Meine Damen und Herren! Es scheint mir notwendig, die Darlegungen,
die ich zum sozialpolitischen Kapitel machen will, mit einigen
allgemeinen Bemerkungen einzuleiten: Wir leben leider nicht in
einer Zeit, die günstige Voraussetzungen zum sozialen Fortschritt
schafft. Die Völker Europas widmen ihre Aufmerksamkeit mehr
der Rüstung als den großen gesellschaftlichen und sozialen
Problemen. Die Frau Abg. Zeminová hat vor einigen
Tagen darauf hingewiesen, daß der Gesamtaufwand an Rüstungen
in Europa im Jahre 1938 400 Milliarden Kronen ausmachen wird.
Darauf habe ich zu rechnen angefangen. Es war keine schwierige
Rechnung. Europa hat rund 400 Millionen Einwohner und wir kommen
also, wenn wir die Summe von 400 Milliarden durch diese 400 Millionen
dividieren, zu der schrecklichen Tatsache, daß pro Kopf
des Europäers - Kind und Kegel, alles eingeschlossen - pro
Jahr 1000 Kè für Rüstungen ausgegeben werden.
Die Parole, die da ausgegeben wurde, daß Kanonen wichtiger
sind als Butter, sie feiert Triumphe. Wir sind daran nicht schuld,
und die Verantwortung für diese Entwicklung tragen jene,
welche die Sprache der Kanonen zum letzten politischen Argument
machen wollen. In dieser Zeit leben wir also. Sie ist ungünstig
für eine soziale Bilanz und sie ist noch viel ungünstiger
für ein sozialpolitisches Programm. Und doch müssen
wir an die Aufgaben heran. Es bleibt uns nichts anderes übrig.
Und da möchte ich gleich die große Frage stellen, worum
es denn eigentlich geht.
Schauen Sie, meine Damen und Herren, Bismarck hat einmal - ich
glaube, es war bei der Beratung des deutschen Sozialversicherungsgesetzes
1888 - folgendes gesagt: "Geben Sie dem Arbeiter Arbeit,
solange er gesund ist; geben Sie ihm Pflege, wenn er krank ist;
und geben Sie ihm Versorgung, wenn er alt ist." Ich muß
zugeben, daß in diesen drei knappen Sätzen wirklich
kurz umrissen die große Aufgabe gekennzeichnet ist, die
dem Ende des 19. und dem 20. Jahrhundert gestellt ist. Ich glaube
bloß, heute muß man etwas weitergehen. Ich möchte
die Aufgabe, die wir zu erfüllen haben, so formulieren: "Schützen
wir die gesunden Menschen vor Krankheit und sozialer Not, heilen
wir die Kranken und helfen wir den sozial gefährdeten."
Oder-anders - ich suche nach einer politischen Formulierung: "Setzen
wir an Stelle des totalen Krieges die Pflicht der totalen Fürsorge."
Fangen wir bei den Kindern an und hören wir bei den Greisen
auf. Schauen Sie, meine Damen und Herren, es wird jetzt viel von
der Population geredet. einem Problem, das allen Staatsmännern
Europas viel Kopfzerbrechen macht, und es werden die verschiedensten
Gründe für den Rückgang der Geburtenzahl angeführt.
Wir haben einen kleinen Vortrag darüber gehört, daß
an diesen Erscheinungen der Materialismus unserer Zeit schuld
sei. Ich habe schon im Budgetausschuß die Frage aufgeworfen,
wie man denn, wenn das richtig ist, was hier gesagt wurde, die
erstaunliche Tatsache erklären kann, daß ausgerechnet
Rußland, das doch die Inkarnation des Materialismus und
des Schlechten überhaupt in den Augen gewisser Menschen ist,
heute noch die größte Geburtenzahl in allen europäischen
Ländern aufweist und einen Überschuß von 3 1/2
Millionen pro Jahr hat, während ausgerechnet in Italien,
in dem Lande, in dem zuerst die Idee von der Geburtensnschlacht
aufgetaucht ist, die Geburtenzahl ununterbrochen zurückgeht.
