Ètvrtek 2. prosince 1937

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 119. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 2. prosince 1937.

1. Øeè posl. dr Neuwirtha (viz str. 3 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Es scheint mir nicht angängig, die Voranschlagsdebatte dieses Jahres, die im echtesten Sinne des Wortes wieder einmal politisch geworden ist, vorübergehen zu lassen, ohne die hier verschiedenerseits vorgetragenen politischen Erörterungen zum Nationalitätsproblem in ganz grundsätzlicher Weise zu ergänzen.

Es ist in diesen Tagen sehr viel über die deutsch-èechische Frage, und zwar über dadas Verhältnis der Bürger deutscher und èechischer Zunge zueinander, zum Staate, über das Verhältnis des èechischen Volkes und des èechoslovakischen Staates zum Deutschtum beziehungsweise zum Kernstaate der deutschen Nation, zum Deutschen Reich gesprochen worden. Diese Debatte hat, so sehr man im einzelnen in den Auffassungen auseinandergehen mag, so sehr man über diese oder jene Meinung oder Behauptung streiten kann und streitet, der Welt erneut gezeigt, daß es ein deutsch-èechisches Problem als vitales Problem des Staates gibt. Denn naach all den Deklarationen bei früheren Anlässen von Ihrer Seite, meine Herren Kollegen von der èechischen Seite, wurden nun gerade Ihrerseits jene Feststellungen gemacht, die den Charakter des Nationalitätenproblems im Nationalitätenstaat als eines vordringenden politischen Problemes erwiesen haben. Die Kürze der mir zur Verfügung gestellten Zeit zwingt mich, mich auf diese Feststellung zu beschränken, obwohl der Nachweis dieser meiner Behauptung im gleichen Maße reizvoll und im gewissen Sinne notwendig wäre.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der èechischen Seite, in früheren Zeiten vom Nationalitätenproblem sprachen und durch Beteuerung Ihres guten Gewissens in der Minderheitenpolitik dargetan haben, daß es im Staate höchstens Nationalitäten, aber kein Nationalitätenproblem als Staatsproblem gibt, so haben Sie diesmal durch die Feststellung dessen, was für Sie selbst vital geworden ist, die Existenz des Problems im Sinne unserer Auffassungen vor aller Welt deklariert. Und das ist, so paradox es klingen mag, der Fortschritt. Wir sind Zeugen des unaufhaltsamen geschichtlichen Prozesses des Wirksamwerdens der Nationalitäten im Aufbau des Nationalitätenstaates im Zuge der Veränderungen politischer Machtverhältnisse.

Wir konstatieren dies keinesfalls etwa aus Schadenfreude. Wir stellen bloß fest, was ist: Nachdem es aber nun einmal so weit ist, wird es zur moralischen und politischen Pflicht, in der nüchternsten Weise die eindeutigsten Feststellungen zu treffen, die allein in ihrer Art dem Durchbruch politischer und praktischer Vernunft zu dienen vermögen, auch vielleicht dann, wenn sie von Ihnen, meine Herren Kollegen auf der èechischen Seite, schmerzlich empfunden werden mag, von lhnen, für die die Erkenntnis gleichbedeutend ist mit opfervollem Verzicht, sofern Sie aus der Erkenntnis der geänderten Lage praktische Folgerungen zu ziehen geneigt sind.

Hohes Haus! Ich habe im Vorjahre im Budgetausschuß mich in sehr offener Weise mit dem staatspolitischen Sinne uns eres grundsätzlichen Rechtskampfes auseinandergesetzt. Um darzutun, in welch em Maße unsere Linie seit Jahr und Tag ebenso einheitlich und aufrichtig,. wie in Ansehung des faktischen Charakters des Staates als eines Nationalitätenstaates konstruktiv ist, darf ich an einige Gedanken und Feststellungen erinnern, die ich vor Jahresfrist vorzubringen hatte.

