Pùvodní znìní ad 658/IV.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich und Genossen

an den Vorsitzenden der Regierung

und den Innenminister,

betreffend die beabsichtigte Errichtung von landwirtschaftlichen Bezirksvorschußkassen auch in Mähren und Schlesien.

Einem Rundschreiben des Ministeriums des Innern an alle Bezirksbehörden ist zu entnehmen, daß die Regierung sich mit der Absicht trägt, auch in Mähren und Schlesien die bestehenden Kontributionsvorschußkassen, ähnlich wie es in Böhmen durch Gesetz vom 6. Juni 1924 Sg. d. G. u. V. 128 geschehen ist, in landwirtschaftliche Bezirksvorschußkassen umzuwandeln. Gegen diesen Versuch müssen sofort und rechtzeitig die schwersten Bedenken vorgebracht werden.

Die Kontributionsvorschußkassen in Mähren verwalten das szt. nach Auflösung der Gemeindespeicher verbliebene Vermögen. Diese Fonds gewähren in erster Reihe ihren Teilhabern Darlehen. Der Reinertrag soll unter die Teilhaber verteilt werden, was infolge der Zerstückelung der ehemaligen großen Wirtschaftkomplexe auf unbedeutende Teile heute fast unmöglich ist. Wenn auch dies möglich wäre, würde unter diesen Umständen auf einen Einzelnen nur oft einige Heller entfallen.

Bei der vorhandenen großen Zahl an Raiffeisenkassen und Vorschußkassen ist ja auch die Bedeutung und die Tätigkeit der Kontrioutionsfonde ganz unbedeutend, da nur einige die Bewilligung zur Entgegennahme von Einlagen erwirkt und dadurch ihre Tätigkeit erweitert haben. In letzter Zeit wurden in agrarischen Kreisen mit Recht Stimmen laut, diese Fonds zweckmäßig und zeitgemäß zu verwerten. Wenn sie aus dem Bodenerträge herrühren, so sollten sie dem Boden zur Steigerung seines Ertrages wieder zu Gute kommen, daher am besten zur Melioration, Bewässerung usw. verwendet werden. Zu diesem Zwecke könnte z. B. ein Kleinlandwirtschaftsfond errichtet werden oder die Beträge könnten einem anderen landwirtschaftlichen Fonds zugeführt werden.

Der Verband der landwirtschaftlichen Bezirksvorschußkassen in Prag bemüht sich jedoch bei der Regierung, aus diesen Kontributionsvorschußkassen landwirtschaftliche Bezirksvorschußkassen zu machen. Hierzu wäre Folgendes zu bemerken:

Auf Grund der Statistik wirken in Mähren:

1352 Raiffeisenkassen,

751 Bauern-, bürgerliche und gewerbliche Vorschußkassen,

115 Sparkassen,

8 Banken mit einem dichten Filialennetz, so daß die agrarische Bevölkerung schon jetzt genügend Auswahl hat, bei welcher Anstalt sie Geld einlegen oder ausborgen kann.

Wenn heute in Mähren und Schlesien unter den Geldanstalten bei der Entgegennahme von Einlagen eine solche Konkurrenz besteht, daß die Spitzenorganisationen aller Geldanstaltsgattungen darüber beraten, wie diese Frage geregelt werden soll, so kann wohl weiters auch gesagt werden, daß durch die Errichtung von landwirtschaftlichen Bezirksvorschußkassen m Mähren und Schlesien die erwähnte Einlagekonkurrenz nicht gemildert, sondern im Gegenteil noch mehr verschärft werden dürfte, wie ja auch die Errichtung solcher Kassen in Böhmen nach dem Gesetze vom 6. Juni 1924 nicht zur Konsolidierung der analogen Verhältnis: e in Böhmen beigetragen hat.

Die Raiffeisenkassen und Vorschußkassen sind größtenteils landwirtschaftliche, daher für die Provinz errichtete Anstalten. Aus der oben angeführten Statistik geht hervor, daß genügend landwirtschaftliche Geldanstalten bestehen. Es würde lediglich die Zahl der politisierten Geldanstalten noch erhöht werden, obzwar volkswirtschaftliche Interessen das Wirtschaftsleben zu deren Verminderung nötigen. Die Regierung fördert nach Kräften die Fusionen von Geldanstalten, um eine Verminderung der Regie zu erzielen, da nur durch eine Einschränkung der Regie eine Herabsetzung des Zinsfußes von den gewährten Krediten erzielt werden kann, was gewiß auch der Wunsch der Regierung ist.

