auf, daß in den deutschen Prager Blättern Artikel und Kommentare zu Tagesereignissen unbeanständet erscheinen konnen, während es in Tetschen infolge der jetzt gehandhabten überaus strengen Zenfiurpraxis ganz unmöglich ist, irgendeine den Tatsachen entsprechende Meldimg zu bringen, wenn sie der politischen Bezirksbehörde nicht gefällt. Man müßte meinen, daß auch hier für die Beschlagnahme von Zeitungen einheitliche, für das ganze Staatsgebiet geltende objektive Richtlinien bestehen müßten, die es einer einzelnen Bezirksbehörde nicht gestatten nur nach ihrer Laune und nach eigenem Gutdünken eine Zeitung zu beschlagnahmen.

Ein klassisches Beispiel von vielen aus der Zeit der letzten Monate ist die Beschlagnahme in der Folge Nr. 224 vom 27. September 1932. In dem Artikel »Gemeindewahl in Hohenstadt« verfiel folgende Stelle der Beschlagnahme:

»Erst durch die völlige Tschechisierung der politischen Bezirksverwaltung, durch die nationalchauvinistische Durchführung der Bodenreform, durch die großzügige Atisiedlung tschechischer Kolonisten aus Polen, durch die Verlegung der deutschen Gewerbeschule von Hohenstadt nach Mährisch-Schönberg, durch eine lange Reihe von anderen Maßnahmen, war es den tschechischen Chauvinisten möglich, die deutsche Vertretung auf den heutigen Stand herabzudrücken. «

Ferner wurde die Folge vom 3. Oktober 1932 des »Nordböhmischen Tagblattes« beschlagnahmt, weil dem Tetschener Zensor in dem Artikel »Es geht um den Nachwuchs in unserer sudetendeutschen Wirtschaft« nachstehende zwei Stellen mißfielen:

»Hat schon zur Schaffung solcher Zustände die Weltkrisis mitgewirkt, «o hälte es bei uns auch so kommen müssen, weil der tschechischnationale Kampf gegen die weltbekannte sudetendeutsche Industrie, die planmäßige Übersteuerung derselben auch ohne Krisis den Aufbau der Wirtschaft unseres Volkstums von Grund auf zerstört. «

Und weiters:

»Man will uns an der Wurzel vergiften, damit das wirtschaftliche Gut, das wir seit Jahrhunderten hegen und pflegen, verdorrt und unsere Lebenshaltung dadurch unmöglich gemacht wird. Was heute bei unserer Industrie, Gewerbe und Handwerk bereits eingetreten ist, wird morgen auch wohl in anderer Form auch die deutsche Bauernschaft treffen. Diejenigen deutschen Industriellen, die seinerzeit glaubien, sich durch Anlehnung an das tschechische Bankkapital vor dem Untergang zu retten, haben diesbezüglich die übelsten Erfahrungen machen müssen. Für unsere Industrie, Gewerbe und Handwerk führt der von Neid erfüllte tschechischnationale Kampf zum Elend und zur Verarmung. Das bitterste aber ist dabei, daß, wie schon oben erwähnt, dei Nachwuchs, für unsere sudetendeutsche Wirtschaft zunichte gemacht werden soll, um der kommenden tschechischen Generation Platz zu machen. «

Dieselbe Folge wurde aber auch bezeichnenderweise wegen nachstehender Meldung beschlagnahmt:

»Peinlicher Vorfall. Herr Minister Dr. Spina hielt gelegentlich der Obst- und Gartenbauausstellung in Wegstädtl eine Rede, in der er neuerlich an den Versöhnungswillen und die Verständigungsbereitschaft der tschechischen Parteien appelierte. Umso befremdender mußte es wirken, daß der besonders begrüßte Delegierte des Ministeriums für Landwirtschaft auch nicht ein einziges deutsches Wort zur Begrüßung der Ausstellungsleitung und der deutschen Bauernschaft übrig hatte. Seine viertelstündige, auch vom Herrn Minister Spina peinlich empfundene Rede wurde von der Bauernschaft mit eisigem Schweigen aufgenommen, was durch den unangebrachten Versuch einiger tschechischer Zaungäste, dem Redner Beifall zu spenden, noch unterstrichen wurde. Sehr merkwürdig wurde auch das Benehmen des Herrn Bezirkshauptmannes empfunden, der sich während der Rede des Delegierten des Landwirtschaftsministeriums fluchtartig empfahl, ohne ein einziges Wort der Begrüßung zu verlieren. Wahrscheinlich wollte er seinerseits jeden sprachenrechtlichen Konflikt vermeiden! Zur Grundsteinlegung der tschechischen Schule in Liboch wäre er sicher noch zurecht gekommen. Zusammenfassend kann die Situation folgend ermaßen geschikiert werden: Herr Minister Spina bemühte sich neuerlich mit warmen Worten um eine Verständigung der beiden Völker. Der Delegierte des Ministeriums für Landwirtschaft hielt es für überflüssig, sich mit der deutschen Bauernschaft auch nur mit einem einzigen Wort zu verständigen. Der Herr Bezirkshauptmann aber, der sich unter die Kontrolle der Menšina gestellt fühlt, riskierte eine Verständigung mit der versammelten Bauernschaft nicht. «

