Ètvrtek 16. prosince 1937

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 127. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 16. prosince 1937.

1. Øeè posl. dr inž. Lokschy (viz str. 8 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Es ist ein alte Wahrheit und unterliegt kein em Zweifel, daß neue Steuern und insbesondere Steuern in diesem Au smaß, wie sie in diesem Hause noch nicht verabschiedet wurden, von allen Parteien als drückend empfunden werden. Die Sache wird jedoch einigermaß en anders, wenn man an diese Angelegenheit das Kriterium der objektiven Staatsnotwendigkeit anlegt, namentlich dann, wenn diese Staatsnotwendigkeit heißt: Maßnahmen zur Erhaltung des Friedens. In diesem Moment haben dann große Kreise volles Verständnis dafür, denn es handelt sich um nichts Neues, sondern um eine Aktualisierung des alten römischen Spruches: Si vis pacem, para bellum. Erreichen wir dieses Ziel, dann ist der Aufwand, den wir zu bewilligen haben, vollkommen am Platze. Und weil wir deutsche Christlichsoziale mit jeder Faser unseres Hirnes und Herzens den Frieden wollen, deshalb werden wir für diese Gesetze stimmen.

Es ist klar, daß die Koalition für die Härten, die diese Gesetze zweifellos bringen, verantwortlich gemacht wird. Ebenso richtig ist es aber, daß die Koalition bestrebt war, diese Härten zu mildern und es ist ihr auch in vielen Belangen gelungen. Es gelang uns, den Wehrbeitrag milder und gerechter zu gestalten; es gelang uns, die Biersteuer auch wesentlich milder zu gestalten; bei den Mineralwässern gelang es, die Kurgäste am Brunnen von der Steuer zu befreien und nicht unerwähnt soll die Tatsache bleiben, daß für die autonomen Selbstverwaltungskörper keine Umlagenmöglichkeit besteht. Es wäre ein Irrtum, und zwar ein tendenziöser Irrtum, wenn man sagen wollte, daß diese neuen Steuern ein eklatanter Beweis für die Defizitwirtschaft des Staates seien. Meine Damen und Herren! Ohne Rüstungserfordernisse wäre unsere Rechnung, wäre unsere Präliminare aktiv. Und mit den Rüstungen, die so viel Geld kosten, haben wir nicht begonnen. Die Gesetze bringen aber auch nicht unwesentliche Erleichterungen für die Wirtschaft und hier verweise ich zunächst auf den Gesetzentwurf über die Weinsteuer.

Es ist eine alte Binsenwahrheit, daß unsere Weinhauer das Stiefkind der Steuergesetzgebung gewesen sind. Es schien noch unmittelbar vor einigen Wochen, daß man an dieser Tradition festhalten wolle, als man daran ging, die steuerliche Belastung auch beim Wein zu vergrößern. Anscheinend war jede Bemühung vergeblich, diese drückenden Lasten zu mildern, und doch ist es, ich sage Gottlob, gelungen; mit besonderer Freude erwähne ich da die Anstrengungen der deutschen christlichsozialen Parlamentarier mit Minister Zajièek an der Spitze, die Jahre lang, unentwegt daran gearbeitet haben, diese Gefahr abzuwenden. Das ist eine Gefahr für die Weinhauer, aber auch für die Konsumenten, denn es hätte fraglos eine Verteuerung des Weines zur Folge. Wir konstatieren, daß der vorliegende Gesetzentwurf über die Weinsteuer der erste nennenswerte Erfolg auf diesem Gebiet seit langer Zeit ist. Wir begrüßen diesen Erfolg nicht nur der Weinhauer, denn das sind die kleinsten Leute in der Landwirtschaft mit den zahlreichsten Kindern, aber auch den Erfolg der Gastwirte und das werden auch die Konsumenten begrüßen, weil es keine Verteuerung bringen wird. Unsere Weinhauerschaft sieht in dieser Tatsache den Beginn einer Besserung, den Beginn zu einer notwendigen Regelung. Diese Regelung ist begründet, weil unser Weinbau selbstgenügsam ist in Bezug auf die Menge, weil er den Beweis geliefert hat, daß er auch in Bezug auf die Qualität voll und ganz leistungsfähig ist. Es ist ein Unding, daß im Sektor des Weinhandels Preisspannen bis um 500 Prozent zu verzeichnen sind. Diese Regelung ist begründet, um die Übererzeugung, vor der wir knapp stehen, abzuwehren, weil das sofort Unrentabilität zur Folge hat. Daher appelliert die Weinhauerschaft an die zuständigen Regierungsstellen, sie mögen diesen Erfolg weiter ausbauen zur Normierung des Weinbaues, der Anbauflächen und der Sortenfrage, ferner zur Organisierung der Kellerwirtschaft und des Absatzes und vor allem als Krönung zur Herausgabe eines neuen Gesetzes über die Weinsteuern.

