wurde. Lungenkrebs kann aber nach dem Gutachten der Ärzte
nur nach dem Tode durch Sezierung einwandfrei festgestellt werden.
Die Lungenverstaubung wurde von der Unfallversicherungsanstalt
aber erst bei einer 40%igen Arbeitsunfähigkeit entschädigt.
Wie furchtbar sich die Berufskrankheit bei den Radiumbergarbeitern
auswirkt, beweist wohl die Tatsache, daß vom Jahre 1929
bis Ende Feber 1938 bei einem Belegschaftsstand von 270 Arbeitern
in Joachimnsthal 81 Todesfälle zu verzeichnen sind, im Feber
dieses Jahres allein 4 Todesfälle (Posl. G. Böhm:
Sie geben das ja selbst zu!) Wir haben noch nie abgestritten,
wie die Verhältnisse sind. Von den 54 verstorbenen Rentnern
starben 39 an Lungenkrebs und Lungenverstaubung. Dabei sind die
Krankheitsfälle bei den Radiumbergarbeitern außerordentlich
hoch, was aus den Leistungen der Kranke asse der Revierbruderlade
in Falkenau hervorgeht. (Posl. G. Böhm: Wäre
es da nicht besser gewesen . . .)
Místopøedseda dr Markoviè (zvoní):
Neráète prerušova reèníka.
Posl. Katz (pokraèuje): So hat die Anstalt
von 1929 bis 1936 391.931 Kè 25 Heller mehr für die
Joachimsthaler Gruben ausgegeben, als sie an Beiträgen von
dort erhalten hat.
Es wurden im Jahre 1936 für ein Mitglied in Joachimsthal
631ÿ81 Kè eingenommen und pro Mitglied 869.09 Kè
ausgegeben. Der verhältnismäßige Anteil der Mitglieder
von St. Joachimsthal an der Gesamtmitgliederzahl beträgt
5ÿ93%. Der verhältnismäßige Mitgliedsbeitrag
von den Gesamtmitgliederbeiträgen bloß 5.47 %, da an
den Gesamtbeträgen eingenommen wurden 3,131.000ÿ10 Kè,
hievon 171.219 Kè von St. Joachimsthal. An Krankengeld
wurde 1936 im Braunkohlenbergbau pro Mitglied im Durchschnitt
287ÿ70 Kè, für Joachimsthal 596ÿ13 Kè
ausgezahlt oder 11.56%. Krankheitsfälle wurden in Joachimsthal
534 mit 8.820 Krankheitstagen, im Braunkohlenbergbau 4.307 Fälle
mit 75.873 Krankentagen verzeichnet. Der Anteil für Joachimsthal
beträgt daher 11.64%. Die Belastung der Bruderladenkrankenversicherung
ist auf die Dauer unter diesen Verhältnissen untragbar, weshalb
die Bergarbeiter verlangen, daß die Krankhl eit nach dem
45. Tag von der Unfallversicherungsanstalt entschädigt wird.
Jetzt erfolgt diese Entschädigung erst von der 26. Krankheitswoche.
(Výkøiky posl. G. Böhma.) Schauen
Sie, Herr Kollege, wenn Sie hier Zwischenrufe machen, so beweist
das nur, daß Sie von dem Gesetz überhaupt keine Ahnung
haben. Das haben auch Ihre gestrigen Ausführungen bewiesen.
Nicht einen einzigen sachlichen Grund haben Sie zu diesem Gesetz
gesagt. (Hluk. - Místopøedseda dr Markoviè
zvoní.)
Diese Ziffern, die ich angeführt habe, zeigen wohl mehr als
Worte anszudrücken vermögen, unter welch ungeheueren
Gefahren an ihrer Gesundheit die Bergarbeiter leben müssen.
