Hohes Haus! Der Sprecher der Sudetendeutschen Partei hat gestern
hier die deutschen Regierungsparteien für ihr ehrliches Bemühen,
ihrem Volke zu dienen und für das friedliche Zusammenleben
der Nationen in diesem Staate zu arbeiten, in einer geradezu unqualifizerbaren
Weise beschimpft. Ich habe namens der Deutschen sozialdemokratischen
Arbeiterpartei, der Deutschen christlichsozialen Volkspartei und
des Bundes der Landwirte hiezu nur folgendes kurz und bündig
zu erklären (ète):
Die Sudetendeutsche Partei hat bisher ihren gehässigen Kampf
gegen die deutschen Regierungsparteien in der Hauptsache auf den
Vorwurf gestützt, daß der Aktivismus in nationalpolitischer
Hinsicht keine Erfolge erzielt hätte. Obwohl ihr eigenes
Auftreten eine Kette von Mißerfolgen darstellt, die bei
ihren eigenen Anhängern tiefste Enttäuschung hervorgerufen
hat, setzt die SdP. ihre Attacken gegen den deutschen Aktivismus
auch in einem Augenblicke fort, wo sein zehnjähriges Bemühen
um nationale Verständigung von dem ersten sichtbaren Erfolge
begleitet war. (Výkøiky. - Místopøedseda
Taub zvoní.) Im schroffsten Gegensatz zu der Zustimmung.
(Hluk. - Místopøedseda Taub zvoní),
welche die von den deutschen Regierungsparteien erzielten bisherigen
Verhandlungsergebnisse in weiten Kreisen des schwergeprüften
sudetendeutschen Volkes gefunden haben, hat der Sprecher der Sudetendeutschen
Partei von dieser Tribune aus versucht, die Träger des Verständigungswerkes,
in der unerhörtesten Weise herabzusetzen. (Výkøiky.)
Sie scheinen das nicht zu verstehen!
Dem Herrn Abg. Sandner hat es beliebt, das Ergebnis der
Verhandlungen an einer Stelle seiner Rede als an Volksverrat grenzend
und an einer anderen Stelle geradezu und ohne Einschränkung
als Volksverrat zu bezeichnen. (Hluk. - Místopøedseda
Taub zvoní.) Wir stellen dazu vor allem sachlich fest:
Herr Sandner bezeichnet es als Volksverrat, wenn die Regierung
den wirklichen Willen kundgibt, darauf zu achten, daß in
allen Gebieten des Staates gleichmäßig nach den Bedürfnissen
Arbeiten in Bauten investiert werden (Hluk. - Místopøedseda
Taub zvoní.) und daß dabei in dem von den Deutschen
bewohnten Gebieten ortsansässige Unternehmer und Arbeiter
beschäftigt werden und daß alle amtlichen Organe für
die strenge Einhaltung dises Grundsatzes verantwortlich gemacht
werden. (Výkøiky. - Místopøedseda
Taub zvoní.) Herr Sandner bezeichnet es als
Volksverrat, wenn verbindlich festgelegt wird, daß die Institutionen
der Jugendfürsorge von Angehörigen des eigenen Volkes
geleitet werden und daß diese Institutionen gesichert und
ausgebaut werden sollen. (Výkøiky. - Místopøedseda
Taub zvoní.)
Herr Sandner bezeichnet es als Volksverrat, wenn Angehörige
der Minderheiten in größerem Maße in den öffentlichen
Dienst aufgenommen werden und wenn dabei die Erreichung einer
gerechten Proportionalität angestrebt werden soll. Es soll
Volksverrat sein, wenn das Ausmaß der Sprachenprüfungen
nach den tatsächlichen Erfordernissen des Staates geregelt
wird, Volksverrat, wenn den deutschen Gemeinden die Korrespondenz
mit den Behörden erleichtert wird. Es soll Volksverrat sein,
wenn die Pflege des Bildungswesens den nationalen Minderheiten
im Geiste gebührender Proportionalität zugesichert wird.
(Výkøiky.)
Diese positiven Ergebnisse, deren Tragweite wir keineswegs überschätzen,
die aber doch positive Ergebnisse im Gegensatz zu den hohlen Deklamationen
der Sudetendeutschen Partei darstellen, würden den uns entgegengeschleuderten
Vorwurf selbst dann widerlegen, wenn sie das letzte und endgiltige
Ergebnis unserer Bestrebungen darstellten. (Výkøiky.)
Aber es ist eine sonderbare Auffassung anzunehmen, daß
mit dem 20. Feber die politische Entwicklung aufgehört habe,
umso sonderbarer, wenn sie von einer Partei kommt, deren Vertreter
unausgesetzt, das Wort "dynamisch" im Munde führen.
In einem Atem auf die historische Entwicklung pochen und zugleich
eine Erklärung der Regierung zu den aktuellen nationalen
Problemen als Abschluß der lebendigen Entwicklung hinzustellen
und daraus für sich das Recht zur endgiltigen Aburteilung
abzuleiten, das bedeutet, von vornherein mit dem Mangel an Mut
zur Objektivität an das Problem herangehen. (Výkøiky.
