Pùvodní znìní ad 1130/VIII.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Stern und Genossen an den Minister des Innern,
und Justizminister
über das unerhörte Verhalten der Mährisch-Schönberger Staatspolizei anläßlich der Verhaftung des Abgeordneten Hadek.
Am 18, Feber I. J. um 1/2 8 Uhr früh wurde der Abgeordnete Hadek von zwei Polizisten der M.-Schönberg-Staatspolizei an der Straße angehalten und trotzdem er sich als Abgeordnete legitimierte auf die Polizeiwache in M.-Schönberg vorgeführt, Auf dem Kommissariat wurde er ohne Angabe eines Grundes vom Polizeikommissär Vecera für verhaftet erklärt und dann einer Leibesvisitation unterzogen, wobei ihm sein gesamtes persönliches Eigentum, sogar seine Hosenträger und Schuhbänder abgenommen wurden. Hierauf wurde er in dem Polizeiarrest eingesperrt, Über das ihm abgenommene Eigentum wurde kein Protokoll aufgenommen, obwohl es der Abgeordnete Hadek forderte, Die Polizei versuchte aus unterschobenem Material das Verbrechen nach § 15/3 des Schutzgesetzes zu konstruieren. Bei der in Olmütz durchgeführten Verhandlung mußte er von dieser Beschuldigung freigesprochen werden.
Als der Abgeordnete Hadek nach seiner Enthaftung auf das Polizeikommissariat in M. Schönberg kam, um seine ihm abgenommene Gegenstände abzuholen, wurden ihm folgende Gegenstände vorenthalten:
1.) Ein Kalender, resp. Tagebuch 1931,
2.) 4, Nummern der Zeitschrift: Internationale Presse-Korrespondenz,
3.) Ein Buch: Der Fünfjahrplan.
Außerdem fehlte ihm noch eine Reihe persönlicher Aufzeichnungen parlamentarischer, politischer und organisatorischer Natur, u. a. die Kopie der Interpellation an den Innenminister über die Prügeleien der M. Schönberer Staatspolizei an Arbeitern, 2 Organisationsrundschreiben u. s. w.
Abgeordneter Hadek hat gegen die Zurückbehaltung dieser Gegenstände sofort, aber erfolglos protestiert.
Wir fragen deshalb den Herrn Minister des Innern und den Justizminister:
Wie können sie ein derartiges unerhörtes Vorgehen der Mährisch-Schönberger Staatspolizei, welches sogar den bürgerlichen Gesetzen widerspricht, rechtfertigen?
Sind sie bereit, den Polizeikommissär Vecera und den Bezirksinspektor Rudolf wegen der widerrechtlichen Verhaftung, der Leibesvisitation der Verweigerung eines Protokolls über die Abnahme von Gegenständen und die Unterschlagung eines Teiles dieser Gegenstände sofort zu entlassen und auf das strengste zu bestrafen?
Sind sie bereit, dafür zu sorgen, daß der Abgeordnete Hadek sofort sein Eigentum wieder erhält?
Sind sie bereit, alle Schuldigen an den obendargestellten Vorgängen feststellen zu lassen und auf das strengste zu bestrafen?
Prag, am 5, Mai 1931.
Dr. Stern,
Gottwald, Hodinová, Zápotocký, K. Procházka, Tyll, Steirer, Kliment, J. Svoboda, Krosnáø, Juran, Kuhn, Babel, Barša, Dvoøák, Èižinská, Vallo, Kubaè, Šliwka, Major, Hadek, Novotný.
Pùvodní znìní ad 1130/IX.
Interpellation
des Abgeordneten Hadek und Genossen an den Minister des Innern
wegen der skandalösen Zustände in Mähr, Schönberger Polizeiarrest.