Das größte Mißtrauen haben die Radiumbergarbeiter
mit Recht gegen die Arbeiterunfallversicherungsanstalt, die bisher
durch ihre reaktionäre Spruchpraxis und den Mangel an sozialem
Empfinden die Vorteile des Gesetzes über die Berufskrankheiten
fast vollständig unmöglich machte Gewiß, die Radiumbergarbeiter
sind für die Anstalten genau so schlechte Risken wie für
die Bruderlade. Und vom fiskalischen Standpunkt aus gesehen sind
sie eine Belastung, aber hier dürfen nicht fiskalische, sondern
rein menschliche Gründe sprechen. Diese Gründe vermissen
wir bei der Unfallversicherungsanstalt zum allergrößten
Teile. So hat dieselbe vor Inkrafttreten des Gesetzes über
die Berufskrankheiten von den 48 gemeldeten Joachimsthaler Fällen
nur 16 freiwillig entschädigt. Nach dem Inkrafttreten des
Gesetzes, also von 1932 bis 1937, erkrankten 128 Radiumbergarbeiter
an Berufskrankheit, das sind 47% aller Beschäftigten in den
Joachimsthaler Gruben, es wurden aber nur 21 Fälle, davon
14 tödliche, entschädigt, alle anderen Fälle wurden
abgewiesen. Es wurden demnach nur 17% der gemeldeten Fälle
anerkannt und davon wieder zwei Drittel mit tödlichem Ausgang.
Mit Recht sagen die Radi umbergarbeiter, daß sie bei Lebzeiten
nur in den seltensten Fällen Aussicht haben, die Berufskrankheitsrente
zu bekommen. Ich könnte eine ganze Reihe von Fällen
anführen, aus denen hervorgeht, daß die Ents cheidungen
der Unfallversicherungsanstalt schwere Mängel aufweisen.
Ich will mich nur auf einen besonders krassen Fall beschränknken:
Der Bergarbeiter Franz Grimm, 48 Jahre alt, war um die Jahreswende
1934/35 auf Grund eines gestellten Antrages um Zuerkennung einer
Rente nach dem Gesetze 99/32 von der Unfallversicherungsanstalt
nach Prag beordert worden. Der Antrag wurde abgelehnt. Im März
1935 ist Grimm gestorben. Der Sezierungsbefund lautete: vorgeschrittene
Staubverhärtung beider Lungen und allgemeine Schwindsucht.
(Posl. G. Böhm: Ist Ihnen das erst jetzt eingefallen?
Warum sind Sie nicht dafür eingetreten?) Schauen Sie,
wir haben auch damals unsere Pflicht getan. Nach derartigen Vorfällen
werden Sie begreifen, daß die Bergarbeiter kein Vertrauen
zur Unfallversicherungsanstalt haben können und daß
sie über diese Zustände maßlos erregt sind. Sie
verlangen daher bei Entscheidungen über die Zuerkennung der
Rente eine Untersuchung durch drei Ärzte, u. zw den Unfallversicherungsanstaltsarzt,
den Bruderladenchefarzt und den Leiter der staatlichen Beratungsstelle
in Joachimsthal. Die Unfallversicherungsanstalt verweist auf die
große finanzielle Belastung, die sie durch die Joachimsthaler
Erkrankungen zu tragen hat. Sie gibt an, daß sie dafür
in der Zeit vom 1. Juli 1932 bis 31. Dezember 1936 212.994ÿ85
Kè an Entschädigung auszahlte, was bei einem Kapitalwert
dieser Renten einen Betrag von 759.660.46 Kè, demnach zusammen
972.655ÿ45 Kè ergibt. Die Entschädigungen für
die übrigen Betriebsunfälle betragen in Joachimsthal
41.514ÿ15 Kè, so daß die Gesamtbelastung 1,014.169.46
Kè beträgt. Dieser Betrag ist nur durch eine Einnahme
aus den Versicherungsbeiträgen von 259.598ÿ10 Kè
gedeckt, so daß ein Defizit besteht im Betrage von 754.571.36
Kè.
Wir wollen an der Richtigkeit dieser Ziffern nicht zweifeln, sagen
aber, daß dies kein Grund sein darf, die Radiumbergarbeiter
um ihre Versorgungsgenüsse zu bringen. Die staatliche Grubenverwaltung
muß eben zur Zahlung mit herangezogen werden. Der Staat
ist gezwungen, für viele andere Zwecke Millionen- und Milliardenbeträge
aufzubringen, er wird diesen verhältnismäßig kleinen
Beitrag leisten können schon mit Rücksicht darauf, daß
er das Radium und die Uranfarben dringend benötigt.
