Indem die Èechoslovakei Verbündeter der Sowjetuniongeworden
ist, gerätsiein Gefahr Sperrfort zu werden, aber nicht in
einem Kampfe um den europäischen Frieden, sondern im Kampfe
zwischen zwei Weltanschauungen, von denen aber keine die ihre
ist. (Sehr richtig!) Bei unbefangenen Beobachtern in aller
Welt ist heute nirgendsmehr ein Zweifel darüber, daß
das bolschewistische Rußland noch viel weiter von den Idealen
der Demokratie und der Humanität entfernt ist als das nationalsozialistische
Deutschland. (Sehr richtig!) Wenn aber trotzdem Demokraten
fürden Bolschewismus Partei ergreifen, beweist dies nur,
daß es ihnen nicht um die Befestigung einer Demokratie alsEndzielgeht,
sondern um die Sicherung einer Gesinnung, die beim rötlichen
Liberalismus beginnt und unweigerlich zum blutigen Bolschewismus
führt. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké
strany.)
Wir sagen es frei heraus: (Hlasy: Es lebe der Bolschewismus!)
Wir haben es bekannt und wir bekennen esimmer wieder: Wirsind
für die Erhaltung der Demokratie und sind bereit für
ihre Vervollkommnung im Geiste einer wahren Demokratie zu arbeiten.
Wir begrüßen es, daß gestern unser neugewählter
Herr Hauspräsident ausgesprochen hat, daß der größte
Schädling der Demokratie die Demagogie ist (Potlesk poslancù
sudetskonìmecké strany.) und daß wir alle
gegen diesen Feind vorgehen müssen. Andererseits meine Herren,
werden wir uns bis zum Äußersten gegen eine Bolschewisierung
wehren. Wer sein Land, seinen Staat und seine Heimat liebt, ist
mit Recht besorgt ob einer Politik, die sehrleichtdazu führen
kann, daß die Heimat zum Niemandsland zwischen feindlichen
Schützengräben wird.
Nun meine Herren, das èechoslovakischsowjetrussische Bündnis
wird meistens beschwichtigend als ein Schutzbündnis für
alle Fälle bezeichnet. (Výkøiky posl. Beuera.)
PassenSieauf, jetztwird essehrinteressant. In Wahrheit ist
es jedoch nicht ein bloßer Sicherheitspakt, sondern vorwiegend
ein politisches Bündnis zwischen der èechoslovakischen
heißt, zwischen zwei politischen Weltanschauungen, die zwar
in der Wahl ihrer Methodenverschieden, in derletzten Zielsetzung
einander aber nicht einmal sehr unähnlich sind. Dies alles,
meine Herren, erfährt man zwar nicht von unserem Herrn Außenminister,
also aus den offiziellen Darlegungen. Aberwissen Sie, woher? Das
erfahren wir... (Posl. Beuer: Von Goebbels!) Nein, nicht
einmal, sondern von dem politischen Adlatus des Herrn Außenministers,
vom Außenpolitiker der "Lidové noviny",
Herrn Hubert Ripka. Dieser Publizist, der als inoffizielles Sprachrohr
des Herrn Außenministers angesehen werden kann, schildertuns
nämlich die genaueren revolutionären Fernznziele des
Bolschewismus in dem Organ der Gesellschaft der Freunde von Sowjetrußland,
der Zeitung "Svìt sovìtù" mit aller
nur wünschenswerten Offenheit. Gestatten Sie, daß ich
aus diesen prächtigen Darlegungen eine Stelle vorlese (ète):
"Frankreich, die Èechoslovakei und Sowjetrußland,
drei Länder verschiedenerKulturen, verschiedenergeschichtlicher
Traditionen, vielfältiger Interessen, sehr ungleicher Größe,
verschiedener nationaler Art, verschiedener, ja sogar gegensätzlicher
gesellschaftlicher Struktur - und doch sind diese drei Länder
heute durch etwas Stärkeres als nur durch das augenblickliche
gemeinschaftliche politische Interesse verbunden. Es ist dies
nicht nur der konstruktive Gedanke des Friedens, welcher sie verbindet,
