Pùvodní znìní ad 1562/XI.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Luschka und Genossen
an die Regierung,
betreffend die Nichterledigung der Interpellation der Gefertigten über die ausserordentliche Notlage der Stadt Hotzenplotz.
Die Gefertigten haben laut Druck 1305/IX am 18. Juli d. J. eine Interpellation an die Gesamtregierung eingebracht, in welcher sie die ausserordentliche Notlage der Stadt Hotzenplotz schilderten und die Anfrage stellten, ob die Herren Minister des Innern, der Finanzen und des Handels bereit sind, der Stadt Erleichterungen im kleinen Grenzverkehre zu gewähren, beziehungsweise, welche Massnahmen sie zu treffen bereit sind, um die Stadt und ihre Bevölkerung von dem wirtschaftlichen Zusammenbruche zu bewahren.
Diese Interpellation ist bisher nicht beantwortet worden, obwohl gemäss § 68 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses der Befragte verpflichtet ist, mündlich oder schriftlich binnen 2 Monaten zu antworten oder die Antwort ausdrücklich mit Angabe der Gründe abzulehnen.
Die Gefertigten stellen die Anfrage, welche Hindernisse der geschäftsordnungsmässigen Erledigung der Interpellation entgegenstehen, zumal die Verschärfung der Wirtschaftskrise in diesem Gebiete wie überhaupt in ganz Schlesien immer dringender Hilfsmassnahmen der Regierung erheischt.
Prag, am 17. Dezember 1931.
Dr. Luschka,
Oehlinger, Scharnagl, Krebs, Zajièek, Knirsch, Kunz, Dr. Hanreich, Ing. Kallina, Greif, Dr. MayrHarting, Dr. Petersilka, Ing. Jung, Dr. Hassold, Geyer, Schubert, Köhler, Pritscher, Horpynka, Matzner, Bobek, Krumpe, Simm, Kasper, Dr. Schollich, Dr. Keibl.
Pùvodní znìní ad 1562/XII.
Interpellation
des Abgeordneten Franz Matzner und Genossen
an den Finanzminister
in Angelegenheit: Berufung des Anton Schimera, Gemüsebauers in Troppau, Grüngasse 34, gegen die Vorschreibung der Erwerbs- und Einkommensteuer für 1930.
Herr Anton Schimera, Gemüsebauer, Troppau, Grüngasse 34, besitzt in Troppau eine Grundfläche von 0. 5900 ha Land, hievon verbleiben nach Abschlag von Bauarea Wege und Lagerstäten im Ausmasse von 0. 1708 ha, als Bewirtschaftungsfläche 0. 42 ha.
Auf dieser Fläche wird ausschliesslich Gemüse gebaut. Es befinden sich auf derselben weder Zierpflanzen noch Bäume oder Sträucher; es wird also von ihm nur reine Landwirtschaft in Urproduktion betrieben.
Von diesen 42/100 ha umfassenden Grundstücke sind ihm für das Jahr 1930 an Steuern vorgeschrieben worden:
Grundsteuer .......... Erwerbsteuer lt. Zahlungsauftrag |
Kè 95. 60 |
Nr. 1580 ......... Einkommensteuer lt. Zahlungsauftrag |
» 600. - |
Nr. 2384 .......... Umsatzsteuer lt. Zahlungsauftrag |
» 540. - |
Nr. 822 .......... |
. 455. - |
also zusammen... |
Kè 1690. 60 |
Herr Schimera hat sich nun, um den Drangsalen, in denen er durch die horenten Steuervorschreibungen ausgesetzt war, zu begegnen, an einen gerichtlich beeideten Sachverständigen und anerkannten Fachmann auf dem Gebiete des Gemüsebaues, den Herrn Hugo Skasik in Troppau, um Abgabe eines Gutachtens gewendet.
Aus diesem Gutachten geht vor allem hervor, dass sein Betrieb rein landwirtschaftlicher Natur ist. Ferner, dass der Bruttoertrag aus seiner für den Anbau von Gemüse geeigneten Grundfläche von 0. 42 ha mit Kè 23. 364. - und nicht wie von den angeblichen Sachverständigen mit Kè 46. 000 geschätzt wird.
Infolge der ausserordentlichen Verwendung von Düngmittel hat er mit einem Kostenaufwande von 6. 287 Kè und durch emsige Arbeit im Jahre 1930 einen Bruttoertrag von 27. 860 Kè und einen Nettoertrag von 9. 087 Kè erzielt, damit ist ohnehin das Maximum erreicht, was aus dem kleinen Besitze herausgehoben werden konnte.