Der Herr Berichterstatter Dr. Novák hat in seinem Berichte das "geflügelte" Wort verwendet, daß man Gänsen, wenn man sie rupft, zureden, daß man sie streicheln möge und sagte, daß die Praxis dieser Weiblein, die es machen, auch nicht vergißt, gerupfte Gänse besser zu füttern, damit sie wieder neue Federn bekommen. Diese Volksweisheit sollte auch unsere staatliche Finanzverwaltung beachten, welche als Rupferin fungiert. Sie sollte ihre Organe anhalten zum Zureden. Das Volk wird begreifen, daß es zahlen muß, aber es wird niemals begreifen, daß es dazu rücksichtslos und gewaltsam behandelt wird. Trotz aller Richtlinien, welche die Finanzverwaltung herausgegeben hat in dieser Richtung, die eine bessere Behandlung der Steuerzahler zum Ziele haben, muß ich doch feststellen, daß es noch vereinzelte Vorstände der Steuerverwaltung gibt - im deutschen Gebiete leider Gottes sehr viele - die sich absperren, nicht mit sich reden lassen und ihre Haupttätigkeit darin sehen, Pfändungen und Exekutionen anzuordnen. Ich will durchaus keine Lanze brechen für die chronischen Nichtzahler, jedoch ein nachhaltiges Wort sprechen für die größere Beachtung der Höflichkeit, die man bisher nicht allenthalben festzustellen in der Lage ist.

Nun einiges zumm Kapitel "Streicheln und Füttern der gerupften Gänse". Wir wissen alle, wie vor aller Öffentlichkeit unser Hinweis auf eine Mußleistung gegenüber dem Staate aufgenommen wird und dieser Hinweis wird nicht genügen, denn man wird uns die Frage stellen, die wir beanworten müssen, ob der Staat entschlossen ist, Opfer und Vertrauen zum selbstgewählten Termin zu honorieren. Diese Frage stellt man uns seitens der Besitzer von Renten, von Obligationen, von Pfandbriefen aus der Zeit vor 1914, aber auch aus der Zeit nach 1918. Diese Besitzer von Renten aus der Zet vor 1914, die sogenannten Altrentner, sind bei Gott nicht das Spezifikum eines Volkes oder einer Partei, die Frage der Altrentner ist eine Angelegenheit des ganzen Staates und der ganzen Finanzpolitik. Die Altrentner machen uns den konkreten Vorwurf, daß keine Hilfsaktion durchgeführt wurde für die im Zuge der Maßnahmen vor dem Nichts stehenden Rentner. Während es im Friedensvertrage heißt, daß die öffentlichen Kreditgeber keinen Schaden erleiden sollen, daß die übernommenen Schuldverpflichtungen zahlbar sind ohne jede Steuer, Gebühr oder sonstigen Abzug, finden diese Bestimmungen leider keine Anwendung für die Altrentner. Es traten vielmehr Tatsachen ein, welche das ersparte und dem Staate zur Bewirtschaftung anvertraute Geld so vermindert haben, wie die Frühjahrssonne den Schnee. Es kam die Gleichsetzung der alten Krone mit der Kè, deren zweimalige Abwertung, die Senkung des Zinsfusses, die Einführung der Rentensteuer, und das Ergebnis ist, daß die heutige Kaufkraft der Kupons der Ersatzrente kaum 10 Prozent der Kaufkraft vor 1914 ausmacht. Man forderte Aufwertungen. Wir wissen das Schicksal dieser Forderungen. Bisher sind sie abgewiesen worden. Der Hinweis der Altrentner auf die Beispiele in Deutschland, wo die Aufwertung auf 15 Prozent durchgeführt wurde, oder der Hinweis, daß in Österreich ein Schutzgesetz für die Kleinrentner erlassen wurde, wurde immer damit abgetan, daß man sagte: der Kurswert Eurer Papiere ist ja höher als 15 Prozent, infolge dessen fehlen die sachlichen Voraussetzungen dafür, daß wir analoge Maßnahmen ergreifen, wie Deutschland oder Österreich. Inzwischen sind aber die Kurswerte gefallen und betragen heute kaum 10 Prozent und daher bestehen neue Voraussetzungen. Viele Altrentner sind tot. Es sind daher keine großen Opfer seitens der Finanzverwaltung, bezw. des Staates notwendig. Ein Vorbild für uns könnte meiner Ansicht nach das Kleinrentnerschutzgesetz in Österreich sein. Ich unterschätze hier nicht die Schwierigkeiten, gerade im Rahmen der Verhandlungen über die neuen Steuern, auch durchaus nicht die Schwierigkeiten, die mit der Realisierung dieser Frage verbunden sind. Ich bitte aber auch nicht zu verges en und nicht zu unterschätzen die grundsätzliche und psychologische Seite dieses Problems. Schauen wir uns die soziale Seite des Problems an, so sehen wir, daß der Großteil der Altrentner in bitterer Not lebt. Diese und ihre Umgebung werden als Opfer des sogenannten besten Schuldners bezeichnet, nämlich des Staates. Viele haben den Freitod gew ählt, andere sind zur Last der öffentlichen Einrichtungen geworden. Die meisten von ihnen haben keine Pensionen, keine Mittel und auch keine Möglichkeiten, in soziale Altersversorgungsanstalten aufgenommen zu werden, weil man ihnen sagt, sie seien zu jung oder aber sie seien ja Besitzer von Altrenten. Hier in diesem Hause wurde das geflügelte Wort gesprochen, das auch viel Anklang gefunden hat, nämlich, daß die Pensionen keine Gnaden sind, und ich ergänze diesen Spruch dahin, daß auch die Renten keine Almosen sind.