Nach meiner Verhaftung am 18. Feber 1931 wurde ich in den Mähr.-Schönberger Polizeiarrest eingeliefert. Dieses Polizeiarrest befindet sich in einem unglaublich skandalösen Zustand der Verwarlosung. Das Arrest ist in einem uralten Gewölbe untergebracht. Die Fenstern der Zellen führen nicht in den Hof, sondern in einen Gang, der durch einige Fenster ein spärliches Licht erhält. Dadurch herrscht in den Zellen eine ständige Dunkelheit. Das Ausmaß einer Zelle beträgt knapp 3 X 3 m, wovon die Hälfte von einer Holzpritsche eingenommen wird, so daß zur körperlichen Bewegung fast kein Platz übrig bleibt. Tisch oder Sessel sind überhaupt nicht vorhanden, Ebenso keine Waschgelegenheit, ja nicht einmal Trinkwasser ist in den Zellen vorhanden. Die Strohsäcke sind zerrissen und das Stroh ist in der ganzen Zelle verstreut. Die Decken sind nicht nur zerlumpt, sondern auch total verunreinigt. Der Fußboden und die Wände triefen von Nässe. Ofen oder Beheizungsmöglich keit gibt es keine. Zu diesem grauenvollen Zustande kommt noch das Ungeziefer. Es wimmelt in diesem Arrest von Läusen.
Wir fragen den Herrn Innenminister:
Ist ihm der Zustand des Polizeiarrestes in Mähr, Schönberg und der übrigen Polizeiarreste, die sich zum Teil in einem ähnlichen Zustand befinden, bekannt? Ist er bereit sofort zu veranlassen, daß das Mähr.-Schönberger Polizeiarrest unverzüglich in ein anderes Lokal untergebracht wird? Ist er bereit die für diesen Zustand des Polizeiarrestes verantwortlichen Organe zur Rechenschaft zu ziehen? Gedenkt er die Schmach der Polizeiarreste überhaupt zu liquidieren und zu veranlassen, daß der Polizei das Recht, Menschen in solche Löcher zu sperren, entzogen wird?
Prag, den 16. Mai 1931.
Hadek,
Dvoøák, Steiner, Èižinská, Hodinová, Juran, Hruška, Major, Vallo, Šliwka, K. Procházka, Novotný, Tyll, Dr. Stern, Krosnáø, J. Svoboda, Barša, Kubaè, Kliment, Zápotocký, Gottwald.
Pùvodní znìní ad 1130/X.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. J. Keibl und Genossen
an den Finanzminister
in Angelegenheit der Aktionäre der ehemaligen Kaiserin Elisabeth-Kettenbrücken Aktiengesellschaft in Tetschen.
Die Kettenbrücke, welche die Städte Tetschen und Bodenbach verbindet, wurde in der Mitte des vorigen Jahrhunderts von der Kaiserin Elisabeth Kettenbrückenaktiengesellschaft erbaut und einige Jahre vor dem Weltkriege dem Staate Österreich verkauft. Durch den Kaufvertrag übernahm Österreich die Verpflichtung, die nur zu Staatsschuldverschreibungen gewordenen Aktien und Genußscheine zu verzinsen und im Wege der Auslosung zurückzuzahlen. Die aus dem Kaufvertrage fließenden Rechte und Pflichten sind zweifellos auf die Èechoslovakische Republik übergegangen. Anstatt aber diesen Verpflichtungen nachzukommen, also die Aktien und Genußscheine zu verzinsen und auszulosen, hat sie bisher überhaupt nichts unternommen und ist den Besitzern der Aktien und Genußscheinen jede Leistung einfach schuldig geblieben. Zunächst verschanzte sieh die Finanzverwaltung hinter die Ausrede, daß die genannte Kettenbrücke zu dem, von der Reparationskommission zu übernehmenden, Staatsgute gehöre und daß der tschechoslowakische Staat noch nicht wisse, was er für sie werde bezahlen müssen, Inzwischen sind aber alle diese internationalen Fragen für die hiesige Republik geregelt worden, und es hat der Staat für die genannte Kettenbrücke an die Reparationskommission überhaupt nichts bezahlen müssen. Anstatt nun sein Schuldverhältnis zu den Besitzern der Aktien und Genußscheine zu regeln, scheint er auf diese seine Verpflichtung einfach vergessen zu wollen. Die durch diese Saumseligkeit der hiesigen Finanzverwaltung Geschädigten sind nicht nur die Stadtgemeinden Tetschen und Bodenbach, sondern auch eine ganze Menge kleiner Bürger dieser beiden Städte, Geoverbs- und Handelsleute, die seinerzeit, als die Aktien noch ein reichliches Erträgnis abwarfen, sie erwarben und in ihnen vielfach ihr ganzes, während ihres Lebens ersparten und sauer erworbenes Vermögen angelegt haben. Diesen wirtschaftlich schwachen Existenzen vorenthält nun der tschechoslowakische Staat seit mehr als 12 Jahren jedwede Leistung und schädigt sie dadurch auf das Empfindlichste, Es ist zweifellos die allerhöchste Zeit, daß sich der Staat dieser seiner Schuld endlich erinnere.
