Nach den Bestimmungen der eingangs, erwähnten Regierungsverordnung sind die Revisionsorgane verpflichtet, die Revisionen mit allen möglichen Rucksichten auf den ungestorten Gang der Unternehmung vorzunehmen, jede uberflussige Belästigung des Unternehmers und seines Personals, sowie alles zu vermeiden, was die Aufmerksamkeit unbeteiligter Personen und der Bevölkerung erwecken konnte und sich gegen über den Steuerpflichtigen auf das rucksichts vollste zu betragen Feiner ist gemäß Absatz 6 den berechtigten Forderungen der Parteien bei denen die Revisionen vorgenommen werden, hinsichtlich der zeitlichen Anordnung der Revisionen (z. B außerhalb der Zeit der Saison-. Inventurarbeiten und dergl. ) nach Möglichkeit zu entsprechen. Diese Rücksichtnahme wird, wie erwähnt, in den meisten Fallen außeracht gelassen

Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Finanzminister die Anfrage.

1. Ist der Herr Finanzminister geneigt, die Tätigkeit der Revisionsorgane mit Rücksicht auf die Katastrophale Wirtschaftslage auf das unumgänglich notwendigste Maß einzuschranken und insbesonders die strikte Einhaltung der Bestimmungen des Absatzes 2 der eingangs zitierten Regierungsverordnung zu verfugen?

2. Ist der Herr Finanzminister geneigt, die ersten 10 Wochen jedes Kalenderjahres, welche im besonderen Ausmaß Bilanz- und steuertechnischen Arbeiten dienen generell von einer Revisionstatigkeit auszuscheiden und dementsprechend die untergeordneten Finanzorgane anzuweisen?

P r a g, den 4 Feber 1932

Stenzl, Eckert, Prause,

Szentiványi, Nitsch, Dr. Holota, Dr. Törköly, Oehlinger, Krumpe, Dr. Petersilka, Fritscher, Dr. Szüllö, Fedor, Dobránsky, Hokky, Dr. Jabloniczky, Dr. Luschka, Kunz, Zajièek, Scharnagl, Greif, Bobek, Dr. Mayr-Harting.

Pùvodní znìní ad 1613/ XII.

Interpellation

des Abgeordneten Hans Krebs und Genossen

an den Innenminister.

betreffend die gesetzwidrige Bestrafung aufgrund der kaiserlichen Verordnung vom 26. Feber 1917, R. -G. -Bl. 79, die über eine Anzahl Staatsbürger von verschiedenen Bezirksbehörden und Polizeikommissariaten verhängt wurde.

das mehren sich in der letzten Zeit die Falle in denen Personen, die angeblich Teile einer 1 uniform getragen haben, aufgrund des § 1 der Verordnung vom 26 Feber 1917, RGBL 79 schuldig erkannt und im Sinne des § 11 dieser Verordnung, sowie aufgrund des § 12 des Gesetzes Nr. 55 vom 1928 zu Arrest- oder Geldstrafen von den zuständigen Bezuksbehorden oder Polizeikommissariaten verurteilt werden

Die den Verurteilungen zu Grunde liegende oben zitierte Verordnung vom 26. Feber 1917 stellt keine gültige Norm dar. weil sie durch kein Gesetz gedeckt ist und nach der èechoslovakischen Staatsverfassung Strafen nur von Gesetzen erfließen können. Uber dies enthalt die obzitierte Verordnnng kein allgemeines Verbot des Tragens von Uniformen oder einzelner Bestandteile, sondern bestimmt nur, daß Uniformen bzw. deren Bestandteile nur aufgrund einer Genehmigung der Behörde getragen weiden dürfen Diese Begriffsunterscheidung wurde bereits mehrfach vom Obersten Verwaltungsgerichtshof festgelegt, woraus deduziert wurde, daß die politischen Behörden nicht berechtigt waren, für jene Falle Strafnormen zu erlassen, in welchen eine Uniform oder ein Bestandteil getragen wurde der nicht ausdrucklich genehmigt worden war