Ich habe mir, nachdem ich mich damals mit der allgemeinen Feststellung,
die ich unmittelbar nach dem Redner der Sudetendeutschen Partei
gemacht hatte, hatte begnügen müssen, die Ziffern der
mitteleuropäischen Länder verschafft. Ich kann hier
in einer halben Stunde, die ich zur Verfügung habe, natürlich
diese Dinge nicht so darstellen, wie ich es selbst mit meinem
Laienverstand gerne möchte. Ich habe mir also die Ziffern
verschafft. Es ist gesagt worden, der Materialismus der Zeit sei
schuld. Aber im angeblich sittenlosen Paris sind dieselben Erscheinungen
wie im katholischen Wien, im nazistischen Berlin genau so wie
im katholischen Rom: eine ausgesproch ene Kulturerscheinung. Der
Weg geht vom Westen nach Osten über die Weltstädte und
hat nun das flache Land erreicht. Lassen wir absolute Ziffern
reden, pro 1000 der Bevölkerung. Österreich marschiert
an der Spitze - in der umgekehrten Richtung - hat die wenigsten
Geburten, bitte, das geht nicht alles auf Kosten der Großstadt
Wien, es hängt das Land daran, und ich weiß von der
Kriegszeit her, daß es in Österreich weite Gebiete
gibt, wo Kinder heute noch eine willkommene Erscheinung sind.
Es ist also die Geburtenziffer in Österreich: 13ÿ1 pro
1000, Frankreich 15.2, die Èechoslovakische Republik marschiert
leider an der dritten Stelle mit 17ÿ4. Deutschland kommt
an der vierten Stelle, die Distanz ist nicht groß. (Posl.
Wollner: Das deutsche Volk hat keinen Raum!) Das hat mit dem
Raum gar nichts zu tun. Diese Erscheinung finden wir auch in jenen
Ländern, wo unerhört großer Raum vorhanden ist,
und wenn Rußland noch diesen unerhörten Bevölkerungsüberschuß
aufweist, von dem ich noch zu reden habe, so ist Rußland,
das in der Vorkriegszeit 50 pro Mille aufzuweisen hatte, heute
längst beinahe an die Grenze von 30 herangerückt. Dort
hat man Raum genug, das hat mit dem Raum nichts zu tun. Versuchen
Sie nicht, die Sache auf dieses Geleise zu schieben! Ungarn 20
pro Mille, Italien 22.2, hier eine niemals unterbrochene absteigende
Tendenz, Polen 26.2. Polen hat in den letzten Jahren sieben Promille
verloren, kein Land Mitteleuropas hat Rückgänge in diesem
großen Ausmaße zu verzeichnen, ferner Rumänien
31ÿ5 und Rußland wie gesagt über 30, rund 32 pro
1000. Alle Maßnahmen, die man da beschlossen und durchgeführt
hat, konnten nicht herbeiführen, daß die Absichten,
die man damit verfolgte, auch verwirklicht wurden. Mussolini konnte,
um es konkret zu sagen, in Abessinien und Spanien seine Soldaten
kämpfen und schlachten lassen. Die Geburtenschlachten in
den Ehebetten Italiens, verzeihen Sie, hat er verloren. Ich wundere
mich, daß man da überhaupt von einer Geburtenschlacht
spricht, und nicht, was viel näher liegt, von einer Zeugungsschlacht.
Aber, das nützt alles nichts, diese Tendenz ist da und es
ist nicht wahr, daß der Materialismus der Zeit und der Materialismus
jener Völker, die nicht dem autoritären Wahn verfallen
sind, daran schuld ist.
Auch das Gesundheitsministerium hat im Budgetausschuß -
direkt ein Handbuch für diese Aufgaben vorgelegt, und es
empfiehlt keine Rezeptur, die angewendet werden kann. (Posl.