Alle diese Stellen enthalten nicht den geringsten strafbaren Tatbestand, sondern stellen nur Tatsachen fest. Eine solche Zensurpraxis ist Willkür. Daran ändert nicht im geringsten der Umstand, daß die Staatsanwaltschaft in Leilneritz diese Beschlagnahmen aufrecht erhalten und das Kreis- als Strafgericht in Leitmeritz sie bestätigt hat. Denn jeder, der die Dinge kennt, weiß, daß diese großprozessualen Maßnahmen heute leere Formalitäten geworden sind und ihren ehemaligen Zweck, ein Schutzmittel der Presse gegen die Willkür der Polizeibehörden zu sein, längst vollkommen eingebüßt haben.

Auf Grund dieser Tatsachen fragen die Gefertigten die Herren Minister des Innern und der Justiz an:

1. ) Sind Sie geneigt, diese Tatbestände zu erheben,

2. ) das Nötige zu veranlassen, daß die bei der Zeitungszensur der politischen Bezirksbehörde von Blättern »Nordböhmisches Tagblatt« und »Sudetendeutsche Tageszeitung« geübte Willkür beseitigt werde?

Prag, am 4. Oktober 1932.

Dr. Keibl,

Dr. Hanreich, Ing. Kallna, Krebs, Oehlinger, Dr.

Mayr-Harting, Dr. Schollich, Horpynka, Ing. Jung,

Geyer, Kasper, Bobek, Scharnagl, Dr. Hassold,

Matzner, Knirsch, Simm, Schubert, Köhler,

Krumpe, Grell, Dr. Petersilka.

Pùvodni znìní ad 1989 XIX.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Josef Keibl

und Genossen

an den Minister des Innern wegen des durch die politische Bezirksbehörde in Warnsdorf erlassenen Verbotes einer Ferienkolonie für Schulkinder und Arbeitslose vom 10. bis 17. August 1932 am Schindelhengstberg bei OberkreibitzSchönfeld.

Der Bezirks-verband »Niederland« des Bundes der Deutschen in Böhmen, hat am 2. August 1932 bei der Bezirksbehörde m Warnsdorf ordnungsgemäß die Abhaltung einer Ferienkolonie für Schulkinder und Arbeitslose m der Zeit vom 10. August bis 17. August 1932 angezeigt. Die Ferienkolonie sollte am Abhänge des Schindelhengstberges bei Oberkreibitz-Schönfeld stattlinden. Durch eine Zuschrift der Bezirksbehörde in Warnsdorf vom 10. August 1932, Zahl 9/113/A wurde dem Bezirksverbande die Durchführung untersagt. Die Bezirksbehörde in Warnsdorf begründete die Untersagung damit, daß der Verein nach den geltenden Statuten zu derartigen Veranstaltungen nicht berechtigt sei. Diese Untesagung ist nach den Satzungen des Bundes, der Deutschen in Böhmen schon. dem Wortlaute nach unbegründet, umsomehr dem Sinne nach. Es trifft wohl zu, daß in den Satzungen des Bundes der Deutschen in Böhmen der Ausdruck »Ferienkolonie« unmittelbar nicht vorkommt. Doch kommt es hiebei nicht auf das Wort an - denn es könnte ja anstatt »Ferienkolonie« jederzeit ein anderer Ausdruck gewählt werden sondern darauf, was der Bezirksverband mit dieser Veranstaltung bezweckte.

