Støeda 6. listopadu 1935
Meine Damen und Herren! Der Herr Außenminister hatgesternmit
der ihm eigenen Präzision und Gründlichkeit den Stand
des Friedens in Europa gekennzeichnet. Die Arbeiterklasse Europas
ist ausnahmslos außerordentlich um die Erhaltung des Friedens
besorgt. Sie zieht beim gegenwärtigen Stand der internationalen
Politik täglich Vergleiche mit 1914 und hält den Frieden
durch die jüngsten Ereignisse, den Konflikt Italiens mit
Abessinien, für sehr schwer erschüttert und fürchtet
um seinen Bestand. Diese Bedrohung des Friedens kommt aber durchaus
nicht überraschend, sie ist einfach und logisch eine Konsequenz
der Tatsache, daß es dem Faszismus in Europa gelungen ist,
über einige Völker seine Herrschaft zu etablieren. Wenn
derSozialismusin früheren Jahren die Behauptung aufstellte:
"Faszismus ist Krieg", so zieh man ihn der Übertreibung.
Das lag einfach an der Tatsache, daß es keine Nation in
Europa gibt, in der nicht gewisse politische Kreise vorhanden
sind, die mit dem Faszismus sympatisieren und aus dieser Sympatie
gar keinen Hehl machen, die auch nicht nur ihre Presse, sondern
auch ihre Geldbörse und ihre Bankkonti den faszistischen
Bestrebungen zur Verfügung stellen.
Im Interesse der historischen Wahrheit muß heute festgestellt
werden, daß der erste Sieg eines faszistischen Systems in
Europa die erste Niederlage des noch kaum aufgebauten Friedenswerkes
war, das die Nationen Europas nach dem furchtbaren Krieg aufatmen
ließ. Der Friede in Europa ist permanent in Gefahr, seitdem
es einen Faszismus gibt, weil die auf der Gewaltanbetung beruhenden
faszistischen Systeme planmäßig auf seine Erschütterung
hinarbeiten müssen, weil die Dynamik des Faszismuss, seine
außenpolitische Zielsetzung zwangsläufig den Weg in
die Katastrophe führt. Die bisisherige geschichtliche Erfahrung
lehrt: wenn sich das faszistische System in einem Lande aller
Einrichtungen bemächtigt hat, wenn es alle Hemmnisse überwunden
hat, dann wendet es sich seinen außenpolitischen Zielen
zu, dann tritt der Zeitpunkt ein, wo es seine Nachbarn bedroht
und den Frieden in Gefahr bringt. Wir denken jetzt nur an jenes
faszistische System, dassich unterdem Symboldes Hakenkreuzes vornehmlich
dort ausbreitet, wo wir Angehörige der deutschen Nation in
Europa haben. Diesem System hat der maßgebendste Führer
des Faszismus in seinem Buche "Mein Kampf" die Richtlinien
gegeben. Diesen Richtlinien kommt heute eine ganz außerordentliche
nicht nur theoretische, sondern vor allem praktische Bedeutung
zu; denn wer die Verhältnisse in Deutschland überblickt,
weiß undsieht: Partei und Staat ist eines und so sind auch
die in diesem Buche niedergelegten Erkenntnisse, wenn man von
solchen reden kann oder will, geradezu das Evangelium des deutschen
Hakenkreuzfaszismus geworden. Soweit man von politischen Zielen
desselben sprechen kann, möchte ich auf drei besonders charakteristische
ausschlaggebende außenpolitische Fragen hinweisen: 1. der
Gedanke der Revanche gegen Frankreich, 2. die Ausdehnung nach
dem Osten und 3. die Änderung der europäischen Landkarte
hinsichtlich der verlorenen Gebiete und der europäischen
nationalen Minderheiten.
Lassen Sie mich ein paar der besonderen Erkenntnisse aus diesem
Buche zitieren:
"Die Frage der Orientierung nach dem Osten." Es heißt
da:
"Nicht Osten und nicht Ostorientierung darf das künftige
Ziel unserer Außenpolitik sein, sondern Ostpolitik im Sinne
der Erwerbung der notwendigen Scholle für unser deutsches
Volk. Da man dazu Kraft benötigt, der Todfeind unseres Volkes
aber, Frankreich, uns unerwartet würgt und die Kraft raubt,
haben wir jedes Opfer auf uns zr nehmen, das in seinen Folgen
geeignet ist, zu einer Vernichtung der französischen Hegemoniebestrebungen
in Europa beizutragen. (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Taub.) Jede Macht ist heute unser
natürlicher Verbündeter, die gleich uns Frankreichs
Herrschsucht auf dem Kontinent als unerträglich empfindet.