Wollner: Beiräte!) Das ist eine administrative Hilfsmaßnahme.
Man empfiehlt nicht das, was absolut helfen wird. Welches sind
die Aufgaben, die wir zu erfüllen haben? Ich habe es auch
ih Budgetausschuß gesagt, unsere Sorge muß dem Leben
gelten. Ich habe gesagt, was am Leben ist, muß am Leben
erhalten bleiben. Ich sage es heute wieder: "Sorge dem Leben".
Bei den Säuglingen haben wir eine Sterblichkeit von rund
33.000. Das ist die absolute Ziffer für die Èechoslovakei,
und ich gestehe zu, daß diese Ziffer ungefähr 2ÿ5
Promille über dem Durchschnitt von Deutschland liegt. Ich
weiß auch, und wenn Sie in der ganzen Republik herumkommen,
werden Sie wissen, daß dieses Verhältnis vor allem
das Resultat der Zustände im Osten unserer Republik ist.
Viel Kinder, aber dann auch höhere Sterblichkeit, die noch
heruntergedrückt werden kann und ich glaube, daß man
das in den nächsten Jahren erreichen wird.
Also: "Sorge dem Säugling"; das bedeutet vor allem
Sorge der werdenden Mutter. Das wissen wir auch, es ist ein soziales
Problem, das braucht man uns nicht erzählen, wir wissen,
daß es für die Mutter die wichtigste Fürsorge
ist, wenn sie weiß, daß der Vater Arbeit hat und so
das materielle Leben des künftigen Erdenbürgers gesichert
ist. Es ist auch ein soziales Problem und nicht nur ein bevölkerungspolitisches.
Hier ist es natürlich nicht möglich, über die Methoden
im einzelnen zu reden, um eine solche Betreuung des Kindes herbeizuführen,
daß man ein besseres Ergebnis erzielt. Aber immerhin muß
darauf hingewiesen werden, daß Maßnahmen auf medizinischem
und sanitärem Gebiet sehr viel dazu beitragen können,
auch Aufklärung, um die Kindersterblichkeit herabzudrücken
und dafür zu sorgen, daß sich das Menschenkind, wenn
es schon da ist, entwickeln, gedeihen und ein wertvoller Bürger
des Staates werden kann. Ich weiß, daß dazu notwendig
ist, die Schulärztepflege auszubauen, dann aber auch - und
das ist keine Nebensächlichkeit - die Schulzahnpflege; ferner
muß man die Fürsorge in den Mutterberatungsstellen
und Krippen überall benützen, um das Kind immer mehr
zu schützen und vor Gefahren zu bewahren. Ich weiß
also, daß alle diese Maßnahmen notwendig sind.
Diese Fürsorge geht dann weiter vom Säugling zum Kind.
Da möchte ich etwas sagen, was schon gestern Koll. Wollner
vorgebracht hat. Ich habe gleich in einem Zwischenruf aufmerksam
gemacht, daß das nicht stimmt, Sie haben gesagt, der Minister
für Gesundheitswesen habe von 7000 Kindern in Nordwestböhmen
gesprochen. Ich habe das Exposé hergenommen und nachgeschaut,
und festgestellt, daß es darin heißt (ète):
"Dies zeigt uns das Ergebnis der von der staatlichen
Gesundheitsanstalt verarbeiteten Daten eines 7000 Kinder umfassenden
Sektors der staatlichen Gesundheitsaktion, bei dem es sich um
Kinder aus 89 Bezirken handelte, davon 61 % Deutsche und 38.11
% èechische Kinder." Wollen Sie also sagen, daß
nur deutsche Kinder rachitisch sind? (Posl. Wollner: Ich habe
vom Bezirk Falkenau gesprochen!) Nein, Sie haben allgemein
von Nordböhmen gesprochen und es ist also festzustellen,
daß Sie mit Ihrer Argumentation irre gehen.