- Místopøedseda Taub zvoní.) Dieser
Mangel an Objektivität geht so weit, daß die in der
Kundmachung der Regierung ausdrücklich enthaltenen Erklärungen
geflissentlich übersehen werden, welche eine Weiterentwicklung
nicht nur nicht ausschließen, sondern geradezu ankündigen.
Es geschieht dies in dem Passus der Regierungskundgebung, welche
eine Vertiefung der Schulorganisation in Aussicht stellt, vor
allem aber in der Schlußformel, in der nicht nur das konsequente
Festhalten an einer gerechten Minderheitenpolitik, sondern ausdrücklich
ihre Entfaltung proklamiert wird. (Výkøiky. Místopøedseda
Taub zvoní.)
Die Sudetendeutsche Partei vermißt die Festlegung des Verhandlungsergebnisses
in Gesetzen und Regierungsverordnungen. Wir könnten dem gegenüber
einfach auf die Erklärung des Herrn Abg. Dr. Rosche
vom 1. Dezember 1936 verweisen, die ebenfalls an dieser Stelle
abgegeben, von keiner verantwortlichen Stelle der Sudetendeutschen
Partei desavouiert wurde und in der nicht mehr und nicht weniger
gesagt wird, als daß ein administrativer Federstrich genügen
würde, um das ganze sudetendeutsche Problem zu lösen.
Wir sind weit davon entfernt, uns den damaligen bescheidenen Standpunkt
des Sprechers der SdP zu eigen zu machen, stellen jedoch fest,
daß sich Herr Abg. Sandner in seiner gestrigen Rede
mit den Auffassungen des Herrn Dr. Rosche in auffallendem
Widerspruch gesetzt hat. (Výkøiky.) Diese
Zwiespältigkeit zwingt uns, vor der sudetendeutschen Öffentlichkeit
in aller Form klarzustellen, daß die Sudetendeutsche Partei
auf parlamentarischen Boden noch niemals ein konkretes nationalpolitisches
Programm entwickelt hat, welches über die von den deutschen
aktivistischen Parteien vertretenen Forderungen hinausginge.
Was wir bisher erzielt haben und was wir noch anstreben, ist nichts
anderes, als die praktische Verwirklichung des in der feierlichsten
Form der Gesetzgebung, nämlich in der Verfassungsurkunde,
ausgesprochenen Grundsatzes der vollen nationalen Gleichberechtigung.
Wir sind tief überzeugt, daß die Erfüllung der
Lebensansprüche des sudetendeutschen Volkes nur durch aktive
Mitarbeit im Staate und auf dem Boden seiner demokratischen Verfassung
möglich ist. (Výkøiky.) Zu dieser Mitarbeit
bekennen wir uns, während die Sudetendeutsche Partei bisher
stets bewiesen hat, daß sie dazu unfähig ist. Die Partei,
welche ihren Wahlerfolg nicht zuletzt der großsprecherischen
Parole verdankt: "Die anderen haben geredet, wir aber werden
handeln", hat sich seit ihrem Einzug in dieses Haus konsequent
auf den Boden gestellt, auf dem positives Handeln unmöglich
ist. Sie hat sich auf das Reden zurückgezogen und sie überläßt
uns das Handeln. (Potlesk a souhlas. - Výkøiky.
- Hluk. - Místopøedseda Taub zvoní.)
Es wird der Sudetendeutschen Partei auch mit der neuerlichen Proklamierung
ihres Totalitätsanspruches nicht gelingen, unsere zielbewußte
Aufbaua beit zu stören. Wir stehen hier kraft unseres parlamentarischen
Mandates, das uns nach den Grundsätzen der parlamentarischen
Verfassung zur politischen Mitbestimmung beruft. Wir stehen hier
im Auftrage unserer Wähler, wir vertreten hier aber auch
die Interessen aller Sudetendeutschen, die von Parlament und Regierung
nicht Formeln und Redensarten, sondern die Förderung ihrer
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse erwarten.
Zu der überheblichen Beschuldigung Sandners, der die
von den deutschen Regierungsparteien aus ernster Hingabe für
die Lebensinteressen des sudetendeutschen Volkes unternommene
Verständigungsaktion in ihren Motiven zu verdä chtigen
wagt, stellen wir fest: Das Ehrenschild der deutschen Regierungsparteien
in der Arbeit für das sudetendeutsche Volk kann durch Verunglimpfungen,
brudermörderischen Parteihaß nicht beschmutzt werden.
(Potlesk a souhlas.) Unser nationales Gewissen ist rein,
unser Wollen ist zu erhaben, als daß es durch die Beleidigungen
des Herrn Abg. Sandner in den Augen der parteimäßig
unvoreingenommenen Öffentlichkeit getroffen werden könnte.
Nichts destoweniger stellt der Versuch des Herrn Abg. Sandner
eine gewollte Verleumdung der aka tivistischen Politik der deutschen
Regierungsparteien dar, welche wir sogleich von dieser Stelle
aus mit der gebührenden Verachtung auf das schärfste
zurückweisen. (Potlesk. - Hluk.)