Kein Gang zu einer solchen Macht darf uns zu schwer sein und kein
Verzicht als unaussprechbar erscheinen, wenn das Endergebnis nur
die Möglichkeit einer Niederwerfung unseres grimmigsten Hassers
bietet."
Als Mittel zur Erreichung dieses Zieles kennt der Faszismus nur
die Gewalt, denn der Verfasser dieses Buches sagt selbst: "In
der ewig gleichmäßigen Anwendung der Gewalt allein
liegt die erste Voraussetzung zum Erfolg." Daß diese
Gewalt mit kriegerischen Mitteln arbeiten will, beweist ein anderes
Bekenntnis: "Heute werde ich nur von der nüchternen
Erkenntnis geleitet, daß man verlorene Gebiete nicht durch
Zungenfertigkeit geschliffener parlamentarischer Mäuler zurückgewinnt,
sondern durch ein geschliffenes Schwert zu erobern hat, also durch
den blutigen Kampf." Oder: "Darüber muß man
sich wohl im klaren sein, daß die Wiedergewinnung verlorener
Gebiete nicht durch feierliche Erklärungen des lieben Herrgotts
erfolgt oder durch fromme Hoffnungen auf den Völkerbund,
sondern nur durch Waffengewalt." Und hinsichtlich der deutschen
Minderheiten in Europa gilt nichts wesentlich anderes. Man spricht
von ihrer "Heimführung zum deutschen Mutterland".
Als deutsches Mutterland ist nichts anderes gedacht als das Dritte
Reich.
So sehen die außenpolitischen Ziele jener Macht aus, die
in Europa dem Völkerbund die Gefolgschaft nur deshalb versagt,
weil sie der Meinung ist, daß sie losgelöst aus der
Gesellschaft der Nationen ihre gefährlichen Ziele besser
zu erfolgen vermöge, Ziele, die mit den Friedensverträgen
unvereinbar sind. Deshalb hat das Deutschland hitlerischer Prägung
den Völkerbund demonstrativ verlassen, deshalb untergräbt
es systematisch das Vertrauen zum Völkerbund.
Der Völkerbund ist eine Koalition friedensbereiter Nationen,
nicht nur der europäischen, sondern auch der außereuropäischen.
Der Faszismus aber verachtet seine Bestrebungen. Was liest man
in dem grundlegenden Werke des deutschen Hakenkreuzfaszismus über
Koalitionen, über den Völkerbund? "Ein Bund, dessen
Ziel nicht die Absicht zu einem Kriege erfaßt, ist sinn-
und wertlos." Und es heißt eine weitere Regel: "Man
vergesse niemals, daß alles wirklich Große auf dieser
Welt nicht erkämpft wurde von Koalitionen, sondern daß
es stets nur Erfolg eines einzigen Siegers war." Diese Lehrsätze
gelten im Dritten Reich wegen der Autorität seines Verfassers
als eine Offenbarung, als der Weisheit und Wahrheit letzter Schluß,
als ein Evangelium, und die Lehrer in der Schule müssen dieses
Evangelium den Kindern ausdeuten, auch wenn es die Tatsachen der
Geschichte gar oft einfach auf den Kopf stellt.
Die Außenpolitik unseres Staates ist auf die Idee der Humanität
gegründet, auf friedliche Zusammenarbeit mit den Nationen
Europas, von denen sie den fortschrittlichsten Teil an ihrer Seite
findet. Der Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund geschah
aus Absichten, die unserer friedlichen Außenpolitik entgegenwirken
müssen. Die Früchte sehen wir schon. Nicht nur die gewaltsame
atemberaubende Aufrüstung allein, die Bemühungen um
unsere Nachbarn, die Fäden, die von Berlin nach Warschau
geknüpft werden, die Fäden, die man nach Budapest zu
knüpfen versucht, politische Jagden, auf der einen Seite
Rominten, oder - etwas ganz neues in der modernen Politik - politische
Hochzeitsreisen per Flugzeug, die über Budapest, Belgrad
bis nach Dubrovník führen, auf der anderen Seite aber
ein Propagandaapparat, der in ganz Europa nicht seinesgleichen
findet und der nach unserem Geldwert mit Milliardenbeträgen
operiert. Es ist noch nicht allzulange her, da bedeuteten 260
Millionen Mark 2.6 Milliarden Kè und diese Mittel standen
der Propaganda des Dritten Reiches in einem Jahre zur Verfügung.