Dieser Zweck lag in einer gemeinschaftlichen Unterbringung von Schulkindern und jugendlichen Arbeitslosen, um sie hier nach Art einer Volkshochschule, wie sie derzeit überall bestehen, fortzubilden. Die Veranstaltung hatte also hierin volksbildnerischen Charakter. Außerdem sollte damit noch erreicht werden, diese Schulkinder und jugendliche Arbeitslos«, also durchaus bedürftige Menschen, zu unterstützen und ihnen für eine kurze Zeit eine Ferientreude zu bereiten, die sie sonst infolge ihrer Notlage nicht genießen konnten. Diese Zwecke entsprachen durchaus den mit Erlaß des Ministeriums das Innern vom 21. April 1926, Zahl 25813/6 genehmigten. Satzungen das Bundes der Deutschen m Böhmen. Wiederholt wird in den Satzungen im § l von diesen Aufgaben des Bundes gesprochen. So z. B.:

»Punkt b) Fortbildung der der Schul« entwachsenen Jugend.

Punkt c) Unterstützung bedürftiger Volksgenossen anderer Berufe. Prunkt i) Untenstützung armer Schüler.

Punkt j) Fürsorge für bedürftige Jugend übehaupt.

Punkt m) Veranstaltung von Bildungskursen.

Punkt n) Pflege der Volkswohlfahrt auf allen Gebieten. «

Es kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, daß diese vom Bund geplant gewesene Veranstaltung vollständig in den Rahmen dieser satzungsgemäßen Aufgaben des Bundes fällt. Die Ablehnung durch die Bezirksbehörde bedeutete daher eine ausgesuchte Wortklauberei. Umso bedauerlicher war sie, da sie erst zu einer Zeit erfolgte in der schon «ämtliche Vorbereitungen für die Abhaltung dieser Ferienkolonie getroften waren. Der Bezirksverband erlitt dadurch einen ganz empfindlichen Sähaden.

Überdies war die Untersagung schon aus dem Grunde unverständlich, weil erwiesenermaßen anderen Vereinen die Abhaltung ganz gleicher Veranstaltungen ohneweiters bewilligt wurde. So den Sozialdemokraten ein Sommerlager bei Luditz, in welchem ungefähr 60 Berliner »Kinder« beiderlei Geschlechtes bis zum Alter von 16 Jahren unter einem Zelt wochenlang untergebracht waren, ohne daß irgendeine staatliche Stelle es für notwendig gehalten hätte, überhaupt nur zu kontrollieren, geschweige denn in dem Zusammenschlafen dieser jungen Leute, die ja als Berliner nicht nach dem Maßstab unserer Kinder gemessen werden dürfen, etwas Ärgerniserregendes zu sehen.

Schärfsten Widerspruch muß aber hervorrufen, daß die Bezirksbehörde in Warasdorf die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Falle einer Berufung damit begründete: »Weil der sofortige Vollzug durch dringendes öffentliches Interesse begründet ist, denn die strikte Einhaltung der statutarischen Bestimmungen durch den ansuchenden Verein ist im öffentlichen Interesse gelegen. « Soll der Bund der Deutschen in Böhmen dadurch einem Sonderrechte unterstellt werden? Die Tätigkeit des Bundes ist wohl in der Öffentlichkeit zur Genüge bekannt. Man müßte annehmen, daß gerade diese geplante Veranstaltung einer Ferienkolonie für die Schulkinder durchaus im öffentlichen Interesse gelegen sein müßte. Denn, sie zeigt einen ausgesprochen sozialen und volksbildnerischen Charakter. Das öffentliche Interesse müßte dem Bund der Deutschen für eine solche Tätigkeit nur dankbar sein.

Gestützt auf diesen Tatbestand fragen die Gefertigten den Herrn Minister des Innern:

1. ) Ist er geneigt, diesen Tatbestand erheben zu lassen,

2. ) der politischen Bezirksbehörde in Warnsdorf die Weisung zu erteilen, einem neuerlichen Ansuchen des Bezirksverbandes »Niederlande des Bundes der Deutschen in Böhmen gleicher Art zu willfahren?

Prag, am 5. Oktober 1932.

Dr. Keibl,

Dr. Hassold, Horpynka, Krebs, Oehlinger, Dr.

Mayr-Harting, Ing. Kallína, Simm, Dr. Schollich,

Matzner, Knirsch, Schubert, Köhler, Bobek, Dr.

Petersilka, Dr. Hanreich, Ing. Jung, Geyer,

Kasper, Greif, Krampe.

Pùvodní znìní ad 1989/ XX.

