Pùvodní znìní ad 628/XVII.
Interpellation
des Abgeordneten Ing. Othmar Kallina und Genossen
an den Minister für nationale Verteidigung
im Angelegenheit der dringend notwendigen Berücksichtigung der zur Abdienung von Waffenübungen einberufenen Angehörigen des Handels- und Gewerbestandes aus den Kurorten.
Die Erfahrung lehrt, daß die Besonderheit der Arbeits- und Erwerbsverhältnisse einzelner Berufs schichten es im wirtschaftlichen Interesse zweckmäßig erscheinen läßt, bei der Einberufung zu den Waffenübungen verschiedene Termine zu berücksichtigen. Bei den Angehörigen des landwirtschaftlichen Berufes wird bisher schon diese Rücksichtnahme geübt. Bei den Angehörigen des Handels- und Gewerbestandes, die, wie dies in den Kurorten der Fall ist, ihr Hauptgeschäft größtenteils während der Kursaison tätigen müssen, mußte bisher leider beobachtet werden, daß die zuständigen Ergänzungsbezirkskommandos noch immer nicht auf diese besonderen Erwerbsverhältnisse Rücksicht nehmen. Die Auswirkungen dieses Systems verschärfen sich aber besonders jetzt zur Zeit der allgemeinen Wirtschaftskrise, wobei man noch besonders berücksichtigen muß, daß es sich um meist jüngere Geschäftsleute handelt, die für die Geschäftslokale und Wohnung neue Mieten zahlen müssen und daher durch eine unzeitgemäße Einberufung schweren wirtschaftlichen Schaden erleiden. Die Hauptkurzeit fällt ungefähr in die Zeit vom 1. Mai bis 1. November und wäre es daher nur gerecht, wenn bei der Einberufung zur Waffenübung auf diesen Sachverhalt Rücksicht genommen werden würde.
Die Unterzeichneten fragen daher an, ob der Herr Minister bereit ist, an die in Frage kommenden Ergänzungsbezirkskommandos, in deren Bereiche die Kurorte liegen, die grundsätzliche Weisung herauszugeben, daß den im Erwerbsleben stehenden, zur Waffenübung einberufenen Handels- und Gewerbetreibenden der Aufschub zu einem Termine in der geschäftsschwachen Zeit, also vornehmlich zum Frühjahrstermin, bewilligt wird.
Prag, am 9. September 1930.
Ing. Kallina,
Horpynka, Dr. Schollich, Matzner, Dr. Hanreich, Dr. Keibl, Knirsch, Geyer, Szentiványi, Dr. Holota, Dobránsky, Hokky, Fedor, Dr. Jabloniczky, Dr. Szüllö, Kasper, Köhler, Schubert, Krebs, Simm, Ing. Jung, Dr. Hassold.
Pùvodní znìní ad 628/XVIII.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich und Genossen
an den Vorsitzenden der Regierung
und den Minister für Post- und Telegraphenwesen,
betreffend die Vergebung des Postgebäudeneubaues in Tschechisch - Teschen.
Die Vorgänge bei der Vergebung des Postgebäudeneubaues in Tschechisch -Teschen erfordern dringend eine objektive Untersuchung und Aufklärung. Der Tatbestand ist nach den Zeitungsberichten folgender:
In Tschechisch - Teschen gelangte der Bau des staatlichen Postgebäudes vom zuständigen Ministerium für Post- und Telegraphenwesen zur Ausschreibung. Unter den fristgerecht eingelangten Offerten war das der deutschen Baufirma Ing. Eugen Fulda in Tschechisch - Teschen mit 1,408.350 Kè das billigste.
Das Angebot der Firma konnte gegenüber den anderen Anboten deshalb billiger sein, weil die Firma in der nächsten Nähe der für das Postgebäude bestimmten Baustelle ein großes 4stöckiges Hotelgebäude zu gleicher Zeit baut und sich daher bei der Ausführung zweier unmittelbar nebeneinander befindlichen Bauten die gesamte Regie bedeutend ermäßigt.
Das Postministerium hat jedoch das Anbot der Firma Ing. Fulda, obgleich es also das billigste war, mit der Begründung nicht berücksichtigt, daß die Firma bei ihrem billigen Anbote nicht die Gewähr für eine klaglose Durchführung des Baues biete. Der Bau wurde demgegenüber dem Baumeister Joža Dvoøak in Schles.-Ostrau, dessen Anbot um 150.000 Kè höher war, sohin um einen Betrag von 1,552.755 Kè übertragen.