In dem damaligen Zusammenhange war ich ausgegangen von der Funktion des Rechtes im Staate der Moderne und ich hatte im besonderen hinweisen müssen auf die Bedeutung der Funktion des Rechtes im Staate, der noch in unserer Zeit als Besonderheit eine Vielfältigkeit von Nationalitäten aufweist, aus deren Gesamtheit erst das tragende personelle Staatselement erwachsen soll, das eine überkommene Staatslehre als "Staatsvolk" bezeichnet. Denn unser Staat, von Ihnen, meine Herren von der èechischen Seite, als Nationalstaat gesehen und gewollt, zur Zeit deshalb auch èechoslovakisch genannt, ist in Wahrheit Nationalitätenstaat, in dem im Widerstreit der aufspaltenden wirtschaftlichen und sozialen Differenzen die Dissonanz gesellschaftlicher Spannungen ve rmehrt wird um die Komponente wirksamgewordenen Nationalbewußtseins der Nationalitäten, die eben aus unterschiedlichem Lebensrythmus und Weltbild in immer stärkerem Maße ihr Dasein anmelden und damit Anforderungen an Gegenwart und Zukunft stellen.

Die natürlichen bevölkerungsmäßigen Tatsacb en sind und bleiben nicht nur Tatsachen ethnographischer Art, sondern sie werden zur Quelle neuer und elementarer Dynamik, weil in einem Zeitpunkte höchster Demokratisierung das Gemeinschaftsbewußtsein der sich selber in kultureller Eigenart bewußtgewordenen Kollektiva, der Nationalitäten, der nationalen Volksgruppen, in Erscheinung getreten ist.

Ich hatte weiter konstatiert, daß dem nun einmal so ist, wenn man Ihrerseits, meine Herren von der èechischen Seite, auch lange genug den Kopf in den Sand gesteckt hat, und ich hatte schon im vorigen Jahre mit aller Offenheit erklärt, daß der Staatspositivismus einer Volksgruppe vom Range der Deutschen notwendig das Ende aller èechischen Nationalhoffnungen im überkommenen Sinne eines kleinbürgerlichen Nationalismus sein muß.

Hiezu konstatiere ich, daß dem auch heute erst recht so ist und bleibt, trotz des Walles aus Beton und Eisen, den Sie seither an der Grenze des Staates errichtet haben, trotzdem eingetreten ist, was wir vorausgesagt haben, insoweit als das deutsche Siedlungsgebiet im Staate seine Zone minderen Rechts geworden ist, trotzdem Sie einen Sondersektor öffentlichen Rechtes aus dem Titel des Staatsverteidigungsgesetzes und der Militärverratsnovelle entwickeln konnten, der erfüllt ist von einer unheimlichen und unheilsvollen Mechanik, [ ].

Dem gegenüber habe ich in nüchterner leidenschaftsloser, aber deshalb nicht weniger realer Erfassung dessen, was ist, nur entgegenzuhalten, was ich ebenfalls im Vorjahre gesagt habe: Die Dynamik, die aus den bevölkerungs- und nationalitätenmäßigen Voraussetzungen des Staates erfließt, ist elementar. Sie kann von wahren Staatsmännern nur erkannt, anerkannt und zum Besten des Staates nutzbar gemacht werden. Den Ängstlichen und Zaudernden auf èechischer Seite sagen wir, daß es zum modernen Menschen eben gehört, daß ihm die Bewährung in einer sinnvollen Aufgabe wichtiger ist als die Rebellion; daß aber andererseits dort, wo zur Verantwortung berufene Staatsführung es zuläßt, daß für denkende selbstbewußte Menschen das Leben sinnlos wird, weil sie es nicht mehr aus ihrer arteigenen Voraussetzung leben können, im Laufe jeder gesellschaftlichen Entwicklung staatliche Zersetzung, [ ] und Chaos stehen.

