Pùvodní znìní ad 851/XIX.

Interpellation

des Abgeordneten Windirsch und Genossen

an den Minister für Schulwasen und Volkskultur

betreffend Beschwerden, veranlagt durch Übergriffe amtlicher Personen zur Förderung des tschechischen Minderheitsschulwesens.

Es wurde schon des öfteren darauf verwiesen, daß die Errichtung tschechischer Minderheitsschulen in den deutschen Gegenden der Republik nicht dem kulturellen Bedürfnisse der dort vorhandenen Bevölkerung entspricht. Das ergibt sich schon daraus, daß auch in solchen Gegenden tschechische Minderheitsschulen errichtet wurden, irdenen gar keine oder nur wenige Kinder tschechischer Nationalität vorhanden sind. Trotzdem wenden tschechische Minderheitsschulen errichtet. Eine dieser Gründungen befindet sich in der Gemeinde oberfaules im politischen Bezirke Hohenelbe. Über diese tschechische Minderheitsschule wurde folgenden Bericht gegeben:

"Wir haben Ihnen vor längerer Zeit von der Errichtung einer tschechischen Minderheitsschule in Ober - Oels Mitteilung gegeben. Von Ober - Oels werden wir verständigt, daß auch die tschechische Nachbargemeinde Kalna mit der Errichtung dieser Schule nicht einverstanden ist, weil die Schule in Nieder - Kalna eine Klasse verlieren würde.

Auf Grund einer Anfrage des Ortsschulrates in Nieder - Kalna an den Ortsschulrat in Ober - Oels hat letzterer folgende Äußerung gegeben:

Über Ihr beim gefertigten Ortsschulrate mündlich vorgebrachtes Ersuchen betreffs Feststellung und Bekanntgabe jener tschechischen Schüler von Ober - Oels, welche zum Besuche der Minderheitsschule unsere Ortes in Betracht kämen, wird Ihnen hiemit folgendes mitgeteilt.

Obwohl die Gemeinde Ober - Oels fast 18% tschechische Einwohner zählt, so kämen eventuell nach Ansicht der gefertigten Ortsschulrates nur eine einzige national gemischte Familie mit 2 schulpflichtigen Kindern in Betracht. Die Mutter derselben ist eine Deutsche und der Vater ein Tscheche, Eine andere rein tschechische Familie schickt ihr 11jähriges Mädchen in die tschechische Schule nach Arnau und dieses käme daher nicht mehr in Betracht.

Vor längerer Zeit im hiesigen Orte gesammelte Unterschriften für diese neue Schule bei einigen rein deutschen Eltern wurden seitens derselben nur für vorübergehenden Besuch einzelner Kinder im Letzten Schuljahr, nicht aber für die ganze Schulzeit der Kinder gegeben.

Für die deutsche Ortsgemeinde Ober - Oels ist der Besuch von irgend einer tschechischen Volksschule seitens deutscher Kinder auch ohne eine hiesige Minderheitsschule äußerst günstig. Nach vier einander entgegengesetzten Richtungen sind vier tschechische Schulen erreichbar, nämlich jene wohn Arnau, Neuschloß und Ždirnitz in je einer Stunde Entfernung und die vierklassige Volksschule in Nieder - Kalna gar schon in 20 Minuten, Vier auswärtige tschechische Kinder (Schüler) besuchen die hiesige deutsche Schule nur vorübergehend, um die deutsche Sprache zu erlernen.

Von den 18% tschechischen Einwohnern der Gemeinde Ober - Oels wohnt der größte Teil in dem sehr entlegenen Ortsteil Gutsmuts, der nur über einen breiten, hohen waldigen Bergrücken auflauft schwerlich gangbaren Fußsteigen erreichbar ist. Dieser Ortsteil schließt unmittelbar an die Stadt Arnau an. Sämtliche tschechische Kinder desselben besuchen schon seit jeher die in unmittelbarer Nähe befindlichen tschechischen Schulen in Arnau und Proschwitz. Im Winter wäre ein Schulweg von Gutsmuts nach Ober - Oeils über genannten Bergrücken auf oft ganz vereisten, von Schnee verwehten Fußwegen ganz undenkbar und selbst für die übrigen Jahreszeiten sehr weit und mit großen Steigungen verbunden. Zudem ist bei anhaltendem Regenwetter der durchaus lehmige Boden der Fahrwege für Kinder oft ungangbar, da keine direkte Straßenverbindung nach diesem Ortsteil besteht.