Die Tatsache dagegen, daß im Clearing des èechoslovakischen
Auß enhandels 1935 die enorme Summe von über 600 Millionen
Kè nicht flüssig gemacht werden konnte, die ficht
die große Konzeption der deutschen Propaganda ebensowenig
an, wie die Tatsache, daß in keinem europäischen Lande
ein solcher Fleisch-, Fettund Buttermangel vorhanden ist, wie
gerade in Deutschland, in einem Lande, in dem Milliarden Kè
für Außenpropaganda zur Verfügung stehen, wo aber
auf der anderen Seite breite Schichten der Bevölkerung schlangestehen
vor den Lebensmittelläden. Zu dieser Propaganda gehört
auch die tendenziös entstellte Schilderung der Verhältnisse
in unseren-Grenzgebieten durch Tartarennachrichten über Hungerrevolten,
die der deutsche Rundfunk nicht einmal, sondern wiederholt verbreitet
hat. Ich muß offen gestehen, wir setzen leider dieser Art
der tendenziösen Außenpropaganda, diesen Versuchen
der Vergiftung viel zu wenig Widerstand entgegen. Wir leisten
uns heute noch den Luxus, die deutsche Grenzbevölkerung in
der Republik geradezu ausnahmslos von den Sendern des Dritten
Reiches bedienen zu lassen, und haben nur sehr wenig übrig
für die Bedürfnisse, die die deutsche Bevölkerung
hätte, was wohl zu nichts anderem führen muß als
zur Zerstörung, zur Zermürbung der Loyalität unserer
Grenzbevölkerung, die der Auslandspropaganda Deutschlands
ausgeliefert sein wird.
Wenn auf der anderen Seite vom Süden her Monstreflüge
von einigen Dutzenden Aeroplanen über Europa, über die
Atlantik und zurück nach Rom ausgeführt werden, so liegt
auch darin nicht bloß ein Hinweis auf die technische Höhe
des internationalen Flugwesens, sondern noch etwas ganz anderes,
etwas, das man nur mit dem bedrohten Frieden Europas in Verbindung
bringen kann. Ich möchte hier folgende ganz interessante
Übereinstimmung feststellen. Ich habe vorhin von der Gewaltlehre
gesprochen, die der Faszismus des Dritten Reichen beinhaltet.
Im Vorj ahre, im Mai 1934 hat der Repräsentant des italienischen
Faszismus in einer Rede Folgendes erklärt: "Der Krieg
macht erst den Mann, so wie das Mutterwerden die Frau macht. Ich
glaube nicht an den ewigen Frieden, der auf die Grundtugenden
des Mannes, die sich nur im blutigen Kriege bewähren können,
verschlechternd und vernichtend wirkt." Bei einer solchen
Gewaltkonzeption des Faszismus darf man sich nicht wundern, wenn
es jetzt zu der schwierigen Situation des Friedens in Europa gekommen
ist.
Unsere Außenpolitik steht auf dem Boden strenger Neutralität
gegenüber dem italienisch-abessinischen Konflikt. Der Konflikt
ist in einen Krieg ausgemündet. Man hat allerdings noch nichts
von einer Kriegserklärung gehört: formell bestünde
gewissermaßen der Frieden. Die Arbeiter aber hassen den
Krieg, namentlich wenn es sich um Eroberungen handelt. Für
ihn gilt nach wie vor das Wort, das der große Franzose Jaur@es
bezüglich des Krieges aussprach: "Der Krieg ist das
fürchterlichste Vorrecht der über das Leben der Menschen
verfügenden Despotie." Deshalb stehen die Arbeiter aller
demokratischen Länder hinter dem Völkerbund als demokratischer
Organisation zur Erhaltung des Friedens, zur Verhinderung neuer
Kriege. Der Völkerbund ist heute das einzige Instrument,
das eine Kontrolle dafür zu bieten vermag, daß kriegerische
Absichten nicht verwirklicht werden. Und es liegt aus diesem Grunde
außerordentlich hohe Bedeutung auf der Erledigung des italienisch-abessinischen
Konfliktes als Präzedenzfall. Es ist unmöglich, daß
in der modernen Gesellschaft eine Nation, die mit ihrem Populationsnachschub
nichts anzufangen weiß, ihn in der Kolonialwirtschaft unterzubringen
versucht und diesen Versuch mit Gewalt unternimmt. Es muß
unmöglich sein, daß eine Nation die koloniale Frage
aufrollt im Gegensatz zu allen anderen, wie das in jüngster
Zeit in Berlin geschehen ist. Es muß die Respektierung des
Völkerbundpaktes durchgesetzt, nur in seinem Rahmen, friedlich,
müssen die Differenzen der Völker bereinigt werden.