Interpellation

des Abgeordneten Richard Köhler

und Genossen

an die Gesamtregierung,

insbesonders an den Minister für soziale

Fürsorge, in Angelegenheit der verfassungsmäßigen

Genehmigung bereits abgeschlossener zwischenstaatlicher Verträge auf dem Gebiete der Sozialversicherung.

Seit Jahren sind die Arbeitnehmerorganisationen bestrebt, die außerordentlich zahlreichen Arbeitnehmer, die in den Nachbarstaaten Österreich und Deutschland Versicherungsansprüche in Zwangsversicherungsanstalten erworben haben, nachher in das Gebiet der Èechoslovakischen Republik zurückkehren und bei einem hiesigen Zwangsversicherungsträger versicherungszuständig werden, durch entsprechende zwischenstaatliche Abkommen vor dem Verluste ihrer bei dem ausländischen Versicherungsträger erworbenen Ansprüche zu bewahren. Ergebnisse dieser Bemühungen sind die Verträge, die am 5. September 1931 in Prag zwischen der Èechoslovakischen Republik und Österreich und am 21. März 1931 in Berlin zwischen der Èechoslovakischen Republik und dem Deutschen Reiche auf dem Gebiete der Sozialversicherung abgeschlossen worden sind.

Beide Verträge beinhalten jedoch die Bestimmung, daß sie erst dann in Rechtskraft erwachsen, wenn sie von den gesetzgebenden Körperschaften der beteiligten Staaten verfassungsmäßig genehmigt und die Urkunden hierüber ausgetauscht worden sind.

Diese Genehmigungen stehen bisher leider aus. Infolge des Fehlens derselben besteht das schwere Unrecht nach wie vor weiter, daß die tschechoslowakischen Staatsangehörigen, die in Deutschland oder Österreich Versicherungsansprüche erworben haben, bei einer Rückehr in die Heimat ihre Ansprüche verlieren. Sie müssen hier vollständig neu beginnen, so, daß sie mitunter sehr viele Jahre ihres Lebens umsonst Zwangsversicherungsbeiträge gezahlt haben. Dieser Verlust wohlerworbener Versicherungsansprüche wird von den betroffenen Arbeitnehmern umso schwerer getragen, als sie davon überzeugt sind, daß dieser Verlust nicht notwendig wäre; denn die entsprechenden. Verträge sind bereits vereinbart, sie sind sogar schon ordnungsgemäß gefertigt und es fehlt nur noch die Genehmigung durch die verfassungsmäßigen Körperschaften. Dieser Mangel, der doch mehr oder weniger formaler Natur ist, hat die angedeuteten schwerwiegenden Folgen für ungezählte Arbeitnehmer. Im besonderen sind es die Privatangestellten, die infolge der Eigenart ihres Berufstandes sehr oft geradezu darauf angewiesen

sind, sich die unbedingt notwendigen Fachkenntnisse im Auslande praktisch zu erwerben, was wiederum bei ihrer Rückkehr in die Heimat der heimischen Wirtschaft zugutekommt, die außerordentlich schwer unter diesen Fehlen der Genehmigung leiden.

Infolgedessen stellen die Gefertigten an die ganze Regierung und insbesonders an den Minister für soziale Fürsorge die Anfrage:

1. ) Ist die Regierung bereit, den am 5. September 1931 in Prag unterschriebenen Vertrag zwischen der Èechoslovakischen Republik und Österreich, sowie den am 31. März 1931 in Berlin unterfertigten Vertrag zwischen der Èechoslovakischen Republik und dem Deutschen Reiche über die Sozialversicherung umgehend der Nationalversammlung zur verfassungsmäßigen Genehmigung vorzulegen, damit der in den Verträgen vorgesehene Austausch der Ratifikationsurkunden raschestens erfolgen kann?

2. ) Weshalb wurden diese für lausende von Arbeitnehmern lebenswichtigen Verträge bisher der Nationalversammlung zur verfassungmäßigen Genehmigung nicht vorgelegt?

Prag, am 7. Oktober 1932.

Köhler,

Geyer, Dr. Schollich, Dr. Hanreich, Horpynka,

Schubert, Ing. Jung, Simm, Kasper, Matzner, Dr.

Keibl, Oehlinger, Bobek, Greif, Knirsch, Krebs,

Dr Hassold, Ing. Kallina, Krampe, Zajíèek,

Dr. Petersilka, Fritscher,

Pùvodní znìní ad 1989/ XXI.