Ich kann darauf hinweisen, daß der Oberste Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom 4. Feber 1929, Nr. 265/27 in dieser Frage bereits entschieden hat und daß diese Entscheidung mit dem Erkenntnis Boh. 61 /62 / A und mit dem Beschluß des Fachplenums vom 14 Janner 1929 m Übereinstimmung steht Trotz dieser klaren Rechtslage ergibt sich die bedauerliche Feststellung, daß die politischen Behorden entgegen den wiederholt ausgesprochenen Anschauungen des Obersten Verwaltungsgerichtshofes Strafen verhangen, die gesetzlich nicht begründet sind. Die Verordnung Nr 79/17. auf die sich die Verwaltungsbehörden stützen und insbesondere deren Bestimmungen § 1 und § 11 sind ohne gesetzliche Ermächtigung herausgegeben worden und somit ungültig

Diese rechtswidrige Verwendung alter kaiserlicher Verordnungen zu Bestrafungen sind deshalb doppelt scharf zu verurteilen weil aufgrund der Bestimmungen der Verwaltungsreform gegen die Berufungen der Landesbehorde kein Rechtsmittel mehr zulassig ist, sodaß praktisch auch dann wenn die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben wird, die Bestrafungen abgebusst. bezw. die Geldstrafen erlegt werden müssen Dieser Zustand muß als eine Rechtsbeugung von der Bevölkerung empfunden werden und ist eines Rechtsstaates in jeder Beziehung unwürdig - Daher richtig ich an den Herrn Minister des Innern, als den zur Wahrung der Gesetze Berufenen, die Anfrage

1 Ist dem Herrn Minister bekannt daß die politischen Behörden aufgrund der Verordnung vom 26. Feber 1917 RGBI 79, gesetzwidrige Strafen verhängen, trotzdem der Oberste Verwaltungsgenchtshof wiederholt die Gesetzwidrigkeit dieser Strafen ausgesprochen hat?

2 Ist der Herr Minister bereit, diese Strafen aufzuheben und die politischen Beliördeu zu beduftragcn, die Entscheidungen des Obersten Verwaltungsgerichtshofes zu respektieren?

3. Ist der Herr Minister bereit die bisher erllossenen Verurteilungen als rechtswidrig aufhoben zu lassen?

P r a g, am 5. Januer 1932.

Krebs.

Simm, Schubert. Geyer, Köhler, Dr. Hanreich, Horpynka, Ing. Kallina, Krumpe, Kunz, Zajíèek, Scharnagl, Oehlinger, Dr. Hassold, Dr. Keibl, Knirsch, Ing. Jung, Kasper, Dr. Schollich, Matzner, Bobek, Dr. Petersilka.

Pùvodní znìní ad 1613/XV.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich und Genossen

an den Minister für soziale Fürsorge,

betreffend die Arbeitsmethoden der allgemeinen Pensionsanstalt in Brunn.

Die Èechoslovakei ist von der allgemeinen Weltwirtschaftskrise nicht verschont geblieben und zahlt nach den letzen statistischen Berichten gegen 500. 000 Arbeitslose. Es ist Pflicht jeder Fürsorge nach Möglichkeit Arbeitsgelegenheiten zu schaffen, um auf diesem Wege Arbeitslosenunterstützungen zu vermeiden und möglichst viele Menschen dem Arbeitsprozesse zu erhalten, bezw. wieder zuzuführen.

Für die allgemeine Pensionsanstalt in Brunn scheinen andere Gesichtspunkte maßgebend zu sein. Seit dem Jahre 1928 wird die Beamtenschaft gezwungen viermal in der Woche je drei Überstunden zu leisten. Nur ein amtsärztliches Zeugnis vermag von dieser Pflicht zu entheben. Wie schwer ein solches zu erlangen ist, ist bekannt. Für Überstunden werden jährlich bedeutende Summen ausgezahlt, von denen in dieser Zeit der Arbeitslosigkeit viele Arbeitslose leben könnten. Die Berechnung ergibt nachfolgende Zahlen: 3 Überstunden an 4 Tagen der Woche für einen Monat 48 Stunden für einen Beamten. Bei den 100 Beamten der Anstalt müssen 4800 Überstunden zu durchschnittlich 65 Kè bezahl werden, das macht monatlich 31. 300 Kè oder jährlich 374. 400 Kè ans. Dafür könnten bei der Brünner Anstalt allein 50 Hilfskräfte á 600 Kr monatlich angestellt werden. Dazu kommt Bratislava mit 100. Prag mit 550 Beamten, wo angeblich ganz ähnliche Verhältnisse herrschen sollen. Außerdem bekommen die Beamten, welche

