Pùvodní znìní ad 675/I.
Interpellation
der Abgeordneten Krumpe, Greif und Genossen
an die Gesamtregierung,
betreffend die Notlage der Grenzarbeiter.
In den Grenzgebieten, namentlich in den Bezirken Schluckenau, Weipert, Graslitz, Jägerndorf, Freiwaldau leben viele Tausende Arbeiter, die ihren Arbeitsplatz jenseits der Staatsgrenze haben. Durch die Entwicklung der Steuer- und Sozialgesetzgebung in der Nachkriegszeit sind diese Grenzarbeiter schwer geschädigt.
Ihre Einkommensteuer ist höher als die eines inländischen Arbeiters bei gleicher Lohnhöhe, da sie nicht im Wege des Lohnabzuges, sondern nach freier Bemessung eingehoben wird. Die Grenzarbeiter zahlen im Reich die Beiträge nach dem Gesetze über die Krisenfürsorge für Erwerbslose, sind aber von allen Zuwendungen nach diesem Gesetze ausgeschlossen. Auf dem Gebiete der Krankenversicherung sind sie ebenfalls benachteiligt, da sie im Falle der Entlassung
1. die 42tägige Schutzfrist verlieren, und
2. der Begünstigung der freiwilligen Fortsetzung der Versicherung verlustig gehen.
Die außerordentliche Notlage dieser Kategorie von Arbeitern wird dadurch bedingt, daß bei der gegenwärtig im Deutschen Reiche herrschenden Industriekrise in erster Linie Arbeiter èechoslovakischer Staatszugehörigkeit entlassen und dadurch brotlos werden.
Daher fragen die Unterfertigten die Regierung:
1. Sind der Regierung diese die Grenzarbeiter schwer schädigenden Tatsachen bekannt?
2. Ist die Regierung bereit, unverzüglich mit dem Deutschen Reich Abmachungen zu treffen, die den Grenzarbeitern gleiche Rechte schaffen und ist sie bereit, Vorkehrungen zu treffen, die den Grenzarbeitern eine gerechte Anerkennung der erworbenen Rentenansprüche sichern?
3. Ist die Regierung bereit, die Grenzarbeiter in Bezug auf die Höhe der Einkommensteuer den einheimischen Arbeitern gleichzustellen?
Prag, am 25. September 1930.
Krumpe, Greif,
Zajièek, Oehlinger, Scharnagl, Fritscher, Kunz, Dr. Holota, Dr. Törköly, Fedor, Dobránsky, Hokky, Bobek, Dr. Mayr-Harting, Dr. Petersilka, Dr. Luschka, Szentiványi, Nitsch, Dr. Szüllö, Dr. Keibl, Dr. Jabloniczky.
Pùvodní znìní ad 625/II.
Interpellation
der Abgeordneten Dr. R. Mayr-Harting, J. Greif und Genossen
an den Ministerpräsidenten und den Minister für soziale Fürsorge
betreffend die Verlegung der Eisenwerke Rothau nach Karlshütte.
Die Verlegung der Betriebe Rothau-Schindlwald der Eisenwerke A. G. Rothau-Neudek nach Karlshütte ist nunmehr fast vollständig durchgeführt.
Hievon werden ca. 1800 Arbeiter mit ihren Familien, d. i. nahezu 8000 Personen, betroffen, welche nur zum kleinsten Teil durch Überführung in den Betrieb Karlshütte neue Arbeitsmöglichkeit finden konnten. Andere Erwerbsmöglichkeiten sind in der verarmten Erzgebirgsgegend fast nicht vorhanden; so daß die Zukunft der zunächst und am härtesten betroffenen Gemeinden Rothau und Schindlwald im Bezirke Graslitz, der durch die umsichgreifende Arbeitslosigkeit besonders schwer bedrückt ist, geradezu trostlos genannt werden muß. Die Hilfsmaßnahmen, welche die genannten Eisenwerke durch Zuwendungen für Notstandsarbeiten bisher zugesagt haben, die Mittel, welche dem Bezirke und den Gemeinden für den gleichen Zweck zur Verfügung stehen, sind vollkommen unzureichend. Für die meisten Arbeiter ist die staatliche und gewerkschaftliche Arbeitslosenunterstützung infolge der in den letzten Jahren durchgeführten Betriebseinschränkungen und Kurzarbeit bereits erschöpft und die geringen Ersparnisse der Arbeiter schon verbraucht. Zur Kennzeichnung der Lage sei noch erwähnt, daß die Gemeinde Rothau nur mit Rücksicht auf das Eisenwerk in den letzten Jahren eine Reihe von Einrichtungen geschaffen hat, welche nunmehr die Gemeinde schwer finanziell belasten. So erleidet das im Jahre 1920 unter den ungünstigen Verhältnissen errichtete Elektrifizierungsunternehmen einen Ausfall der Einnahmen um ein Drittel. Ähnlich verhält es sich bei der Wasserleitung, für welche die kleine Gemeinde 5,000.000 Kè investieren mußte.