Daher fragen die Gefertigten den Herrn Finanzminister:
1.) Was gedenkt er zu veranlassen, damit die Aktionäre und Besitzer von Genußscheinen der ehemaligen Kaiser Elisabeth-Kettenbrücken Aktiengesellschaft in Tetschen die rückständigen Zinsen sogleich ausgezahlt erhalten,
2.) damit von jetzt ab die Verzinsung und Auslosung dieser Staatsschuld klaglos erfolgen könne?
Prag, am 4, Mai 1931.
Dr. Keibl,
Dr. Hanreich, Matzner, Dr. Hassold, Dr. Schollich, Krebs, Ing. Jung, Simm, Schubert, Krumpe, Dr. Petersilka, Oehlinger, Bobek, Köhler, Kunz, Kasper, Knirsch, Geyer, Horpynka, Ing. Kallina, Greif.
Pùvodní znìní ad 1130/XI.
Interpellation
des Abgeordneten Krumpe und Genossen an den Minister für Post- und Telegraphenwesen
wegen der Mißstände beim Baue eines Wohnhauses für die Postangestellten in Tetschen.
Für die Postangestellten wird aus der staatlichen Losanleihe in Tetschen ein Wohnhaus gebaut. Dieser Bau steht schon im dritten Baujahre und ist noch nicht vollendet, obwohl weder die achtstündige Arbeitszeit, noch auch die Sonntagsruhe eingehalten wurde, wie aus den Anzeigen bei der Bezirksverwaltung hervorgeht.
Für diesen Bau stellte die Stadtgemeinde Tetschen den Baugrund unentgeltlich zur Verfügung mit der Bedingung, daß heimischen Gewerbetreibenden die Bauausführung übertragen werde. Dieses Anerbieten wunde abgelehnt und der Bau wurde mit Ausschaltung aller heimischen Gewerbetreibenden auch bei billigerer Offerte, an Bauhandwerker aus verschiedenen entfernten Orten vergeben. Die Maurerarbeiten erhielt die Baufirma. Uhlir in Böhm, Leipa. Diese Firma hat bis jetzt den Bau noch nicht fertigstellen können. Die Bauausführung ist derartig, daß sie Anlaß zu den ärgsten Beschwerden gibt. Die Spenglerarbeiten wunden zum Teil nicht wie es in der Bauausschreibung lautet in Zinkblech, sondern im verzinkten Eisenblech ausgeführt und derartig unfachgemäß, daß der durch das Dach eindringende Regen große Schäden am Gebäude anrichtete. Das verwendete Holzmaterial für die Fußböden ist vollkommen minderwertig. Die Baufirma Uhlir hält sich weder an den Achtstundentag, noch an die Tarifverträge, noch an die für alle Staatsbauten geltende Bestimmung, daß möglichst ortsansäßige Arbeiter zu beschäftigen sind. Durch die Bauverzögerung erwachsen bedeutende Interkalarzinsen und den Wohnungssuchenden große Unannehmlichkeiten.
Die Unterzeichneten stellen daher an den Herrn Minister folgende Anfragen:
1.) Sind dem Herrn Minister diese Zustände bekannt?
2.) In welcher Weise ist die Bauaufsicht bei diesem Neubau ausgeübt worden?
3.) Inwiefern sind die verschiedenen Firmen für die minderwertigen Leistungen und Verzögerungen haftbar gemacht worden?
4.) Ist der Herr Minister bereit, den Unterzeichneten nach Abschluß der Bauabrechnung die Ziffern derselben im Vergleich zu den Offertsummen bekannt zu geben?