Nun soll aber nach dem Gutachten der angeblichen Sachverständigen der Steuerbehörde.
aus diesen 0. 42 ha Grund ein Bruttoertrag von 46. 000 Kè und ein Reinertrag von 20. 000 Kè erzielbar sein.
Die Unhaltbarkeit einer solchen Schätzung ergibt sich aus nachstehenden Folgerungen:
Wenn bei 0. 42 ha 20. 000 Kè Reinertrag erzielbar wären, so würde dies für ein ganzes ha rund 47. 600 Kè und für eine sogenannte Halbbauerwirtschaft im Ausmasse von 10 ha einen Reinertrag von 476. 000 Kè ergeben, mithin der Wert einer solchen Wirtschaft nach dem 20fachen Reinertrag berechnet 9, 520. 000 Kè betragen.
Die Höhe der Steuerforderung für ein so kleines, ausschliesslich der landwirtschaftlichen Urproduktion gewidmetes Grundstück dürfte einzig dastehen und wohl den Weltrekord einer Steuerbelastung darstellen.
Die Steueradministration Troppau Stadt hat offenbar entgegen der gesetzlichen Bestimmung, dass Landwirtschaft nicht der Erwerbssteuer unterliegt, dennoch den Gemüseanbau für erwerbssteuerpflichtig angesehen und hiefür die Erwerbssteuer vorgeschrieben.
Es ist aber nicht allein diese offenbare Gesetzverletzung der Beweggrund zur vorliegenden Anfrage sondern auch eine masslos übertriebene Einschätzung des Netto- und Bruttoertrages einer so kleinen Grundfläche.
Für ein ganzes Hektar berechnet, würden sich dabei folgende Resultate ergeben:
Brutto-Ertrag 109. 523 Kè, Rein-Ertrag 47. 619 Kè.
Steuervorschreibung (ohne Rücksicht auf die Progression) 4. 025 Kè.
Wird eine solche Schätzung und Steuerforderung nicht von jedem praktischen Landwirt als eine Unsinnigkeit empfunden?
Was aber heute einem vereinzelten Landwirt an unerschwinglicher Steuerlast aufgebürdet wird, könnte bald Nachahmung und Verallgemeinerung finden.
Die Gefertigten fragen an, ob solche Steuervorschreibungen geeignet sind, die Moral der Steuerträger zu heben? Das Finanzministerium möge diesen Fall untersuchen lassen und die Steuerbeamten belehren, dass weiterhin keine derart unsinnigen Steuervorschreibungen erfolgen. Gerechte Steuervorshreibungen sind die Voraussetzung dafür, dass Ordnung in das Steuerwesen hineinkommt.
Ist der Herr Finanzminister bereit, solche Uebelstände in seinem Ressort abzustellen?
Prag, am 14. Dezember 1931.
Matzner,
Dr. Schollich, Ing. Kallina, Krebs, Kunz, Zajíèek, Dr. Luschka, Dr. Hanreich, Horpynka, Dr. Keibl, Dr. Hassold, Ing. Jung. Knirsch, Simm, Geyer, Schubert, Fritscher, Köhler, Kasper, Oehlinger, Bobek.
Pùvodní znìní ad 1562/XIII.
Interpellation
des Abgeordneten Hugo Simm und Gen.
an den Minister für Schulwesen und Volkskultur
in Angelegenheit der tschechischen Minderheitsschule und des tschechischen Kindergartens in Dörnsdorf bei Pressnitz im Erzgebirge.
Zu wiederholten Malen ist Beschwerde darüber geführt worden, dass die tschechischen Minderheitsschulen im deutschen Sprachgebiete des Staates vielfach von deutschen Kindern und in einigen Fällen sogar ausschliesslich von Kindern deutscher Nationalität besucht sind. Bei solchen Klagen ist regelmässig die Forderung erhoben worden, dass tschechische Minderheitsschulen im deutschen Gebiete nur im Hinblick auf ihre Notwendigkeit errichtet werden und dass alle Fälle des Seelenfanges eine Abstellung. erfahren. Jeweils ist dann offiziell versichert worden, dass tatsächlich Remedur geschaffen wird, wenn eine Ueberprüfung die Stichhaltigkeit solcher Klagen ergibt.