Abschließend möchte ich meine Auffassung zu diesem Kapitel folgendermaßen formulieren: Es ist Pflicht und Aufgabe der Regierung, für diese Opfer der Finanzpolitik, die ich als Invaliden der staatlichen Finanzpolitik bezeichnen möchte, genügend vorzusorgen und zwar dadurch, daß wir ein Kleinrentnerschutzgesetz vorbereiten, daß ferner bis dahin durch verwaltungstechnische Maßnahmen eine Erleichterung bei der Aufnahme und bei der Einbeziehung in die soziale Altersfürsorge in besonders krassen Fällen bei solchen Altrentnern getroffen werde.

Die Finanzverwaltung zerbricht sich best immt den Kopf darüber, ich bin überzeugt davon, wie sie in ihrem Rahmen nächstes Jahr das Jubiläum feiern wird. Sie müssen es würdevoll machen und so machen, daß jeder etwas davon hat und daß diese Pracht und diese Feier ein unauslöschliches De nkmal hinterlassen wird. Ich denke mir da, daß man so ein unauslöschliches Denkmal setzen könnte, wenn die Staatsfinanzverwaltung die Angelegenheit der Altrentner wieder in Ordnung bringen würde. Das würde in der Öffentlichkeit dankbare Aufnahme und ein großes Echo hervorrufen.