Für die Vergebung von Staatsbauten gilt die Regierungsverordnung vom 17. Dezember 1920 Nach dieser ganz eindeutig formulierten Gesetzesgrundlage ist für die Vergebung natürlich in erster Linie die Billigkeit maßgebend. Doch soll der niedrige Preis allein nicht ausschlaggebend sein. Es ist vielmehr die Aufgabe der vergebenden Stelle, das "günstigste" der drei billigsten Anbote auszuwählen, d. h. es ist neben der Billigkeit auch die technische und finanzielle Leistungsfähigkeit und das Vertrauen in die Arbeitsmethoden der Baufirma in Betracht zu ziehen. Schließlich bestimmt die Regierungsverordnung im § 22 Post 3, daß ortsansäßigen Unternehmungen im Rahmen der Möglichkeit der Vorrang zu geben ist. Die Bestimmung wegen der Bevorzugung ortsansäßiger Unternehmungen ist einerseits die selbstverständliche Anerkennung der Wirtschaftsinteressen des Ortes, in welchem der Staatsbau durchgeführt wird, und andererseits die Anerkennung der allgemeinen lokalen und volkswirtschaftlichen Bedeutung ortsansäßiger Unternehmungen gegenüber ortsfremden Firmen.
Hätte sich das den Bau vergebende Postministerium an diese klaren Bestimmungen der Regierungsverordnung gehalten, dann konnte die Wahl doch nur auf die Firma Ing. Fulda fallen, was ein Vergleich der Firma Ing. Fulda in Tschech. Teschen mit der Firma Dvoøak in Schles.-Ostrau sofort klar macht. Die Firma Fulda besteht seit 61 Jahren und hat den Großteil der markantesten öffentlichen und privaten Bauten in Ostschlesien durchgeführt, ich nenne nur einige: Theater, Kreisgericht, Hotel Brauner Hirsch, Rathaus, Deutsche Schule, Polnische Volks- und Bürgerschule, evangelische Kirche, Zentralbank in Teschen, die Kirchen in Trzynietz, Dombrau, Karwin, Rathaus in Karwin, die Schulgebäude in Freistadt, Karwin, Lazy, Peterswald und Jablunkau, das Krankenhaus der Elisabethinerinnen mit Klausur und Kapelle in Jablunkau und viele andere Bauten. Im Übrigen besteht in der Öffentlichkeit angesichts der ausgezeichneten und modernsten maschinellen Ausrüstung über die technische Leistungsfähigkeit der Firma kein Zweifel. Auch hinsichtlich der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erscheint eine besondere Betonung der erstrangigen Stellung der Firma nicht notwendig.
Über die technische Leistungsfähigkeit der Firma Dvoøak ist angesichts der Verhältnisse der Firma ein Urteil schwer möglich. Herr Joža Dvoøak, Arch. und Baumeister in Schles. Ostrau, war seit dem 1. Jänner 1919 Gesellschater und Geschäftsführer der Firma Dvoøak und Kuèera, G. m. b. H. Schles. Ostrau, deren Kapital 80.000 Kè betrug. Diese Baugesellschaft geriet mit einem Passivum von über 3.000.000 am 14. März 1929 in den Gerichtsausgleich, der auch am 21. Juni 1929 mit einer 35%igen Quote seitens der Gläbigerschaft angenommen werden mußte. Für nahezu die Hälfte des Schuldbetrages, d. i. rund 1,500.000 Kè haben die beiden Geschäftsführer Joža Dvoøak und Cyrill Kuèera die persönliche und unbeschränkte Haftung übernommen, aus welchem Titel heute noch 3 Raten ungedeckt sind. Mit den nichtgarantierten Restbeträgen von 1,000.000 Kè geriet die Firma als solche in Konkurs, der noch im Zuge ist. Da diesem Betrage aber in der Maße keine Aktiven gegenüberstehen werden die Gläubiger vollkommen leer ausgehen.
Ich verweise ferner auf die besondere Form der Firma Dvoøak und Kuèera, welche als G m. b. H. bloß 2 Gesellschafter, die Herren Baumeister Dvoøak und Kuèera hat, welche beide auch Geschäftsführer sind, so daß es sich bloß der Form nach um eine Ges. m. b. H., in Wirklichkeit jedoch um eine offene Handelsgesellschaft handelt und daher die Bestimmungen des § 21 lit. f) der zit. Regier.- Verordnung umso mehr zur Anwendung zu gelangen hatten.
Die Firma Fulda hat seit ihrer Begründung im Jahre 1869 ihren Sitz in Tschechisch - Teschen. Die lokale und wirtschaftliche Bedeutung der Firma kommt darin am besten zum Ausdruck, daß sie der größte Steuerträger nicht nur in Tschechisch - Teschen selbst sondern im ganzen Steuerbezirke Tschechisch - Teschen ist. Dementsprechend ist sie auch an den Abgaben für soziale Lasten (Krankenkassa, Unfallversicherung usw.) an erster Stelle beteiligt.