ich - gemeint ist Herr Ripka - bin tief überzeugt, daß
diese Länder, wenn auch gegen den Willen mancher derzeitiger
Machtträger und politischer Repräsentanten zu einem
sozusagen schicksalhaften Bunde durch eine einzige gemeinsame
Erfahrung getrieben sind: es sind dies drei Länder, welche
wirkliche Revolutionen durchgemacht haben, geistige, sittliche,
soziale Revolutionen, welche trotz ihrer vielfachen Ausdrucksformen
und ihrer konkreten Ziele hinter dem gemeinschaftlichen menschlichen
Ideale einherstreben: Die Befreiung des Menschen und der Gesellschaft
aus geistigen, politischen und sozialen Fesseln. Von derhussitischenRevolution
über die französische Revolution zur russischen Revolution
entwickelt sich das bisher noch nicht beendete Drama der europäischen
Emanzipation, welches aufdie Begründung einer besseren, freieren,
gerechteren Gesellschaftsordnung hinzielt. (Hluk. - Výkøiky
posl. Beuera.) Wir machen eben eine der spannendsten Perioden
diesesDramas durch. Drei Länder von revolutionärer Tradition,
deren schöpferische Kraftsich an dem begeisterten Dienste
an im wesentlichen gleichen Ideale inspiriert, konnten sich nicht
finden, ohne ihre Interessen zu verknüpfen. Die Ursache des
französisch-èechoslovakisch-sowjetrussischen Bündnisses,
welches sichjetztvorläufig in der Form politischer Pakte
herausbildet, ist tiefer, als viele meinen. Auf dieser Grundlage
wird in der Zusammenarbeit mit den übrigenNationenauch dieeuropäischeGesellschaft
aufgebaut werden."
Es lohnt sich, auf diese wirklich offenen Worte, für die
wir sehr dankbar sind, etwasnähereinzugehen. Ich wiederhole,
esist nicht der konstruktive Gedanke des Friedens. Mit diesen
wenigen Worten deckt Herr Ripka Zusammenhänge und Absichten
auf, die bishergeleugnetwurden. Daß aberdas,wasüber
diekonstruktiven Gedanken des Friedens hinausgeht, durchaus nicht
dem Wunsche und Willen unserer- Gesamtregierung und aller verantwortlichen
Faktoren des Staates entspricht, zeigt mit geradezu erheiternder
Deutlichkeit der Nebensatz: "...wenn auch gegenden Willen
mancher derzeitiger Machtträger und politischer Repräsentanten."
Damit ist ausgesprochen, daß die Fernziele des Sowjetpaktes
hinter dem Rücken und gegen den Willen verantwortlicher Faktoren
des Staates abgestecktwerden. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké
strany.)
Welches sind nun die Fernziele? Die Befreiung des Menschen und
der Gesellschaft aus geistigen, politischen und sozialen Fesseln,
das Drama der europäischen Emanzipation und die Begründung
einer besseren, freieren und gerechteren Gesellschaftsordnung.
Was sich hinter dem salbungsvollen Wortschwall verbirgt, das kann
man aus der bolschewistischen Praxis herauslesen. Ein Meer von
Blut, eine Armee von Hingerichteten, Verbannten, Verelendeten
und Verhungerten. (Hluk. - Výkøiky komunistických
poslancù.) Das Ergebnis aller dieser einer neuen Gesellschaftsordnunggebrachtenopfer
sind: Ausrottung jeder Religion, die Ausrottung des letzten Restes
persönlicher Freizügigkeit, Ausrottung jedes Kulaken,
der nicht als bezahlter Knecht, sondern als freier BauerseinFeldbestellenwill,die
unbegrenzte Herrschaft einer dünnen Schicht besonders bevorzugter
Bolschewiken über die völlig rechtlosen Massen der Klassenfeinde.
Daraus sehen wir, daß die Art der Auffassung des Paktes
den Schluß zuläßt, daß er in seinen Auswirkungen
eine ernste Gefahr für das ganzenichtbolschewistischeEuropabedeutet.