Aus diesem Grunde sind wir außerordentlich interessiert
an einer positiven Lösung des ganzen Problems im Sinne eines
konstruktiven Friedens. Wir wünschen den Bemühungen
des Völkerbundes den verdienten Erfolg, damit man die an
neuen Kriegen interessierten Kräfte in den verschiedenen
europäischen Ländern vor den Beweis stellt, daß
man den Frieden nicht ungestraft brechen darf. Das gilt nicht
nur für die Arbeiter der europäischen Länder, das
gilt als eine Selbstverständlichkeit auch für die Arbeiter
der Sowjetunion. Wir erkennen heute Englands Entschlossenheit
zu einer tatkräftigen Völkerbundpolitik an, aber wir
stellen ebenso rückhaltlos fest, daß die Anerkennung
der deutschen Aufrüstung durch England, die sogenannten militärtechnischen
Vereinbarungen, die es zulassen, daß Deutschland seine Flotte
auf 70% der Friedensstärke der englischen Flotte erhöhen
darf, erfolgt ist, daß also via facti bestehende internationale
Verträge zerrisssen worden sind und eine vertragswidrige
Aufrüstung genehmigt wurde. Dadurch ist der Faszismus in
den anderen Ländern ermuntert wurden, eventuell ähnliche
Tatsachen zu ersetzen, die im Gegensatz zur Friedenspolitik der
europäischen Nationen steht.
Wir stellen ebenso rückhaltlos fest, daß das Desinteressement
Englands an den Problemen im Donauraum nicht nur zur Niederwerfung
der österreichischen Soziald emokratie und der tapferen Verfechter
der demokratischen Republik geführt hat, jener tapferen Menschen,
die sich durch ihre Aufopferung die Liebe und Verehrung der Arbeiter
der ganzen Welt und die Achtung aller überzeugten und aufrechten
Demokraten der Welt erworben haben, sondern auch zu einem nicht
ungefährlichen Vorsprung des Faszismus im Donauraum sehr
wesentlich beigetragen hat. Wenn die deutsche Aufrüstung
von England anerkannt worden ist, wenn das Rüstungsverbot
etwa nur ein Stück wertlosen Papiers darstellt, so ist die
Annexion Österreichs durch den Nationalsozialismus im Grunde
genommen auch nichts anderes.