Daran, und das füge ich heute hinzu, kann auch die Entwicklung stärkster Macht nichts ändern. Verkrampfung natürlicher Entwicklung ausschließlich von der Macht her, kann nur Entwicklungen hemmen, sie kann unter Einsatz von Macht als Mittel staatspolitischer Verlegenheit konsequent durchgeführt nur das Maß der Opfer, das Maß des Unglücks bis zur Sinnlosigkeit vergrößern, geschichtlichen Prozeß zu hemmen vermag sie niemals.

Wer diese Tatsache übersieht, mag vorübergehend Rückgefühlen politischer Art dienen; Humanität als praktische Verantwortung vor Kind und Kindeskindern, vor seinem Volke, vor Gott und vor der Geschichte verrät er. Haß aber, wie er spürbar seit Jahr und Tag von gewissen Faktoren verbreitet wurde und wird gegen alles, was natürliches Recht auf Seiten der Nationalitäten mit Konsequenz in unverjährbarem Anspruch anmeldet, kann nur die Dinge vollends zum Schlimmern wenden. Ich war vor Jahresfrist in einem speziellen Punkte besonders deutlich und offen und ich habe keine Veranlassung, es heute weniger zu sein. Wenn im Jahre 1918 und in den Jahren darnach viel von èechischem Nationalstaat gesprochen worden ist, geschah das mit gutem Grunde.

Staat ist von den Menschen gesehen, die ihn tragen wollen, ein Gradbegriff; gesehen von den Menschen her einerseits, die diesen Staat nach seiner Gründung unter keinen Umständen tragen wollten und gesehen andererseits von den Menschen her, die ihn unter allen Umständen rein machtpolitisch zu tragen bereit waren, war der èechoslovakische Staat Nationalstaat. Ich glaube, viele der slovakischen Kollegen neigen allerdings dazu, mir Recht zu geben, wenn ich sage, vielleicht fast nur èechischer Nationalstaat.

Das hat sich zwangsläufig in dem Maße geändert, in dem die Angehörigen der Nationalitäten sich mit der Tatsache der neuen Staatlichkeit abgefunden haben und dafür aber nun den Staat als ihren Staat mit in Besitz zu nehmen sich anstellen.

Und darum heißt es: wenn wir Deutschen mit der heute gegebenen Staatlichkeit auf dem Boden der sogenannten historischen Länder Böhmen, Mähren und Schlesien uns abfinden, dann muß man uns die Möglichkeit geben, teilzunehmen an jener Staatlichkeit, nicht als Untertan, sondern gestaltend und mittragend (Potlesk poslancù sudetskonìmecké strany.), aus dem ebenso anspruchsvollen, wie leistungsfähigen Bewustsein von Menschen, die reif geworden sind zu politischem Handeln. Deshalb muß man mit uns den Staat teilen, neu ordnen auf der Grundlage machtmäßiger Neuordnung.

Und damit komme ich zu Feststellungen unter zwei Gesichtspunkten, die zur Vermeidung allen Mißverständnisses gerade im Zuge dieser Voranschlagsdebatte, zu diesem Zeitpunkt und von hier aus neu gemacht werden müssen. Zum ersten: Es ist in diesen Tagen in Fortsetzung der politischen Gespräche dieses Jahres wieder viel von Proporz gesprochen worden und es ist so getan worden, als ob Proporz am Anteile an Beamtenschaft und an den zur Verteilung gelangenden Mitteln öffentlicher Hand unsere Kardinalforderung wäre, die zu befriedigen wäre und die Sie, meine Herren von der èechischen Seite, wenn auch schweren Herzens zu befriedigen im Begriffe stehen.