Die Firma Dvoøak besteht in Schles. Ostrau seit ungefähr 1 Jahr. Ihr Steueranteil am Steuerbezirk Tschechisch - Teschen und ihr Anteil an der Krankenkassa und Unfallversicherung im Bezirke Tschechisch - Teschen ist Null.
Es ist aus diesen authentischen Daten nicht schwer festzustellen, welches Anbot im Sinne des Gesetzes nach Erwägung sämtlicher Umstände das "günstigste" ist. Das Postministerium hat diese Entscheidung getroffen und hat den Bau des Postgebäudes unglaublicherweise an die Firma Dvoøak übertragen.
Es sei schließlich noch bemerkt, daß der § 21 der Reg.- Verordnung im Punkte 1/f ausdrücklich festgestellt, daß die Anbote von Bewerbern, gegen welche ein Konkurs oder Ausgleichsverfahren anhängig ist, von vornherein auszuschließen sind. Die Firma Dvoøak genießt den besonderen Vorzug. sowohl im Konkurs als auch im Ausgleichsverfahren zu sein, im Konkursverfahren aus dem Titel der Beteiligung an der Firma Dvoøak und Kuèera und im Ausgleichsverfahren aus dem Titel der übernommenen persönlichen Haftung für die Hälfte des Ausgleichsbetrages.
Das Ministerium hat, warscheinlich, um sich besonders lächerlich zu machen, die Vergebung an die Firma Dvoøak sachgemäß noch damit begründet, daß die Firma Fulda ausgeschaltet werden mußte, weil sie insbesondere bei den Eisenbetonarbeiten zu billig war, so billig, daß das Postministerium besorgen mußte die Firma Fulda könnte durch die Übernahme einer Arbeit zu so billigen Preisen in Schwierigkeiten geraten. Diese Sorge des Postministeriums ist umso naheliegender, als der Unterschied bei den Eisenbetonarbeiten ganze 32.000.- Kè beträgt, ein Betrag, der angesichts der ständigen unbegrenzten Garantien der Firma Fulda zweifellos außerordentlich in die Wagschale fällt!
Die Öffentlichkeit, soweit sie nicht das Gefühl für Recht und Biligkeit verloren hat und auf Reinlichkeit und Objektivität in der Staatsverwaltung sieht, ist über dieses unheuerliche Vorgehen des Postministeriums aufs tiefste empört. Die Steuerzahler, die unter der Last der ihnen durch die Großmannsucht des Staates aufgezwungenen Steuern und Abgaben seufzen, sehen in einem solchen Vorgang die aufreizende und unsinnige Verschleuderung ihrer schwer erarbeiteten Steuergelder. Der deutschen Bevölkerung aber kommt es außerdem wieder einmal klar zum Bewußtsein, daß die auch in der Verfassung allen Staatsbürgern und Völkern der Èechoslovakischen Republik garantierte Gleichberechtigung nur eine Phrase ist und auf dem Papier steht und daß in der Praxis immer und auch dann der Tscheche von Amtswegen bevorzugt wird, wenn alle Umstände gegen ihn und für einen deutschen Bewerber sprechen. So sieht in Wirklichkeit die sogenannte Gleichberechtigung aus! Der vorliegende Fall ist wieder ein Musterbeispiel hiefür.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Vorsitzenden der Regierung und den Herrn Minister für Post- und Telegraphenwesen:
Sind Sie bereit, die Vergebung des Postgebäudes in Tschechisch - Teschen an die Firma Dvoøak als mit dem Gesetz in Widerspruch stehend sofort rückgängig zu machen und die Übertragung der Arbeit an den billigsten Offerenten Ing. Fulda zu veranlassen und weiters bekanntzugeben, welchen Beamten für diese aufreizende Entscheidung die Verantwortung trifft und seine Bestrafung zu veranlassen?
Prag, am 9. September 1930.
Dr. Schollich,
Horpynka, Matzner, Dr. Keibl, Simm, Ing. Jung, Geyer, Kasper, Szentiványi, Nitsch, Dr. Holota, Fedor, Dr. Jabloniczky, Hokky, Dobránsky, Dr. Szüllö, Köhler, Schubert, Knirsch, Krebs, Ing. Kallina, Dr. Hassold, Dr. Hanreich.
Pùvodní znìní ad 628/XIX.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich und Genossen
an den Eisenbahnminister
betreffend den Gebrauch der deutschen Kurrentschrift im Eisenbahnverkehr.