Trotzdem ereignet es sich fortgesetzt, dass in tschechischen Minderheitsschulen die Assimilierung deutscher Kinder erfolgt. So ist in Dörnsdorf bei Pressnitz im Erzgebirge eine tschechische Minderheitsschule errichtet worden, die von 8 bis 9 Kindern, die sämtliche deutscher Nationalität sind, besucht wird. Ein tschechischer Kindergarten im gleichen Orte, den 6 bis 8 Kinder besuchen, weist unter diesen nur 2 tschechische Kinder auf. Die Kinder dieser genannten Anstalten stammen aus drei verschiedenen Gemeinden, über die Hälfte aus Köstelwald. Aus Dörnsdorf besuchen 3 deutsche Kinder die tschechische Minderheitsschule und 3 deutsche und ein tschechisches Kind den Kindergarten.
Es ist nötig, dass Verfügungen erlassen werden, mit denen dem Beschwerdezustand Abhilfe zuteil wird.
Die Interpellanten fragen den Herrn Minister, ob er bereit ist, dies ehestens zu tun?
Prag, am 15. Dezember 1931.
Simm,
Oehlinger, Dr. Keibl. Dr. Hanreich, Ing. Kallina, Scharnagl. Bobek. Geyer, Schubert, Horpynka, Krampe. Dr. Petersilka, Ing. Jung. Dr. Hassold, Dr. Mayr-Harting, Greif. Köhler, Krebs, Matzner, Knirsch, Kasper, Zajíèek, Fritscher, Dr. Schollich.
Interpellation
des Abgeordneten Ing. Jung und Genossen
an den Vorsitzenden der Regierung und den Minister des Innern
betreffend die Volkszählungsmethoden im Bezirk Hultschin.
In seiner Rede im Abgeordnetenhause vom 27. November 1. J. hat Abg. Ing. Jung darauf hingewiesen, dass im Bezirk Hultschin eine Menge von Einwohnern deshalb bestraft wurde, weil sie sich bei der Volkszählung zur deutschen Nationalität bekannten. Es wurden bei dieser Gelegenheit Strafen bis zu 200 Kè und darüber verhängt, durch welche die Bestraften, die zum Teil arbeitslos sind, auf das Schwerste getroffen werden. Wie verlautet, will die Landesbehörde in Brunn die verhängten Strafen im Rekurswege nicht aufheben, sondern sogar verschärfen.
In welcher Art die Volkszählung im Bezirk Hultschin durchgeführt wurde, geht aus einem Bescheid hervor, dessen Original sich in den Händen des Abg. Ing. Jung befindet. Dieser Bescheid hat folgenden Wortlaut:
»Bezirksamt Hultschin.
Zl.: 20/299 II/1. 19. Mai 1931.
Bescheid.
Das Bezirksamt entscheidet gemäss Bestimmung der Reg. Vdg. v. 26. M. 30 Z. 86 G. Sammlung, dass Ihre Angabe in der Rubrik 15 des Volkszählungsbogens: dass Sie deutscher Volkszugehörigkeit seien, nicht richtig ist, sondern mährischer (moravské národnosti) u. zw. in Berücksichtigung folgender Gründe:
Durch die gepflogenen Erhebungen wurde sichergestellt, dass Ihre Muttersprache die mährische ist und dass Sie sie auch in Ihrer Familie (im Haushalte) sprechen.
Infolgedessen entscheidet das Bezirksamt, dass bei Ihrer Person in die Rubrik 15 des Volkszählungsbogens die mährische Nationalität eingetragen werden wird.
Gegen diese Entscheidung können Sie die Berufung an das Landesamt in Brunn im Wege des Bezirksamtes in Hultschin binnen 15 Tagen nach dem der Zustellung nachfolgenden Tage einbringen.
Die allfällige Berufung wird jedoch im Sinne des § 23 d. Reg. Vdg. keine aufschiebende Wirkung haben.
Für den Bezirkshauptmann:
Rumpl e. h.
Für die Richtigkeit der Ausfertigung: der Kanzleivorstand: Kaša. «
Wie aus diesem Bescheid ersichtlich, spricht das Bezirksamt Hultschin von einer »mährischen« Muttersprache und »mährischen« Nationalität. Eine mährische Nationalität gibt es jedoch nicht. Zur Kennzeichnung des betreffenden »Mährers« sei angeführt, dass er in Troppau bei einem Berufslehrer Unterricht in der tschechischen Sprache nimmt, diese also nicht beherrscht. In der Volkszählungs-Statistik wird jedoch dieser »Mährer«, der nicht einmal tschechisch kann, als »Tscheche« oder »Tschechoslowake« geführt werden. Uebrigens ist sogar die »slowakische« Nationalität umstritten. Denn das Kreisgericht Troppau hat einmal in einem Falle, in welchem ein Dolmetsch der slowakischen Sprache verlangt wurde, sich geäussert, dass es etwas Derartiges nicht gäbe. Umso weniger kann von einer »mährischen» Nationalität die Rede sein.