Die Erregung unter der Bevölkerung über diese künstlich geschaffene Arbeitslosigkeit ist um so mehr begreiflich, als erwiesen erscheint, daß für die Verlegung der Betriebe von Rothau nach Karlshütte nicht wirtschaftliche Gründe maßgebend waren. So wurden im Jahre 1922 bei einer Belegschaft von 2350 Arbeitern und Angestellten 14.800 Tonnen Bleche erzeugt; im Jahre 1929 betrug die Erzeugung 31.760 Tonnen Bleche bei einer Belegschaft von nur 1800 Mann. Die Betriebe erzielten in den Jahren 1923 bis 1927 den Zeitpunkt der Fusionierung - einen Reingewinn von 66 Millionen Kè.
Die Gefertigten fragen:
1. Ist die Regierung bereit, den durch die Werksverlegung betroffenen Gemeinden unverzüglich jene Mittel zur Verfügung zu stellen, welche benötigt werden, um durch Notstandsarbeiten wenigstens für die nächsten Monate Arbeitsgelegenheiten zu schaffen?
2. Ist die Regierung bereit, alle Malnahmen der betroffenen Gemeinden tatkräftigst zu unterstützen, welche dahin zielen, durch Erschließung neuer Erwerbsquellen dauernde Lebensmöglichkeiten für die von ihrem bisherigen Arbeitsplatze verdrängten Staatsbürgerau schaffen?
3. Ist die Regierung geneigt, ähnlichen Katastrophen durch ungerechtfertigte Betriebsstillegungen künftig rechtzeitig vorzubeugen?
Prag, am 24. September 1930.
Dr. Mayr-Harting, Greif,
Szentiványi, Kitsch, Hokky, Dr. Luschka, Dr. Petersilka, Zajièek, Kunz, Bobek, Scharnagl, Krumpe, Oehlinger, Dr. Keibl, Dr. Holota, Dr. Törköly, Dr. Jabloniczky, Dr. Szüllö, Dobránsky, Fedor, Mojto, Suroviak.
Pùvodní znìní ad 675/III.
Interpellation
des Abgeordneten Erwin Zajièek und Genossen
an den Eisenbahnminister
betreffend Verkehrsverbesserungen in Südmähren.
Südmähren, besonders Znaim, war in der Vorkriegszeit durch zahlreiche Schnellzüge mit den übrigen Gebieten verbunden. Durch die neue Staatsgrenze ging der Verkehr mit dem Ausland stark zurück. Er hätte sich wohl wieder belebt, wenn nicht das èechoslovakische Eisenbahnministerium fortgesetzt die alte Nord-West-Bahn-Strecke zurückgesetzt hätte, während auf der anderen Seite vor allem die Strecke Lundenburg-Brünn-Böhm.-Trübau-Prag überlastet werde. Die folgen dieses Systems traten bald ein: es kam zum fürchterlichen Unglück bei Saitz. Nach dieser Katastrophe wurde angeordnet, daß die Strecke zu entlasten sei; ein Teil des Güterverkehrs wurde über Znaim geleitet. Unsere Hoffnungen, man werde auch den Personenverkehr neu beleben, wurden enttäuscht.