An der Zdirnitzer Gemeindegrenze, ganz abgesondert von Ober - Oels, wohnen 5 tschechische Familien, wovon nur ihrer 2 Schulkinder besitzen und zwar zusammen 3 Kinder, welche die ihnen nur 5 Minuten entfernte Zdirnitzer Volksschule schon seit jeher besuchen, während sie nach Ober - Oels in die Minderheitsschule 1 Stunde zu gehen hätten.

Auch diese Kinder kommen für die neuerrichtete Minderheitsschule nicht in Betracht.

Ortsschulrat Ober - Oels.

Von der tschechischen Nachbargemeinde Nieder - Kalna hat eine Deputation im Schulministerium vorgesprochen und gegen die errichtete Minderheitsschule in Ober - Oels Einspruch erhoben.

Durch dieses Einschreiten mußten die Adaptierungsarbeiten an dem Hause, welches für die Unterbringung dieser Minderheitsschule vorgesehen ist, sofort eingestellt werden. Der Unterricht an dieser neuerrichteten Schule soll erst daran aufgenommen werden, wenn sah der Gemeinde Ober- Oels 8 tschechische Schüler für diese Schule in Betracht kommen.

Damit nun für die tschechische Schule die vorgeschriebene Kinderzahl zusammen kommt, haben die Tschechen laut beiliegender Erklärung in einer leerstehenden Wohnung in Ober - Oels eine tschechische Familie zwangsweise einquartiert.

Aus dieser Darstellung des Sachverhaltes kann nun entnommen wenden, daß die Schule nur zu Tschechisierungszwecken errichtet wurde."

Die vorerwähnte Erklärung hat folgenden Wortlaut:

"Erklärung,

aufgenommen in Gegenwart des Herrn Gemeindevorstehers Franz Rummler, Gemeinderat H. Franz Lorenz und Gemeindeausschußmitglied Gustav Fiedler.

Frau Kisling gab in unserer Gegenwart am Gemeindeamte an, aß sie am Freitag, dem 7. März 1930 die Herren Pansky, Lehrer in Slemeno, sowie Gemeindevorsteher Medle, Slemeno, und Gastwirt Stransky, Slemeno, beim Fabrikstor der Firma Mischka in Arnau erwartetem und, sie fragten, wo sie hin will. Frau Kisling wollte einen Brief zum Bahnhof tragen. Die Herren sprachen jedoch, daß sie mit ihr zum Bahnhof fahren, wo sieden Brief aufgab. Sodann fuhren sie mit ihr in die Kanzlei des Herrn Fritschmann in Arnau, wo sie ihr sehr zuredeten, die Wohnung zu verpachten. Frau Kisling wollte sich jedoch Bedenkzeit nehmen, da sie sich zuvor mit ihrem Bruder und Herrn Dr. Schreiber besprechen wollte, Sie redeten ihr derartig zu, daß sie diese Wohnung hergeben müßte, da sie bei ihrem Bruder wohnt und die Wohnung in Nr. 49 leertest. Auch wunde ihr vom Herrn Lehrer Pansky angedroht, wenn sie den Schlüssel der Wohnung nicht freiwillig hergibt, dieselbe von der Gendarmerie geöffnet wird. Sie wurde derartig eingeschüchtert und maßte mit ihnen in die Kanzlei des Herrn Oberlandesgerichtsrates Anzenbacher gehen, welcher ihr auch wieder nahelegte, daß sie die Wohnung hergeben muß. Es wurde ihr ein tschechisch geschriebenes Schriftstück vorgelegt und vorgelesen, welches auf deutsch heißen sollte, daß Frau Kisling die Wohnung an Herrn Pansky bis zum 1. April 1930 vermieten soll. Frau Kisling gab an, daß sie die Unterschrift gewissermaßen erzwungen gab.

