schlug auf die angesammelten Arbeiter los. Ein Bursche namens Lachner aus Moschen wurde von einem Polizisten in ein Geschäft geschleppt und dort mit dem Gummiknüttel geschlagen. Die angesammelten Arbeiter verlangten die Freigabe desselben, da er unschuldig war. Ebenso wurde Eduard Röder sofort verständigt und begab sich auch sofort an die Stelle, um zu intervenieren. Bei seinem Eintreffen fand er in der Graupnergasse niemanden, dagegen aber hat sich eine grosse Menschenmenge am Marktplatz vor dem Polizeigebäude angesammelt, wo er gerade dazu kam, wie sie eine Frau bei den Kleidern über die Stiegen zerrten und auf die Wachstube vorführten. Trotzdem Röder versuchte, sich zu legitimieren, um zum Polizeiamte zu gelangen, wurde er von der Gendarmerie, die wie wahnsinnig herumbrüllte und auf die Einzelnen einschlug, ebenfalls grob behandelt, erhielt Schläge mit den Gewehrkolben und ein Gendarm hat ihm das Bajonett an die Brust gesetzt und erklärt, zurück, oder er steche ihn sonst nieder. Als er sich nochmals zu legitimieren versuchte, rief ihm der Gendarm zu »vyliž......«Als Zeugen führt Röder

Josef Melliwa in Turn, Bretschneider Josef aus Liessnitz und Baier Anton aus Prosetitz an.

Die Gendarmerie hat auch Baustellen direkt besetzt, wo es überhaupt keine Arbeitswilligen gab, wie z. B. Strandbad im Schlossgarten und Demolierungsarbeiten im Kloster Alleegasse.

In der Neudörflerstrasse bei den Neubauten, die Maurermeister Neumann aus Settenz ausführt, bat sich die Gendarmerie beim Polier Siegmund angeboten, er soll sich Arbeitswillige beschaffen, sie stellt sich zur Verfügung, um ihm Schutz zu bieten, damit er weiter arbeiten kann.

Aus dem Angeführten geht hervor, dass Polizisten und Gendarmen einseitig zugunsten der Unternehmer Partei ergreifen, dass sie sich schwere Uebergriffe gegen die Arbeiter zuschulden kommen lassen und mithelfen, einen von einer staatlichen Behörde gefällten Schiedsspruch zunichte zu machen.

Dieses Verhalten der Sicherheitsorgane hat unter der Arbeiterschaft des Teplitzer Bezirkes ungeheuere Empörung und Erbitterung hervorgerufen, sodass zu befürchten ist, dass es zu neuerlichen Zusammengössen kommt, wenn das aufreizende Verhalten der Gendarmerie und das passive Verhalten der Behörden andauert.

Es scheint, dass es darauf abgesehen ist, dass neuerlich zum zweitenmale innerhalb weniger Wochen Blut fliessen soll, während es unserer Ansicht nach Sache der Behörden wäre, unparteiisch vorzugehen, im übrigen aber jene Seite zu unterstützen, welche dem Schiedsspruch zur Geltung verhelfen will.

Wir fragen die Regierung:

1. Wie rechtfertigt sie das Verhalten der Gendarmerie und der Bezirksbehörde in TeplitzSchönau?

2. Welche Mittel hat sie angewendet, um einerseits dem Schiedssprüche des Lohnschiedsgerichtes in Prag Geltung zu verschaffen, andererseits die Arbeiter in Ausübung ihres Koalitionsrechtes gegen die Liebergriffe der Unternehmer und Gendarmen zu schützen?

Prag, den 24. Mai 1932.

Kremser. Kaufmann,

Taub, Hackenberg, Blatny, Leibl, Pohl, Jakscb,

Dletl, Kirpal, Grünzner, Müller, Schwelchhart,

Röscher, de Witte, Schäler, Heeger, Biòovec,

Katz, Hunmelhans, Macoun, Häusler.

Pùvodní znìni ad 2116/XL

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Josef Keibl und Genossen

an den Eisenbahnminister

wegen ungebührlichen Benehmens eines

Schaffners auf der Strecke Turnau-

Reichenberg.