Im Zusammenhang mit diesen Steuervorlagen steht noch eine Sache, über die ich das alte Motto setzen würde: "Gib und es wird Dir gegeben werden!" Das ist ein Motto, das schon oft erprobt wurde und an dem auch die Finanzverwaltung nicht vorübergehen kann. Es handelt sich um eine alte Sache, die viele von Ihnen in diesem Parlament durchberaten haben, nämlich darum, daß nach dem Umsturz eine große Zahl von aktiven und nicht aktiven Offizieren im Zuge eines Verwaltungsverfahrens ihre Charge verloren hat. Sie wissen, das hing mit der Anmeldung, der pøihláška, zusammen. Damals haben auch anonyme Anzeigen eine Rolle gespielt, es wurden Zeugen verlangt und die Entscheidungen wurden getroffen, vielfach ohne die Leute anzuhören. Die Folge war, daß die Leute die Charge verloren haben. Die Reserveoffiziere leiden nicht so sehr darunter, aber für die ehemaligen aktiven Offiziere hat es auch den Verlust der Offizierspension zur Folge, an deren Stelle sie eine Militärgagistenpension bekommnmen haben. Meine Damen und Herren! Es liegt mir vollkommen ferne, an diesem Gesetz Kritik zu üben, aber ich möchte auf etwas aufmerksam machen, was heute nach 18 Jahren viele der Betroffenen sagen. Wir hören von ihnen nach wie vor stereotyp die Erklärung: "Ich bin unschuldig, ich bin ungerecht behandelt worden!" Das sollte uns zu denken geben. Wenn auf die Leute auch nur ein Sc himmer von Schuld fallen würde, so würden sie das nicht stereotyp fort und fort wiederholen. Darüber hinaus erklären sie, sie seien verurteilt worden, ohne gehört zu werden, man habe ihnen keine Möglichkeit gegeben, sich zu verteidigen. Man hat sie nun auf Lebensdauer verurteilt, 18 Jahre sind seither verflossen, viele haben sich mit ihrem Schicksal abgefunden, aber viele leiden bittere Not. Viele geraten deshalb auf Abwege, die niemand mehr bedauert, als jene, die es mit den Stützen des Staates ehrlich meinen, das ist die Armee und das Offizierskorps. Es wäre viel Leid vermeidbar gewesen, wenn man eine Rechtfertigungsmöglichkeit geboten hätte. Auch sind es nicht durchwegs Deutsche, freilich in der Mehrzahl, aber es sind auch Angehörige anderer Nationen darunter. Als ich einmal die Frage stellte, sagten viele: Heute denkt man darüber anders als damals im Jahre 1919 und 1920. Ich glaube, daß viele von den Betroffenen nur deswegen verurteilt wurden, weil man ihnen Handlungen vorgeworfen hat, die sie im mißverstandenen Pflichtbewußtsein durchgeführt haben. Es war aber Pflichtbewußtsein und pflichtbewußte Offiziere, die den Eid streng beachten, braucht man immer, jetzt und in aller Zukunft.

Im Zusammenhang damit möchte ich die Anregung geben, daß man darüber nachdenkt, ohne eine Änderung des Gesetzes die Möglichkeit zu schaffen, eine Prüfung der alten Entscheidungen vorzunehmen, und zwar in der Form von individuellenAnsuchen. Wer darum ansucht, soll die Möglichkeit haben, daß sein Fall neuerdings überprüft wird. Man könnte das vielleicht so machen, um die Sache nicht endlos in die Länge zu ziehen, daß bis zum 31. Dezember 1938 anzusuchen wäre und dann abschließend im günstigen Falle eine Zuerkennung der Charge, bzw. eine Neuregelung der Pensionen der ehemaligen Offiziere und Gagisten zu erfolgen hätte.

Ähnlich liegt die Lage bei den längerdienenden Unteroffizieren. Man sagte, es sollten ihnen die Charge und die Dienstzeit eingerechnet werden, sie sollten mit den anderen èechoslovakischen Pensionisten gleichgestellt werden. Es kam aber nicht dazu. Man sage nicht, es gehe nicht. Man halte dieser Forderung keine Zahlen oder Geldwerte entgegen. Es handelt sich nicht nur um Geld, sondern hier um viel höhere Werte, um Recht, Sittlichkeit und nicht zuletzt um staatspolitische Raison. Ich bin der Ansicht, daß das Jubiläumsjahr des Staates der würdige Rahmen für eine würdige Tat wäre. Und in diesem Zusammenhange möchte ich abschließend auf die Interessen der Altrentner und auf die seinerzeit degradierten Offiziere und Militärgagisten aufmerksam machen.

Ich schließe damit, daß bei den Steuervorlagen, die wir in diesem Ausmaß zu bewilligen haben, nicht nur die Zahlen entscheidend sind. Man achte auch auf Schmerzen und Leid, die viele Herzen, die Herzen, die ich angeführt habe, erfüllen und trachte, diese Herzen für Staat und Wirtschaft zu gewinnen. (Potlesk.)