Es wäre daher eine wirtschaftlich ungesunde Erscheinung, wenn eine weitere überflüssige Vermehrung der Geldanstalten eintrete.

Wenn es sich darum handeln würde, daß die Kontributionsfonde, die bisher keine Einlagen entgegennehmen, die Ausdehnung ihrer Tätigkeit in der Richtung anstreben, weitere Mittel zum Geschäftsbetriebe durch die Entgegennahme von Einlagen zu gewinnen, so wäre dies ihre eigene Angelegenheit.

Der Verband der landwirtschaftlichen Bezirks- Vorschußkassen ersucht jedoch nach dem böhmischen Muster, daß die Bezirke die Haftung für die landwirtschaftlichen Bezirks- Vorschußkassen, die mit dem Bezirke außer der Bezeichnung "Bezirks" nichts Gemeinsames haben, übernehmen.

Mit Nachdruck muß hier gefragt werden, ob die Bezirke, allenfalls die anderen Territorialverbände dazu da sind, um die Haftung für Privatunternehmungen politischer Parteien zu übernehmen, ohne daß den Bezirken der Gewinn zufällt, während sie andererseits für die Verluste haften ohne die Möglichkeit zu haben, durch eine ordnungsmäßige Verwaltung allfällige Verluste einzuschränken?

Es ist nicht Aufgabe der Bezirke, die Haftung für Privatunternehmungen zu übernehmen. Mit demselben Rechte könnten dann alle Lebensmittel-, Wohnungs-, Erzeugungs- und andere Genossenschaften, sowie Handels- und Industrie, Aktiengesellschaften politischer Parteien die Erlassung eines Gesetzes verlangen, daß der Bezirk auch für diese die Haftung übernehmen kann. Bei einem Gesetze muß Gerechtigkeit vorausgesetzt werden und daher müßte dann auch die Haftung des Bezirkes für Unternehmungen von Einzelpersonen zugelassen werden, die ebenfalls Risiko und Konjunkturverluste, daher unverschuldete Verluste haben, die sie schwerer ertragen können als Korporationen.

Aus dem Gesagten geht hervor, daß bei einer sachlichen und gerechten Beurteilung dieser Frage in Mähren kein neues Gesetz erlassen werden kann, wonach Bezirke für Unternehmungen, die ihnen nicht gehören, haften sollen.

Die Sparkassen gewähren hauptsächlich langfristigen Hypothekarkredit, daher insbesondere auch auf landwirtschaftliche Liegenschaften. Außerdem können sie Landwirten auch Wechselkredite gewähren.

In Mähren und Schlesien befindet sich nicht nur Sparkassen am Sitze der Bezirksämter, deren es 53 gibt, sondern auch in jeder etwas größeren Stadt, da insgesamt 116 Sparkassen bestehen. In den Provinzorten pflegt keine Industrie zu sein, so daß dort bei den Sparkassen das landwirtschaftliche Element vorherrscht. In jeder Stadt, die Sitz des Bezirksamtes ist, befindet sich nicht nur 1 Sparkasse, sondern auch in der Regel einige Vorschußkassen und Bankfilialen, so daß nicht nur genügend, sondern zu viele Anstalten bestehen. In den Ländern Mähren und Schlesien bestehen nach der amtlichen Statistik zusammen 3325 Gemeinden, hiervon 126 Städte und 222 Marktflecken. Die Zahl der Geldanstalten beträgt 2219, so daß auf jede 3 Gemeinden durchschnittlich 2 Geldanstalten entfallen. Im Sprengel jedes Bezirksamtes bestehen durchschnittlich 42 Geldanstalten.

Die herrschende allgemeine Wirtschafts- und daher auch Landwirtschaftskrise macht sich dadurch bemerkbar, daß die agrarischen Kreise jetzt mehr borgen, als einlegen. Bei der großen Zahl an Raiffeisenvorschußkassen, größtenteils landwirtschaftliche Geldanstalten hätte die Errichtung von landwirtschaftlichen Bezirks- Vorschußkassen in Städten unter Bezirkshaftung keine andere Bedeutung, als die Stärkung des politischen Parrteiwesens, was das Wirtschaftsleben beunruhigen würde. Dies wäre weder im öffentlichen, noch volkswirtschaftlichen Interesse gelegen.