viele Überstunden aufzuwerten haben, am Schluß des Jahres Überstundenprämien

Zu diesen Überstunden gesellt sich noch die Hausarbeit. Mancher Brünner Beamte bekommt dafür, daß er sich Arbeiten zur Erledigung nachhause nimmt, bis 5000 Kè monatlich. Es klingt unglaublich, wenn man hört, daß im Gegensatz zu diesen Überleitungen die Anstalt an ihre Arbeitslosen 500 Kè monatlich Unterstützung zahlt.

Die Beamten sind von der Überlastung erschöpft. Zwei Beamte brachen vor kurzem zusammen und mußten heimgeführt werden. Ununterbrochen gibt es Krankenurlaube und Kuraufenthalte. Eine Beamtin ging mit 18 Dienstjahren in Pension, weil sie nicht mehr weiter konnte. Die Räume der Brünner Anstalt würden genügend Raum zum Einstellung von Hilfskräften bieten.

In einer Zeit, wo hunderttausende Menschen ohne Verdienst und auf Unterstützungen der Öffentlichkeit angewiesen sind, können solch skandalöse Zustande nicht geduldet werden. Daher fragen die Unterzeichneten den Herrn Minister für soziale Fürsorge:

Sind Ihnen diese Zustande bei der allgemeinen Pensionsanstalt in Brunn bekannt? Sind Sie bereit, sie sofort und objektiv untersuchen zu lassen und zur Abstellung beizutragen?

P r a g am 5. Feber 1932.

Dr. Schollich,

Dr. Hanreich, Horpynka. Kasper, Geyer, Oehlinser, Dr. Petersilka, Scharnagl, Fritscher, Greif, Bobek, Köhler, Ing. Jung, Matzner, Ing. Kallina, Dr. Keibl, Dr. Hassold, Simm, Knirsch, Schubert, Krebs, Kunz, Krumpe.

Pùvodní zn¾ní ad 1613/XVI.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich und Genossen

an den Innenminister

betreffend den Verein für Arbeitslosenfürsorge in Brünn.

Der Laudesprasident von Mahren und Schlesien Dr. Èerný hat an die staatliche Beamtenschaft in allen ihren Zweigen, an die Schulleitungen usw. folgende Zuschrift gerichtet:

3267/pres. Brünn, 29. Jänner 1932.

Verein für Arbeitslosenfürsorge: Mitgliedsbeiträge.

»Dieser Tage wurde in Brünn ein unpolitischer Verein für die Arbeitslosenfürsorge geschaffen,

(der alle Personen zusammenschließen soll die

guten Willens sind und das Bestreben haben, die Not der Arbeitslosen zu lindern

Die Aufgabe, die sich der Verein gestellt hat ist sehr groß und muß, soll sie erreicht werden. durch alle Schichten der Bevölkerung, besonders aber durch jene, welche eine feste Anstellung haben, unterstüzt werden.

Mitglied des Vereines kann jeder werden, der sich verpflichtet, einen bestimmten Beitrag zu zahlen, den er sieh selbst bestimmen kann. De, kleinste Beitrag beträgt l Kè monatlich.

Ich appelliere an das soziale Gefühl der Angestellten Ihres Amtes und erwarte, daß es keinen unserer Angestellten geben wird, der nicht bereit ist sein Scherflein einem so edlen Werke beizusteuern und sich als Mitglied anzumelden

Der Anmeldebogen möge sofort ausgefüllt werden, damit die Mitgliedsbeiträge dieser Aktion schon für den Februar abgeführt werden können.

Der Landespräsident

Èerný m. p.

Es scheint mir ein lächerliches Beginnen, der täglich weitergreifenden Wirtschaftskrise und der dadurch bedingten Arbietslosigkeit in der Èechoslovakei, die bereits nach den letzten statistischen Ausweisen eine halbe Million und mit den Familienmitgliedern vielleicht l1/2 Millionen Menschen umfaßt, im Wege eines unpolitischen Vereines mit Mitgliechsbeiträgen beikmmen zu wollen. Das ist genau so wie wenn man einen Riesenbrand von mehreren Objekten mit einem Feuerlöschapparat bekämpfen wollte. Doch schließlich ist dies Ansichts- und Gechmacksache.