Interpellation

des Abgeordneten Otto Halke

und Genossen

an den Finanzminister

in Angelegenheit der Amtsüberschreitung

des Stenerexekutors Karl Schmidt vom

Steueramt in Wigstadtl.

Gegen Ende August erhielt der Landwirt Josef Scholz, Nr. 37 in Schwansdorf, Bez. Wigstadtl in Schlesien vom Steueramt in Wigstadtl eine Mahnung über rückständige Steuern von über 900 Kè.

Am Mittwoch den 14. September 1932 erschien in Abwesenheit des obengenannten Landwirtes der Steuerexekutor des Steueramtes in Wigstadtl, Herr Karl Schmidt im Hause Nr. 37 in Schwansdorf und fragte die allein anwesende Ausgedingerin Marie Scholz, ob der Steuerrückstand Bezahlt wird, widrigenfalls er dem Besitzer Vieh verkaufen lassen müßte. Herr Schmidt war ohne Begleitung eines Gemeindevertreters und hat sich auch nicht legitimiert.

Die Ausgedingerin sagte, daß ihr von einer Steuerschuld ihres Sohnes nicht« bekannt sei, er möge kommen, wenn der Besitzer nach Hause käme, worauf sich Schmidt nach vorheriger Pfändung eines Jungstieres und zweier Kalbinuen entfernte.

Nach cca. einer Viertel Stunde kam Schmidt neuerdings in das Haus Nr. 37, diesmal in Begleitung zweier Gemeindeansaßen, der Herren Josef Gebauer und Alois Richter, so wie eines der Ausgedingerin unbekannten Fleischers aus der Nachbargemeinde Bautsch, und sagte: Jetzt werde ich erst einmal einen Stier verkaufen.

Die Ausgedingerin bat den Schmidt mit dem Verkaufe des Stieres bis zur Rückkehr des Sohnes vom Felde zu warten, doch nahm er davon keine Notiz. Die Ausgendingerin sagte ihm hierauf, sie werde für ihren Sohn ihr gesamtes Geld von 300 Kè einstweilen erlegen, er möge von dem Verkaufe des Stieres Abstand nehmen. Die Ausgedingerin hielt das inzwischen geholte Geld in der Hand. Schmidt riß ihr die 300 Kè aus der Hand und sagte: Jetzt werde ich den Stier erst recht verkaufen.

Auf die Einwendung der Ausgedingerin, daß sie doch keine Steuern schuldig sei, und er möge ihr das aus der Hand gerissene Geld als ihr Eigentum wieder zurück geben, gab der Exekutor Schmidt der Ausgedingerin einen Stoß vor die Brust, daß die alte Frau auf den Rücken fiel und von den anwesenden Herrn Josef Gebauer aufgehoben werden mußte. Als weiterer Zeuge für diesen unerhört rohen Vorgang war auch Herr Richter zugegen.

Da die Ausgedingerin hei dem Sturze im Rücken heftige Schmerzen verspürte, ging sie in ihre Ausgedingewohnung zurück und bemerkte beim weggehen: Macht, was Ihr wollt! Als die Ausgedingerin nach einiger Zeit wieder mit vielen Schmerzen die durch den Sturz auf den Rücken herbeigeführt, wieder nach dem Stalle sah, war der Stier, der Exekutor und die drei Herren fort.

Exekutor Schmidt gab weder über die entrissenen 300 Kè, noch über den Erlös des verkauften Stieres eine Bestätigung und es ist bis heute dem Besitzer nicht bekannt, wieviel für den Stier vom Fleischer bezahlt wurde.

Die Ausgedingerin aber erlitt durch den Roheitsakt des Exekutors eine so schwere Verletzung, daß sie bettlägerig wurde und ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte.

Der Exekutor Schmidt hat sich in diesem vorgeschilderten Falle folgende Mißbräuche zuschulden kommen lassen:

1. hat er sich nicht legitimiert,

2. hat er über die entrissenen 300 Kè keine Amtsbestätigung bis heute gegeben,

3. nach erfolgter Pfändung des Stieres denselben sofort verkauft und auch über den Erlös bis heute keine Bestätigung gegeben,

4. durch landsknechthafte Roheit der Ausgedingerin Schaden an der Gesundheit zugefügt,

5. im ganzen aber gegen das Steuergesetz und die Exekutionsordnung schwer verstossen.