Daher fragen die Gefertigten den Vorsitzenden der Regierung und den Innenminister, ob sie bereit sind, aus diesen sachlichen und wirtschaftlichen Gründen heraus die Gründung eigener landwirtschaftlicher Bezirksvorschußkassen für Mähren und Schlesien hintanzuhalten und die Kontributionsfonde einem zeitgemäßen landwirtschaftlichen Zwecke zuzuführen?

Prag, den 16. September 1930.

Dr. Schollich,

Dr. Keibl, Schubert, Geyer, Dobránsky, Nitsch, Dr. Jabloniczky, Dr. Holota, Fedor, Krebs, Ing. Jung, Simm, Kasper, Ing. Kallina, Dr. Hanreich, Horpynka, Matzner, Dr. Hassold, Knirsch, Dr. Szüllö, Köhler, Hokky, Szentiványi, Dr. Törköly.

 

Pùvodní znìni ad 658/XII.

Interpellation

des Abgeordneten Josef Geyer und Genossen

an den Eisenbahnminister

in Angelegenheit eines durch Fahrlässigkeit verursachten Unfalles im Bereiche der Station Jechnitz.

Am 18. August d. J. gegen 1 Uhr mittags fuhr der im 19. Lebensjahr stehende Fleischhauressohn Franz Steiner aus Jechnitz mit seinem 11jährigen Bruder Fritz auf einem Fleischerwagel, auf welchem sich zwei Schweine befanden, das von einem frommen Pferde gezogen wurde, auf der Staatsstraße von Tlesko nach Jechnitz. Schon in der Stadt, wo die Straße das Geleise der Lokalbahnlinie Rakonitz - Petschau kreuzt, kann man, wenn man von der Brettsäge herkommend, gegen die Stadt geht oder fährt, die Geleisstrecke vom Bahnhof bis zur Überfahrt nicht sehen, so daß Steiner mit seinem Wagen bereits auf dem Geleise stehend, erst den herannahenden Zug bemerkte.

Der Zug, ein Lastzug mit bloß 4 Wagen, hatte entgegen den bestehenden Vorschriften keinerlei Signal durch Pfeifen gegeben, wie es vorgeschrieben ist, wenn ein Zug einen nicht gesicherten Übergang passiert. Hierin liegt die Hauptursache des sich ereignenden Unfalles, denn wäre dies der Fall gewesen, so wäre Steiner aufmerksam geworden und wäre mit seinem Wagen vor dem Geleise noch stehen geblieben.