Dieser Aufruf ergeht aber von Landespräsidenten, also von offizieller Seite an die abhängige Beamtenschaft des Staates. Abgesehen davon, daß man den Aufruf an die Beamtenschaft richtet, die erst vor kurzem im Wege einer Kürzung der Weihnachtsremuneration und Gehältern wirtschaftlich schwer geschädigt wurde, an eine Beamtenschaft die infolge gänzlich unzulänglicher Entlohnung ohnenhim immer mehr verelendet, stellt dieser Vorgang auch eine unmoralische Nötigung vor. Man spekuliert bei diesem Zirkularerlaß jedenfalls darauf, daß kein Beamter den Mut aufbringen wird, den Beitritt zu diesem Vereine abzulehnen. Er wird also hier gezwungen, einem Vereine beizrutreten, dessen Satzungen, dessen Ausschuß, dessen Wirkungskreis und Arbeitsweise er nicht kennt

Für uns Deutsche ergibt sich dabei noch eine weitere Frage: Wer verteilt die aufgebrachten Gelder und in welchem Verhältnis kommen sie auch den deutschen Aibeitslosen zugute? Es kann uns wohl nicht zugemutet werden, daß mit unseren Spenden um èechische Arbeitslose unterstützt werden, denen ohnehin die reichen Hilfsmittel des Staates zur Verfügung stehen, wobei noch bemerkt werden muß, daß in den deutschen Gebieten die Arbeitslosigkeit doppelt und dreifach so groß ist, wie in den èechischen Landes teilen. Die gemachten Erfahrungen bei solchen ultraquistischen Unternehmungen wie z. B. Rotes

Kreuz lassen eine weitgehende Vorsicht von Seite der Deutschen vollkommen berechtigt erscheinen

Im Übrigen muß noch festgestellt werden, daß sich die Beamtenschaft keineswegs ihrer Mithilfe bei der Arbeitslosenfürsorge entziehen will oder wird. Sie hat sich auf die Aufrufe von Seite der Gemeinden hin in den meisten Fällen bereits erkleärt gewisse Prozentsätze der Bezüge zur Verfügung zu stellen. Die Gemeinden sind wohl in erster Linie dazu berufen, die durch die Mildtätigkeit aufgebrachten Geldbeträge zu verteilen da sie die Möglichkeit haben, die notwendigen Erhebungen über die Unterstützungsbedürftigkeit durchzuführen. Durch den neu gegründeten Verein wild den Gemeinden manche Summe entzogen welche ihr bisher zugeflossen ist

Wir halten das gekennzeichnete Vorgehen des Landespräsidenten Èerný bei Aussendung der Werbebriefe für den. Zentralverein für Arbeitslosenfürsorge in Brünn als einen Mißbrauch der Amtsgewalt und fragen den Herrn Innenmimister, ob er bereit ist. Weisungen au die zuständigen Stellen ergehen zu lassen. daß sich alle vorgesetzten Behörden in Hinkunft jedes Druckes auf ihre untergebenen Stellen zum Beitritte zu Vereinen. zur Sammlung von Spenden u ä. im Amte strengstens zu enthalten haben?

P r a g. am 8. Feber 1932

Dr. Schollich,

Ing Kallina. Matzner, Horpynka. Dr. Hanreich, Dr Keibl. Dr. Hassold, Ing. Jung, Knirsch, Kasper, Köhler, Simm. Gever. Schubert, Krebs, Krumpe. Greif. Bobek, Oehlinger. Scharnagl, Fritscher, Zajièek.

Puvodní znìní ad 1613/ XVII.

Interpellation

des Abgeordneten Josef Geyer und Genossen

an den Finanzminister

in Angelegenheit der Zuteilung von Gesellschaftern zu kriegsbeschädigten Trafikanten.

