dringlichen Gebote nach Verbesserung des Verkehrselendes in Gablonz a. N. nachzukommen?
Prag, am 20. April 1932.
Köhler, Geyer, lng. Kallina, Dr. Hassold, Bobek, Dr. Mayr-Harting, Kunz, Scharnagl, Oehlinger, Dr. Hanreich, Dr. Schollich, Kasper, Schubert, Knirsch, Ing. Jung, Krebs, Horpynka, Dr. Keibl, Matzner, Greif, Krnmpe, Dr. Petersilka.
Pùvodní znení ad 1753/ V.
Interpellation
des Abgeordneten Krampe und Genossen
an die Gesamtregierung
betreffend die Vorlage des Binnenschiff-
fahrts-Gesetzes und Anlegung eines
Schiffsregisters.
Die Binnenschiffahrt in der Cechoslovakischen Republik entbehrt bisher einer gesetzlichen Regelung und strittige Schiffahrtsfragen auf der Elbe müssen fast ausschließlich nach dem deutschen Reichsgesetze Nr. 36 über die privatrechtliche Binnenschiffahrt und Flößerei entschieden werden.
Den größten Nachteil hat die tschechoslowakische Schiffahrt vom Fehlen eines Schiffsregisters. Infolge Mangel eines Schiffsregisters ist die Belehnung von Elbeschiffen nicht möglich. Dadurch wird die Privatschiffahrt zum Aussterben verurteilt und ein blühender Wirtschaftszweig wird vernichtet. Durch die Anlegung eines Schiffsregisters kann der Niedergang der privaten ßinnenschifffahrt aufgehalten werden. Bei den jetzigen Preisen der Elbeschiffe ist eine Belehnung unerläßlich, die aber ohne Schiffsregister nicht durchführbar ist. In diesem Sinne sind alle beteiligten Körperschaften schon vorstellig geworden, vor allem der Elbeverein.
Von der Regierung sind mehrere Entwürfe fertiggestellt worden, von denen aber noch keiner gesetzesreif geworden ist, da die internationalen Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind. Die Unterzeichneten richten daher an den Minister für auswärtige Angelegenheiten das dringende Ersuchen, die Verhandlungen über das Binnenschififfahrtsrecht zu beschleunigen und zum Abschluß zu bringen. Falls sich dieses Abkommen verzögern sollte, ist es notwendig, einen Teil des Binnenschiffahrtsrechtes gesetzlich festzulegen u. zwar den Teil, der die Anlegung von Schiffsregistern behandelt. Das ist um so leichter möglich, als gerade über die Anlegung des Schiffsregisters keine internationalen Differenzen bestehen.
Die Unterzeichneten richten daher an die Gesamtregierung die Anfragen:
1. Ist die Regierung bereit, die internationalen Verhandlungen über die Regelung des Binnen-
schiffahrtsrechtes zu beschleunigen und zum Abschluß zu bringen?
2. Ist die Regierung bereit, sofort die Vorlage über die Anlegung eines Schiffsregisters den gesetzgebenden Körperschaften zu unterbreiten?
Prag, am 22. April 1932.
Krumpe,
Oehlinger, Dr. Petersilka, Dr. Luschka, Szentivanyi,
Dr. Jabloniczky, Dr. Szüllö, Horpynka, Zajièek,
Bobek, Greif, Dr. Mayr-Harting, Scharnagl, Kunz,
Fritscher, Jelinek, Eckert, Dobránsky, Hokky,
Dr. Holota, Dr. Törköly, Nitsch, Fedor.
Pùvodní znení ad 1753/ VI.
Interpellation
der Abgeordneten Krumpe, Kunz
und Genossen an den Minister für soziale Fürsorge
und den Minister des Innern, wegen der Nichtbezahlung von Lebensmittelkarten für Arbeitslose.