Der Zug war übrigens kein fahrplanmäßiger, so daß selbst die Ortskundigen mehr oder weniger überrascht, sich nicht darnach richten konnten. Als Steiner das Geleise passierte, begann die Lokomotive, wie es bei Bergauffahrten immer der Fall ist, zu pusten, wodurch das Pferd beängstigt wurde, stehen blieb und zu zappeln anfing. In diesem kritischen Augenblick, den auch bei einiger Aufmerksamkeit der Lokomotivführer nicht übersehen konnte, tat derselbe nichts, um den Zug zum Halten zu bringen, sondern fuhr weiter und in den Wagen hinein. Der Wagen wurde zertrümmert und dadurch das Pferd frei, das davonraßte und den die Zügel haltenden Franz Steiner nach vorne mitriß, so daß dieser dem Überfahrenwerden entging. Er fiel in den Graben neben der Straße, während der kleine Fritz durch den Zusammenprall nach rückwärts geschleudert wurde und in den Bereich der Kolbenstange der Lokomotive zu fallen kam, von der er erfaßt und mitgeschleift wurde. Der ältere Bruder Franz erhob sich rasch aus dem Graben und als er seinen Bruder an der Lokomotive des fahrenden Zuges hängend erblickte, lief er diesem nach und zog den Bruder aus dem noch immer fahrenden Zuge heraus. Franz Steinkrug gemeinsam mit Rudolf Schuttes aus Jechnitz seinen Bruder in die Wohnung des letzteren, wo er zunächst verbunden und mittels Auto in das Podersamer Spital überführt wurde. Den rechten Arm und den rechten Fuß hat er eingebüßt. Der rechte Fuß des verunglückten Kindes war erst einige Schritte vom Bahnübergang entfernt gelegen. Der Rechte Arm war bis zur Schulter auf Brei zerquetscht, so daß er im Schultergelenke ausgelöst werden mußte und nicht der geringste Stummel mehr übrig blieb. Die Strecke, auf der Fritz Steiner von der fahrenden Lokomotive geschleift wurde, bis es dem Bruder gelang, ihn von der Kolbenstange zu lösen, wurde mit 42 Metern von der Bahnkommission ausgemessen. Wenn man bedenkt, daß der vom Pferde mitgerissene größere Bruder erst zur Besinnung kommen mußte, dann aus dem Graben aufsprang, dem fahrenden Zug nachlaufen konnte, wobei er noch einige Male stolperte, so findet man kein en Ausdruck dafür, daß der Lokomotivführer nicht mit der Maschine gehalten hat, als er das Unglück bemerkte. Bezeichnend für die Fahrlässigkeit ist der Umstand, daß der Zug verhältnismäßig langsam fuhr, weil er erst im Ausfahren aus der Station war, dort auch die Steigung der Strecke beginnt und daß das rasche Abbremsen eines verhältnismäßig kurzen Zuges von 4 Wagen auf kürzeste Entfernung gelingt, wenn der Wille dazu da ist. Und an diesem Willen, ein Unglück zu verhindern, scheint es gefehlt zu haben, was der gegenüber der entrüsteten Bevölkerung geäußerte Ausspruch des Maschinenführers zeigt: "Wegen zwei Toten geht es weiter!" Diese Äußerung wollte man in das Protokoll nicht aufnehmen und erst über Drängen der Zeugen ist sie verzeichnet worden, wurde aber vom Maschinenführer nachträglich umgedeutet, er habe gemeint, wegen zweier toten Schweine. Jedenfalls spricht aus dieser Äußerung nicht die blasseste Spur von Verantwortungsgefühl und Mitgefühl, sondern ein hohes Maß zynischer Roheit. Denn der Zusammenstoß wäre ganz gut vermeiden gewesen, wenn der Zug rechtzeitig abgebremst worden wäre, denn er war vom Wagen noch ziemlich entfernt; es ist ein entschiedenes Verschulden des Maschinenführers, wenn er nach dem Zusammenprall noch 42 Meter weiterfuhr und erst hielt, als das bedauernswerte Kind der Lokomotive bereits entrissen war.

Es ist im höchsten Grade bezeichnend, daß der Zugführer zu Protokoll gegeben hat, daß er gesehen habe, wie der verwundete Fritz Steiner auf Händen und Füßen gegen die Bahnhofrestauration gehüpft ist, welche Unmöglichkeit aus dem Grade der Verletzung und aus der Tatsache, daß er getragen werden mußte, hervorgeht, so daß mit dieser Aussage der Tatbestand verwischt werden sollte.

Nicht weniger als 8 Zeugen sind bereit, die Richtigkeit dieser Angaben zu bestätigen oder haben es bereits protokollarisch getan, wenn gleich man damit rechnen muß, daß ihre Angaben nicht der gleichen Objektivität begegnen werden, wie die Ausflüchte und Ausreden des beteiligten Personals.

Hinweise der Gendarmerie gegenüber den Zeugen, ja selbst Drohungen mit dem Schutzgesetz, lassen erkennen, daß man die Bevölkerung, insbesondere die schwerbetroffene Familie einschüchtern will.

In diesem Zusammenhänge muß auf einen vorausgegangenen nur etwas glimpflicher verlaufenen Unfall an der gleichen Stelle verwiesen werden. In der ersten Augustwoche wäre der Kutscher des Franz Laurer in Kotìschau mit dem Zuge auf derselben Stelle zusammengefahren, wenn es ihm nicht gelungen wäre, die Pferde rechtzeitig herumzureisen und die Pferde auch pariert hätten.

Am 16. August entging ein Auto knapp dem Zusammenprall.

Am 20. August hätte derselbe Zug einen Leiterwagen mit Hopfenpflückern überfahren, wenn es dem Kutscher nicht gelungen wäre, die scheuenden Pferde in den Straßengraben zu reißen.

Am 15. September wäre bei der Samzmühle ein Militärauto bei der Straßenübersetzung vom Motorzug bald überfahren worden.