Würde sich die Praxis seitens der Unfallversicherungsanstalt
bei der Zuerkennung der Renten nicht ändern, würde auch
die jetzige Novellierung des Gesetzes keine wesentliche Änderung
in den bestehenden Verhältnissen bringen und die Vorteile
des Gesetzes illusorisch machen. Wir verlangen daher mit aller
Entschiedenheit von der Unfallversicherungsanstalt eine gerechte
und loyale Vorgangsweise.
Die Regierungsverordnung sieht die Anerkennung der Entschädigungspflicht
bei einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als 10 % vor. Bei den
Radiumbergarbeitern müßte die volle Unfallsrente gewährt
werden. Nur dadurch würden die Versorgungsgenüsse für
sie einigermaßen erträglich gestaltet werden. Bis jetzt
sind dieselben ein Bettel, von welchem weder der pensionierte
Bergarbeiter noch seine Hinterbliebenen leben können. Die
Rente beträgt in den wenigsten Fällen etwas mehr als
200 Kè monatlich. Der Jahresdurchschnittsverdienst eines
Radiumbergarbeiters betrug im Jahre 1929 8176 Kè und beträgt
jetzt, nachdem nur 4 Schichten gearbeitet werden, 7907 Kè
oder 152 Kè wöchentlich. Bei Zuerkennung einer 10
% Unfallsrente würde ein Radi umbergarbeiter 790 Kè
jährlich erhalten, dazu die Bruderladenrente von 2165 Kè,
zusammen 2955 Kè oder 246 Kè monatlich. Die Witwe
würde sogar nur 123 Kè bekommen. Davon kann natürlich
niemand leben. Bei Gewährung der vollen Rente, das sind 662/3
%, würden die Versorgungsgenüsse eines Radiumbergarbeiters
614 Kè monatlich betragen. Das wäre wenigstens annähernd
eine angemessene Entschädigung für die so überaus
gefahrvolle Arbeit. Was wir weiter verlangen, ist, daß die
Zusagen, die bei den Verhandlungen am 25. Feber durch das Ministerium
laut den abgeschlossenen Protokollen zugesichert wurde, auch tatsächlich
realisiert wird. Zugesichert wurde die Kürzung der Mitgliedsdauer
für die Erreichung der vollen Invaliditätsrente, sowie
Erhöhung der Bruderladenprovision. Das bedingt aber eine
Novellierung des Bruderladengesetzes, die sofort in Angriff zu
nehmen wäre.
Zunächst müßten die §§ 11 und 12 dieses
Gesetzes in der Weise geändert werden, daß die Erreichung
der Invaliditätsrente bei Radiumbergarbeitern mit 15 Mitgliedsjahren
beginnt und daß die Steigerungsbeiträge in doppelter
Höhe zu gewähren sind. Nachdem das Bruderladengesetz
auch eine Zusatzversicherung zuläßt, wäre im §
26a) eine Zwangsbestimmung aufzunehmen, nach welcher die staatliche
Grubenverwaltung verpflichtet würde, die Zusatzversicherung
auf Kosten des Unternehmers zu tragen. Weiters würde der
§ 15 des Bruderladengesetzes bezüglich der Kollissionsgefahr
geändert werden müssen. Durch diese Änderungen
würde es ermöglicht werden, daß auch die Bruderladenrente
von 2165 Kè auf 3530 Kè jährlich für Radiumbergarbeiter
erhöht werden könnte. Da diese Zusagen bei den Verhandlungen
gemacht wurden, werden wir ihre Einlösung betreiben und wir
nehmen an, daß von den einzelnen Bürokraten keine Schwierigkeiten
gemacht werden. (Výkøiky.) Wenn der vorliegende
Gesetzentwurf in der von mir angeführten Weise gehandhabt
wird, wird er für die Radiumbergarbeiter eine Wohltat werden,
die sie sicherlich verdienen. Das Gesetz wird sich weiter günstig
auswirken durch die Bestimmung, daß es rückwirkende
Kraft auf jene Fälle besitzt, die vom 1. Jänner 1929
anverursacht wurden, und zwar nicht nur für die Radiumbergarbeiter,
sondern auch für alle anderen Berufsgruppen. Das kann freilich
wieder nur unter der Voraussetzung geschehen, wenn die Haltung
der Unfallversicherungsanstalt eine andere wird. Im allgemeinen
sind ihre Leistungen auf diesem Gebiete nicht übermäßig
gewesen. Es wurden in Böhmen insgesamt in 500 Fällen
die Renten für Berufskrankheiten gewährt, das sind vom
Jahre 1932 bis heute durchschnittlich 83 Fälle jährlich.