Am 6. Oktober 1932 ereignete sich nachstehender Vorfall auf der Strecke Turnau-Reichenberg, den der Betroffene, Herr Hauptmann a. D. Erich Bauer aus Reichenberg darstellt wie folgt:

»Ich fuhr am 6. Oktober 1932 mit dem um 16. 48 Uhr abgehenden Zug Richtung Turnau mit einer Fahrkarte 3. Klasse in einem der vorderen Nichtraucher-Wagen 3. Klassen und sass in dem einzigen versperrbaren Abteil dieses Wagens, in dem ein Eisenbahner in Uniform (ausser Dienst) und eine Frau sassen. Kurz nach der Abfahrt von Reichenberg betrat der Schaffner den Wagen und verlangte in tschechischer Sprache die Vorweisung der Fahrkarten mit der kurzen Aufforderung: Jízdenky. An mir vorbeigehend (ich las die Zeitung), ging er zu dem weiblichen Fahrgast, der von ihm irgendeine Nachzahlungskarte verlangte; dann stellte sich der Schaffner vor mir auf und verlangte nur in tschechischer Sprache in barschen Ton: Jízdenku! Ich blickte ihn an und fragte in ganz ruhigem Ton: Was wünschen Sie? Er erwiderte nochmals in noch schärferem Ton und nur tschechisch: Jízdenku! Ich fragte nochmals - auf ruhigen Ton sehr bedacht! Er erwiderte schreiend in tschechischer Sprache: jedes Kind weiss, dass die Fahrkarte vorzuzeigen ist, wenn der Schaffner den Wagen betritt. Ich verlangte wieder in ruhigem und sachlichem Ton,

dass er mit mir deutsch spreche, worauf er zu dem mitfahrenden Eisenbahner sagte: »øekni mu. aby mi dal jízdenku!« Der Eisenbahner-Fahrgast fragte ihn darauf, was er eigentlich wolle, der Schaffner sagte ihm nochmals die Geschichte von dem Kind, das wisse, was zu tun sei, wenn der Schaffner komme; darauf sagte mir der Eisenbahner deutsch: Sie sollen die Fahrkarte vorzeigen. Ich erwiderte: Kann der Schaffner nicht deutsch? Darauf fing der Schaffner an zu brüllen, er werde mir zeigen, ob ich tschechisch verstehe und ich werde es schon lernen und er werde mich aus dem Wagen hinausschmeissen; da sich die Mitfahrerin ins Gespräch mengte, verliess ich das Abteil und stellte mich vor der von mir geschlossenen Tür auf. Mittlerweile kam die Haltestelle Heinersdorf und der Schaffner verlangte von mir in gröbstem Ton, ich solle mit ihm kommen. Zu dem diensttuenden Eisenbahner sagte er, ich dürfe nicht weiterfahren, ich habe keine Karte; ich verlangte von dem Stationsdiensttuenden, er solle den Mann sicherstellen und auch den weibl. Fahrgast, erhielt aber zur Antwort, dazu sei keine Zeit und ich solle mich in Reichenau kümmern. Dieser fragte den Schaffner, was er denn wolle und erhielt zur Antwort, dass ich keine Fahrkarte habe, und sagte zum Schaffner, als ich meine Karte vorwies, »máš mu to øíct nìmecky!« Der Zug setzte sich in Bewegung, der Schaffner folgte mir in den Wagen und fing an, mich in gröbster Weise anzupöbeln, in tschechischer Sprache - und immer per ty - sagte er, er werde mich schon tschechisch lehren und die Deutschen »máme dost ještì z Rakouska, až pod zuby« und dabei duzte er mich immer benahm sich einem Wilden gleich. Dann ging er in das Abteil, das ich verlassen hatte und debatierte dort in demselben Ton bis kurz vor die Station Langenbruck. Nachdem er ausgerufen hatte, stellte er sich vor der offenen Tür auf und brüllte mich an: »tak maž ven, já ti pomùžu«. Ich erklärte, dass ich in Reichenau mit ihm zum Stationsvorstand gehen werde, ich wusste nicht, dass in Langenbruck Beamte seien und weigerte mich, den Zug zu verlassen. Darauf stürzte er sich wie toll auf mich, packte mich so derb am Arm, dass ich noch spät abends Schmerzen hatte, und warf mich so gewaltsam zum Wagen hinaus, dass ich mich an dem an der Wagentur angebrachten Griff anhalten musste, um nicht über die Stufen zu stürzen. Ich bewahrte auch jetz noch Ruhe, um dem beliebten Verdrehen der Tatsachen vorzubeugen und nicht etwa gar wegen Widersetzlichkeit gegen einen Beamten im Dienst oder wegen Vergehens gegen das Schutzgesetz verhaftet zu werden.