In all diesen Fällen ist erwiesen, daß vor Erreichung der Straßenkreuzung das vorgeschriebene Signal nicht gegeben wurde. Bezüglich des rechtzeitigen Anhaltens des Zuges sei auf die Beobachtungen der Bevölkerung verwiesen, die wiederholt konstatieren konnte, daß die Züge zwischen Vorstehen und Jechnitz auf offener Strecke hielten, um Schwämme- und Beerensucher aus Rakonitz und Kladno ein- und aussteigen zu lassen.

Nach dem bürgerlichen Gesetze und nach den Bestimmungen über motorische Fahrzeuge haftet jeder Besitzer von Transportmitteln, also jeder Fuhrwerken, Rad- oder Motorfahrer oder Automobilist für den Schaden, der aus Unachtsamkeit oder Fahrlässigkeit des Führers des Transportmittels erwächst. Es wäre hoch an der Zeit, wenn auch die Eisenbahnverwaltung, die als kaufmännisches Unternehmen der allgemeinen Rechtslage sich nicht entziehen kann, ohne in Gegensatz mit der geltenden Rechtsanschauung zu kommen, alles vorkehren und veranlassen würde, um die in letzter Zeit immer höher anschwellende Flut von Verkehrsunglücken- und Unfällen einzudämmen und angerichteten Schaden nach bestem Vermögen gutzumachen. Insbesondere muß auch auf den stark frequentierten Straßenübergängen - hier in Jechnitz handelt es sich um die stark frequentierte Staatsstraße nach Prag - der Lokalbahnen die Sicherung durch Verkehrsschranken als unaufschiebbar bezeichnet werden. Auch wenn der gegenwärtige Gesetzeszustand die strikte Verpflichtung für die Bahnverwaltung der Lokalbahnen angeblich nicht kennt. Zumindenstens muß vom Zugpersonal die Einhaltung der Signal- und Warnungsvorschriften und größte Aufmerksamkeit an solchen gefährlichen Stellen verlangt werden, um Unfälle nach menschlicher Voraussicht möglichst überhaupt auszuschalten.

Auf Grund der geschilderten Einzelheiten stellen die Gefertigten an den Herrn Minister die Anfrage:

Ist er bereit:

1.) Über den am 18. August d. J. erfolgten Unfall des Franz und Fritz Steiner aus Jechnitz eine strenge Untersuchung durchzuführen und die Schuldigen entsprechend zur Rechenschaft zu ziehen und zu bestrafen?

2.) Den geschädigten Fritz Steiner, der für sein ferneres Leben durch den Verlust des rechten Armes und des rechten Fußes ein Krüppel und dauernd erwerbsunfähig geworden ist, außer den Heilkosten eine Rente zuzuerkennen?

3.) Erneut dem Personal größte Wachsamkeit und Umsicht bei Beachtung aller vorgeschriebenen Warnungszeichen bei derartigen Straßenüberquerungen neuerdings einzuschärfen und Maßnahmen durchzuführen, daß auch frequentierte Straßenübergänge an Lokalbahnen ausreichenden Schrankenschutz wie bei Hauptbahnen erhalten?

Prag, den 22. September 1930.

Geyer,

Dr. Keibl, Schubert, Krebs, Ing. Jung, Simm, Knirsch, Kasper, Horpynka, Köhler, Dr. Hassold, Ing. Kallina, Dr. Hanreich, Dr. Schollich, Matzner, Fedor, Dr. Holota, Nitsch, Szentiványi, Dr. Jabloniczky, Dr. Törköly, Dr. Szüllö, Dobránsky, Hokky.

 

Pùvodní znìní ad 658/XIII.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Othmar Kallina und Genossen

an den Minister für Post- und Telegraphenwesen

in Angelegenheit des haarsträubenden Vorgehens des Postmeisters Franz Serbousek in Luditz, unter dessen Leitung das Briefgeheimnis aufgehoben wurde.

Unter dem gleichen Titel wurden mit zahlreichen Protokollen belegte Interpretationen (Druck 1122/XX und 1205/I) in der zweiten Wahlperiode eingebracht, in welchen der begründete Vorwurf erhoben wurde, daß sich der genannte Postmeister schwerer Verletzungen gegen seine Amtspflichten schuldig gemacht habe, ohne das diesbezüglich von amtswegen gegen diesen eingeschnitten worden wäre.