Die Unterzeichneten verdolmetschen im folgenden die wichtigsten Verkehrsforderungen Südmährens:
1. Einführung eines neuen Schnellzugspaares, das eine direkte Verbindung zwischen Berlin und Wien herstellt und über Tetschen-Bodenbach oder Reichenberg und Znaim führt. Da diese Strecke die kürzeste Verbindung zwischen Berlin und Wien darstellt, und um 180 km kürzer ist als die jetzt so stark benutzte Strecke über Passau-Hof, so ist die Einführung des neuen Zugspaares schon mit Rücksicht auf den erhöhten Umsatz geboten. Ein Anschluß zwischen Kolin und Prag könnte leicht hergestellt werden. Die Handelskammern in Wien, Dresden und Berlin haben sich für diesen Antrag ausgesprochen. Es hängt jetzt nur vom Prager Eisenbahnministerium ab, ob dieser Plan verwirklicht wird. Nach dem Urteile von Fachleuten sind hiezu keine Investitionen (z. B. Verstärkungen des Oberbaues) notwendig. - Wir erwarten, das Eisenbahnministerium werde bei der nächsten internationalen Fahrplankonferenz die Einführung dieses Schnellzuges beantragen.
2. Motorschnellzug Znaim-Brünn. Alle größeren Städte Mährens sind mit der Landeshauptstadt durch Schnellzüge verbunden. Von Znaim, das 25.000 Einwohner zählt, braucht mancher Personenzug 3 Stunden nach dem 89 Kilometer entfernten Brünn! Die Folge davon ist, daß immer mehr und mehr Znaimer im Auto nach Brünn fahren. Die Einführung eines Motorschnellzuges würde dem Publikum und der Bahnverwaltung nützen.
3. Schnellzug Wien-Znaim: Die österreichische Staatsbahn wird den Schnellzug Znaim-Wien auflassen. Wir erwarten von dem èechoslovakischen Eisenbahnministerium, daß es in Wien dafür eintreten werde, daß dieser Schnellzug wieder eingeführt werde.
4. Elektrifizierung der Streck Znaim-Lundenburg: Endlich lenken wir, Herr Minister, Ihre Aufmerksamkeit auf folgenden Vorschlag:
Die Lokomotiven, die auf den südmährischen Bahnen verwendet werden, werden zum Großteil mit westböhmischer Kohle gefeuert! Die Eisenbahnverwaltung kann nicht sagen, daß diese Kohlentransporte nichts kosten; sie muß vom Standpunkte des Kaufmannes aus zumindest die wirklichen Selbstkosten einkalkulieren und diese sind, nach den Rechnungsabschlüssen der Bahnverwaltung zu schließen, nicht um vieles geringer als die normalen Eisenbahntarife. Es mute die Elektrifizierung vor allem der Strecke Znaim-Lundenburg ins Auge gefaßt werden. Die Durchführung der Elektrifizierung käme wohl hoch, der Betrieb aber würde sich nicht nur wegen der ersparten Kohlen und der ersparten Transportkosten billiger stellen, sondern auch deshalb, weil die Staatsbahnverwaltung Gelegenheit hätte, aus dem zu erbauenden riesigen Frainer Elektrizitätswerke billigere Strom zu beziehen. Eine elektrische Bahn würde sich auch deswegen rentieren, weil aus dem nahen Österreich zahlreiche Ausflügler diese Bahn, die zu einer landschaftlich sehr schönen Gegend führt, benützen würden.
Die Unterzeichneten stellen an Sie, Herr Minister, die Frage:
Sind Sie bereit, diese Forderungen Südmährens zu erfüllen?
Prag, am 25. September 1930.
Zajièek,
Oehlinger, Bobek, Krumpe, Greif, Dr. Petersilka, Dr. Mayr-Harting, Szentiványi, Nitsch, Dr. Holota, Dr. Törköly, Dr. Keibl, Dr. Jabloniczky, Hokky, Fedor, Dobránsky. Dr. Szüllö, Dr. Luschka, Fritscher, Kunz, Scharnagl.
Pùvodní znìní ad 675/IV.
Interpellation
des Abgeordneten Zajièek und Genossen
an den Innenminister,
betreffend die Bestrafung des österreichischen Staatsangehörigen Otto Teicht.