Die Belastung kann daher für die Unfallversicherungsanstalten
kein unlösbares finanzielles Problem sein. Es war eben damals
ein schwerer Fehler, daß man die Versicherungsprämien
im Jahre 1928 um 1/2 % herabgesetzt hat, wodurch sich die Einnahmen
um 11 Millionen Kè verringert haben. Dieser Fehler muß
ausgeglichen werden, was in der aufsteigenden Wirtschaftskonjunktur
möglich sein müßte. Es ist selbstverständlich,
daß zur Vorbeugung gegen Erkrankungen weiter alle zweckdienlichen
Mittel angewendet werden.
Das Arbeitsministerium hat in letzter Zeit in den Radiumgruben
einige technische und hygienische Maßnahmen in der Staubbekämpfung
durchgeführt, die weiter ausgebaut werden müssen. Eine
der wirks amsten Vorbeugungsmaßnahmen besteht aber darin,
daß den Radiumbergarbeitern angemessene Löhne bezahlt
werden. Mit 150 Kè Wochenlohn kann die Ernährung unmöglich
so sein, daß die physische Widerstandskraft gestärkt
wird. Deshalb muß auch die Forderung der Bergarbeiter auf
Erhöhung ihres Lohnes um 25 % bewilligt werden. Ebenso ungenügend
ist die Urlaubsgewährung. Wir verlangen, daß der doppelte
Urlaub nach den Bestimmungen des Urlaubsgesetzes gegeben wird.
Die durch die Initiative des Gesundheitsministers dr Czech
errichtete Beratungsstelle in Joachimsthal für die Untersuchung
und restlose Erforschung der Radiumkrankheit und ihre Bekämpfung
muß noch besser ausgebaut werden, damit weitere Abwehrmaßnahmen
ergriffen werden können.
In diesem Zusammenhang ist die ärztliche Ausbildung auf dem
Gebiete der Berufskrankheiten zu betreiben und zu vertiefen. Die
modernen Produktionsmethoden und technischen Neuerungen haben
in den Betrieben in der letzten Zeit Ausmaße angenommen,
die das Gefahrenmoment für die Erkrankungen wesentlich erhöhen.
Die Resolution des sozialpolitischen Ausschusses, nach welcher
die Errichtung von Lehrstühlen für Berufskrankheiten
an unseren Universitäten errichtet werden sollen, denen klinische
Abteilungen mit entsprechender Ausstattung anzugliedern wären,
muß in die Tat umgesetzt werden. Nur durch einmütiges
Zusammenwirken aller in Betracht kommenden Faktoren kann den Erkrankungen
aus der Berufstätigkeit, insbesondere aber der furchtbaren
Radiumkrankheit, erfolgreich begegnet werden.
Abschließend will ich noch ein Wort zu den Vorfällen
sagen, die sich bei dem Streik in Joachimsthal abgespielt haben.