Aus allen Bezirken Nordböhmens, namentlich aus den Bezirken Schluckeaau, Rumburg und Warnsdorf, kommen Klagen, daß die Kaufleute für die abgelieferten Lebensmittelkarten keine Bezahlung erhalten. In einzelnen Orten sind die Bezahlungen schon 3 Monate rückständig. Bei der allgemeinen Notlage der Kaufmannschaft und der furchtbaren Krediterschwerung kann die Nichtbezahlung solch großer Warenmengen zum Ruin des Kaufmannes führen. Da in den meisten Fällen auf die Lebensmittelkarten noch eine 10%ige Zugabe geleistet wird, ist die fristgerechte Bezahlung eine Unerläßlichkeit. Solche Zahlungsrückstände vergrößern die Wirtschaftsnot und machen es kleinen kapitalschwachen Kaufleuten direkt unmöglich Lebensmittelkarten anzunehmen.
Die Unterzeichneten fragen deshalb an:
1. Sind den Herren Ministern diese Übelstände bekannt?
2. Sind die Herren Minister bereit, dafür zu sorgen, daß alle Lieferungen für die Arbeitslosenfürsorge sofort bezahlt werden?
Prag, am 21. April 1932.
Krumpe, Kunz,
Dr. Szüllö, Szentivanyi, Dr. Jabloniczky, Dr. Törköly, Fedor, Dobránsky, Oehlinger, Zajièek, Nitsch, Dr. Holota, Eckert, Bobek, Greif, Fritscher, Dr. Mayr-Harting, Hokky, Scharnagl, Dr. Petersilka, Dr. Luschka, Jelinek, Horpynka,
Pùvodní znìní ad 1753 VII.
Interpellation
des Abgeordneten Windirsch
und Genossen an die Regierung,
betreffend Änderung der Verordnung vom
28. März 1881, R. G. Bl. Nr. 30, betreffend
Eichung von Mafien, Gewichten und
Wagen.
Die Verordnung des Handelsministeriums vom 28. März 1881, R. G. B1. Nr. 30, bestimmt im § 1, lit. b), daß Wagen, die im allgemeinen Handelsverkehr zum Abwägen gebraucht werden, der periodischen Eichung nach Ablauf von 2 Jahren zu unterziehen sind. Diese Bestimmung wird unterschiedslos auch auf die Landwirtschaft angewendet, die für ihre Zwecke Maße, Gewichte und Wagen benützt. In der Landwirtschaft werden diese Gegenstände häufig nur zur Kontrolle im internen Verkehr in den Betrieben benützt und ist die Ingebrauchnahme der Maße, Gewichte und Wagen nur sehr sporadisch. Trotzdem werden die Landwirte durch die Auslegungen der Eichvorschriften verpflichtet, auch ihre Meßgefäße, Gewichte und Wagen zur Eichung anzumelden und wenn das unterlassen, wird, dann werden sehr häufig empfindliche Geldstrafen verhängt.
Die Durchführung der Eichungen erfordert große Ausgaben, denn die Gebühren betragen oft mehr als 100 Kè. Dazu kommen dann auch noch die Ausgaben für die Reparaturen an den Wagen, ohne deren vorherige Durchführung die Eichungen nicht vollzogen werden. Die Reparaturen kosten in manchen. Fällen gleichfalls mehr als 100 Kronen.
Im Laufe der Zeit artet die Vornahme der Eichungen auch zur Schikane aus, denn die Eichämter fordern, obwohl sie genau wissen, wo sich eventuell eichpflichtige Gegenstände befinden, daß die Landwirte jedes zweite Jahr mit einem besonderen Gesuche um die Durchführung der Eichung ansuchen müssen. Die Gesuche sind mit 5 Kè stempelpflichtig. Kumulative Ansuchen mehrerer Landwirte um die Vornahme von Eichungen werden nur dann entgegengenommen, wenn jeder einzelne Landwirt, der das Gesuch unterschrieben hat, die Stempelgebühr von 5 Kè entrichtet. Ansuchen im Wege der Gemeindeämter finden keine Berücksichtigung.
Die Landwirte werden durch die strenge Anwendung der Eichvorsehriften unnützerweise benachteiligt, weil die von ihnen benützten Meßgefäße, Gewichte und Wagen nur für interne Zwecke in der Wirtschaft gebraucht werden und weil der Zeitabstand von 2 Jahren, von einer Eichung zur anderen viel zu kurz ist. Es wäre notwendig, auf die Eigenart der Landwirtschaft bei der Anwendung der Eichvorschriften die erforderliche Rücksicht zu nehmen. Dazu gehört auch die Verlängerung der Eichfristen,
Mit Rücksicht auf diese Ausführungen wird gefragt:
1. ) Ob die Regierung bereit ist, die zweijährige Dauer der Eichfrist, insoweit die Landwirtschaft in Betracht kommt, zu verlängern?