Die Wendung in der englischen Politik hat aber doch wohl zunächst
und vor allem ihre innerpolitischen Beweggründe. England
stand vor Neuwahlen. Bei diesen Neuwahlen waren die größten
Chancen zu einem außerordentlichen Wahlerfolg auf Seiten
der englischen Labour Party, die Chance war so groß, daß
man mit einem ganz beachtlichen Umschwung, mit einem Regimewechsel
von der konservativen Machtposition zu einer neuen Machtposition
der Labour Party rechnete. Der Konflikt Italien-Abessinien, der
Versuch seiner Beilegung und in seinem Gefolge die Änderung
der englischen Auffassung von kontinentaler und Völkerbundpolitik,
die dadurch herbeigeführte nationale Einigung Englands, konzentrierte
die Aufmerksamkeit des englischen Wählers auf die Außenpolitik,
lenkt sie von der Innenpolitik ab, weist sie auf die Erhaltung
des Friedens hin, als dessen bestes Instrument auch dem englischen
Arbeiter der Völkerbund gilt. Damit aber bot sich den englischen
Konservativen die innerpolitische Chance gegen die Labour Party,
und die letzten Gemeindewahlen zeigten schon ganz deutlich den
Umschwung in der Stimmung der englischen Wähler. Aber schließlich
darf man eine andere ausschlaggebende Tatsache nicht übersehen,
daß bei dem italienisch-abessinischen Konflikt die Sympathien
der von England beherrschten 300 Millionen farbiger Völker
auf Seite Abessiniens stehen. Ein sehr wichtiger Grund für
England, diese seine Kolonialbürger in ihren Gefühlen
nicht zu verletzen und nicht zu enttäuschen. Wir empfinden
trotz Genugtuung über den Wandel aus dem einfachen Grunde,
weil die Erhaltung des Friedens in Europa und die Herbeiführung
geordneter politischer Verhältnisse im Interesse der Arbeiterklasse
ganz Europas gelegen ist. Die Arbeiter erwarten mit Sehnsucht
eine friedliche Lösung. Wir dürfen aussprechen, daß
unsere Hoffnungen auf den Völkerbund die beachtliche Tatsache
einschließen, daß dessen friedliche Bemühungen
durch den Beitritt der Sowjetunion wesentlich günstigere
Aussichten auf einen positiven Erfolg haben, der Sowjetunion,
zu der die Èechoslovakische Republik dank den sozialistischen
Parteien in der Koalitionsregierung in einem Verhältnis von
gegenseitigen Verbündeten steht.
Der Ablauf dieser ganzen Entwicklung ist auch auf unsere Innenpolitik
nicht ohne Einfluß. Es muß die Tatsache hervorgehoben
werden, daß nicht alle politischen Parteien des Staates
geschlossen hinter der Außenpolitik der Republik stehen.
Wenn ich von den deutschen Parteien sprechen will, so stelle ich
nur fest, daß die größte deutsche Wählergruppe,
die Sudetendeutsche Partei, seit mehr als zwei Jahren eine geradezu
verdächtige Schweigsamkeit hinsichtlich ihrer außenpolitischen
Ziele an den Tag legt. Wie oft haben wir sie herausgefordert,
wie oft sind sie aufgefordert worden, ein außenpolitisches
Bekenntnis abzulegen. Zwei Jahre hat die Schweigsamkeit gedauert,
da endlich regte sich etwas bei der Kundgebung in Teplitz- Schönau.
Aber wer der Meinung gewesen ist, daß es da zu einer Klarstellung
der außenpolitischen Auffassungen der Sudetendeutschen Partei
kommen würde, der fand sich tief enttäuscht. Kein Wort
über die Probleme, mit denen wir es jetzt in der Weltpolitik
zu tun haben. Die Sudetendeutsche Partei setzt sich auf den lahmen
Gaul des Antibolschewismus, sie richtet da eine Atrappe der Bolschewikengefahr
in der Èechoslovakischen Republik auf und kämpft gegen
sie. Das ist kein klares Bekenntnis, das ist eine Don Quichoterie.
Wo ist denn diese Bolschewistengefahr in der Èechoslovakischen
Republik, muß man fragen? Sie richten eine Atrappe auf und
kämpfen gegen sie, kämpfen mit einem Gaul, den Josef
Goebbels schon seit dem Jahre 1933 ohne jeden Erfolg lahmgeritten
hat. Das ist keine Klarstellung Ihrer außenpolitischen Ziele.
Man kann verstehen, daß der Sudetendeutschen Partei gewisse
außenpolitische Fragen außerordentlich peinlich sind.
Man kann verstehen, daß man auf die prozessuale Lage gewisser
Parteienanhänger Rücksicht nehmen muß, bei denen
die demokratische Èechoslovakische Republik etwas scharf
zugegriffen hat, weil sie sich mit den bestehenden Gesetzen in
Konflikt gesetzt haben. Man kann verstehen, wenn eine Partei durch
mehrfache Verhaftungen von Parteimitgliedern aus Gründen
der Beteiligung am Spionagedienst zugunsten einer ausländischen
Macht kompromittiert wird, daß sie dann keinen besonderen
Mut an den Tag legt, außenpolitische Probleme aufzuziehen
und ihre Fahne herauszustellen. Das werden die Herren (Posl.
dr Neuwirth: Daß die Polizei gelogen hat!) nicht abtun
können mit dem einfachen Hinweis darauf, diejenigen ihrer
Mitglieder, die sich da in ein Netz von der Auslandspionage einspinnen
ließen, seien Narren und Verbrecher. (Hluk. Rùzné
výkøiky. - Místopøedseda Taub
zvoní.) Nein, meine Herren, das geht einmal, aber das
glaubt Ihnen auf die Dauer niemand. Es bedeutet wenig Mut und
wenig Konsequenz, wenn die verantwortlichen Faktoren (Posl.
dr Neuwirth: Mit der Spionage nichts zu tun haben!) in dem
Augenblick, in dem ein paar arme Teufel Opfer ihrer Politik geworden
sind, von diesen armen Teufeln einfach abrücken. (Posl.