Prag, am 7. Mai 1931.
Krumpe,
Oehlinger, Scharnagl, Fritscher, Krebs, Ing. Jung, Dr. Luschka, Dr. Petersilka, Greif, Zajièek, Geyer, Dr. Mayr-Harting, Köhler, Schubert, Kunz, Knirsch, Simm, Kasper, Ing. Kallina, Dr. Hanreich, Dr. Hassold, Dr. Schollich, Matzner, Horpynka, Dr. Keibl, Bobek.
Pùvodní znìní ad 1130/XII.
Interpellation
des Abgeordneten Kuhn und Genossen an den Minister für Volksverpflegung
und an die Gesamtregierung
über die Teuerungspolitik der Regierung.
Während in früheren Krisenzeiten die Preise aller Waren fielen, beginnen in letzter Zeit trotz des Andauerns und der Verschärfung der Krise die Kleinhandelspreise zu steigen, Besonders rasch steigen die Preise des Mehles. In vielen Orten hat dies auch schon zu einer Verteuerung des Brotes geführt. Auch das wichtigste Nahrungsmittel der Arbeitenden, die Kartoffeln, wurden teuer, ebenso Fleisch und andere Nahrungsmittel und Gegenstände des täglichen Bedarfes.
Diese Teuerung ist das Ergebnis einer systematischen Teuerungspolitik der Regierung, Getreidezölle, Fleischzölle, Mehlmischungsgesetz, Einfuhrsscheingesetz, Einkaufgesetz, Tarifenerhöhung, Einfuhrbeschränkungen, Expontpnämien, Erhöhung der Umsatzsteuer, der Biersteuer, und andere Maßnahmen haben das Sinken der Preise verhindert und schließlich ihr Steigen herbeigeführt. Das bedeutet auch eine Verlängerung und Vertiefung der allgemeinen Krise, Die Regierung unterstützt auch mit allen Mitteln den allgemeinen Raubzug gegen die Arbeitenden und führt ihn auch selbst durch, durch Auslieferung der Arbeitslosen an den Hunger, Unterstützung des Lohnraubs, Unterdrückung des Kampfes gegen die Entlassungen, Abbau der sozialen Schutzes auf allen Gebieten, Erhöhung des Steuerdruckes auf die Arbeiter, Kleinbauern, Kleingewerbetreibenden und verschärft dadurch die Wirkung der Teuerung auf alle Arbeitenden. Wir fragen deshalb die Regierung:
Wie vermag sie diese Politik gegen die Arbeitenden zu rechtfertigen, die klar den kapitalistischen Klassencharakter der Regierung und des Staates beweist?
Wie stellt sie sich zu den Fonderungen der Arbeitenden nach Einstellung der Zollschutzpolitik, Aufheben der indirekten Steuern bei erhöhten Besteuerung der Besitzenden, Aufhebung der Teuerungsgesetze, Abbau der Tarife, welche Maßnahmen nicht nur die Teuerung mildern, sondern auch der Verschärfung der Krise entgegenwirker würden, und nur deshalb nicht durchgeführt werden, weil sie den Interessen der herrschenden Ausbeuterklassen widersprechen?
Prag, am 7, Mai 1931.
Kuhn,
Gottwald, Vallo, Hruby, Šliwka, Krosnáø, Barša, Novotný, Tyll, K. Procházka, J. Svoboda, Hodinová, Èižinská, Kubaè, Major, Zápotocký, Dvoøák, Hadek, Juran, Rjevaj, Kliment.
Pùvodní znìní ad 1130/XIV.
Interpellation
der Abgeordneten Dr. Schollich, Simm, und Genossen
an den Minister für Schulwesen und Volkskultur, betreffend die Versetzung von definitiven Lehrpersonen durch den Landesschulrat in Prag.
Nach § 55 der Lehrerdienstpragmatik (Regierungsverordnung vom 14. September 1928, Nr. 162) kann der Lehrer auf jeden seiner Eignung entsprechenden Dienstposten seines oder eines anderen Faches versetzt wenden. Diese Bestimmung hat jedenfalls den Sinn, Zuweisungen von Lehrern auf bestimmte Dienstposten zu ermöglichen, falls besondere, im Interesse der Schule gelegene Verhältnisse eine derartige Versetzung erforderlich machen.