In der Antwort des Ministers für Post- und Telegraphenwesen, die unter parlamentarischem Druck 2255/X erschienen ist, heißt es u. a. wörtlich:

Über alle gegen Serbousek erhobenen Beschuldigungen haben wir sofort sorgfältige Erhebungen eingeleitet. Beim Bezirksgerichte in Petschau wurde inzwischen gegen Serbousek das Strafverfahren wegen Übertretung des § 1 des Gesetzes vom 6. April 1870, Reichsgesetzblatt Nr. 42, (Gesetz zum Schutze des Briefgeheimnisses), beim Kreisgerichte in Eger sodann das Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 101 des Strafgesetzes eingeleitet. Das erste der genannten Strafverfahren endete mit einem freisprechenden Urteile, das zweite wurde nach § 90 Strafgesetzes eingestellt. Ebenso haben unsere Erhebungen (also die ministeriellen Erhebungen) über die gegen Serbousek erhobenen Beschuldigungen erwiesen, daß Serbousek sich der ihm zur Last gelegten Handlungen nicht schuldig gemacht hat. Ich habe somit keinen Anlaß, gegen den Postrevidenten Franz Serbousek, Postmeister in Luditz, irgendwie einzuschreiten.

Der Minister für Post- und Telegraphenwesen.

Bereits während der Verhandlungen über den Staatsvoranschlag 1930 nahm der Interpellant die Gelegenheit wahr, im Budgetausschusse, und zwar im Verlaufe der Generaldebatte, auf diese mehr als eigenartige Antwort des Ministeriums hinzuweisen. Zur Begründung wurde der Wortlaut des Gerichtsurteilen des Bezirksgerichtes Petschau vom 24. Dezember 1929 angeführt, welches u. a. lautet:

"Urteil im Namen der Republik!

Das Bezirksgericht in Petschau hat in der Strafsache gegen František Serbousek wegen Übertretung der Verletzung des Briefgeheimnisses gemäß § 1 des Gesetzes vom 6. April 1870 zu Recht erkannt:

Der Punkt IX. des Urteiles hat folgenden Wortlaut:

Im März 1926 wurde ein, an den Pfarrer Uhlig in Luditz adressierter Brief vom Beklagten (also Postmeister Serbousek) zurückgehalten, geöffnet, gelesen und dann für die Zustellung treib gegeben. Diese Tat ist durch die Zeugen: Postadjunkt Hoyer, Postbeamtin Grana (im Original: Granovou) und besonders durch den Briefträger Viehmann bewiesen. Der Angeklagte hat sich damit der Übertretung des § 1 (Verletzung des Briefgeheimnisses) schuldig gemacht. Da aber der Angeklagte diese Straftat bereits im März 1926 begangen hat und die Strafanzeige erst am 24. Juni 1927 erstattet wurde, ist unterdessen die Verjährung dieser Übertretung eingetreten."

Aus dieser Feststellung geht hervor, daß der gerichtliche Freispruch, obwohl die Verletzung des Briefgeheimnisses durch Postmeister Franz Serbousek einwandfrei erwiesen wurde, nur wegen Verjährung erfolgt ist. Es ist daher vollkommen unbegreiflich, wie das Ministerium in seiner Interpellationsbeantwortung zu der Feststellung kommen konnte, daß "die ministeriellen Erhebungen über die gegen Serbousek erhobenen Beschuldigungen, als auch die gleichzeitig durchgeführten Strafverfahren ergeben haben, daß Serbousek sich der ihm zur Last gelegten Handlungen nicht schuldig gemacht hat."

Wie erhoben wurde, übt Postmeister Serbousek, trotzdem der Interpellant in Anwesenheit zweier Minister im Budgetausschusse diesen Vorfall und den Wortlaut des Gerichtsurteilen zur Kenntnis gebracht hat, noch immer seinen Dienst in Luditz aus.

Die Unterzeichneten fragen daher an, ob der Herr Minister bereit ist, auf Grund dieses Sachverhaltes neue Erhebungen zu pflegen und alles vorzunehmen, um auf Grund der bei Gericht gemachten Feststellungen endlich gegen den Postmeister Franz Serbousek einzuschreiten?

Prag, den 22. September 1930.

Ing. Kallina,

Dr. Hanreich, Horpynka, Matzner, Dr. Schollich, Ing. Jung, Geyer, Kasper, Schubert, Dr. Holota, Szentiványi, Nitsch, Hokky, Dr. Jabloniczky, Dobránsky, Dr. Törköly, Köhler, Knirsch, Dr. Szüllö, Krebs, Simm, Fedor, Dr. Hassold, Dr. Keibl.


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