2. Øeè posl. Zischky (viz str. 11 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wenn wir nach wochenlangen Beratungen in der Regierung und in den Ausschüssen, in der Koalition und schließlich hier im Hause die Steuervorlagen zum Gesetz erhoben haben, dann wird sich die Bevölkerung, sobald man die ersten Auswirkungen spüren wird, eingehender als bisher mit unserer Arbeit auseinandersetzen. Was liegt da näher, als daß wir die Tribüne des Parlaments dazu benützen, um der deutschen Arbeiterschaft dieses Staates in der gedrängten Form einer kurzen Rede die Gründe darzulegen, die uns bestimmen, für die Vorlagen in der nunmehr endgültigen Fassung zu stimmen. Unser erstes Wort gilt selbstverständlich den Ursachen der neuen schweren steuerlichen Belastung der ganzen Bevölkerung des Staates. Wir wissen schon, was es heißt, neue Steuern in der Höhe von fast 100 Kè pro Köpf und Jahr zu beschließen und es ist klar, daß wir nur in Würdigung der außerordentlich ernsten Situation, in der sich Europa gegenwärtig befindet, dazu bereit sein können, die Verantwortung dafür zu übernehmen, was der sudetendeutschen Arbeiterschaft aufgebürdet wird. Wie sieht die europäische Situation aus? Der ganze Kontinent rüstet. England gibt die phantastische Summe von 250 Milliarden Kè dafür aus, um so rasch als möglich aufzurüsten, um für alle Eventuali täten bereit zu sein. Das gleiche gilt von Frankreich und Rußland. Bei dieser Situation ist es klar, daß die übrigen Staaten Europas in der gleichen Zwangslage sich befinden. Woraus ist dieses Rüstungsfieber zu erklären? Aus der Politik, die Italien und Deutschland gegenwärtig machen, aus der Politik der Achse, die in den letzten Monaten nun noch erweitert wurde zum Dreieck Rom-Berlin-Tokio. In einer großen Rede hat jüngst Mussolini den Austritt Italiens aus dem Völkerbunde erklärt. Diese Erklärung ist ganz falsch. Denn es handelt sich damit nur um eine Formalität. Italien ist aus dem Völkerbunde schon längst ausgetreten, u. zw. in dem Moment, als der erste italienische Soldat abessinischen Boden betreten hat. Damals ist das Band zerrissen worden, es war der Fehler der europäischen demokratischen Staaten, daß sie zugelassen haben, daß mit Mitteln der Gewalt Politik gemacht wird und daß man darauf verzichtet, dort Diplomaten einzusetzen, wo es Gegensätze auszugleichen gibt. Mussolini hat in seiner Rede erklärt: "Wir glauben nicht mehr daran, daß die Politik der letzten 20 Jahre in Europa fruchtbringend sein kann. Wir wissen eines, daß wir in zwei siegreichen Kriegen unsere Waffen erproben konnten". Er telegraphiert seinen Generälen nach Spanien und beglückwünscht sie zu zweifelhaften Erfolgen. Kurz und gut, er schwört auf die Kraft der Waffen und verzichtet darauf, Methoden anzuwenden, die man Genfer Methoden nennt. Wenn nun das in Italien geschieht und man gleichzeitig sieht, wie in Deutschland das Schlagwort geprägt wird, daß Kanonen wichtiger sind als Butter und daß die Kanonen das entscheidende politische Wort zu sprechen haben, dann sind eben die anderen, die sich anderer Methoden in ihrer Politik gerne bedienen möchten, in einer Zwangslage, denn sie können einfach nicht warten, bis eines Tages sich die Mündungen dieser Kanonen gegen sie selbst richten. Schließlich ist die Tragödie in Asien ein Beispiel dafür, was geschehen kann, wenn ein Volk, das genug Widerstandswillen hat, nicht Waffen besitzt, die es braucht, um einen räuberischen Einfall in sein Land abzuwehren. Also der Einfall in Abessinien, das Abenteuer in Spanien und jetzt der Krieg im Fernen Osten, all das muß uns doch dazu zwingen, aus dieser Entwicklung die notwendigen Konsequenzen abzuleiten. Was lehrt uns diese Entwicklung? Vor allem: Es gibt kein friedliches Mittel gegen den Faszismus, keinen politischen und, wie sich jetzt zeigt, moralischen Schutz gegen räuberische Überfälle. Europa wird vielleicht - vielleicht! - den Frieden zu erhalten vermögen, aber nur dann, wenn die demokratischen Staaten auch militärisch so stark sein werden, daß sie einen Krieg nicht nur führen, sondern auch entscheiden können. Darauf kommt es letzten Endes an. Unserem Volke müssen wir da empfehlen, sich durch die optischen und akustischen Mittel der modernen Propaganda nicht täuschen zu lassen. Mit Lärm macht man keine Politik, sondern höchstens Paraden. Politik macht man mit den realen Verhältnissen, die eben da sind. Für die Èechoslovakei, für die Politik, die wir hier machen, darf man wohl sagen, das gilt ausnahmslos, daß die Èechoslovakei erst dann an die Rüstung gegangen ist, als sozusagen etwas anderes überhaupt nicht mehr übrig blieb. Deshalb, glaube ich, müssen wir zu der Auffassung kommen, daß man jene Politik machen muß, die den gegebenen Verhältnissen entspricht.

Ich will keine geschichtliche Rekrimination über die Politik anstellen, die die Èechoslovakei noch vor einem Jahrzehnt gemacht hat, ich begnüge mich damit, festzustellen: Wir haben die 14monatige Dienstzeit gehabt und es war in Aussicht genommen, die zwölfmonatige Dienstzeit einzuführen. Wir hatten ein sehr niedriges Rekrutenkontingent, wir hatten viele junge Menschen, die körperlich geeignet waren, Soldaten zu werden, man hat sie aber nicht genommen und auf sie verzichtet, man hat eine Auslese durchgeführt und sich damit begnügt, ein Minimum von Menschen unter Waffen zu halten. Schließlich kann man darauf hinweisen, daß die Èechoslovakei und besonders ihre Außenpolitik jede Friedenspolitik, mag sie wo immer in Europa betrieben worden sein, unterstützt hat.

Und nun schließe ich an das an, was ich vorhin gesagt habe über die Ereignisse in der Welt. Weil wir nun nicht wollen, daß fremde Heere etwa unsere Heimat verwüsten, weil wir nicht wollen, daß es uns so geht, wie den Abessiniern, den Spaniern und den Chinesen. Deshalb und nur deshalb müssen wir leider rüsten. Niemand in diesem Staate, auch das kann man ruhig aussprechen und das ist nie widersprochen worden, niemand in diesem Staate denkt daran, einmal als Angreifer aufzutreten, aber alle wollen zum Ausdruck bringen, daß man entschlossen ist, sich zu wehren, wenn man einmal in die Rolle des Angegriffenen gedrängt werden sollte. Was ich bis jetzt gesagt habe, ist sozusagen die politische Erklärung unseres Verhaltens.

Nun einige Bemerkungen zu den Vorlagen selbst. Die Vorlagen tragen einen Kompromißcharakter, das kann auch nicht anders sein, und die deutschen Arbeiter, die sich nun mit dies em Steuerwerk, das da morgen seinen Abschluß finden soll, kritisch auseinandersetzen werden, haben, glaube ich, die Frage zu stellen, ob wir, die deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei, unsere Pflicht erfüllt haben, als es darum ging, diesen Vorlagen jene Form und jenen Sinn zu geben, die sie jetzt haben. Die Vorlagen sind das Spiegelbild der Zusammensetzung der Koalition. Das erklärt auch die Vielheit der Vorlagen. Ich erinnere mich daran, daß einmal in Deutschland ein mächtiger Sturm losging, als man die sogenannte Kopfsteuer einführte. Arithmetisch gesehen und behandelt wäre es kein Kunststück gewesen, bei uns den Mehrbedarf für die Rüstungen von sagen wir etwa 2 Milliarden Kè auch in der Form aufzubringen, daß man sagt: Pro Kopf der Bevölkerung sind 100 Kè zu zahlen. Das hätte sogar etwas mehr gegeben. Aber kann man in solcher Art und Weise das Volk besteuern. Es mußte das Bestreben vorwalten, eine möglichst weitmaschige Verteilung vorzunehmen. Es mußte versucht werden, die Steuern auch so in indirekte und direkte Abgaben zu teilen, daß der Steuerdruck selbst wenig fühlbar wird. Ganz läßt sich das nicht vermeiden. Nachdem ich also ausgeführt habe, daß die Vorlagen einen Kompromißcharakter tragen und tragen müssen, möchte in der Zeit, die man hier eben zur Verfügung hat, mich noch kurz mit einigen, nicht mit allen Vorlagen selbst beschäftigen.


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