Das Finanzministerium hat mit Erlaß vom 6. September 1924. G. Z. 100. 284/24-4a-B. angeordnet, daß solchen Trafikanten. die ein entsprechendes Einkommen aus der Trafik haben ein Gesellschafter zu der Trafik zugeteilt weiden kann. Das Gesellschaftsverhältnis soll nach den Weisungen des Finanzministerium in der Form der Kapitalsbeteiligung der Mitarbeit und

der entsprechenden Gewinnbeteiligung bestehen.

In dem erwähaten Erlaß wird auf folgendes hingewiesen: Die Verschleiß- und auch die Finanzämter haben sich bei der Überprüfung der Existenzabhängigkeit der selbständigen Verkäufer nach den fin die Vertragskundigungen festgesetzten Vorschriften zu richten. Mit besonderer Rücksicht ist vorzugehen bei Verkäufern, die Kriegsbeschädigte sind und bei Übernähme der Tabakverkaufsstelle -verschiedene schwere Verbindlichkeiten eingehen mußten, so insbesondere betreffs die Beschaffung des Betriebskapitals und der Betriebsstätte, und welche diese ihre Verbindlichkeit bis heutenoch nicht beglichen haben, durch welche Belastung der Reingewinn ihrer Verkaufsstellen bedeutend vermindert wird.

Seit dein Jahre 1924 wurden vielen grötzeren Trafiken Gesellschafter zugeteilt. Die Zuteilung erfolgte aber meistens nicht den Weisungen des Finanzministeriums entsprechend in der Form der Mitarbeit und der Beteiligung mit Kapital, sondern entgegen diesen Weisungen wurde ganz einfach der Trafikant verpflichtet auf Grund des Vertrages monatlich einen bestimmten Betrag an einen Kriegsbeschädigten abzugeben. Der ursprüngliche Sinn der Zuteilung der Gesellschafter war. daß jenen nichtkriegsbcschadigten Trafikanten, denen die Trafik nicht abgenommen werden konnte, weil die Lokalbeschaffung Schwierigkeiten machte. Kriegsbeschädigte zugeteilt werden, um dadurch dem Erlasse des Finanzministeriuns vom August 1919 zu entsprechen, nach welchem die Trafiken jenen Trafikinhabern, die den Ertrug aus derselben nicht zum unbedingten Lebensunterhalte benötigen, abgenommen und den Kriegsbeschädigten zugeteilt werden sollen. Dieser ursprüngliche Sinn ist aber von den Finanzbehörden soweit umgestellt worden, daß man nun auch den kriegsbeschadigten Trafikanten Gesellschafter zuteilt und hiebei so weit geht, daß man nicht von besonderer Rücksicht sprechen kann. Man teilt kriegsbeschädigten Trafikanten Gesellschaftei zu, wo das Einkommen kaum zum eigenen Lebensunterhalte hinreicht. Von diesem soll nun noch ein jährlicher Betrag an den Gesellschafter abgegeben werden. Bei der Festsetzung des Einkommens berücksichtigt man absolut nicht die tatsächlichen Ausgaben des Trafikanten und anerkennt nur die im Ertrag- und Lastenausweis vorgesehenen Abzüge. Der Ertrags- und Lastenausweis ist bei der heutigen Zeit und bei der jetzigen Wirtschaftskrise nicht mehr anwendbar.

Folgende Beispiele aus der Praxis sollen dies beweisen: Im Jahre 1926 wurde dem 100% Schwerkriegsbeschädigten Wilhelm Hubert. Grottau, deshalb ein Gesellschafter zugeteilt, weil der Umsatz über 400. 000. - ausmachte. Der Umsatz im Jahre 1930 betrug Kè 235. 875.. demnach ist derselbe im Jahre 1930 um Kè 165. 000. - zurückgegangen. Der Gewinn für das Jahr 1930 betrug abzüglich der Ausgaben Kè 13. 000. -. Und von diesem Betrage ist der kriegb-

beschädigte Trafikant verpflichtet, Kè 4000. jährlich an den Gesellschafter zu zahlen! Der Abzug ist daher heute eine unsoziale Härte und steht im Gegensatz zur Regelung der Rentenbezüge der Schwerverletzten.

Dem Schwerkriegsbeschädigten Trafikanten Wenzel Gruber, Rothau, ist ebenfalls ein Gesellschafter zugeteilt worden. Durch die wirtschaftliche Krise ist der Umsatz im Jahre 1930 um 70. 000 Kè zurückgegangen. Im Jahre 1931 und weiterhin wird der Umsatz noch weiter bedeutend zurückgehen. da in seiner unmittelbaren Nähe die Eisenwerke stillgelegt wurden.