2. ) Ob die Regierung bereit ist, zu verfügen, daß Landwirte, die Messgefäße, Gewichte und Wagen nur für den internen Gebrauch in den landwirtschaftlichen Betrieben nötig haben, von dem Eichzwange ausgenommen werden?
3. ) Ob die Regierung gewillt ist, anzuordnen, daß die an die Eichämter zu richtenden Anmeldungen bezüglich der Durchführung der Eichungen auch durch die Gemeindeämter gemacht werden können?
4. ) Ob die Regierung bereit ist, zu bestimmen, daß den Eichämtern verboten wird, die Vornahme der Reparaturen von Wagen nur bei bestimmten Firmen zu verlangen?
Prag, am 27. April 1932.
Windirsch,
Böhm, Halke, Zierhut, Hodina, Dr. Bacher, Gläsel, Platzer, Viereck, Heller, Jelinek, Oehlinger, Scharnagl, Zajièek, Dr. Luschka, Wagner, Fritscher, Dr. Mayr-Harting, Bobek, Krumpe, Dr. Petersilka, Kunz.
Pùvodní znìní ad 1753 VIII.
Interpellation
des Abgeordneten Windirsch
und Genossen
an den Finanzniinister,
betreffend Abänderung des Gesetzes vom
15. Juni 1927, Slg. Nr. 76, § 102.
In dem Gesetze über die direkten Steuern vom 15. Juni 1927, Slg. Nr. 76 lautet es im § 102 wörtlich:
»Das Finanzministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Ministerium für Landwirtschaft und des Innern zeitliche Befreiungen von der Grundsteuer für Grundstücke zu bewilligen, auf denen neue Massenansiedlungen durchgeführt werden. Die Steuerbefreiung aus diesem Grunde ist nach der Höhe der den Kolonisten entstandenen Kosten und nach ihren Vermögens- und Familieverhältnissen längstens aber auf 6 Jahre zu bewilligen. «
Durch die Auswirkung dieses Gesetzesparagraphen wurde die Finanzwirtschaft vieler Ge-
meinden in den deutschen Gebietsteilen des Staates in größte Unordnung gebracht. Bei der Durchführung der Bodenreform «st die Absicht, den in deutschen Gemeinden vorhandenen Großgrundbesitz an tschechische Kolonisten aufzuteilen, überall durchgeführt worden. In Auswirkung der vorangeführten gesetzlichen Bestimmung entfiel die Zahlung der Grundsteuer seitens der Kolonisten. Die Gemeinden kamen dabei aber auch um die der Grundsteuer entsprechenden Umlagen, die, insolange der Großgrundbesitz vorhanden war, ohne besondere Einmahnung an die Gemeinden abgeführt wurden. Welche Benachteiligung dadurch manche Gemeinden erfahren haben, ergibt sich aus der Tatsache, daß von den Meierhöfen 60-80% der Gemeindeumlagen getragen worden sind. Mit der Einwanderung der Kolonisten hörte nicht nur die Umlagenzahlung auf, sondern manchen Gemeinden sind dadurch beträchtliche neue Auslagen erwachsen durch die Herstellung von Kommunikationen, und aus den Anschlüssen an die Wasserversorgung und Beleuchtung. In vielen Gemeinden wurden durch diese neuen Lasten die vorhandenen ansäßigen Landwirte und Gewerbetreibenden stark belastet. Sie konnten auf die Dauer diese Belastungen nicht ertragen und die Gemeinden mußten größere Darlehen aufnehmen. Dieser Zustand, der noch weiterhin anhält, wirkt sich nunmehr als eine große Ungerechtigkeit aus, die von dem Staate, der auf Grund des § 102 des) Gesetzes Nr. 76/1927 den Kolonisten besondere Vorteile eingeräumt hat, dadurch beseitigt werden sollte, daß er den in Betracht kommenden Gemeinden für den Ausfall an Umlagen einen entsprechenden Ersatz aus Staatsmitteln gibt.