Die Richtigkeit der vorgeführten Angaben bestätigt durch eigenhändige Unterschrift:

Marie Kisling.

Es wird somit bestätigt, daß die Abschrift mit dem Original übereinstimmt. Der Gemeindevorsteher Franz Rummler.

Stampiglie der Ortsgemeinde Ober - Oels bei Arnau."

Daraus ergibt sich, daß eigentlich mit behördlicher Unterstützung darauf eingewirkt wurde, einige tschechische Kinder mehr für die tschechische Minderheitsschule in Ober - Oels zu beschaffen.

Daß die Leiter mancher tschechischer Minderheitsschulen, entgegen den gesetzlichen Bestimmungen, wonach das Schulministerium für den Personal- und Sachaufwand für die tschechischen Minderheitsschulen die erforderlichen Mittel beizustehen hat, hinweggehen, beweist ein Schreiben, das der Schulleiter der tschechischen Minderheitsschule in Weißkirchen a. N., politischer Bezirk Reichenberg, an das zuständige Gemeindeamt gerichtet hat. Der Inhalt der Zuschrift lautet:

"Die Verwaltung der Schule ersucht darum, daß bei der Zusammenstellung des Gemeindevoranschlages auch perzentuell jene Beiträge für die hiesige Schule berücksichtigt wenden mögen, die als Beiträge für die deutsche Schule im Voranschläge eingereiht sind. Die Beiträge mögen der Schule zur Auszahlung gebracht werden, sowie das im Gesetze bestimmt ist. Es handelt sich hauptsächlich um die Kapitel X. und XI. Gleichzeitig wird um Mitteilung ersucht, wann in der hiesigen Gemeinde der Gemeindevoranschlag aufgelegt wird."

Vorstehendes Schreiben an das Gemeindeamt in Weißkirchen a. N. zu richten, ist nicht gerechtfertigt gewesen, weil das Gesetz anders bestimmt.

Das Schulministerium wurde bereits durch eine frühere Interpellation auf die Grunderwerbung für die tschechische Minderheitsschule in Ketten, Bezirk Reichenberg, aufmerksam gemacht. Der in der Zwischenzeit von dem Schulministerium für den Zweck der Errichtung eines Schulgebäudes für, die tschechische Minderheitsschule in Ketten käuflich erworbene Grund ist bisher seiner Bestimmung nicht zugeführt worden. Das Grundstück ist seit dem Zeitpunkte seiner Erwerbung völlig unbenutzt geblieben und es entwickelt sich darauf eine Menge Unkraut, das den Ausgang für die Verunkrautung der benachbarten landwirtschaftlichen Grundstücke bildet. Es ist vollständig unökonomisch, bisher landwirtschaftlich genützte Grundstücke völlig unbenutzt liegen zu lassen und sie damit dem Unkrautwuchs preiszugeben. Es wäre vernünftig gewesen, das Grundstück bis zu seiner Verbannung in der Benützung des bisherigen Besitzers zu belassen oder aber anderweitig zu verpachten, oder durch die tschechische Minderheitsschule in Ketten selbst bewirtschaften zu lassen.

Mit Rücksicht auf die vorstehenden Ausführungen wird der Herr Schulminister gefragt, ob er bereit ist, strikte Weisungen zu erlassen, daß die bisher im Interesse der Förderung des tschechischen Minderheitsschulwesens von deutscher Seite gerügten Übergriffe amtlicher Personen endlich aufhören und ob er weiter bereit ist, den Lehrern an den tschechischen Minderheitsschulen in Erinnerung zu bringen, daß sie die geltenden gesetzlichen Vorschriften beachten?

Prag, am 3. Dezember 1930.