Die Regierung hat im Zusammenhang mit der Volkszählung ausdrücklich erklärt, dass keinerlei Zwang ausgeübt würde, dass vielmehr jeder seine Volkszugehörigkeit frei bekennen dürfe. Im Gegensatz zu diesen Erklärungen steht jedoch der oben wörtlich angeführte Bescheid, welcher keinen Einzelfall darstellt, sondern hunderten zugestellt wurde. Von einem freien Bekenntnis der Muttersprache und Volkszugehörigkeit kann darnach keine Rede sein. Die Hultschiner Fälle lassen vielmehr den Schluss zu, dass auch anderswo, wo die Dinge ähnlich liegen, wie z. B. in Ostschlesiep oder in den deutschen Minderheitsgebieten Mährens und Böhmens sowie der Slowakei ganz ähnlich vorgegangen wurde. Dadurch ist aber der Charakter der Volkszählung auf das ernsteste gefährdet.
Aus diesen Gründen stellen die Gefertigten an den Vorsitzenden der Regierung folgende Anfragen:
1. Sind Ihnen die von den Volkszählungskommissären geübten Methoden bekannt und billigen Sie diese?
2. Sind Ihnen insbesondere die Hultschiner Fälle bekannt?
3. Sind Sie bereit, die wegen der Volkszählung verhängten Strafen aufzuheben?
4. Sind Sie endlich bereit, die durch derartige Methoden gefährdeten Ergebnisse der Volkszählung richtigstellen zu lassen?
Prag, den 3. Dezember 1931.
Ing. Jung,
Schubert, Geyer, Knirsch, Simm, Krebs, Kasper,
Dr. Luschka, Köhler, Dr. Hassold, Horpynka,
Matzner, Kunz, Dr. Petersilka, Fritscher, Zajíèek,
Dr. Schollich, Dr. Hanreich, Ing. Kallina,
Dr. Keibl, Scharnagl.
Pùvodní znìní ad 1562/XIV.
Pùvodní znìní ad 1562 XV.
Interpellation
des Abgeordenten Dr. E. Schollich und Genossen
an den Minister des Innern,
betreffend die Schikanierung der Jugendorganisation der Deutschen Nationalpartei durch die Gendarmerie.
Bekanntlich kennt die tschechoslowakische Gesetzgebung den Begriff »Partei« nicht, obwohl die politischen Parteien die anerkannten Träger des ganzen politischen Lebens sind. Versuche, die Jahre über, darüber endlich Klarheit zu schaffen, blieben bisher erfolglos. Alle politischen Parteien haben sich nun in den letzten Jahren unter den verschiedensten Formen und Namen Jugendorganisationen geschaffen. Diese leiden natürlich gleichfalls unter der Rechtlosigkeit und Ungesetzlichkeit, wie die Partei selbst. Die Behörden stellen sich übrigens je nach der Parteirichtung sehr verschieden ein. Gehört die Jugendorganisation einer Regierungspartei an, so wird sie stillschweigend. geduldet und bleibt ungeschoren. Gehört sie aber einer oppositionellen Richtung an, so wird sie auf die kleinlichste Art und Weise verfolgt und schikaniert, um ihre Tätigkeit zu unterbinden und unmöglich zu machen.
Auch die Deutsche Nationalpartei hat in den letzten Monaten zahlreiche Jugendorganisationen unter dem Namen »Grenzlandjugend« gegründet. Dabei konnte überall festgestellt werden, dass seitens der Behörden jede nur möglichen Schwierigkeit bereitet wurde und wird. So leitete die Gendarmerie in Tropplowitz, Olbersdorf und Röwersdorf in Schlesien dieser Tage hochnotpeinliche Erhebungen ein, als bekannt wurde, dass in diesen Orten »Grenzlandjugendgruppen« gegründet werden sollen. Schon die vorbereitende Besprechung wurde als gegen das Gesetz verstossend bezeichnet. Es macht den Eindruck, dass man auf diesem Wege durch Einschüchterung die jungen Leute davon abhalten will, der Grenzlandjugend beizutreten.