Das Gesetz sieht eine Befreiung von der Zahlung der Grundsteuer nur für höchstens 6 Jahre vor. Dieser Zeitraum ist bereits vielfach verstrichen und dennoch weigern sich die Kolonisten unter Berufung auf die vorerwähnte Bestimmung, die Umlagen zu zahlen. Die Gemeindevorsteher sind dagegen machtlos und die nachgesuchte exekutive Eintreibung, der Gemeindeumlagen bleibt ohne Ergebnis, weil sich die Steuerbehörden als Exakutionsbehörden nicht trauen, gegen die Kolonisten vorzugehen. Daraus resultiert in vielen Gemeinden ein geradezu verzweifelter Zustand, der sich daraus ergibt, daß die deutschen Gemeinden hinter den tschechischen Kolonisten zurückstehen müssen. Nachdem die Bodenreform auf Grund der Angaben des Staatsbodenamtes bereits überall durchgeführt ist, deswegen wäre es an der Zeit, die eingangs erwähnte gesetzliche Bestimmung aufzuheben und die Kolonisten im Interesse der Erreichung einer geordneten Finanzwirtschaft in den Gemeinden anzuhalten, daß von ihnen die auf die Grundsteuer entfallenden Gemeindeumlagen gezahlt werden.
In Hinblick auf diese Ausführungen wird der Herr Finanzminister gefragt:
1. ) Ob er bereit ist, he Aufhebung des § 102 des Gesetzes Slg. Nr. 76'1927 zu beantragen?
2. ) Ob er gewillt ist, Weisungen an die Steuerbehörden zu erlassen, damit den Gemeindeämtern bei der exekutiven Eintreibung der Gemeindeum-
lagen, die bisher unter Hinweis auf § 102 des Gesetzes, Slg Nr. 76 1927 unterblieben ist, die erforderliche amtliche Unterstützung gewährt wird?
3. ) Ob er gewillt ist, m dem Falle, als die Aufhebung des erwähnten Paragraphen nicht möglich wäre, darauf Einfluß zu nehmen, daß den unter der Geltung dieses Gesetzes in finanzielle Not geratenen Gemeinden aus Staatsmitteln Zuwendungen im Ausmaße der durch die Kolonisten verloren gegangenen Gememdeumlagen gemacht werden?
Prag, am 27. April 1932.
Windirsch,
Gläsel, Halke, Zierhut, Oehlinger, Dr. Mayr-Harting,
Dr. Petersilka, Böhm, Jelinek, Dr. Bacher, Wagner,
Zajièek, Fritscher, Kunz, Scharnagl, Bobek, Greif,
Krumpe, Viereckl, Hodina, Platzer, Heller.
Pùvodní znení ad 1753/ XI.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Fritz Hassold
und Genossen an den Minister des Innern bezw. den Eisenbahnininister in Angelegenheit der ungerechtfertigten Belästigung von Fahrgästen durch Gendarmeriepersonen, bezw. Eisenbahnbeamte.
Es ereignet sich immer öfter, daß sich Eisenbahnbedienstete oder Beamte in Überschreitung des ihnen zustehenden Dienstes sich in Angelegenheiten einmischen, die sie nichts angehen. Mit Vorliebe üben Bannbeamte oder auch Kondukteure eine politische Aufsicht über Eisenbahnfahrgäste, wie sie ihnen keineswegs zukommt.
Als symptomatisch bringe ich folgenden Vorfall von vielen ähnlichen zur Kenntnis: Am Sonntag, den 17. April d. J. fand in Pilsen die Gauvorturnerstunde des westböhmischen Turngaues statt. Die Turner fuhren mit dem Nachmittagszuge auf der Strecke Pilsen-Eger heimwärts. Sie hatten die behördlich erlaubten Turnvereinsabzeichen angesteckt. Schon zu Beginn der Fahrt wurden sie deswegen von einem Kondukteur belästigt, der sich damit in eine Sache einmengte, die gewiß nicht zu seinem Dienste gehört. Als m der Station Mies-Kladrau 4 Mann (von den Turnvereinen Mies und Kladrau) aufstiegen, wurden sie von Gendarmen empfangen und verhaftet. Man führte sie in einen Sonderraum am Bahnhof, wo sie erfuhren, daß man sie auf eine fernmündliche Anzeige der Bahn, hin (wahrscheinlich durch den Stationsvorstand der
Station Køimic bei Pilsen) als Hakenkreuzler verhaften mußte. Sie hatten das Verbandsabzeichen angesteckt und 2 dei Turner waren im Turnkleid. Der mitverhaftete Gauturnwartstellvertreter erklärte in aller Ruhe das Verbandsabzeichen. Nach Aufnahme ihrer Personalien wurden sie wieder entlassen.