Windirsch,

Viereckl, Krumpe, Bobek, Böllmann, Zierhut, Eckert, Stenzl, Prause, Halke, Platzer, Dr. Kafka, Hodina, Böhm, Dr. Törköly, Wagner, Gläsel, Heller, Greif, Nitsch, Jelinek.

 

Pùvodní znìní ad 851/XX.

Interpellation

der Abgeordneten Ing. R. Jung, Geyer und Genossen

an die Gesamtregierung

betreffend die Verlängerung der Gemeinnützigkeitserklärung der Elektrizitätswerke.

Zeitungsnachrichten zufolge hat das Ministerium für öffentliche Arbeiten einen Gesetzesantrag vorbereitet, durch welchen das Recht des Ministeriums für öffentliche Arbeiten, im Einvernehmen mit den beteiligten Ministerien Elektrizitätswerke ohne Gemeinnützigkeitsrecht laut Gesetz Nr. 4381/1919 in gemeinnützig erklärte Unternehmungen umzuwandeln, abermals verlängert werden soll.

Nach § 28, Absatz 4, des Elektrifizierungsgesetzes, Nr. 438 ex 1919 hatte das Ministerium für öffentliche Arbeiten im Einvernehmen mit den beteiligten Ministerien binnen einem Jahre jene Unternehmungen zu bezeichnen, welche unter zwangsweiser Enteignung in sogenannte "gemeinnützige" Unternehmungen umzuwandeln waren. Diese einjährige Frist wunde zunächst mit dem Gesetze vom 15. Juli 1920, Nr. 444 bis Ende des Jahres 1924 und sodann neuerdings mit dem Gesetze vom 18. Dezember 1924 Nr. 294 bis Ende des Jahres 1930 verlängert. Bei der Behandlung des letzteren Regierungsantrages im Parlamente wurde übrigens vom Abgeordnetenhause laut Drucksache 4995 ex 1924 nachstehende Resolution gefaßt:

"Der Verkehrsausschuß macht las Ministerium für öffentliche Arbeiten auf den § 1 des Gesetzes vom 1. Juli 1921 Nr. 258 S. d. G. u. V. aufmerksam. Die gegenwärtigen finanziellen Verhältnisse des Staates und der autonomen Korporationen sind derartige, daß für die Elektrifizierung vielfach mehr mit Krediten, manchmal auch ausländischen, gerechnet wenden maß, welche bei einer entsprechenden Änderung dieses Wortlautes leichter zu gewinnen sein würden."

Seit dem Jahre 1919 sind mehr als zehn Jahre vergangen, in welchen eicht die Verhältnisse gründlich geändert haben. Die Mentalität der ersten Nachkriegszeit, bei welcher es immerhin erklärlich war derartige gefährliche Experimente mit Zwangseingriffen in das Privateigentum zu probieren, ist im Laufe der Zeit einer vollkommenen Beruhigung und Konsolidierung gewichen, so daß es heute einen Anachronismus sondergleichen darstellt, an die Verlängerung einer solchen, den Grundsätzen eines demokratischen Rechtsstaat entgegengesetzten Maßnahme zu denken. Auch der Umstand. Daß das Ministerium für öffentliche Arbeiten mit der Anwendung einer Gesetzesbestimmung, für deren Durchführung der Gesetzgeber ursprünglich sage und schreibe ein Jahr vorgesehen hatte, in elf Jahren nicht fertig geworden ist, ja nichteinmal in einem einzigen Falle zur Anwendung dieser Gesetzesbestimmung Veranlassung fand, rechtfertigt die Behauptung, daß unter den heutigen Zeiten ums Umständen es durchaus verfehlt ist, eine Verlängerung dieser ominösen Zwangsbestimmung in Betracht zu ziehen.