Gegen diese einseitige, feindselige Behandlung muss die Deutsche Nationalpartei schärfstens Verwahrung einlegen, da dieses Verhalten im Widerspruche mit der in der Verfassung jedem Staatsbürger gewährleistete Koalitionsfreiheit steht. Was man der einen Partei gestattet, darf man der zweiten Partei nicht verbieten und zwar nur deshalb, weil sie in der Opposition zur Regierung steht.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Minister des Innern, ob er bereit ist
1. endlich den politischen Parteien eine Rechtsbasis für ihre Tätigkeit zu geben und
2. Weisungen zu geben, dass auch die »Grenzlandjugend« der Deutschen Nationalpartei unbehindert ihre Tätigkeit entfalten kann und jede überflüssige Schikanierung hintangehalten wird?
Prag, am 22. November 1931.
Dr. Schollich,
Dr. Hanreich, Matzner, Horpynka, Oehlinger,
Dr. Mayr-Harting, Scharnagl, Fritscher, Kasper,
Schubert, Dr. Keibl, Ing. Kallina, Dr. Hassold,
Bobek, Greif, Dr. Petersilka, Dr. Luschka, Geyer,
Knirsch, Ing. Jung, Krumpe, Zajièek, Simm,
Köhler, Krebs.
Pùvodní znìní ad 1562/XVI.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. E. Schollich und Genossen
an den Minister des Innern,
betreffend die Schikarderungen durch die Staatspolizei in Jägerndorf.
Für den 16. Dezember 1931 hatte die Ortsgruppe Jägerndorf der Deutschen Nationalpartei ihre Mitglieder zu einem Sprechabend eingeladen und zwar schriftlich, mündlich und durch nachstehende Merke in der »Jägerndorfer Zeitung«: »Deutsche Nationalpartei. Mittwoch, den 16. d. M. findet um 8 Uhr abends im Sitzungssaale des Gew. Spar- und Vorschuss-Vereines, Rathausplatz 12, ein Sprechabend der Ortspartei statt und ergeht an die geehrten Parteimitglieder die Aufforderung zu reger Beteiligung. Herr Gauobmann und Parteivorsitzenderstellvertreter Dr. A. Koberg wird über die letzten Vorkommnisse in der Partei berichten. «
Am Abend um 8 Uhr kam der staatliche Polizeiagenten-Inspektor Mlèoch in das Sitzungszimmer und erklärte, den Auftrag zu haben, an dieser Besprechung teilzunehmen. Darauf erwiderte der ehemalige Abgeordnete Dr. Koberg, dass er in Gegenwart eines Polizeiorganes über interne, rein persönliche Angelenheiten der Partei nicht sprechen werde und forderte die Anwesenden auf, mit ihm ins Stadtkaffee zu gehen. Trotzdem verlangte der Polizeiinspektor die Vorweisung der Einladungen und beanständete, dass
keine Anwesenheitsliste aufgelegt sei, obwohl überhaupt noch nicht begonnen werden konnte, weil der Vorsitzende noch nicht erschienen und der Redner Dr. Koberg eben erst gekommen war. Da einige der Erschienenen ihre Einladungen nicht vorweisen konnten, drohte der Polizeiinspektor dem Einberufer mit der Anzeige, worauf ihm nochmals mitgeteilt wurde, dass mit Rücksicht auf diesen formalen Fehler ohnedies von der Abhaltung der Besprechung Abstand genommen wird. Sodann begaben sich die meisten der Anwesenden, gegen 30 Personen, ins Stadtkaffee zu einem Konzert. Der Polizeiinspektor erkundigte sich später dort, ob die Besprechung nicht in einem abgesonderten Raum dieses Kaffees stattfände, was jedoch nicht der Fall war.
Da sich solche Fälle mehren, fragen die Gefertigten den Herrn Minister des Innern, ob er dieses Verhalten der Staatspolizei billigt und ob er vielleicht eine Weisung zur Ueberwachung derartiger interner Parteibesprechungen herausgegeben hat?
Prag, am 5. Jänner 1932.
Dr. Schollich,
Dr. Hanreich, Dr. Hassold, Geyer, Krebs, Hokky,
Dr. Szüllö, Ing. Kallina, Dr. Törköly, Dr. Holota,
Fedor, Dobránsky, Schubert, Kasper, Knirsch,
Simm, Köhler, Ing. Jung, Dr. Keibl, Matzner,
Horpynka, Dr. Jabloniczky.