Der Gefertigte bezieht sich bei dieser Gelegenheit auf die sehr geschätzte Antwort des Herrn

Finanzministers vom 24. September 1. J. Zahl 1484 Sch-32 auf meine dringliche Zuschrift, betreffend Steuererleichterungen nach der Hagelkatastrophe der Gemeinden im Wigstadtler Bezirk, zu welchem auch die Gemeinde Schwansdorf gehört, und fragt den Herrn Minister, ob er gewillt ist,

1. ) diesen vorgeschilderten Fall mit aller Strenge untersuchen zu lassen,

2. ) ob der Herr Finanzminister geneigt ist anzuordnen, daß ein solches unmögliches Exekutionsorgan sofort vom Posten zu entfernen ist und

3. ) ob der Herr Finanzminister geneigt ist, durch einen entsprechenden Erlaß anzuordnen, daß der wehrlose Steuerzahler jenen Schutz erhält, der ihm durch das Gesetz gewährleistet ist?

Prag den 28. September 1932.

Halke,

Windirsch, Wagner, Häusler, Taub, Böhm, Gläsel,

Grünzner, Viereckl, Heller, Kaufmann, Dietl,

Heeger, Dr. Hodina, Platzer, Kirpal, Böllmann,

Katz, Blatny, Zierhut, Müller.

Pùvodní znìní ad 1989/XXII.

Interpellation

des Abgeordneten Windirsch

und Genossen

an den Finanzminister,

betreuend den Grenzverkehr der reichs-

deutschen Landwirte mit Kunstdünger.

Viele reichsdeutsche Landwirte besitzen schon seit undenklichen Zeiten in unmittelbarer Nähe der Staatsgrenze in Nordböhmen Grundflächen, die von ihnen auch immer selbst von ihren auf reichsdeutschem Staatsgebiete befindlichen Betrieben aus bewirtschaftet worden sind. Die geernteten Feldprodukte wurden von den reichsdeutschen Landwirten stete nach Deutschland ausgeführt und dort verwertet. Die Bewirtschaftung der Grundflächen erfolgte nach der im Deutschen Reiche üblichen rationellen Art. Die Grundflächen wurden stets ordentlich bearbeitet, unkrautrein gehalten und sie mußten auch ausreichend gedüngt werden, wozu nicht immer die Verwendung von Wirtschaflsdünger allein ausreichte, sondern es wurden dazu auch besondere Gaben künstlicher Düngemittel verwendet. Das Bestreben der reichsdeutschen Landwirte, ihre Grundstücke richtig zu bewirtschaften, erfuhr von der tschechoslowakischen Staatsverwaltung keinerlei Beschränkungen erst bis im heurigen Jahre 1932 die reichsdeutschen Landwirte deswegen beanständet wurden, daß sie von den auf ihren Grundflächen verwendeten künstlichen Düngermengen keinen Zoll und Umsatzsteuer entrichtet haben. In Verbindung mit dieser Feststellung, die durch Organe der tschechoslowakischen Finanz-Grenzkontrolle geschehen ist,

sollen die reichsdeutschen Landwirte künftighin verpflichtet werden, nunmehr Zollgebühren und Umsatzsteuer für den von ihnen verbrauchten Kunstdünger auch innerhalb der Tschechoslowakei zu entrichten. In Verbindung mit dieser Verpflichtung wurden die reichsdeutschen Landwirte auch noch durch das Gefällsgericht in Reichenberg wegen angeblicher bewußter Hinterziehung der Zollgebühren und Umsatzsteuer auf einige Jahre zurückwirkend bestraft.

Diese Art der Behandlung der reichsdeutschen Landwirte scheint nicht richtig zu sein, denn es sei vor allem abermals darauf verwiesen, daß die auf den reichsdeutschen Landwirten gehörigen, unmittelbar an der Staatsgrenze in Böhmen gelegenen Grundflächen erzeugten Feldfrüchte nicht innerhalb der Tschechoslowakei veräußert, sondern nach Deutschland ausgeführt werden. Übrigens zahlen die Landwirte auch schon die im Deutschen Reiche auf den Kunstdünger entfallende Umsatzsteuer. Dieser Sachverhalt deutet darauf hin, daß die Entrichtung der Zollgebühr und auch der Umsatzsteuer in der Tschechoslowakei nicht in Betracht kommen kann.