Am 12. September 1930 Vormittag spielte der österreichische Staatsangehörige Otto Teicht, Lehrer aus Berndorf (Nieder-Österreich), in Znaim, im Hause Untere Böhmgasse 12, in der Wohnung des Herrn Franzke auf dem Klavier unter anderem auch die österreichische Bundeshymne. Etwa 20 Schritte von der Wohnung entfernt liegen die Kanzleien des Polizeikommissariates, deren Fenster zum Teil geöffnet waren. Der Vorstand des Amtes, Herr Oberkommissär Dr. Sázavský und ein Polizeiagent hörten die Klänge, worauf sich sofort ein Agent in die Wohnung des Herrn Franzke begab, um sich zu erkundigen, wer gespielt habe. Der Agent entfernte sich und kam bald darauf ein zweitesmal. Er forderte Teicht auf, ihre in das in der Füttergasse liegende Polizeilokal zu folgen. Nach einem Verhör wurde Herrn Teicht mitgeteilt, er werde mit 200 Kronen bezw. 5 Tagen Arrest bestraft, weil er das Lied Gott erhalte! gespielt habe. Außerdem habe er mit dem nächsten Zuge, der um 13 Uhr gegen Wien abgeht, die Èechoslovakei zu verlassen. - Die Bestrafung erfolgte über telephonische Weisung des Amtsvorstandes Oberkommissärs Dr. Sázavský.
Der Agent ging hierauf mit Teicht in seine Wohnung, damit er den Paß hole. Auf dem Wege dahin kamen sie bei dem Hause vorbei, in dem Herr Franzke wohnt. Teicht wollte der Familie sagen, was ihm geschehen sei. Der Agent aber rief: Da gehns mit! Sie sind verhaftet. Ich erlaub nicht, daß Sie dorthin gehen.
Teicht bat im Polizeilokal (Füttergasse), man möge ihm gestatten, daß er erst mit dem Abendzuge (ab Znaim 19 Uhr) abzureisen habe. Diese Bitte wurde rundweg abgeschlagen. Teicht mußte den Paß abliefern. Er erhielt ihn erst im Zuge wieder ausgefolgt.
Bemerkt sei, daß sich einzelne Polizeiorgane bei der Einvernahme und der Eskortierung Teichts keineswegs höflich benommen haben. Ein diesbezügliches Schreiben Teichts an den Interpellanten wurde der Brünner Landesbehörde zur Verfügung gestellt.
Wir erwarten, daß darüber nicht nur die betreffenden Polizeiorgane sondern auch jene Personen einvernommen werden, die Teicht zu nennen bereit ist.
Die Bestrafung erfolgte auf Grund des Art. 3, Absatz 2, des Gesetzes vom 14. Juni 1922, Slg. der Ges. Nr. 125, deswegen, weil Teicht die öffentliche Ruhe und Ordnung sowie den Anstand verletzt und öffentliches Ärgernis erregt habe.
Hiezu ist folgendes zu bemerken: Teicht spielte mehrere Staatshymnen. Das kann durch Zeugen bestätigt werden. Als er mit dem Spiel der Haydnschen Melodie begann, schloß der neben dem Klavier stehende Erich Križan die beiden inneren Fenster. Man könnte sagen, die Klänge seien vielleicht durch das anstossende Zimmer ins Freie gedrungen. Das ist nicht möglich: Als Teicht die beanständete Hymne spielte, war die Tür ins Nachbarzimmer geschlossen. Zeugin: Fräulein Franzke. Wenn das Spiel wenigstens in Anfang trotzdem gehört wurde, so läßt sich dies nur so erklären, daß damals auf der Straße kein Fuhrwerk fuhr. Herr Teicht spielte keineswegs mit übermäßig starkem Anschlag.
Es wurde nur gespielt, nicht aber gesungen. Wieso man da dem Herrn Teicht vorwerfen kann, er habe das Gott erhalte! gespielt, ist unbegreiflich. Teicht hat als österreichischer Staatsbürger nicht entfernt an den alten Text, sondern an den Kernstockschen Text Sei gesegnet ohne Ende! gedacht. Das ergibt sich schon daraus, daß Teicht von diesem Text zwei verschiedene Exemplare besaß, die ich gleichfalls der Landesbehörde zur Verfügung gestellt habe.
Wenn behauptet wird, Teicht habe das alte Gott erhalte! gespielt, dann maß der direkte Beweis hiefür von seinen Anklägern erbracht werden.
Teicht gilt allgemein als ruhiger, besonnener Mann, dem die Absicht ganz ferne lag, ein Lied zu spielen, das vielleicht Anstoß erregen könnte.
Teicht wußte, daß ihm gegenüber das Polizeikommissariat liegt. Daß er trotz dieser Nähe die Melodie spielte, beweist, daß ihm eine böse Absicht ferne lag. Teicht weiß als intelligenter Mann, daß er durch eine Ungesetzlichkeit nicht nur sich und seinen hier liegenden Besitz, sondern auch seinen Vater gefährden könnte, der in Znaim als pensionierter Polizeiinspektor lebt.