Hier scheint mir ein schwerwiegender Irrtum aufzukommen. Deshalb sei auf alle Fälle konstatiert: Proporz an sich ist ein quantitatives und formales Prinzip. Als solches ist er an sich nicht ohne weiteres tauglich zur Lösung von Problemen, die aus dem gesellschaftlichen Leben erwachsen, deren Eigenheit gegründet ist in natürlicher elementarer gesellschaftlicher Dynamik, wie ich vorher ausgeführt habe, die als solche nur erkannt und gestaltet werden kann oder nicht. Auch der Proporz als formales Prinzip exakt verwirklicht könnte für Sie zunächst nur ein bestechendes und wirksames Argument werden. Zufriedengestellt könnten wir unter diesen Voraussetzungen niemals werden. Das sei gesagt, damit Sie nicht einmal uns den Vorwurf machen können, wir hätten Sie im Unklaren gelassen und seien unehrlich gewesen.

Was kann Proporz heißen? Proporz kann heißen - und so meinen Sie es auch in Ihrer Praxis - daß deutsche Beamte und Angestellte im Staate nach Maßgabe des Bevölkerungsschlüssels anzustellen sind und daß in eben derselben Weise die Mittel der öffentlichen Hand zugunsten auch der deutschen Nationalität, der deutschen Volksgruppe zur Ausschüttung gelangen. Wir sagen: das sowieso. Aber mit sehr zweckhaftem und unwandelbarem Ziel: nämlich um damit den gesellschaftlichen Organismus der Nationalitäten als einen maximal entwickelten und entwickelbaren wirtschaftlichen und kulturellen Organismus zu fördern.

Es tut mir unendlich leid, daß mangelnde Sprechzeit es mir unmöglich macht, hier so konkret zu werden, daß Ihnen für alle Zeiten jeder Rückzug auf Mißverständnisse unmöglich wird. Vielleicht aber vermag eine Feststellung die Situation eindeutig zu klären. Der gesellschaftliche Aufbau unserer Volksgruppe als kultureller Organismus, somit als eine kulturtragende und ständig von neuem kulturschaffende und kulturentwickelnde gesellschaftliche Realität, hat sich seit dem Jahre 1918 grundlegend geändert. Wir sind nicht nur ökonomisch, wir sind auch kulturell in unserem gesellschaftlichen Leben überhaupt unverhältnismäßig arm geworden. Es ist so, daß der Angestellte, der Beamte im Staate unserer Zeit und vor allem in einer Gesellschaft, die von hausaus nicht allzu reich ist und deren Angehörige zum großen Teil in engsten wirtschaftlichen Verhältnissen leben, als Kleinbauern, als Arbeiter, neben seiner beruflichen Funktion die besondere gesellschaftliche Funktion des richtunggebenden Kulturfaktors, des kulturellen Führers hat.

Indem Sie uns diesen Faktor genommen haben, haben Sie uns arm gemacht. Wenn wir immer wieder rufen müssen, 40.000 deutsche Staatsbeamte zu wenig, dann denken wir zuletzt an das Materielle, an die Milliardenbeträge, die Sie uns ungeachtet unserer Steuerleistungen vorenthalten, sondern dann denken wir in erster Linie an die klaffenden Lücken, die Sie in kulturell zivilisatorischer Hinsicht in unsere Volksgruppe gerissen haben. Dann melden wir leidenschaftlichen Protest an, nicht aus materiellen Erwägungen, sondern aus den tiefsten Quellen eines Ethos, das nichts zu tun hat mit jenem kleinen bürgerlichen Nationalismus, aus dem heraus eine priviliegirte Hetzpresse Ihres Volkes meine Herren aus dem èechischen Lager, täglich Ihre Menschen verhetzen darf. Nein! Dann haben wir das Ethos für uns, das aus den Hintergründen echtester humanitärer Gesinnung, die als praktischpolitische Verantwortung für den Fortschritt der Menschheit empfunden wird, erwächst. Deshalb, meine Herren, nicht Proporz in dem Sinne, daß Sie uns deutsche Beamte in Èáslav oder Hradec Králové geben. Geben Sie uns die deutschen Beamten wieder, die für unsere Bauern, unsere Arbeiter, unseren gewerblichen Mittelstand als kulturelle Führer zu dienen vermögen. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké strany.) Geben Sie uns in unserer deutschen Heimat die Beamten wieder, die über ihre engste beruflich technische Aufgabe hinaus in ihrer Berufsausübung endlich wieder die ökonomischen und sozialen Nöte unserer Heimat sehen, die aus beruflichem Können und aus echtem Beamtenethos heraus die gesellschaftlichen Angelegenheiten unserer deutschen Heimat ernsthaft verwalten, statt in allen Zweigen der Verwaltung nur den Polizeimann im Sinne seiner unangenehmsten Seite der rücksichtslosen und nie konstruktiven Machtübung zu spielen; sei es, daß man statt dem Gewerbetreibenden mit Rat und Tat vorwärts zu helfen, die nach freiem Ermessen zulässige Höchststrafe für lächerliche Ordnungswidrigkeiten aufdiktiert, sei es, daß man so verfährt in Angelegenheiten der Baupolizei, der Verkehrsordnung oder irgendeines spezifischen Sektors unserer Verwaltung.