Ausdem bolschewistischen Schrifttum, das auch bei uns in Prag
offen kolportiert wird und aus den Reden und Resolutionen des
VII. Weltkongresses der kommunistischen Internationale, dem alsgrößteSektionauchSowjetrußland
angehört und in dessen Exekutivkomitee Stalin und andere
sowjetrussische Staatsmänner sitzen, ersehen wir eindeutig,
welcher Art der neue europäische Gesellschaftsaufbau sein
soll. Da steht dort geschrieben: (ète) "Die
durch eine Weltrevolution herbeigeführte Errichtung einer
Sowjetmacht in allen Ländern der Welt." Daher, meine
Herren, ist unsere Besorgnis begründet, daß sich der
Sicherheitspakt zwischen der Èechoslovakei und Sowjetrußland
als ein Pakt auswirken kann, der die Èechoslovakische Republik
zu einem Einfallstor für den Bolschewismus in Europa machen
kann. Der Gedanke kommt einem auch, wenn man sich an die vor kurzem
in Prag vom bolschewistischen Gesandten in Prag bei einem offiziellen
Anlasse geäußerten Worte errinnert. die heißen:
"Ihr seid unsere Vorhut." Man kann daher durchaus glauben,
daß die Sowjetunion nicht sosehrdieAbsichthat, bestimmte
Gebiete aus anderen europäischen Staaten herauszureißen,
weil es durchaus im Wesen der bolschewistischen Idee liegt, daß
ganz Europa unter die Botmäßigkeit des Bolschewismus
gebracht wird. Moskau wird bestimmt daher nichts gegen die Integrität
der Èechoslovakischen Republik unternehmen, solange aber
Bolschewisten in Moskau residieren, werden sie um kein Haar von
dem Ziel abweichen, auch aus einer demokratischen Èechoslovakischen
Republik eine autonome èechoslovakische Sowjetrepublik
zu machen. (Výkøiky posl. Katze.)
Meine Damen und Herren! Indem wir diese Feststellungen machen,
wissen wir, daß die Linke und insbesondere die deutsche
Linke mit aller Gehässigkeit und Unwahrheit versuchen wird,
dem deutschen Arbeiter und Arbeitnehmer unsere Stellungnahme gegen
das bolschewistische Rußlandalsfeindseligen Akt gegen den
Arbeiter darzustellen. Deshalb erklären wir ausdrücklich:
Am 19. Mai hat uns die Mehrheit des sudetendeutschen Arbeiters
das Vertrauen geschenkt, auch seine Interessen innerhalb der Volksgemeinschaft
zu vertreten. Niemals werden wir dieses Vertrauen vergessen, niemals
etwas unterlassen zu tun, was seiner sozialen und kulturellen
Gleichberechtigung dienen kann. Wir haben den deutschen Arbeiter
aus Internationalismus und Klassenhaß befreit. Wer heute
mit den alten Phrasen und Lockungen kommt, wird taube Ohren beim
deutschen Arbeiter und Arbeitnehmer finden.
Meine Damen und Herren! Was auf der anderen Seitediepanslavistischen
Töne anbelangt, somuten Sie unswie Weisenauslängst vergangenenTagenan.
Man verlieresichdoch nicht in Gefühlen, man halteden Blickaufdie
Tatsachen gerichtet. Das Verhältnis, in dem sich heute Polen
und Südslavien zu dem Reiche der Bolschewiken befinden, spricht
über diese Wiedergeburt des Panslavismus Bände.
Zum Schluß kann ich nur nochmals auf die eigentliche Aufgabe
der èechoslovakischen Staatspolitik zurückkommen.
Ich habe sie heute schon angedeutet. Die Èechoslovakische
Republik hat eine Sendung, deren Erfüllung ihr nicht nur
eine friedliche Entwicklung, sondern einen ehrenhaften Platz in
der Geschichte Europas zu sichern vermag. Unser Staat hat allen
übrigen mitteleuropäischen Staaten für den konstruktiven
Einbau der Minderheiten in dem Staat Vorbild zu werden. An unserem
Staate ist es zu zeigen, daß es möglich ist, das einzige
für Mitteleuropa tragbare Ordnungsprinzip zu verwirklichen,
das heißt, daß Volkstreue Staatstreue nicht ausschließt.
Wir allehabenuns daranzu erinnern, daß wirunsereigenesLebensgesetzwiederzu
findenundihm Rechnungzutragenhaben. Mit einermechanischenNachahmungder
westeuropäischen Demokratie, dieVolkstumsprobleme überhaupt
nicht kennt, würde der Staat beim besten Willen aller nicht
in der Lage sein, seiner Sendung gerecht zu werden, nämlich
über die Demokratie der Bürger in die Demokratie der
Völker zu gelangen. Dazu gehört aber vor allem, daß
im Staate nicht nur die einzelnen Menschen, sondern auch die Volksgruppen
völlig als Gleiche unter Gleichen urteilen und handeln können.
Dann erst wird das Wort unseres Herrn Außenministers wahr
werden, daß wir bei vollkommener Gleichheit aller Bürger
des Staates auf evolutionärem Wege einem höheren Stadium
politischer, sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit entgegengehen.
(Potlesk poslancù sudetskonìmecké strany.
- Hluk.)