Die Bestrafung und Ausweisung Teichts erregte nicht nur in Znaim, sondern auch in Österreich und weit darüber hinaus grobes Aufsehen, zumal der Vorfall just zu einer Zeit geschah, da in Genf Außenminister Dr. Beneš mit dem österreichischen Bundeskanzler Dr. Schober darüber beratschlagte, wie das Verhältnis beider Staaten inniger gestaltet werden könnte. Mit vollem Recht ist darauf zu verweisen, daß es öfter denn einmal vorgekommen ist, daß in Österreich Sokoln, die tschechoslovakische Staatsbürger waren, ungehindert die tschechoslowakische Staatshymne gesungen haben.
Die Unterzeichneten stellen an Sie, Herr Minister, die Frage: Billigen Sie das Vorgehen gegen T eicht?
Prag, am 25. September 1930.
Zajièek,
Oehlinger, Dr. Mayer-Harting, Dr. Luschka, Szentiványi, Nitsch, Dr. Keibl, Fedor, Hokky, Dr. Szüllö, Dobránsky, Dr. Jabloniczky, Dr. Holota, Dr. Törköly, Fritscher, Dr. Petersilka, Greif, Krampe, Bobek, Scharnagl, Kunz.
Pùvodní znìní ad 675/V.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Luschka und Genossen
an den Minister für auswärtige Angelegenheiten,
betreffend die Minderheitendebatte in Genf.
Laut übereinstimmender Mitteilungen der Presse hat der Herr Minister für auswärtige Angelegenheiten am 19. ds. Mts. in Genf in die allgemeine Minderheitendebatte der Völkerbundversammlung eingegriffen und dort eine Rede zu diesem Thema gehalten. Die bisherigen Mitteilungen hierüber sind nicht nur unvollständig, sondern haben auch bereits zu den verschiedensten Deutungen und Auffassungen Anlaß gegeben. Mit Rücksicht auf die unleugbare Bedeutung der Minderheitenfrage für die gesamte Öffentlichkeit des Staates und die Wichtigkeit der diesbezüglicher Stellungnahme unserer Regierung vor dem internationalen Forum des Völkerhundes stellen die Gefertigten an den Herrn Minister die Anfrage ob er gewillt ist den offizielen Text seiner Ausführungen zur Kenntnis der Abgeordnetenkammer gelangen zu lassen.
Prag, am 25. September 1930.
Dr. Luschka,
Oehlinger, Krumpe, Dr. Mayr-Harting, Scharnagl, Dr. Keibl, Knirsch, Fedor, Dobránsky, Hokky, Prause, Kasper, Dr. Petersilka, Greif, Dr. Hassold, Zajièek, Fritscher, Bobek, Kunz, Dr. Hanreich, Simm, Dr. Szüllö.
Pùvodní znìní ad 675/VI.
Interpellation
des Abgeordneten Höhnel und Gen.
an den Minister des Innern
wegen Ausweisung des Sekretärs Rudolf Weber aus dem Bezirke Deutsch-Gabel durch die Bezirksbehörde in Deutsch-Gabel.
Die Bezirksbehörde in Deutsch-Gabel hat am 29. August d. J. den Sekretär der kommunistischen Partei Rudolf Weber aus dem Gebiete des politischen Bezirkes Deutsch-Gabel auf die Dauer von 3 Jahren ausgewiesen. Als Begründung wird von der politischen Behörde eine Arreststrafe von 24 Stunden wegen Übertretung des Vereinsgesetzes und die angebliche Gefärdung der öffentlichen Ruhe angeführt.
Dieser Fall beweist, daß der faschistische Staatsapparat alle, selbst die nichtigsten Vorwände dazu benützt, um gegen die Vertreter der Arbeiter und die Funktionäre der kommunistischen Partei vorzugehen.
Der Fall des Rudolf Weber ist ja doch besonders bezeichnend für den reaktionären Geist im staatlichen Machtapparat. Weber hat seine ganze Kraft in den Dienst der unterdrückten und ausgebeuteten Arbeiter des Deutsch-Gabel Bezirkes gestellt und deshalb wurde er ausgewiesen.