Die von dem übereifrigen Bahnorgan auf dem Bahnhof gesprengten Gendarmerieorgane dürften über diese Störung ihrer Sonntagsruhe selbst keine besondere Freude gehabt haben. Es wäre auch wohl zu erwarten und zu verlangen, daß die verschiedenen Organe des Staates endlich die Erlässe von den erlaubten Abzeichen begreifen möchten und sich auch danach verhalten möchten, um endlich mit derartigen ununterbrochenen Ruhestörungen gegenüber der Bevölkerung Schluß zu machen. Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß verschiedene Organe derartige Verfolgungen der deutschen Bevölkerung mit besonderer Lust und Vorliebe und böswilliger Absicht betreiben.
Die Unterfertigten richten daher an die Herren Minister folgende Anfragen:
1. ) Was gedenkt der Herr Innenminister zu tun, um den Erlaß an die Bezirksbehörden betreffs der nicht verbotenen Abzeichen des Deutschen Turnverbandes allen staatlichen Organen in genügender Weise zur Kenntnis zu bringen und sie zur Respektierung dieses Erlasses zu verhalten?
2. ) Was gedenkt der Herr Eisenbahnminister zu tun, um seinen Beamten, und Bediensteten endlich das immer sich wiederholende provokatorische Politisieren abzugewöhnen und diese Beamten und Bediensteten zu verhalten, daß sie sich ausschließlich um ihre Dienstangelegenheiten kümmern und im übrigen das reisende Publikum in Ruhe lassen?
P r a g, am 28. April 1932.
Dr. Hassold,
Dr. Schollich, Matzner, Schubert, Knirsch, Ing. Jung,
Scharnagl, Kunz, Oehlinger, Kasper, Köhler, Dr.
Hanreich, Ing. Kallina, Horpynka, Dr. Keibl, Krebs,
Geyer, Simm, Bobek, Greif, Dr. Mayr-Harting,
Fritscher, Dr. Luschka.
Pùvodní znìní ad 1753/XII.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich
und Genossen an den Justizminister betreffend die Beschlagnahme der »Deutschen Volkszeitung« in Neutitschein No. 32 vom 18. März 1932.
Die »Deutsche Volkszeitung für das KuhländchenFolge 32 vom 18. März 1932, verfiel wegen folgender Notiz der Beschlagnahme:
»Offizielle irredeatistische Propaganda. «
Unter dieser Überschrift macht »Venkov« vom 9. März auf den, in Berlin bestehenden »irredentistischen« »Sudetendeutschen Heimatbund« aufmerksam, der alljährlich Trauerfeierlichkeiten zur Erinnerung an die am 4. März 1919 bei den »Exzessen-, im »gemischten Gebiet« Gefallenen veranstaltet. Heuer veranstaltete der Heimatbund eine solche Trauerfeier im Charlottenburger Rathaus. Es hat überrascht, schreibt »Venkov«, daß diesmal die Festrede ein hoher Beamter des deutschen Außenministeriums, Geheimrat Hans Redlhammer, der Generalbevollmächtigte dieses Vereines, hielt. Geheimrat Redlhammer gebrauchte mehrmals den Ausdruck »tschsl. Soldateska«, von der er sagte, daß sie die Freiheitsbewegung des Sudetendeutschtums unterdrückte, welches seine Selbständigkeit nach dem Programm Wilsons anstrebte. Der Redner forderte die Anwesenden auf, den Toten die Treue zu bewahren, und für die Beseitigung des Unrechtes zu kämpfen, das durch den Frieden von Versailles begangen wurde, und versicherte, daß die sudetendeutsche Heimat, den Verfolgungen zum Trotz, treu bleiben und das große Ziel nicht außeracht lassen werde, denn das Selbstbestimmungsrecht sei unveräußerlich und unverjährbar. - Dazu erklärt »Venkov«, daß es unkorrekl und taktlos (!) ist, wenn ein hoher Würdenträger des deutschen auswärtigen Amtes in der Funktion eines Generalbevollmächtigten des »Sudetendeutschen Heimatbundes« auftritt und daß es unzulässig ist, daß er Hetzreden (!) gegen den tschsl. Staat hält und dessen Armee beleidigt (!). Oder beschäftigt vielleicht das deutsche Außenamt diesen Beamten nur, damit dieser den irredeatistisohen Geist (!) im »Sudetendeutschen Heimatbund« erhält und von Berlin aus die Illoyalität in der deutschen Bevölkerurg der tschsl. Republik organisiert? - Venkov« möchte also am liebsten den Teichsdeutschen offiziellen Stellen jede - auch nur ganz platonische - Teilnahme am Schicksal der Šudetendeutschen, verbieten!