Diese Fürsorge bei den Kindern muß weiter ausgebaut
werden, das wissen wir ganz genau, darüber brauchen wir nicht
belehrt zu werden. Wir lehnen es auch nicht ab, wenn man uns etwas
Gutes sagt, aber wir wissen genau, daß, wenn man überhaupt
bei dieser Aktion Mängel feststellen möchte, doch höchstens
nur den, daß es noch zu wenig ist, daß man sie noch
verbreitern müßte, also noch mehr Fürsorge für
die Kinder, um zu verhindern, daß sie rachitisch werden,
oder wenn sie es sind, daß sich die Rachitis ungünstig
auf sie auswirkt, wenn sie älter werden. Wir wissen, daß
wir diese Aktion fortzusetzen haben und es ist auch nicht zu leugnen,
daß das Gesundheitsministerium heuer immerhin einen Betrag
von etwa 28 Millionen mehr zur Verfügung hat als es noch
vor 2 oder 3 Jahren der Fall war. Wenn ich also zusammenfasse,
sage ich: Neben dieser Betreuung in gesundheitlicher und vielleicht
auch in charitativer Hinsicht muß materielle Hilfe in jenen
Fällen hinzugefügt werden, wo soziale Not vorhanden
ist. Der Mensch erwirbt heute ein Recht darauf, daß sich
die Gesellschaft um ihn kümmert, ihn durchs Leben führt,
damit er ein vollwertiger Mensch ist. Das gilt auch für die
Arbeitslosen. Auch da ist materielle Hilfe in jenen Fällen
notwendig, wo der Mensch der grauen Not ausgeliefert ist und wo
er den Boden sozusagen unter den Füßen verloren hat.
Dazu gehört eine große Arbeit, auch der Kampf gegen
die Volkskrankheiten. Diese sind auch erschütternd, sie sind
auch eine Kulturerscheinung. Erschütternd ist es, daß
heute die Tuberkuloseerkrankungen im Verhältnis zu den Krebserkrankungen
zurückgegangen sind und der Krebs langsam sich zu einer Geißel
der Menschheit entwickelt hat, trotz aller Mittel der Wissenschaft.
Heute ist man noch nicht so weit, daß man an die Bekämpfung
des Krebses mit absoluter Sicherheit herangehen kann. Aber der
Kampf hat nur dann einen Zweck, wenn er auch für jene Kranken
geführt wird, die den allerärmsten Schichten angehören.
Ich begrüße es, daß man diese Dinge macht. Ich
habe gesagt, daß es für die Mutter die beste Fürsorge
ist, wenn man dafür sorgt, daß der Vater soviel verdient,
daß die Familie leben kann, schlecht und recht; es ist mühsam,
gewiß. Das werden Sie dem Fürsorgeminister nicht vorwerfen
können, - Sie machen vieles und auch unüberlegtes, aber
Sie können ihm nicht vorwerfen, daß er etwa bei der
Zuteilung der Beträge aus der produktiven Arbeitslosenfürsorge
engherzig ist. Wenn ich etwas herausstelle, dann gerade die Geneigtheit
des Fürsorgeministers, allen diesen Anträgen sofort
zuzustimmen. Da gibt es keine bürokratische Verschleppung,
mit staunenswerter Schnelligkeit werden gewöhnlich derartige
Anträge erledigt und es liegt bloß an uns, aber auch
an Ihnen, noch mehr Sorge zu tragen, daß wir die produktive
Arbeitslosenfürsorge besonders in jenen Gebieten mehr ausnützen,
die heute noch schwere Krisennester sind. Wir werden in den nächsten
Tagen das Gesetz über die Verlängerung der Bauförderung
beschließen und ich habe schon im Budgetausschuß darauf
hingewiesen, daß es ein Fehler ist, daß die deutschen
Gemeinden die Hilfsbereitschaft des Staates nicht ausgenützt
haben, wo doch der Staat wesentlich dazu beiträgt, daß
gebaut werden kann. Er gibt 2 1/2 % von 6 % Verzinsung und Amortisation.
Wir reden immer von der Gesundheit und der Wohnung, in denen die
Menschen wohnen. Gehen wir daran, die Menschen gesundheitlich
zu stärken und in bessere Wohnungen zu bringen. Wir werden
auch unser Teil beitragen. Wir werden dann auch unseren Teil dazu
beitragen, daß, wie soll ich nur sagen, die gesundheitlichen
Verhältnisse solche werden, daß die Menschen dann leichter
mit den übrigen Schwierigkeiten der Zeit fertig werden.
Wenn Sie nun sagen, es hat sich gar nichts geändert in den
letzten zwei Jahren, bitte, ich kenne es auch, ich komme auch
herum, ich kenne die Verhältnisse, ich verschließe
meine Augen vor keiner Tatsache, wenn sie auch noch so schrecklich
ist. Ich weiß auch, daß in einzelnen Fällen die
Not heute vielleicht noch genau so wie vor 2 Jahren ist. Ich gebe
zu, daß in manchen Gemeinden und vielleicht auch in manchen
Bezirken sich an den Verhältnissen, sagen wir einmal gegenüber
1934 noch nichts geändert hat. Aber, passen Sie auf, Sie
haben vor der Wahl eine Broschüre "Arbeit für 300.000
Menschen" herausgegeben. Das war eine Sache der Propaganda.
Sie haben aber dabei vergessen, daß man dazu auch die Macht
braucht. (Výkøiky poslancù sudetskonìmecké
strany.) Wir haben, trotzdem Sie uns in demagogischester Weise
angegriffen haben, immerhin durch manche Maßnahmen, die
hier im Parlamente beschlossen und von der Regierung gesetzt wurden,
im Zusammenhang mit der allgemeinen Belebung erreicht, daß
die Zahl der Arbeitslosen von 960.000 auf rund 220.000 zurückgegangen
ist, also geviertelt wurde; wo bleiben Sie jetzt mit Ihren Veröffentlichungen
vor den Wahlen 1935? (Výkøiky.) Es ist im
Grunde genommen egal, um was die Zahl der Arbeitslosen geringer
wurde, das Entscheidende ist, daß sie heruntergesetzt wurde.
Jedenfalls muß jeder Einsichtige auch von Ihnen zugeben,
daß die Maßnahmen der Regierung in vielen Fällen
dazu beigetragen haben, die Not unserer Gebiete zu lindern und
Arbeit zu beschaffen. (Výkøiky.) Das bedeutet
aber nicht, daß wir die Hände jetzt in den Schoß
legen und das alles nun in Butter ist. Wir wissen, daß es
noch viel Arbeit braucht, Arbeit in charitativer, sozialer, für
uns hier in legislativer Hinsicht. Das ist also unsere Aufgabe,
die Mittel zu mobilisieren, die angewendet werden können,
und unsere Aufgabe ist, dafür zu sorgen, daß wir auf
dem Wege, den wir in der letzten Zeit beschritten haben, weitergehen.
Dann kommen wir über den Berg. (Posl. Wollner: Warum kämpfen
Sie gegen die deutsche Volkshilfe, gegen unsere Selbsthilfemaßnahmen?)
Wir begrüßen jede Selbsthilfemaßnahme. (Posl
Wollner: Sie kämpfen gegen die Volkshilfe!) Was heißt
das, wir kämpfen gegen die Volkshilfe? Wenn die sudetendeutsche
Volkshilfe eine wirklich objektive Organisation wäre ....
(Hluk.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. Zischka (pokraèuje): ... wenn zum Maßstabe
für die Zuteilung von Unterstützungen - das kann ich
Ihnen nicht schenken, das muß heraus - die Not des Einzelnen
und nicht seine politische Einstellung gemacht würde, dann
wären wir für die Sudetendeutsche Volkshilfe. An Ihnen
liegt es also, dafür zu sorgen, daß die Voraussetzungen
geschaffen werden, die vorhanden sein müssen, wenn solche
Organisationen mit unserer Zustimmung arbeiten sollen. (Posl.
May: Was ist mit den parteiischen Sozialkommissionen? - Místopøedseda
Langr zvoní.)
Der Herr Vorsitzende läutet, weil meine Zeit abgelaufen ist,
ich werde jetzt im Telegrammstil reden und werde mich mit den
Ausführungen des Herrn Wollner von gestern beschäftigen.
(Výkøiky poslancù sudetskonìmecké
strany: Heraus mit den Gemeindewahlen!) Gemeindewahlen haben
damit nichts zu tun.
Herr Koll. Wollner hat gestern folgende Exkursionen veranstaltet.
(Hluk.) Erstens wollte Wollner gestern über
die Grenze gehen, zweitens hat er dann, als es ihm nicht zweckmäßig
schien, von der Aufteilung der Güter gesprochen. Wenn das
einer von uns sagt, dann ist das bei uns, wie soll ich nun sagen,
allerreinster Bolschewismus. Der Koll. Wollner wird ja
auch noch das Seine kriegen von denen seiner Partei, die bezüglich
der Aufteilung der Güter anderer Meinung sind. (Hluk.)
Fangen Sie an und pochen Sie auch da einmal auf die Tatsache,
daß Sie die Mehrheit der sudetendeutschen Stimmen bekommen
haben. Da gibt es kein Reden, daß andere schuld seien, und
da kann man sich nicht auf die Èechen ausreden. Politisch
das Schönste mag ihm herausgeschlüpft sein ... (Hluk.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. Zischka (pokraèuje): In der Wiedergabe
der Rede Wollners in der "Zeit" steht von der
Aufteilung der Güter nichts drinnen. Die "Zeit"
ist eben anderer Meinung hinsichtlich der Aufteilung der vorhandenen
Güter. Ich bin überzeugt, daß der Abg. Klieber
anderer Überzeugung ist, daß der Abg. Köllner
aus Trautenau anderer Überzeugung ist. Ich bin überzeugt,
daß die maßgebenden Her en in der Sudetendeutschen
Partei - und darauf kommt es an anderer Meinung hinsichtlich der
Auffassungen Wollners sind Politisch das schönste
komtm aber erst. Herr Wollner, dann haben Sie sich offeriert,
sozusagen als der Mann, von dem es möglich wäre, daß
er sich noch zum loyalsten Staatsbürger entwickelt. Schauen
Sie, erstens das Hinüberschielen über die Grenzen, dann
die Aufteilung der Güter, und zum Schluß das Offert,
verzeihen Sie mir, wenn ich das sage, wahrlich ein buntes Programm.
(Výkøiky posl Wollnera.) Sie haben nur über
die Schwierigkeiten geredet, die die èechoslovakischen
Behörden machen, über die Schwierigkeiten aber, die
die reichsdeutschen Behörden machen, wenn èechoslovakische
sudetendeutsche Arbeiter hinüber wollen, haben Sie nichts
geredet. (Výkøiky poslancù sudetskonìmecké
strany.) Sie haben weiter viel geredet von der Èechisierung.
Ein Wort, das mir sehr unsympathisch ist, ich spreche es wirklich
nicht gerne aus. (Výkøiky poslancù sudetskonìmecké
strany: Weil Ihr mitschuld daran seid!) Nein, ich spreche
es ebenso ungerne aus, wie ich ungerne höre, wenn von èechischer
Seite mit dem Worte "germanisace" gearbeitet wird. Schlagen
wir uns auch an die eigene Brust, wenn wir auf den Bänken
der Vertreter des èechischen Volkes Gehör finden wollen.