In letzter Zeit hat das Präsidium des Landesschulrates in Prag Versetzungen von Lehrern verfügt, ohne daß die Gründe zu diesen Maßnahmen bekanntgegeben worden wären. Feststehend ist, daß die Ursachen bei allen Fällen nicht im Schuldienste selbst gelegen waren, sondern daß aller Wahrscheinlichkeit nach politische Gründe maßgebend waren. Die vom Präsidium des Landesschulrates verfügten Versetzungen bedeuten somit eine Bestrafung der Lehrer, denn sie wunden auf minder gute Dienstposten versetzt. Die Strafen wunden verhängt, ohne daß ein Disziplinarverfahren vorangegangen wäre. Nach § 84 der oben genannten Lehrerdienstpragmatik können Disziplinar strafen nur durch Erkenntnis der zuständigen Disziplinarkommission auf Grund eines ordnungsmäßig durchgeführten Disziplinarverfahrens verhängt werden. Die betreffenden Lehrer wurden überhaupt nicht einvernommen, sondern sie wurden einfach auf Grund ihnen unbekannter Anzeigen auf eine andere Dienststelle versetzt. Dieser Vorgang ist gegen jedes Rechtsempfinden gerichtet. Ohne dem Lehrer auch nur die geringste Möglichkeit zu geben, sich gegen Anschuldigungen verteidigen zu können, muß er sich den Verordnungen des Landesschulratspräsidiums fügen.
Liegen aber tatsächliche Vergehen der betreffenden Lehrer vor, dann stelle man sie durch ein ordnungsgemäß durchgeführtes Disziplinarverfahren einwandfrei fest. Diese Möglichkeit ist den Schulbehörden durch den § 78 der Lehrerdienstpragmatik gegeben, welcher lautet:
Lehrer, die ihre Standes- und Amtspflichten verletzen, werden unbeschadet ihrer strafgesetzlichen Verantwortlichkeit mit Ordnungs- oder Disziplinarstrafen belegt, je nachdem sich die Pflichtverletzung nur als eine Ordnungswidrigkeit oder mit Rücksicht auf die Schädigung oder die Gefährdung staatlicher, lehramtlicher oder Schulinteressen, auf die Art oder die Schwere der Verfehlung, auf die Wiederholung oder auf sonstige erschwerende Umstände als ein Dienstvergehen darstellt.
Das Präsidium des Landesschulrates weicht aber einem Disziplinarverfahren gegen die betreffenden Lehrer aus und behilft sich mit dienstlichten Versetzungen, weil es für diese keine Gründe anzuführen braucht. Entweder sind die von dem Lehrer begangenen Pflichtverletzungen solcher Art, daß sie eine Bestrafung erforderlich machen, dann hat die Schulbehörde keine Veranlassung, sie zu verheimlichen; oder sie sind es nicht, dann ist die dienstliche Versetzung aber auch nicht gerechtfertigt und der Lehrer ist das Opfer einer unbegründeten behördlichen Maßnahme. Zur Wahrung des auch dem Lehrer als Staatsbürger zustehenden Rechtes auf politische Betätigung ist es unbedingt erforderlich, daß alle parlamentarischen Parteien ohne Unterschied eine Klarstellung dieser in der letzten Zeit erfolgten dienstlichen Versetzung verlangen. Es handelt sich um folgende Fälle:
1.) Josef Hantschel, stellvertretender Bürgerschuldirektor in Bilin.
Er wurde im September 1930 ohne Angabe von Gründen vom Bezirksschulausschusse in Dux seines Postens enthoben und wieder als definitiver Fachlehrer an der Knabenbürgerschule in Dux angestellt, Hantschel nahm sich diese Maßregelung so zum Herzen, daß er bereits am 5, Oktober 1930 an gebrochenem Herzen (Angina pectoris) verschied. Dienstliche Gründe lagen nicht vor denn Hantschel besaß für sein erfolgreiches Wirken in der Schule die belobende Anerkennung des Bezirksschulausschusses.