Dieselbe Notiz war in einer Reihe sudetendeutscher Zeitungen unbeanstandet erschienen, bevor es der Neutitscheiner Staatsanwalt, als besonders eifriger Hüter des bedrohten Staates, für notwendig hielt, sie als »staatsgefäbrlich« zu unterdrücken. Das Kreis- als Presse-Gericht in Neutitschein hat wie immer auch diesen lächerlichen Übergriff eines übereifrigen Zensors mit seinem »Erkenntnis« vom 21. März 1932 gedeckt und für die Beschlagnahme die Begründung darin gefunden, daß in dem Artikel der ausführlich einen im »Venkov« erschienenen Artikel wiedergibt, durch die hinzugefügten Bemerkungen die Organisation. »Südetendeutscher Heimatbund«, dessen Zweck es ist, die Selbständigkeit, die verfassungsmäßige Einheitlichkeit und die demokratische republikanische Form des Staates zu untergraben, in ihren umstürzlerischen Bestrebungen dadurch unterstützt wurde, daß seine Tätigkeit lobend anerkannt wurde. Es war daher im Inhalte dieser Stellen die strafbare Handlung gemäß § 17 Z l des Gesetzes zum Schütze der Republik zu erblicken.
Es würde dem Staatsanwalt, wie auch den. Herren des Kreisgerichtes sehr schwer fallen, wenn sie
den Auftrag bekämen, die Richtigkeit ihrer Behauptung aus der Notiz selbst zu beweisen. In der Notiz wird lediglich der im »Venkov« erschienene Artikel wiedergegeben. Nur der Schlußsatz: »Venkov« möchte also am liebsten den reichsdeutschen offiziellen Stellen jede - auch nur ganz platonische - Teilnahme am Schicksal der Sudetendeutschen verbieten!« ist die einzige, ganz allgemein gehaltene Bemerkung, die darüber hinaus gemacht wurde. In dieser Bemerkung ist weder vom Sudetendeutschen Heimatbund, der vom tschechoslowakischen Staate als irredentistischer Verein so gefürchtet wird, noch von seinen umstürzlerischen Bestrebungen die Rede. Es kann nur angenommen werden, daß der Zensor die deutsche Sprache nicht beherrscht, wenn er nicht imstande ist, den Text richtig zu lesen und seinen Inhalt zu verstehen. Dann gehört er aber nach unserer Auffassung nicht auf diesen wichtigen Posten, da er durch seine unsinnige Tätigkeit, durch eine leichtfertige Beschlag-
nahme, ein in der heutigen Zeit ohnehin schwer kämpfendes Unternehmen um tausende Kronen schädigt.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Justizminister, ob er bereit ist, im allgemeinen Weisungen wegen einer liberalen Handhabung der Zensur herauszugeben und insbesonders der Neutitscheiner Staatsanwaltschaft zu bedeuten, daß ihr Vorgehen mit dem heutigen demokratischen Zeitgeiste unvereinbar ist.
Prag, am 30. März 1932.
Dr. Schollich,
Ing. Kallina, Dr. Keibl, Ing. Jung, Geyer, Oehlinger, Dr. Mayr-Harting, Fritscher, Scharnagl, Bobek, Schubert, Köhler, Horpynka, Dr. Hassold, Dr. Hanreich, Matzner, Simm, Krebs, Kasper, Knirsch, Krumpe, Greif, Dr. Petersilka, Kunz.