Der weibliche Fahrgast, der sich kurz nach Beginn des lebhaften Disputes wie eine Wilde an der Sache beteiligte, so dass ich das Abteil verliess, riss, nachdem ich nach dem Herausgehen die Tür geschlossen hatte, diese wieder auf, schrie wie eine Besessene in einem fort »to je drzost!« und gab mir den Rat, nach Deutschland zu gehen, wenn es mir nicht in der Tschechoslowakei gefalle. Daran schloss sie allgemein gehal-

tene Bemerkungen uber die »drzost« der Deutschen hier im Lande, man halte es mit den Deutschen einfach nicht mehr aus; dann kam sie auf den Wagengang und brüllte wiederholt »nìmecká pakáž. « Obwohl ich mir ihre Belästigung anfangs ruhig, dann energisch verbeten hatte, hörte sie nicht auf, immer wieder die gleichen Beleidigungen auszustossen. und als ich ihr deutsch sagte, sie werde vor dem Beamten m Reichenau das wiederholen müssen, sagte sie, sie sei gerne dazu bereit, wir seien »nìmecká pakáž«. Sie munterte den Schaffner zu seinem Tun auf, und als er mich in Langenbruck aus dem Wagen hinausgeworfen hatte, schrie sie ihm in einem fort zu »nenechte ho jet sebou!«. In Langenbruck lief ich zuerst zur Stationskasse, wurde an den Stationsvorstand gewiesen und verlangte von ihm, den Zug nicht weiterfahren zu lassen und den Schaffner und die Mitfahrende sicherzustellen. Der Stationsvorstand ging mit mir heraus, ich wiederholte mein Verlangen, doch war der Zug schon im Abfahren. Ich betonte aber, dass Zeit gewesen wäre, die von mir verlangte Feststellung durchzuführen. Sodann verlangte ich die Aufnahme eines Protokolles; dies wurde mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass für den Stationsvorstand keine Berechtigung vorhanden sei, ich könne mich bei der Direktion beschweren. Auf mein Verlangen verständigte dieser dann telefonisch die Station Reichenau, dass der Schaffner sichergestellt und Zeugen des Gespräches gesucht werden.

Um 17. 56 Uhr konnte ich nach Reichenau weiterfahren. Ich hatte einen geschäftlichen Schaden, da die Besprechung, zu der ich fahren wollte, nicht mehr möglich war und ich abends unverrichteter Dinge zurückfahren musste. In Reichenau frug ich den Stationsvorstand nach dem Namen des Schaffners, dieser lehnte es jedoch ab und meinte, die Direktion werde aus den Begleitpapieren genau wissen,, um wen es sich handle. Auf meine Frage, ob der weibliche Fahrgast sichergestellt worden sei, gab er mir zur Antwort, dazu wäre keine Gelegenheit, denn nicht jeder hätte Ausweisdokumente bei sich. Auch dieser Beamte lehnte es ab, mit mir ein Protokoll aufzunehmen, obwohl er zugeben musste, dass der Schaffner verpflichtet sei, den diensttuenden Beamten zu rufen, wenn es irgendeine Differenz mit dem Fahrgaste gebe. Schließlich machte der Stationsvorstand die recht interessante Bemerkung, der Schaffner habe angegeben, ich hätte mich geweigert, die Fahrkarte vorzuweisen, obwohl er es in beiden Sprachen verlangt hätte. Diese glatte Unwahrheit ist ein Beweis, wie die Sache gedreht werden soll. «

Gestützt auf diese Tatsachen und weiter im Hinblick darauf, dass nach eigenen Erfahrungen des Abgeordneten Dr. Keibl die Zugsbegleiter auch in rein deutschen Gegenden, besonders abends, des nachts und am frühen Morgen, die Namen der Stationen einfach nur tschechisch ausrufen und die Fahrkartem von den Reisenden nur tschechisch verlangen, fragen die Gefertigten den Herrn Eisenbahnminister an:

1. Ist er geneigt, vorstehenden Tatbestand erheben zu lassen?

2. Die Schuldigen, nämlich den Schaffner des Zuges und die diensthabenden Beamten der Stationen Langentoruck und Reichenau bei Gablonz, in Untersuchung zu ziehen;

3. in einem entsprechenden Erlass allen Eisenbahnbeamten und Angestellten einzuschärfen, die Stationsnamen im deutschen Gebiete zweisprachig auszurufen und in diesem Gebiete auch mit den

Reisenden zweisprachig zu verkehren, sowie ihnen höflich und entgegenkommend zu begegnen?

Prag, am 10. Dezember 1932.

Dr. Keibl,

Dr. Schollich, Dr. Hanreich, Ing. Kallina, Dr. Mayr-

Harting, Greif, Fritscher, Schubert, Krebs, Kunz,

Scharnagl, Oehlinger, Matzner, Bobek, Krumpe,

Ing. Jung, Dr. Hassold, Dr. Peterslika. Dr. Luscb-

ka, Simm, Geyer, Knirsch, Kasper, Zajíèek,

Horpynka.


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