Dem Schwerkriegsbeschädigten Trafikanten Anton Fischer, Asch, wurde eine Gesellschafterin zugeteilt. die keine Rente bezieht, weil sie mit einem Nichtinvaliden im Konkubinate lebt und daher als versorgt angesehen werden kann. Ferner ist in unmittelbarer Nähe im Jahre

1930 eine neue Trafik errichtet worden. Durch die Neuerrichtung der Trafik ist festgestellt worden, daß der Umsatz bis Ende Juni 1931 um Kè 50. 000. - zurückgegangen ist. Dieser wird angeblich bis Ende des Jahres nur Kè 180. 000. betragen.

Der Kriegswitwe Elsa Dotzauer. Graslitz. wurde ein Gesellschafter zugeteilt, dem sie monatlich Kè 500. - zahlen muß. Nach Ableben des Gatten der Dotzauer, einem 100% Kriegsinvaliden, wurde der Genannten die Trafik definitiv verliehen. Nach dem verstorbenen Gatten mußte die Nachfolgerin die Trafik in einem Privathause ausüben. Die Witwe mußte das Lokal räumen und war gezwungen, eine neue Verkaufsbude bauen zu lassen, wo sie eine Auslage von über Kè 10. 000. - hatte. Die Witwe hat für 2 minderjährige Kinder zu sorgen, ist vollkommen vermögenslos und mußte sich den Betrag, der zur Erbauung der Verkaufsbude benötigt wurde, von Verwandten ausleihen. Die. Finanzbehörde schätzt das Einkommen der Kriegswitwe immer noch höher als die Steuerbehörde ein, um nur die Erhöhung des Gesellschafteranteiles rechtfertigen zu können. Infolge der herrschenden Wirtschaftskrise und der großen Arbeitslosigkeit hat sich der Umsatz der Trafik im Jahre 1931 bedeutend verringert. Der Reingewinn aus der Trafik für das Jahr

1931 wird so gering sein, daß er nicht einmal 10. 000 Kè betragen wird. Von diesem Betrage soll die genannte Witwe die Familie ernähren, zwei Haushalte führen - Verkaufsbude und Wohnung - die Schulden bezahlen und außerdem monatlich Kè 500. - an den Gesellschafter abgeben. Ferner gestatten wir uns bekanntzugeben, daß der Sohn Rudolf, geboren 1907, also 24- Jahre alt, infolge eines erlittenen Unfalles gänzlich arbeitslos und erwerbsunfähig und beim Verkaufe der Rauchmaterialien nicht zu verwenden ist.

Noch krasser sind die Verhältnisse bei dem Schwerkriegsbeschädigten K. L. Fritsch, Komotau. Dem Genannten wurde von Seiten der Steuerbehörde der Zahlungsauftrag für die allgemeine Erwerbsteuer für das Jahr 1930 zugestellt, aus welchem zu ersehen war, daß ihm ein Reingewinn von 17. 100 Kè vorgeschrieben wurde. Der Betrag von Kè 12. 000. -, den er an den

Gesellschafter zahlen muß, wird nicht als Abzugspost betrachtet, so daß für ihn ein Reingewinn von Kè 5. 100. - verbleibt. Von diesem Betrage hat er aber noch an vorgeschriebener Steuer Kè 660. - zu bezahlen. Der Obgenannte ist ein hilfsbedürftiger Kriegsbeschädigter, der nicht in der Lage ist, die Trafik zu fuhren, sodaß ihm seine Tochter in derselben behilflich sein muß.