Aber das kann man Euch auch nicht genug oft sagen. Wie schaut
es denn aus? Wer hat das deutsche Kohlengebiet von Nordböhmen
èechisiert? Das waren die deutschen Kohlenbarone. (Výkøiky
poslancù sudetskonìmecké strany.) Ich
war dabei, ich habe es am eigenen Leib erlebt. Wer hat auf die
Meierhöfe im deutschen Gebiete die èechischen und
slovakischen Arbeiter gebracht? Das waren die deutschen Großgrundbesitzer.
(Hluk.) Und wer hat beispielsweise dazu beigetragen, daß
Reichenberg, oder um noch ein markanteres Beispiel anzuführen,
Kratzau in einem solchen Ausmaße mit èechischen Arbeitern,
wie soll ich sagen, bedacht worden ist? Die deutschen Fabrikanten!
(Hluk.) Sie haben also keine Ursache, dem èechischen
Volke da besondere Vorwürfe zu machen, weil wir genug Menschen
im eigenen Volke haben, die sich auch dem Gebiete der Èechisierung,
wenn schon dieses häßliche Wort gesagt werden muß,
hervorgetan haben. (Hluk.) Und Sie kommen her, gestern
ist das geschehen, und Sie, Herr Wollner, reden von der
Diphtherie in den sudetendeutschen Hungergebieten. (Hluk.)
Ich rede auch von der Diphtherie. (Výkøiky:
Reden Sie so in Neutitschein!) Ich rede seit 20 Jahren dort,
ich rede auch von der Diphtherie, aber jener Textilarbeiterinnen,
die, nachdem sie 8 Tage beim Ettrich-Streik in Jungbuch in der
Fabrik gelegen waren, mit der Diphtherie ins Krankenhaus geschafft
werden mußten. Von dieser Diphtherie, das ist eine sudetendeutsche
Erscheinung - wollen wir auch reden. Und Sie reden wegwerfend
vom Klassenkampf? Unweit von Jungbuch, von dem Betriebe, an dem,
ich will anständig sein, die Familie des Dr. Köllner
aus Trautenau beteiligt ist, liegt das Städtchen Hohenelbe.
In Hohenelbe sind heuer die Leute vom Bund der Deutschen zusammengekommen
und haben eine Resolution beschlossen, die besagt (ète):
"Der von Jahr zu Jahr immer mehr in Erscheinung tretende
Geburtenschwund bedroht durch die Schrumpfung des Binnenmarktes
auch die sudetendeutsche Wirtschaft aufs stärkste. Infolgedessen
müssen die Unternehmer schon aus wirtschaftlichen Gründen
ein besonderes Interesse an der Steigerung der Geburtenzahl haben."
(Posl. Kundt: Gewiß!) Sie haben "gewiß"
gesagt, Herr Kundt? Nun, es wäre besser gewesen, Sie
hätten damit noch gewartet, bis ein anderer "Gewiß"
sagen wird.
"Gewiß ist das Geburtenproblem in erster Linie eine
Frage der geistig-seelischen Haltung, also des Charakters eines
Menschen; aber es steht andererseits auch fest, daß ohne
die entsprechende" .... Wenn ich jetzt etwas sagen wollte
über die Führer im Dritten Reich, da würde ich
wahrscheinlich bei Euch einen Sturm der Entrüstung hervorru
fen. Wenn das Kinderkriegen eine Frage des Charakters und der
geistig-seelischen Haltung ist, dann hört wirklich jede Argumentation
auf (ète): "Aber es steht andererseits auch
fest, daß ohne die entsprechende Sicherstellung ..."
(Posl. Kundt: Natürlich!) Natürlich, das sage
ich auch. (Posl. Kundt: Das ist doch unsere Resolution!) Es
ist die Resolution des Bundes der Deutschen. Aber wenn Sie sie
sich zu eigen machen wollen, umso lieber. (Posl. Kundt: Wir
gehören ja dazu!)
"Aber es steht andererseits auch fest, daß ohne die
materielle Sicherstellung die Aufzucht" - "Aufzucht"
bitte - ... (Hluk.)