Meine Herren von der èechischen Seite, das und nichts anderes ist die politische Forderung, die wir aus echten gesellschaftlichen Nöten unserer Volksgruppe erheben und erheben müssen, für alle Zukunft, das ist der Hintergrund unserer Autonomieforderung, mit der Sie sich auseinandersetzen müssen, wie immer unter zeitbedingten Notwendigkeiten und Möglichkeiten, technische Möglichkeiten der Selbstverwaltung für uns gesucht und gefunden werden mögen.

Damit habe ich eigentlich auch schon zum zweiten etwas angedeutet, was hier festzustellen ist. Nicht im Rahmen dieser Debatte, aber zeitlich gleichlaufend hat unser Herr Außenminister Dr. Krofta auch etwas zur Innenpolitik gesagt. Das sei ihm an und für sich nicht übel genommen, weil unser Herr Außenminister ein Mann von so außergewöhnlicher Bildung und eine so ausgeprägte respektwürdige Persönlichkeit ist, daß es eine Banalität wäre, ihm etwa unter formalem Hinweis auf seine amtsmäßige Kompetenz zu sagen: Schuster bleib bei deinem Leisten! Das möchte ich ausdrücklich feststellen. Aber es ist außerordentlich bedauerlich, daß der Herr Außenminister Dr. Krofta den Historiker Professor Dr. Krofta, noch dazu in dieser Art einen Mann von großem Rang, offenkundig daheim vergessen hat. Unser Herr Außenminister hat am 11. November erklärt, daß dem Wunsche des Herrn Präsidenten-Befreiers, des Herrn Staatspräsidenten und des Herrn Ministerpräsidenten gemäß die Frage unserer Minderheiten nur eine technisch-rechtliche Frage werden möge, die des politischen Charakters entbehre. Gestatten Sie für heute und an dieser Stelle die Behauptung, daß die Berufung auf den Herrn Altpräsidenten unbegründet ist.

Gewiß, der Mann, der heute der Geschichte angehört, hat in einem langen Leben zu verschiedenen Zeiten verschiedenes gesagt und verschiedenes sagen müssen. Auffassungen jedoch herauszustellen, wie sie der Herr Außenminister gebracht hat, heißt das Andenken an diesen großen Mann schmälern. Geben Sie mir Zeit und ich werde Ihnen aus den Schriften T. G. Masaryks nachweisen, daß er Volkstum als ursprüngliche tragende gesellschaftliche Kraft anerkannt hat und daß er ebenso die Entwicklung des Volkstums als Zweck und Ziel der organisierten gesellschaftlichen, somit der staatlichen Tätigkeit, anerkannt hat, auch für die nationalen Minderheiten. Ebenso aber kann ich nicht glauben, daß die Formel des Herrn Außenministers die Formel des Soziologen Dr. Eduard Beneš, der als Staatspräsident hier aus Gründen parlamentarischer Courtoisie außer Diskussion bleiben muß, wie des Soziologen Dr. Milan Hodža ist. Von letzterem erwarten wir, daß er nicht verfehlen wird, als Ministerpräsident hier die notwendigen Klarstellungen noch im Zuge dieser Voranschlagsdebatte zu treffen.