Die Unterfertigten protestieren aber nachdrücklichste gegen diesen Antrag auch noch aus folgenden Gründen:

1. Es kann von niemanden bestritten werden, daß die Bestimmungen, des § 28 des Elektrifizierungsgesetzes Nr. 438 ex 1919, deren Geltung neuerlich verlängert werden soll, tief in die Rechte der Gemeinde und privaten Elektrizitätswerke, in Rechte, die durch die Verfassungsurkunde garantiert wenden, eingreifen. Ebenso kann nicht bestritten wenden, daß nahezu 1000 Gemeinde- und private Elektrizitäts- Unternehmungen mit ihren Milliarden - Investitionen einander wichtigsten Bestandteile der Volkswirtschaft des Staates bilden, daß sie jährlich viele Millionen an Steuern und öffentlichen Abgaben und Gebühren abführen, und daß der Reinertrag der Gemeindeelektrizitätswerke eine unentbehrliche Einnahmequelle für die Gemeinden bildet, Und schließlich ist allgemein, also auch dem Ministerium für öffentliche Anbieten, bekannt, daß diese Elektrizitätswerke in Verbände zusammengeschlossen sind. In demokratischen Staaten pflegen Gesetze nicht bei verschlossenen Türen eines oder mehrerer Ministerien vorbereitet zu werden, und zwar umsoweniger, wenn es sich um ungewöhnliche Ausnahmsverfügungen handelt, welche tief in die Interessen eines der wichtigsten Industriezweige eingreifen.

Im vorliegenden Falle wurden aber bisher weder die Verbände der Gemeinde und privaten Elektrizitätswerke, noch die Industrieverbände und auch nicht die Handelskammern angehört.

Ohne Gutachten dieser Korporationen wird in den gesetzgebenden Körperschaften in der letzten Minute ein Gesetzesantrag zum Durchpeitschen eingebracht, welcher die Existenz der Gemeinde und privaten Elektrizitäts - Unternehmungen gefährdet und ihre Investitionspolitik zum unermeßlichen Schaden der ganzen Volkswirtschaft behindert.

Die Verlängerung des § 28 bedeutet die Aufrechterhaltung des Zustandes einer Rechtsunsicherheit für die in Betracht kommenden Unternehmungen. Dadurch sind diese Unternehmungen begreiflicherweise gehindert, rechtzeitig ihre erforderlichen Investitionen in ihren. Anlagen vorzunehmen, weil es sich jeder Geldgeber schwer überlegt, Kredite an Unternehmungen zu gewähren, über welchen das Damoklesschwert jeder zeitiger enteignungsmöglichkeit schwebt. Durch diese Hemmung der Investitionstätigkeit werden der inländischen Produktion verhängnisvolle Schäden zugefügt, welche auch auf die Beschäftigungsmöglichkeit der Arbeiter in der jetzigen Wirtschaftskrise besonders nachteilig wirken.

2. Der Motivenbericht zum Elektrifizierungsgesetze vom Jahre 1919 sagt, daß die systematische Elektrifizierung die zweckmäßige Zentralisierung der Energieerzeugung durch schrittweise Errichtung des einheitlichen Netzes im ganzen èsl. Staate und die rationelle Ausnützung der Wasserkräfte ist, und § 1 des Elektrifizierungsgesetzes definiert den Begriff der systematischen Elektrifizierung als die "möglichst vollkommene Ausnützung aller natürlichen Energiequellen und deren ökonomische Verteilung im allgemeinen Interesse."

Das Gesetz schließt die Gemeinde- und privaten Elektrizitätswerke von der systematischen Elektrifizierung keineswegs aus, im Gegenteil, es sieht durch Festsetzung einschlägiger Bestimmungen geradezu vor, daß sie als gleichwertige Träger mit dazu berufen sind, der systematischen Elektrifizierung zu dienen.