Kundt: Es sind lauter Arbeitslose, die jahrelang keine Arbeit
haben! - Posl. Katz: Aber Mitglieder Ihrer Partei! Ihr
habt die Leute hineingehetzt! - Hluk. - Rùzné
výkøiky.)
Místopøedseda Taub (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. Kögler (pokraèuje): Diese Tatsache
werden Sie weder durch das bolschewistische Gespenst, das Sie
an die Wand malen, noch durch Loyalitätsbeteuerungen aus
der Welt schaffen. Hier tut Klarheit not, nichts anderes. Wie
steht die Sudetendeutsche Partei zur Außenpolitik der Èechoslovakischen
Republik, wie zum Völkerbund, wie zu den außenpolitischen
Gewaltzielen des europäischen Faszismus? Ihr Schweigen, meine
Herren von der Sudetendeutschen Partei, kann nur negativ gedeutet
werden. (Posl. dr Neuwirth: Es ist aber unmaßgeblich,
was Sie deuten!) Nein, nicht was wir deuten, sondern die durch
Sie geschaffenen Tatsachen werden entscheiden. Und Schweigen ist
eine Tatsache. (Posl. dr Neuwirth: Wer schweigt?)
Wir stehen treu hinter der Völkerbundpolitik des Herrn Außenministers,
dessen aufrichtige Bemühungen um die Erhaltung des europäischen
Friedens anläßlich der letzten Tagung des Völkerbundes
durch seine Wahl zum Vorsitzenden dieser Körperschaft vor
ganz Europa in der eindeutigsten Weise dankbar manifestiert wurden.
Seine Politik hat die Anerkennung der Welt gefunden, der auch
wir uns aufrichtig anschließen. Wir setzen in die bewährte
Friedenspolitik des Herrn Außenministers unser größtes
Vertrauen und sprechen die Hoffnung aus, daß es ihm gelingen
möge, den Frieden als das kostbarste Gut der europäischen
Nationen zu erhalten. Wir brauchen den Frieden auch aus anderen
Gründen. Denken Sie nur daran, wie das durch den europäischen
Faszismus erschütterte Vertrauen der europäischen Nationen
zu einander schon seit 1925 zu einem immer schärferen Tempo
in den Wettrüstungen führt. Nicht weniger als 20 Milliarden
Golddollar hat die Rüstung der dem Völkerbund angeschlossenen
Staaten im Jahre 1931 gefordert. Und seither hat ein neues unerhörtes
Tempo, das die Geschichte des letzten halben Jahrhunderts nicht
kennt, in der Aufrüstung eingesetzt. Man wird nicht fehlgehen,
wenn man die Rüstungen des letzten Jahres der dem Völkerbunde
angeschlossenen Nationen vielleicht mit Einschluß der Vereinigten
Staaten von Nordamerika auf mindestens 150 Milliarden èechoslovakischer
Kronen setzte. Was bedeutet das? Es bedeutet, daß ein gewaltiger
Teil des Volksvermögens in Rüstungen investiert wird,
für Zwecke, die nicht der Ankurbelung der Wirtschaft dienen,
die nicht dazu dienen, daß die Wirtschaft neu aufgebaut
und daß Investitionen geschaffen werden, die den Kreislauf
des Volksvermögens beschleunigen. Meine Herren, bedenken
wir doch nur eines: Der Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund
und in seinem Gefolge die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht,
das rasende Tempo von Deutschlands Aufrüstung kann nichts
anderes erzeugen als Mißtrauen unter den Staaten. (Posl.
dr Neuwirth: Besonders, wenn die Emigration hetzt!) Sie haben
eine eigenartige Auffassung von der Emigration. Glauben Sie, daß.