Ich habe eingangs eingehend dargetan, warum das Nationalitätenproblem zwangsläufig ein eminent politisches Problem ist, ja warum es das Zentralproblem und damit das vordringende politische Problem des Staates ist. Das Minderheitenproblem im Staate könnte nur dann ein technisch-rechtliches Problem sein und als solches behandelt werden, wenn vom Politischen her die Rechte der Minderheit eindeutig abgesteckt wären. Das aber weisen wir Ihnen ja seit Jahr und Tag nach, daß ein unerhörter Zwiespalt besteht, zwischen dem normativen Verfassungszustand, insoweit er in der Verfassung die Prinzipien der Gleichheit und der echten kulturellen Entwicklungsfreiheit auf Grund der arteigenen gesellschaftlichen Voraussetzungen des Einzelnen, nämlich seiner angeborenen nationalen Zugehörigkeit verheißt, und zwischen den faktischen Verfassungszuständen als jener Unsumme fachlicher Entscheidungen und Handlungen der formalen und faktischen Repräsentanten des Staates aus dem Titel der Staatshoheit heraus, die Tag für Tag programmatisch und faktisch so erfolgen, als ob der Staat lediglich eine èechische Angelegenheit und für èechischeZwecke vorhanden wäre. Damit nämlich wurde jenes faktische Syst em geschaffen, das wir als Syst em der Unfreiheit, ja der Persekution empfinden, und laut und vernehmlich als solches bezeichnen müssen.

Ich konstatiere gerne, daß nicht nur Angehörigen der Regierungsparteien es möglich wird, schreiendste Erscheinungen und Tatsachen unserer Verwaltungspraxis durch Intervention an zuständiger Regierungsstelle zur Abstellung zu bringen. So ganz ist die Überlieferung der Rechtstaatlichkeit aus dem konstitutionellen Kaiserstaat noch nicht verloren gegangen. Entscheidend ist aber nicht, ob ich oder einer meiner Freunde von dem oder jenem Regierungsmitglied auch gehört werden, wenn wir mit einer handgreiflichen Unmöglichkeit aus dem Alltag unseres öffentlichen Lebens kommen. Das muß eine Selbstverständlichkeit sein und bleiben. Das Problem besteht darin, ob wir zu einem Zustand des öffentlichen Lebens kommen können, in welchem wir bei selbstverständlich technisch bester Administration, hier im weitesten Sinne des Wortes gemeint, maximale kulturelle Entwicklung unserer Nationalität als eines Kollektivums auf der Grundlage vorhandener Fähigkeiten, des Fleißes, kurzum bester bürgerlicher Tugenden gewährleistet bekommen. Dazu aber bedarf es der Schaffung der politischen Voraussetzungen im Sinne jener Strukturwandlungen im verfassungsmäßigen Zustand unseres Staates, die darauf hinauslaufen, daß Sie, meine Damen und Herren von der èechischen Seite, zum Besten des Staates den faktischen Einfluß im Staate, damit den Staat, mit den Nationalitäten, vulgo gesprochen mit uns, so teilen, daß wir des staatlichen Lebens auch teilhaftig werden.

Erst von da ab wird das Minderheitenproblem ein technisch-rechtliches Problem im Sinne bester, zweckmäßiger und gerechtester Administration sein können und nicht früher. Schaffen Sie diese politischen Voraussetzungen und wir werden gerne mit Ihnen eintreten in einen leidenschaftlichen Wettbewerb zum Besten des so neu geordneten Staates im ererbten böhmischen Raum, zum Besten Ihres Volkes, unserer Volksgruppe und all der Nationalitäten, die nun einmal die bevölkerungsmäßige Voraussetzung des Staates bilden und für alle Zukunft bilden werden. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké strany.)


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