Wir fragen den Herrn Minister des Innern:
1. Ist ihm dieser Fall der Ausweisung bekannt?
2. Welche Stellung nimmt der Herr Minister zu dieser Ausweisung ein?
3. Ist der Herr Minister bereit diese Ausweisung sofort rückgängig zu machen?
4. Ist der Herr Minister bereit die Beamten der politischen Bezirksverwaltung in D.-Gabel wegen der Ungesetzlichkeit dieser Ausweisung zur Verantwortung zu ziehen.
Prag, den 25. September 1930.
Höhnel,
Major, Rjevaj, Hadek, Kopecký, Èižinská, Gottwald, Novotný, Dvoøák, Kuhn, Steiner, Štìtka, Juran, Kliment, Babel, Hrubý, Barša, Hodinová, Krosnáø, Zápotocký, J. Svoboda.
Pùvodní znìní ad 675/VII.
Interpellation
des Abgeordneten Josef Geyer und Genossen
an den Minister für Post- und Telegraphenwesen
in der Angelegenheit der Degradierung des Postamtes Arnau a. Elbe durch Überreihung aus der Klasse I. in die Klasse II.
Seit mehreren Jahren bemüht sich ein Èeche namens Øíha darum, als Postmeister nach Arnau zu kommen, da er als Ehegatte der Tochter eines in Proschwitz bei Arnau wohnhaften Müllers ein großes Interesse daran hat. Dieses Ziel sucht er auf allen möglichen Wegen zu erreichen. So wollte er auch schon vor etwa zwei Jahren den dortigen allseits beliebten Postdirektor, Herrn Hugo Cihláø, auch einen Èechen, verdrängen. Durch dessen und der Stadtgemeinde Arnau Bemühungen wurde aber dieser Anschlag abgewehrt und durchgesetzt, daß mit Erlaß des Postministeriums vom 4. Dezember 1929, Zl. 42.805-I ex 29 das Postamt Arnau in die I. Klasse mit 14 systemisierten Beamtenstellen übersetzt worden ist.
Nun hat Herr Postdirektor Cihláø aus Gründen des Alters und der Krankheit um seine Versetzung in den Ruhestand angesucht und da beginnt auch gleich wieder die Arbeit des Herrn Øíha. Da ihm die nötige Vorbildung fehlt und er doch als Postmeister nach Arnau kommen will, hat er vor allem ein Interesse daran, durch Eingaben an das Postministerium und an Abgeordnete nachzuweisen, daß für das Postamt in Arnau a. Elbe die Klasse I. mit einem Vorstand mit Mittelschulbildung nicht erforderlich ist, sondern die Klasse II. (Postmeisterstelle) genügt, was nicht nur eine Verringerung des Personalstandes im allgemeinen, sondern auch den Verlust der 3 Beamten mit Mittelschulbildung zur Folge hätte.
Diese Degradierung zum Postamte II. Klasse ist nunmehr trotz mündlicher und schriftlicher Proteste mit Wirksamkeit vom 1. August 1930 erfolgt, wie einer im Anfang Juli d. J. nach Prag entsandten Deputation bedeutet worden ist.
Für diese Degradierung können sachlich Gründe nicht angeführt werden, denn die Zahl der systemisierten Beamtenstellen bei Postämtern wird nach der Zahl der Arbeitseinheiten während eines Jahres festgesetzt, wobei als eine Arbeitseinheit jede Einschreibesendung, jedes Telephongespräch usw. angesehen wird.
Das Postamt Arnau war seit jeher ein ärarisches Postamt, an dessen Spitze immer ein Vorstand mit Mittelschulbildung war, was dem heutigen Begriffe Postamt I. Klasse entspricht.
Vor etwa 3 oder 4 Jahren wurde unter der Ära des Postministers Dr. Franke das Postamt Arnau neben anderen Postämtern in die II. Klasse zurückversetzt, weil angeblich die erforderliche Zahl von Arbeitseinheiten nicht zusammengekommen war. Mit Erlaß vom 4. Dezember 1929 hat das Postministerium jedoch - allerdings unter einem anderen Postminister nach eingehenden Erhebungen und genauer Prüfung des Verkehrs das Postamt Arnau mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1930 in die I. Klasse befördert. Die Folge davon war die Vermehrung von Arbeitskräften, die mit Rücksicht auf die physische und geistige Überanstrengung der Beamten auch dringend geboten war.