So konnte mau eine endlose Reihe von Beispielen anfuhren, wo bei einem verhaltnismaßig niedrigen Einkommen die Finanzbehorde rücksichtslos Gesellschafter zugeteilt hat und trotz der Interventionen und der Eingaben die Ablosung der Gesellschafter nicht durchgeführt wurde

Die Gefertigten eilauben sich zu bemerken daß auf Grund der praktischen Erfahrungen fast jeder kriegsbeschadigte Trafikant, wenn er eine Trafik übernommen hatte, seine, ihm auf Grund des Versorgungsgesetzes zustehende Rente mit demselben Momente verlor. Erschwerend ware hier noch anzuführen, daß sich die zweite Novelle des Versorgungsgesetzes besonders bei den kriegsbeschädigten Trafikanten in einem äußerst ungunstigen Sinne auswirkt, da das Landesamt für Kriegsbeschadigtenfursorge bzw. das Ministerium für soziale Fürsorge m Prag den vom Gefällskontrollamte errechneten Reinertrag bei den betreffenden kriegsbeschadigten Trafikanten zur Grundlage für die Zuerkennung der Rente nimmt und nicht wie es unserer Meinung nach richtig ware, daß die diesbezügliche Grundlage das Reineinkommen bilden würde, welches die Grundlage zur Bemessung der Einkommensteuer ist.

An dieser Stelle sei auch noch auf den § 4 des Versorgungsgesetzes verwiesen, wonach der kriegsbeschädigte Trafikant nur dann und insoweit Anspruch auf eine Rente hat, wenn und insoweit das Einkommen aus dem Tabakverkaufe die Rente nicht übersteigt, welche ihm auf Grund des Gesetzes zustehen wurde. Schließlich wäre noch anzuführen, daß der Tabakverkäufer aus der Trafik eine nicht zu unterschätzende Tabaksteuer, den sogenannten Gewinnrucklaß zu zahlen hat, welche wie bekannt, bei jeder Tabakfassung dem Tabakverkaufer sofort in Abzug gebracht wird. Als weitere Belastung des Tabakverkäufers käme noch die Erwerbsteuer, die Einkommensteuer und schließlich auch die Umsatzsteuer in Betracht.

Bedenklich erscheint uns weiters, daß der kriegsbeschadigte Tabakverkaufer unter den heutigen Verhaltnissen den Finanzbehörden nahezu ausgeliefert erscheint. Erhebt er z. B. gegen die Zuteilung eines Gesellschafters Einspruch so droht die Finanzbehörde mit der sofortigen Kündigung des Tabakverkaufes Im allgemeinen kann nur ein äußerst rigoroses Vorgehen der Finanzbehorden gegen die kriegsbeschadigten Tabakverkaufer festgestellt werden, was ja schon der Umstand beweist, daß Gesellschafter den kriegsbeschadigten Trafikanten zugeteilt werden. trotzdem dieser aus dem betreffenden Verkaufe nur ein geringes Einkommen besitzt; dagegen werden wieder gesunden, also Nichtkriegsbeschadigten, Lizenz- und Konzessionsinhabern keine Gesellschafter zugeteil. Es drangt sich da unwillkürlich die Frage auf, warum gerade nur bei den kriegsbeschadigten Tabakverkaufern, also bei den an und für sich sozial schwachen Menschen, die doch schon ihr größtes Gut, ihre Gesundheit opfern mußten, die Gesellschafterzuteilung erfolgen muß

Die äußerst bedrohte wirtschaftliche Lage des Trafikantenstandes bedingt, daß die Aufhebung des Erlasses vom Jahre 1924 bezugl. Gesell schafterzuteilung ehestens durchgeführt wird

Die Gefertigten stellen daher die Anfrage:

1. Ist der Her. Finanzmmister bereit, den eingangs zitierten Erlaß v 6 September 1924, Z 100284/24-4a-B, aufzuheben oder

2. zumindest strenge zu verfugen, daß von seiner, den Wersungen entgegengesetzten Handhabung abgesehen und die Zuteilung erst bei einem steueramtlich veranschlagten Remeinkommen zur Einkommensteuer von übet Kè. 18. 000 nach Maßgabe des diese Grenze übersteigenden Restbetrages des Reineinkommens zuzulassen?

Prag am 22. Janner 1932

Geyer,

Ing. Jung, Kasper, Krebs, Knirsch, Köhler, Simm,

Schubert, Dr. Keibl, Horpynka, Dr. Hanreich,

Matzner, Dr. Schollich, Ing. Kallina, Dr. Hassold,

Bobek, Oehlinger, Greif, Krumpe, Dr. Mayr-

Harting, Kunz, Scharnagl, Dr. Petersilka,

Fritscher.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP