Verhandlung unterbleiben, wenn sie keim ausdrücklicher Antrag verlangt oder wenn sie ein einstimmiger Beschluss des Senates für entbehrlich hält. Aber auch dann wäre noch eine mündliche Verhandlung anzuordnen, wenn sich bei der Beratung des Senates ergibt, dass die Entscheidung auf Tatsachen und Beweismittel gestützt werden müsste, zu denen der Steuerträger ohne sein Verschulden noch nicht Stellung nehmen konnte. Dadurch soll zum Ausdruck gebracht werden, dass vor dem Steuergerichtshof nur jenes Material für die Entscheidung verwendet werden darf, das dem Steuerträger zugänglich war und zu dem er sich äussern durfte. Damit soll ein alter Wunsch der Wirtschaft erfüllt werden, dass endlich mit dem Spitzelwesen und den Berichten ungenannter Vertrauensleute aufgeräumt wird. Sei es eine mündliche Verhandlung oder sei es bei einer Entscheidung, die nur auf Grund dar Schriftsätze geschieht, in beiden Fällen muss der Steuerträger das gesamte Material kennen, das zur Bemessung seiner Steuer führt.
Natürlich wird bei Unklarheiten der Steuergerichtshof dem Steuerträger die Vorlage bestimmter Beweismittel (Bücher, Belege u. s. w. ) auftragen können und die Nichtvorlage solcher Beweismittel nach freiem Ermessen würdigen dürfen. Damit ist jedem unlauterem Gebaren von Steuerträgern, durch Verheimlichung wichtiger Beweismittel den wahren Sachverhalt zu verschleiern, ein Riegel vorgeschoben. Dass Steuerträger, die trotz ordnungsmässiger Ladung unentschuldigt eine Verhandlung versäumen, zu einem Beweismittel, das in der versäumten Verhandlung verwendet wird, keine Stellung mehr nehmen können, ist selbstverständlich. Mit Rücksicht auf die Formlosigkeit des Verfahrens vor den Schätzungskommissionen soll es bei Steuerträgern ermöglicht werden, vor den Steuergerichtshöfen in den Schriftsätzen neue Tatsachen vorzubringen und neue Beweismittel anzubieten.
Diese Grundsätze wollen nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sondern nur praktische Vorschläge zur Novellierung der betreffenden Bestimmungen des Steuergesetzes geben.
Ein eventueller Einwand, dass durch die Errichtung von Steuergerichtshöfen keine Vereinfachung sondern eine Erschwerung des Verfahrens eintreten könnte, wird dadurch entkräftet, dass durch die Schaffung von Steuergerichtshöfen und durch die zu erwartende sorgfältige Ueberprüfung der Zahlungsaufträge auch zu einer sorgfältigeren Arbeit der Bemessungsbehörden und damit zu einer Verminderung der Beschwerdefälle führen wird. Ausserdem ist auch mit Bestimmtheit eine Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes zu erwarten, wenn die Steuergerichtshöfe die Zahlungsaufträge eingehender prüfen.
Die Schaffung der Steuergerichtshöfe und die damit verbundene Entlastung der Steuerbehörden hätte weiter folgende schwerwiegende Vorteile:
1. Es würde vor allem der jetzt bestehende Zustand der Rechtsunsicherheit, der häufig als Rechtlosigkeit empfunden wird, beseitigt werden.
2. Das Verhältnis der Steuerbehörde zu den Steuerträgern - und umgekehrt - würde durch die Unabhängigkeit der Steuergerichtshöfe gebessert und die Steuermoral gehoben werden.
3. Durch die Entlastung der Finanzbehörden von der Berufungsagenda könnte die Veranlagung viel genauer und zeitgerechter erfolgen.
4. Damit wäre die Finanzverwaltung in der Lage, die Milliardenrückstände, die durch die lange Dauer der Berufungserledigung oft uneinbringlich werden, zu vermindern.
Ordnung der staatlichen Finanzen, Ordnung und Rechtssicherheit der Steuerträger und damit die Grundlage einer gedeihlichen Entwicklung der gesamten Volkswirtschaft wären gewährleistet.
Die Gefertigten stellen daher an die hohe Regierung die Anfrage:
Ist die Regierung geneigt, diesen Vorschlag der Errichtung von Steuengerichtshöfen einer Prüfung zu unterziehen und den gesetzgebenden Körperschaften in Kürze einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen?
Prag, am 13. November 1934.
Stenzl, Eckert, Prause,
Windirsch, Gläsel, Halke, Oehlinger, Bobek, Greif, Scharnagl, Dr. Petersilka, Krumpe, Köhler, Böhm, Wagner, Heller, Dr. Hodina, Viereckl, Platzer,
Zierhut, Zajíèek, Kunz.
Pùvodní znìní ad 2766 VIII.
Interpellation
des Abgeordneten Windirsch und Genossen
an den Landwirtschaftsminister betreffend den Vogelschutz.