Ihr Emigrant Hans Krebs, gegen die deutschen Rüstungen ist?
(Hluk. Výkøiky posl. Katze. - Místopøedseda
Taub zvoní.)
Es ist selbstverständlich, daß aus dieser Tatsache
der Èechoslovakischen Republik die Verpflichtung erwachsen
muß, den Stand ihrer militärischen Ausrüstung
auf ein solches Maß zu ergänzen, daß sie allen
Eventualitäten gewachsen ist, die bei dem kriegerischen Geist
des Faszismus geradezu stündlich drohen. Daher ist es wichtig,
daß diesem Umstande das notwendige Augenmerk auch in unserem
Staate zugewendet wird. Wir bedauern es außerordentlich,
daß es nicht möglich war, in den Bemühungen um
die Abrüstung in der Nachkriegszeit positive Erfolge zu erzielen.
Verhindert hat dies der Faszismus. Unser Außenminister hat
sich gemeinsam mit dem leider schon verstorbenen Henderson Jahre
hindurch leidenschaftlich bemüht, die Ergebnisse der europäischen
Abrüstung positiv zu gestalten. Das ist gescheitert durch
die Verhältnisse im Dritten Reich, durch die Gewaltpolitik
des europäischen Faszismus, und daraus leiten wir die Konsequenzen
ab, daß alle friedensbereiten eh rlichen Demokraten in ganz
Europa ein Höchstmaß von Anstrengungen entwickeln müssen,
vor allem die europäische Arbeiterklasse, den Völkerbund
in seinen Bemühungen um die Erhaltung des Friedens zu stützen.
Denn der Friede bedeutet für die Völker die Erhaltung
ihrer Freiheit und damit nichts anderes als die Sicherung allen
europäischen Fortschrittes und aller europäischen Kulturgüter.
Wir deutschen Sozialdemokraten stehen hinter den Beschlüssen
der Gewerkschaftsinternationale und der sozialistischen Arbeiterinternationale.
Wir stehen hinter dem Völkerbund. Wir sind der Auffassung,
daß es nur eine Meinung geben kann: Fortsetzung der bisherigen,
auf die kollektive Organisation des Friedens gerichteten Bemühungen,
wie sie Herr Außenminister Dr. Beneš in seinem
Exposé so einleuchtend dargestellt hat. Bei der sozialistischen
Arbeiterbewegung Europas handelt es sich um nichts anderes als
um den immer wahren Satz, den Jaur@es ausgesprochen hat, daß
der sozialistischen Bewegung als Richtschnur für ihre Aktionen
die Erhaltung eines tiefen, dauernden, organisierten und endgültigen
Friedens dient. Nur dann wird sich das Wort erfüllen, das
der Herr Fürsorgeminister Neèas vor ein paar
Tagen gesprochen hat: "Wenn wir den Frieden erhalten, werden
wir in der Lage sein, nicht nur feindliche Kräfte von außen
fern zu halten, sondern auch den Hungernden Brot zu verschaffen;
denn der Krieg verelendet die Menschen". (Rùzné
výkøiky posl. dr Neuwirtha.) Sie, meine Herren
(obrácen k poslancùm strany Sudetendeutsche Partei),
haben an dieser Erkenntnis keinen Anteil. (Posl. dr Neuwirth:
Zu Ihnen werden wir in die Schule gehen!) Nein, nicht den
ggeringsten Anteil. Solange in der Sudetendeutschen Partei die
Grundsätze gelten, daß die deutsche Mannhaftigkeit
nur bei denen beginnt, die die stärkeren Muskeln haben....
(Posl. dr Neuwirth: Das hat niemand behauptet!) dann lesen
Sie gefälligst die "Turnzeitung". Solange die Auffassung
besteht, daß das Gehirn nicht im Kopf, sondern in den Muskeln
sitzt, werden Sie an den Auseinandersetzungen und Vorteilen dieser
Politik keinen Anteil haben.
Wir hoffen und wünschen die Erhaltung des Friedens als des
bedeutendsten europäischen Werkes. Hinter diesem Bemühen
steht die sozialistische Arbeiterbewegung aller europäischen
und demokratischen Länder und sie ist bereit, mit dem Einsatz
ihrer ganzen Kräfte diesen Bemühungen zu einem dauernden
Erfolg zu verhelfen. (Potlesk.)