Dies geht insbesondere auch aus der ständigen Judikatur des Obersten Verwaltungsgerichtes ums aus den klaren Bestimmungen des § 27 des Gesetzes Nr. 438 ex 1919 hervor. Nach Absatz 3 dieses Paragraphen hat z. B. die Behörde bei Genehmigung aller Energieerzeugungsstätten ohne Unterschied in erster Linie die Bedürfnisse der systematischen Elektrifizierung zu berücksichtigen und die in dieser Hinsicht notwendigen Bestimmungen vorzuschreiben. Ferner kann das Ministerium, falls es findet, daß eine Unternehmung ihren Pflichten im Interesse der systematischen Elektrifizierung nicht gehörig nachkommt, nach Absatz 4 dieses Paragraphen sogar auf Kosten und Gefahr des Unternehmers entsprechende Vorkehrungen treffen, Gerade diese Gesetzesbestimmungen bilden nach Ansicht der Gefertigten eine vollkommen hinreichende Gewähr dafür, daß es die Staatsverwaltung in der Hand hat, den Interessen der systematischen Elektrifizierung so weit Geltung zu verschaffen, daß fiel Zweck derselben erfüllt wird, und es ist absolut überflüssig, darüber hinaus mit sachlich ganz unbegründeten Enteignungsbestimmungen nach Art des § 28 zu arbeiten.

Die Gefertigten wenden sich keineswegs gegen eine angemessene Handhabung der soeben erwähnten Bestimmungen des § 27, sofern dieselben zur Durchführung der systematischen Elektrifizierung notwendig sind, weil sie der Ansicht sind, daß es entschieden zweckmäßigeres, die bestehenden Gemeinde- und privaten Elektrizitätswerke andern Durchführung der systematischen Elektrifizierung in ihrer bestehenden Rechtsform mitwirken zu lassen, als ihnen mit der Zwangsmaßnahme einer Enteignung zu drohen, zumal dieser Weg nicht nur mit den Grundsätzen eines demokratischen Rechtsstaates besser vereinbart ist, andern auch den Stromabnehmern so am besten gedient wird und schließlich auch dieser Weg für den Staat die finanziell vorteilhaftere Lösung darstellt.

Es erweckten Anschein, daß die offiziellen Faktoren bei der systematischen. Elektrifizierung die finanziellen Fragen ganz beiseite lassen.

Da es sich beider Enteignung naturgemäß in der Regel nur um bedeutendere Elektrizitätsunternehmungen handeln kann, so wird der Übernahmspreis in jedem einzelnen Falle viele Millionen Kè betragen. Hieven muß der Staat als Teilhaber 60% übelnehmen. Da aber voraussichtlich bei zwangsweise enteigneten Werken das Privatkapital keinen Anreiz für die weitere Beteiligung finden wird und die in Betracht kommenden Gemeinden über entsprechende Mittel nicht verfügen, wird es vorausschtlich dazu kommen, daß der Staat oder das Land auch noch einen erheblichen Teil der restlichen 40% werden übernehmen müssen.

Der Staat als Übernehmen derartiger Unternehmungen wird aber außerdem noch dadurch Schaden erleiden, daß die umgewandelten gemeinnützigen Unternehmungen ihm keinesfalls auch nur im entferntesten diejenigen Beträge an Steuern abwerfen werden, welche früher die betreffende Unternehmung vor der Enteignung geleistet hat.

In ähnlicher Weine verlieren auch Länder, Bezirke, Gemeinden, Handelskammern u. s. w. an Zuschlägen. Ja es ist nicht ausgeschlossen, daß durch eine solche zwangsweise Änderung des Eigentumsverhältnisses eine Gemeinde, in welcher die betreffende Unternehmung bisher Steuerzahler war, dem Ruin zugeführt wird.

Die Mittel des Staates sind nicht unerschöpflich, und auch der Staat ist nicht in der Lage, in einer Zeit größter wirtschaftlicher Krisen gänzlich überflüssig viele Millionen auszugeben und sich selbst, sowie Länder, Bezirke, Gemeinden, Handelskammern u. s. w. um ständige Einnähmen durch Ausfall von Steuern und Zuschlägen zu bringen.