Seit Dezember 1929 - also seit Herr Dr. Franke wiederum Postminister ist - wird an der Degradierung des Postamtes Arnau abermals gearbeitet. Schon im Jänner 1930 hat der Sektionsrat Dr. Mimra, Prag, durch etwa 30 Stunden den Verkehr beim Postamt bei Tag und auch während der Nachtstunden beobachtet, und ist zur Überzeugung gekommen, daß der größte Verkehr 14 systemisierte Dienststellen erfordert, daher die Klasse I. begründet und gerechtfertigt ist. Diese Erhebungen haben offenbar den Absichten der stillen Protektoren des Herrn Øíha nicht entsprochen. Denn einige Wochen später erschien ein gewisser Herr Dr. Lechner, der nur 4 Stunden beim Postamte Arnau Beobachtungen angestellt und in dieser kurzen Zeit angeblich festgestellt hat, daß eine Rückversetzung in die II. Klasse mit einer geringeren Anzahl systemisierter Beamtenstellen begründet erscheint.
Offenbar entsprach diese Erhebung besser den Intentionen der schon erwähnten Protektoren. Denn trotz sofort eingesetzer mündlicher und schriftlicher Ersuchen und Proteste der Gemeinde Arnau wurde nunmehr die Degradierung mit Wirksamkeit vom 1. August 1930 mit 13 systemisierten Stellen gegenüber den früheren 14 Stellen verfügt und es wurden auch bereits 2 Beamte (jüngere èechische Kräfte) abgezogen. Diese Degradierung müßte bei objektiver Behandlung nur mit einem Rückgang der Arbeitseinheiten, also des Verkehrs, begründet werden. Dies ist aber nicht möglich, weil aus den Arbeitsausweisen ein stetes Steigen der Arbeitseinheiten hervorgeht.
Es sind daher nicht sachliche Gründe für die Degradierung entscheidend gewesen, sondern einzig und allein politische Gründe. Denn der Aspirant auf das Arnauer Postamt, Herr Øíha, gehört der èechischen nationalsozialistischen Partei an: ebenso der im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit genannte Abgeordnete Bergmann, der auch Vorsitzender der Gewerkschaft der èechischen Postler ist, und schließlich gehört auch der Herr Postminister Dr. Franke dieser Partei an. Aus der sich ergebenden Kette muß geschlossen werden, daß die Angelegenheit des Arnauer Postamtes zu einem Politikum gemacht wird, das mit allen Mitteln bekämpft werden muß, vor allem deshalb, weil dadurch am meisten das Postamt Arnau, der Verkehr daselbst und die Bevölkerung von Arnau zu leiden hat. Denn sowohl die deutsche, wie auch die èechische Bevölkerung von Arnau lehnt den Herrn Øíha als Postmeister einstimmig ab, weil er äußerst unbeliebt ist. Diese Vermutung drängt sich auch deshalb auf, weil das, was am 4. Dezember 1929 begründet erschien, nun auf einmal gestürzt werden soll. Der als wahrscheinlich zu erwartenden Einwendung von den beabsichtigten notwendigen Sparmaßnahmen muß damit begegnet werden, daß gleichzeitig andere Postämter von der III. in die II. Klasse befördert werden, was wohl nicht immer mit einer Personalvermehrung verbunden sein muß, was aber in fast allen Fällen eine Beförderung des Amtsleiters zur Folge hat. Es drängt sich daher die Frage auf, warum die Sparmaßnahmen gerade in Arnau a. E. angewendet werden sollen.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Minister für Post- und Telegraphenwesen die Anfrage:
1. Ist der Herr Minister bereit, die aus politischen Gründen erfolgte Degradierung des Postamtes Arnau aufzuheben und die Wiedereinreihung aus den angeführten sachlichen Gründen von der II. in die I. Klasse mit beschleunigter Wirksamkeit anzuordnen?
2. Ist er bereit, in der Folge dieser Anordnung den früheren Stand an systemisierten Stellen wieder herzustellen?
Prag, den 22. September 1930.
Geyer,
Dr. Jabloniczky, Knirsch, Horpynka, Dr. Hanreich, Dr. Hassold, Hokky, Szentiványi, Dobránsky, Dr. Törköly, Dr. Keibl, Ing. Kallina, Dr. Schollich, Kasper, Krebs, Schubert, Ing. Jung, Köhler, Simm, Dr. Szüllö, Matzner, Fedor, Nitsch, Dr. Holota.