2.) Oskar Voigt, definitiver Lehrer in Koleschowitz (Bezirk Podersam) wurde mit Wirksamkeit vom 1. März 1931 ohne Angabe von. Gründen an die Volksschule in Gottesgab im Erzgebirge versetzt. Voigt hat sich politisch niemals betätigt und war bei der Bevölkerung als gewissenhafter Lehrer außerordentlich geschätzt.
3.) Alfred Iro, definitiver Fachlehrer in Fleissen wurde mit Erlaß des Landesschulrates vom 1Q, März 1931, Z. 2 A 261 ai 1931, 25,813, ohne Angabe von Gründen als definitiver Fachlehrer nach Luditz versetzt. Nach seinen Angaben hat er sich zur Regelung von Rechtsangelegenheiten für seinen Bruder nach Plauen in Sachsen begeben, Bei seiner Rückkehr zu Fuß über die Grenze wurde er von einem Zollbeamten betreten, Für nicht verzollte Sachen wurde ihm eine Zollstrafe von 96 Kè auferlegt. In der Handtaschen wurden 3 in Plauen gekaufte nationalsozialistische Zeitungen (Völkischer Beobachtern, Stürmern, Freiheitskampf) beschlagnahmt.
4.) Otto Schlegel, definitiv ohne Bestimmung des Dienstortes, z. Z. stellvertretender Fachlehrer an der Knabenbürgerschule in Warnsdorf, wunde ohne Angabe von Gründen mit Landesschulratsenlaß vom 7. IV. 1931, Z. 21602/1931, L. S. R. Z. 36.398/1931, mit Wirksamkeit vom 15, IV, 1931 seiner Dienstleitung im Warnsdorfer Bezirke enthoben und angewiesen, sich beim Bezirkschulausschusse in Mies zu melden.
Schlegel ist ein ausgezeichneter Lehrer, besitzt eine Anerkennung des Bezirksschulausschusses in Hohenelbe für erfolgreiches Wirken, hat neben der Lehrerreifeprüfung die Matura für Gymnasien und Realschulen abgelegt, ist für die 1, und 3. Fachgruppe an Bürgerschulen befähigt und hat auch die Befähigung für die Erteilung des Stenographieunterrichtes erworben.
Schlegel hat sich wohl politisch betätigt, jedoch nichts unternommen, was als Gefährdung staatlicher, lehramtlicher oder Schulinteressen angesehen werden kann. Eine dienstliche Notwendigkeit für eine Versetzung in den Mieser Schulbezirk lag nicht vor, weil im Warnsdorfer Bezirke nicht weniger als 4 geprüfte Lehrkräfte an Bürgerschulen fehlen. Nach Warnsdorf wurde ein junger Lehrer aus dem Mieser Bezirke versetzt, der für Bürgerschulen nicht befähigt ist und infolgedessen nicht als Ersatz für Herrn Schlegel angesehen werden kann.
Die angeführten Fälle lassen klar erkennen, daß die Versetzungen auf Grund politischer Angebereien erfolgt sind.
Da die Frage, ob man dem Lehrer das jedem Verbrecher zustehende Recht, sich verantworten zu können, zubilligen will oder ob er allen Maßnahmen der Schulbehörden wehrlos ausgeliefert ist, geklärt werden muß, fragen die Gefertigten den Herrn Minister für Schuwesen und Volkskultur, ob ihm diese Vorfälle bekannt sind bezw. ob er bereit ist, die Versetzungen rückgängig zu machen, sie untersuchen zu lassen, die Gründe der Versetzungen bekanntzugeben und zu verfügen, daß Versetzungen von definitiven Lehrpersonen in Hinkunft nur auf Grund von Disziplinarerkenntnissen vorgenommen werden dürfen?
Prag, am 7, Mai 1931.
Dr. Schollich, Simm,
Ing. Kallina, Dr. Hanreich, Matzner, Dr. Hassold, Ing. Jung, Kasper, Dobránsky, Dr. Szüllö, Szentiványi, Nitsch, Dr. Törköly, Dr. Holota, Hokky, Dr. Jabloniczky, Geyer, Schubert, Köhler, Knirsch, Dr. Keibl, Horpynka, Fedor, Krebs.