Es wäre an der Zeit, ernstlich die Frage zu überprüfen, ob die Beteiligung des Staates an gemeinnützigen Unternehmungen nicht überhaupt ein verfehltes Experiment war. Es wäre jedenfalls viel zweckmäßiger, daß der vom Staat (Arbeitsministerium) angebliches längerer Zeit vorbereitete General- Elektrifizierungsplan publiziert würde, damit die interessierten Elektrizitätsunternehmungen zu ihm Stellung nehmen, bezw. bei ihren Investitionsprogrammen auf ihn Rücksicht nehmen können, und wenn sich das Arbeitsministerium weiterhin nur darauf beschränken würde, die Einhaltung dieses General- Elektrifizierungsplanes zu überwachen, zu leiten und zur Durchführung zu bringen, wozu ihm der oben erwähnte § 27 des Gesetzes Nr. 438 ex 1919 eine hinreichende und geeignete Handhabe bietet.

Der Aufwand für die Enteignung von Gemeinde und privaten Elektrizitätswerken ist demnach unter allen Umständen unökonomisch und überflüssig, ganz abgesehen davon, daß für derartige außerordentliche Zwangseingriffe v indem demokratischen Rechtsstaate kein Platz sein darf, wobei noch berücksichtigt wenden maß, daß ganze Gesetz Nr. 438 ex 1919, welches sich in seiner Überschrift als "Gesetz über die staatliche Unterstützung bei Einleitung der systematischen Elektrifizierung" bezeichnet, dieser Überschrift und seiner ganzen Struktur nach staatliche Eingriffe bzw. die Errichtung gemeinnütziger Unternehmungen doch nur für solche Gebiete bezweckt, welche noch nicht oder nur mangelhaft elektrifiziert sind, was bei dzn in der Republik derzeit noch bestehenden, in gemeinnützige Unternehmungen noch nicht einbezogenen Gebieten keineswegs der Fall ist.

Aus dem Angeführten geht hervor, daß die Zwangsenteignung und Umwandlung von Elektrizitätsunternehmungen ohne Gemeinnützigkeitsrecht gemäß § 28 des Elektrifizierungsgesetzes:

1. im Widerspruch steht mit den übrigen Bestimmungen des Elektrifizierungsgesetzes aus dem Jahre 1919 und die Resolution des Abgeordnetenhauses Drucksache Nr. 4995 aufbracht läßt,

2. für die systematische Elektrifizierung in Ansehung der übrigen Bestimmungen des Elektrifizierungsgesetzes, insbesondere des § 27 vollkommen überflüssig ist,

3. Staat, Land, Bezirke, Gemeinden u. s. w. überflüssigerweise belastet und sie um erhebliche Einnahmen an Steuer- und Umlagen- Eingängen zu bringen geeignet ist,

4. wägender Rechtsunsicherheit die Investitionstätigkeit der in Betracht kommenden Unternehmungen unterbindet, wodurch ein schwerwiegend der Ausfall für die inländische Produktion und Arbeiterbeschäftigung herbeigeführt wird,

Aus diesen Gründen fragen die Gefertigten die Gesamtregierung an, ob sie bereit ist, von einer Verlängerung des § 28 des Gesetzes No. 438/1919 abzusehen und das Fallenlassen der zwangsweisen Umwandlung von Elektrizitätswerken ohne Gemeinnützigkeitsrecht in gemeinnützig erklärte Unternehmungen ehestens bekanntzugeben.

Prag, am 27. November 1930.

Ing. Jung, Geyer,

Ing. Kallina, Dr. Jabloniczky, Hokky, Fedor, Dr. Hassold, Knirsch, Schubert, Kasper, Dr. Keibl, Simm, Köhler, Krebs, Dobránsky, Horpynka, Szentiványi, Nitsch, Dr. Holota, Dr. Törköly, Matzner, Dr. Schollich, Dr. Hanreich, Dr. Szüllö.

 

Kurak,

Greif, Scharnagl, dr. Petersilka, Zajièek, Kunz, dr. Hassold, dr. Keibl, Horpynka, dr. Schollich, ing. Kallina, Matzner, dr. Hanreich, Hokky, Dobránsky, Fedor, dr. Jabloniczky, dr. Süllö, Fritscher, Oehlinger, Bobek, dr. Luschka.


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