Es ist ein "Verdienst" der staatlichen Bürokratie,
daß es überhaupt zu diesem Streik kam. Würden
die Verhandlungen, die von den Vertretern der Berufsorganisation
schon seit längerer Zeit geführt wurden, nicht durch
diese Bürokratie verschleppt worden sein, so hätte es
keinen Streik gegeben. Die Verbitterung der Erzbergarbeiter wurde
bis zur Siedehitze gesteigert. Noch trauriger ist es aber, daß
die SdP diesen Streik für ihre politischen Zwecke fruktifizierte,
wobei ihr besonders angenehm war, daß er gegen ein staatliches
Unternehmen geführt wurde. Die parlamentarische Tätigkeit
der SdP, die sich sonst nur in der Einbringung von Interpellationen
und in fruchtlosen Reden erschöpft, wollte in der Joachimsthaler
Angelegenheit einen parteimäßigen Erfolg für sich
herausschlagen. (Výkøiky. - Hluk.) Gelungen
ist ihr das nicht, obwohl der Abg. Böhm bei den Prager
Regierungsstellen ein Wettrennen im Klinkenputzen absolvierte,
nicht etwa deshalb, um praktische Arbeit für die Arbeiter
zu leisten, sondern um sich, wie er selbst sagte, nur über
den Stand der Sache zu informieren. (Výkøiky
posl. G. Böhma.) Es ist eine große Unwahrheit
und politisch geschm acklos, wenn der Karlsbader SdP-"Volksruf"
schreibt, daß die Marxisten während des Streikes, als
es galt, den Prager Stellen bindende Zusagen abzuringen, nicht
zu sehen waren. Die Marxisten haben auch in diesem Falle klar
und eindeutig gehandelt, während die SdP wieder einmal nur
geredet hat. Ich habe die Abschrift des Protokolls über die
Verhandlungen im Ministerium für öffentliche Arbeiten
zur Beilegung des Streikes bei mir. Es ist kein einziger SdP-Anhänger
bei diesen Verhandlungen zugegen gewesen. Diese harte und zähe
Arbeit haben dieHerren von der SdP den verlästerten Marxisten
überlassen. Während die SdP draußen in Joachimsthal
fleißig Flugzettel über ihren sogenannten Erfolg verteilte
und Parolen zu den streikenden Bergarbeitern in die Grube schickte:
"Haltet aus, morgen greift das Ausland ein!" haben unsere
Vertrauensleute in Prag auf Grund unserer jahrelang geleisteten
Vorarbeit die Zugeständnisse erarbeitet, durch die der Streik
beendet werden konnte. Die SdP hat zwar in Joachimsthal mit den
Methoden der Ill. Reiches gearbeitet, aber nichts damit erreicht.
(Posl. G. Böhm: Kümmern Sie sich nicht um
das Dritte Reich!) Sie, Herr Abg. Böhm, Sie waren
in Joachimsthal, die Bergarbeiter haben es abgelehnt, Sie in ihrer
Versammlung sprechen zu lassen, das war das Ergebnis! Die vernünftig
denkenden Bergarbeiter haben die jahrelange mühselige Arbeit
ihrer Vertrauensleute zu würdigen verstanden und den politischen
Scharlatanen die Türe gewiesen. Dem Herr Abg. G. Böhm,
der bei der Organisierung des Streiks in Joachimsthal eine so
große Aktivität entwickelt hat, würde ich nahe
legen, diese Methoden bei seinen SdP-Unternehmer-Kameraden in
Asch und Graslitz anzuwenden. (Výkøiky posl.
G. Böhma. - Místopøedseda dr
Markoviè zvoní.) Dort hätte er ein sehr
weites, dankbares Feld seiner Betätigung. (Hluk trvá.)
Wir werden uns in unserer Tätigkeit für die Interessen
der Arbeiterschaft in keiner Weise von dem Geschrei der SdP beirren
lassen, wir werden weiter unsere Kräfte dafür einsetzen,
daß nicht nur die Novellierung des Bruderladengesetzes in
die Wege geleitet wird, sondern auch administrative Maßnahmen
getroffen werden, damit den Joachimsthaler Radiumbergarbeitern
und darüber hinaus der übrigen Arbeiterschaft, die an
diesem Gesetzentwurf beteiligt ist, eine wirksame Hilfe gebracht
wird. (Potlesk.)