In der »Reichenberger Zeitung« vom 6. November 1934 ist unter der Überschrift »Gesetzlich bewilligter Singvogelmord« folgende Notiz, die von Zwickau aus zur Einsendung gelangt ist, enthalten:
»Viel wind über den Schutz der Singvögel geschrieben, dabei wird der Vogelmord noch immer durch gesetzliche Bestimmungen geschützt und möglich gemacht. Niemand wind bestreiten, dass in den letzten Jahren die Zahl der Singvögel etwa nicht abgenommen hätte, im Gegenteil. Über ihren Nutzen für den Obst- und Feldbau zu sprechen, erübrigt sich. Wenn schon nicht die Liebe zu den Tierchen und die Dankbarkeit
für ihr Lob- und Preislied die Menschen nicht bestimmen kann, alles zu ihrem Schütze zu tun, so müsste schon der rein praktische Nutzen dafür entscheidend sein. Was nützen all die Schutzmassnahman der Vogelfreunde, Schütz der Hekken, Anbringen von Nistkästen usw. (das Sanatorium Martinsthal hat z. B. in seiner Umgebung nicht weniger als fünfzig Nistkästen aufgestellt), wenn man den Vogelmord als regelrechtes Gewerbe betreiben lässt, und zwar im nicht zu knappem Ausmasse. Die Gemeinde Zwickau gibt prinzipiell keine Bewilligungen, dafür geschieht das unbegreiflicher Weise in den Bezirksgemenden. Auch in den Nachbarbezirken werden solche erteilt, z. B. im Haidaer Bezirk. In einzelnen Orten des Zwickauer Bezirkes haben oft drei bis vier Personen die Bewilligung, oft gelingt es einem einzigen Vogelsteller in kurzer Zeit dreissig bis vierzig Vögel mittels Schlagbauer oder Schlagnetz zu fangen. Die Zunahme der Obstschädlinge ist vielleicht nicht zuletzt auf die Abnahme der Singvögel zurückzuführen. «
Das böhmische Landesgesetz vom 30. April 1870, betreffend den Schultz einzelner für die Bodenkultur nützlicher Tierarten, veröffentlicht im L. G. Bl. vom 22. Juni 1870, XIII. Stück, Nr. 39, enthält im § 3 folgende Besttimmung:
»§ 3. Das Fangen oder Töten der im Anhange C angeführten Vögel, welche sich nur zum Teil von Insekten ernähren, ist in der Zeit vom 1. Feher bis 14. September verboten, in der Zeit vom 15. September bis 31. Jänner, d. i. ausser der Brutzeit alber unter schriftlich zu enteilender und vom Gemeindevorsteher zu beglaubigender Zustimmung des Grundbesitzers und des Jagdberechtigte. n gestattet. «
Die im Anhang C zu dem Gesetz angeführten Vogelarten sind:
Turmfalke (Falco tinunculus L. ) Wespenbussard (Falco apivorus L. ) Zaretzer (Turdus viscivorus L. ) Kranaweter (Turdus pilaris L. ) Dorndreher (Lanius collurio L. ) Nussheber (Garrulus glandarius L. ) Tannenheber (Nucifraga caryocatactes C. ) Kernbeisser (Coccotraustes vulgaris Briss. ) Nikawitz (Fringilla montifringilla L. ) Stieglitz (Fringilla carduelis L. ) Zeisig (Fringilla spinus L. ) Hirngrillerl (Fringilla serinus L. ) Grünling (Fringilla chloris L. ) Hempfling (Fringilla cannabina L. ) Meerizeisig (Fringilla linaria L. ) Hausspatz (Fringilla domestica L. ) Feldspatz (Fringilla montana L. )
Ammern (Emberiza L. ) Gimpel (Loxia pyrnhula L. ) Kreuzschnabel (Loxia cunvirostra L. )
Das erwähnte Gesetz ist bereits über 60 Jahre lang in Geltung. Während dieses Zeitraumes ist auf Grund von genauen Beobachtungen und Untersuchungen des Mageninhalltes, der in dam Verzeichnis C aufgezählten Vogelarten die Meinung über die Nützlichkeit bezw. Schädlichkeit einzelner Vogelarten einer gründlichen Ueberprüfung unterzogen worden, deren Ergebnis war, dass manche Vogelart unter die für die Landwirtschaft unbedingt nützlichen Vogel eingereiht wunde, denen daher auch ein ganzjähriger Schutz gebührt. Auf Grund der gemachtem (Erfahrungen ist es notwendig, dass das im Anhang C des böhmischen Landjesgesetzes vom 30. April 1870, betreffend den Schutz einzelner für die Bodenkultur nützlicher Tierarten, enthaltene Verzeichnis einer Ueberprüfung unterzogen und dass im Interesse der Erhaltung der nützlichen Vogelarten, denen sonst bei Andauer des gegenwärtigen Zustandes die gänzliche Ausrottung droht, ehestens ein neues Verzeichnis verlautbart wird.
Mit der Erteilung von Bewilligungen zum Fangen und Töten der Vögel sollte überhaupt recht vorsichtig umgegangen werden, weil die Vogelsteller sich nicht allein mit dem Fangen jener Vogelarten begnügen, deren Fang gerade gestattet ist, sondern weil sie auch den für die Landwirtschaft und den Obstbau unbedingt nützlichen Vögeln nachstellen.
Für die Erhaltung unserer einheimischen Vogelwelt ist es übrigens gefahrvoll, wenn lokale Interessenten berechtigt sind, die Zustimmung zum Fangen und Töten der Vogelarten im allgemeinen zu erteilen. Auch in dieser Richtung sollten neue Bestimmungen getroffen werden.
Der Herr Landwirtschaftsminister wird gefragt, ob er im Sinne der vorstehenden Ausführungen bereit ist, die zum Schütze unserer einheimischen nützlichen Vogelwelt erforderlichen Maßnahmen zu treffen und anzuordnen, dass das dem böhmischen Landesgesetz vom 30. April 1870, betreffend den Schutz einzelner für die Bodenkultur nützlicher Tierarten, angeschlossene Verzeichnis C überprüft und richtig gestellt wird?
Prag, am 21. November 1934.
Windirsch,
Heller, Zierhut, Gläsel, Platzer, Greif, Viereckl, Köhler, Dr. Petersilka, Dr. Hodina, Halke, Bobek, Oehlinger, Krumpe, Böhm, Wagner, Scharnagl, Dr. Mayr-Harting, Dr. Luschka, Zajièek, Kunz, Fritscher.