Was die Abstattung der Zollgebühr betrifft, hat für den Fall wohl der Wortlaut der Funkte l und 3 der Anlage F des Wirtschaftsabkommens zwischen der Tschechoslowakischen Regierung und der Deutschen Regierung, Sammlung d. G. u. V. Nr. 359 1922 Geltung. Darnach ist die Zollfreiheit festgesetzt:

»1. ) Auf Landgütern oder Grundbesitzungen, welche von der Zollgrenze der beiderseitigen Gebietsteile durchschnitten sind, dürfen das dazugehörige Wirtschaftsvieh und Wirtschaftgeräte, die Aussaat zum dortigen Feldbau, dann die auf denselben gewonnenen Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehzucht bei der Beförderung von den Orten ihrer Hervorbringung nach den zu ihrer Verwahrung bestimmten Gebäuden und Räumen von einem Zollgebiet auf das andere an den durch die Verwendung oder Bestimmung im Wirtschaftsbetriebe angezeigten natürlichen Übergangspunkten zollfrei gebracht werden.

3. ) Die nachbekannten Gegenstände dürfen im gegenseitigen Verkehre der Grenzbezirke, wo die örtlichen Verhältnisse dies wünschenswert und zulässig erscheinen lassen, unter Beobachtung der entsprechenden Vorsichtsmaßregeln auch auf Nebenwegen zollfrei ein- und austreten: Ausgelaugte oder Auswurfasche zum Düngen, gemeiner Bausand und Kieselsteine, tierischer Dünger, roher Feuerschwamm, Flachs und Hanf in Wurzeln, Gras, Moos, Binsen, Futterkräuter, Waldstreu, Heu,

Stroh und Häckerling, Milch, Schmirgel und Trippel in Stücken, gemeiner Ton und gemeine Töpfererde, Brennholz, Kohle, Torf und Moorerde. «

Unter den im Punkt 3 angeführten Gegenständen befindet sich Kunstdünger nicht, doch kann Kunstdünger, der schon immer verwendet wurde, im Hinblick auf die Bestimmung des Absatzes 3 des § 4 der Durchführungsverordnung zum Zollgesetz, Slg. d. G. u. V. Nr. 168 vom 13. Dezember 1927, gleichfalls Berücksichtigung finden, denn es heißt dort:

»Die von jeher bereits eingelebten Erleichterungen im Grenzverkehr werden in Kraft belassen, auch wenn sie nicht mit dem Nachbarstaate vertragsmäßig sichergestellt sind. «

Bezüglich der Umsatzsteuer ist eine gleiche Ausnahmsbehandlung gerechtfertigt, weil der Kunstdünger bereits im Deutschen Reiche versteuert wurde und weil die von den reichsdeutschen Landwirten auf den Grenzgrundstücken in der Tschechoslowakei erzeugten Feldfrüchte hier nicht zum Verkaufe gelangen.

Eine rigorose fiskalische Behandlung der reichsdeutschen Landwirte gibt zur Befürchtung Anlaß, daß die dem tschechoslowakischen Staate angehörigen Landwirte, die jenseits der Grenze auf reichsdeutschem Gebiete gleichfalls Grundflächen besitzen und selbst bewirtschaften, in einer für sie nachteiligen Weise behandelt werden könnten. Aus dem Grunde ist es notwendig, daß im beiderseitigen Interesse die gleiche liberale Behandlung wieder platzgreift, wie sie auch schon vorher gehandhabt wurde. Aus diesem Grunde wird der Herr Finanzminister gefragt:

1. ) Ob er bereit ist, darauf Einfluß zu nehmen, damit die über die reichsdeutschen Landwirte wegen angeblicher Hinterziehung von Zollgebühren und Umsatzsteuer von Kunstdünger verhängten Strafen aufgehoben werden?

2. ) Ob er gewillt ist, die auf Grund des § 4, Absatz 3, der Durchführungsverordnung zum Zollgesetz, Slg d. G. u. V. Nr. 168, vom 13. Dezember 1927, von den Landwirten eingebrachten Gesuche in einem wohlwollenden Sinne erledigen zu lassen?

Prag, am 12. Oktober 1932.

Windirsch,

Viereckl, Böllmann, Oehlinger, Dr. Mayr-Harting, Zajíèek, Dr. Hodina, Halke, Fritscher, Scharnagl, Bobek, Gläsel, Greif, Krumpe, Böhm, Kunz, Dr. Luschka, Heller, Wagner, Zierhut, Dr. Petersilka, Platzer.


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