Ein Leitmeritzer Geschäftsmann wollte kürzlich bei der Güterannahmestelle der Station Leitmeritz oberer Bahnhof eine Kiste Waren nach Braunau in Böhmen zur Aufgabe bringen lassen. Zu seiner Überraschung wurde die Annahme der Sendung vom dort amtierenden Beamten deshalb verweigert weil der vom Aufgeber sonst richtig ausgefertigte amtliche Frachtbrief die vom Absender zu machenden Eintragungen in deutsche Kurrentschrift trug. Auf die gegen die verweigerte Annahme vom Aufgeber erhobene Einsprache wurde diesem erwidert, es sei nach einer amtlichen Bestimmung zuläßig daß Frachtbriefe auch mit Tintenstift in lateinischer Schrift ausgefüllt werden können und hieraus müssen nach der Auffassung des tschechischen Bahnbeamten geschlossen werden, daß die Anwendung der deutschen Kurrentschrift unzuläßig sei, weil diese gegebenen Falles von einer anderen als der Aufgabestelle nicht gelesen werden könnte. Um die Sendung nun tatsächlich zur Absendung zu bringen war der Aufgeber gezwungen worden, einen neuen Frachtbrief in Lateinschritt auszufertigen.
Die Auffassung des tschechischen Beamten auf Nichtzulassung der deutschen Kurrentschrift ist sachlich unrichtig und unhaltbar, Wenn und wo im Eisenbahnverkehr der Gebrauch der deutschen Sprache zugelassen ist, muß selbstverständlicherweise auch die deutsche Schrift gestattet sein, weil beide zusammen gehören. Für die deutsche Sprache lateinische Schriftzeichen zu verwenden, ist nur eine nationale Gedankenlosigkeit, die aber nicht zum Gesetz erhoben werden kann Im Übrigen wurde bereits auf Grund eingehender Untersuchungen festgestellt daß auch fremde Völker deutsche Schriftsachen in deutscher Kurrentschrift besser zu lesen vermögen, als in lateinischer Schrift.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Eisenbahnminister ob er bereit ist, Weisungen an alle untergestellten Behörden herauszugeben dahingehend, daß der Gebrauch der deutschen Kurrentschrift m Eisenbahnverkehr gestattet ist und daß alle so ausgefertigten Schriftstücke anstandslos entgegen zunehmen sind.
Prag, am 14 September 1930.
Dr. Schollich,
Horpynka, Dr. Hanreich. Dr. Keibl, Ing. Kallina. Geyer, Knirsch, Ing. Jung, Simm, Köhler, Dr. Jabloniczky, Hokky, Fedor, Eckert, Dobránsky, Dr. Szüllö, Schubert, Kasper, Krebs, Dr. Hassold, Matzner.
Pùvodní znìní ad 628/XX.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich und Genossen
an den Justizminister
betreffend die Verletzung der deutschen Sprachenrechte durch den Rekurssenat des Kreisgerichtes Troppau.
Durch das Sprachengesetz und die Sprachenverordnung wurden die Sprachenrechte der Minderheiten in einem mehr als bescheidenen und gänzlich unzulänglichen Ausmaße festgelegt Trotzdem versuchen unausgesetzt verschiedene staatliche Stellen, de sich doch an diese Vorschriften zu halten hätten immer wieder, diese Sprachenrechte zu verkürzen wie folgender Vorfall zeigt:
Namens der Zentralgesellschaft A G Wien brachte der Rechtsanwalt Dr. Erich Tertsch in Reichenberg beim Bezirksgerichte Zuckmantel (Schlesien) gegen Bruno Neumann, Zuckmatel unter E 406/29 am 17. Dezember 1929 einen Rekurs in deutscher Sprache ein. Das Kreisgericht als Rekursgericht Troppau wies unter R. I. 23/30 vom 21. Jänner 1930 den Rekurs zurück, weil die Wiener Firma sich nicht der deutschen Sprache bedienen dürfe. Die Verständigung von der Zurückweisung geschah ebenfalls nur m tschechischer Sprache. Dagegen beschwerte sich Dr. Tertsch am 5. Feber 1930 beim Kreisgerichtspräsidium in Troppau und verlangte von dem nach § 78 G. O. G. und Art. 96 Sprachenverordnung zuständigen Aufsichtsorgane, einmal einen deutschen Text der Zurückweisung, weiters den Auftrag an das Rekursgericht, deutschen Rekurs anzunehmen und meritorisch und deutsch zu erledigen. Das Kreisgerichtspräsidium in Troppau gab der Beschwerde statt (Praes. 849/17/30 vom 21. Feber 1930) und trug dem Rekurssenate auf, über den deutschen Rekurs sachlich in deutscher Sprache zu entscheiden. In der ausführlichen Begründung legte das Kreisgerichtspräsidium dar, daß es mit dem Auftrage an den Rekurssenat auf Aufnahme des deutschen Rekurses und auf deutsche Erledigung nicht in die richterliche Unabhängigkeit hinsichtlich des Inhaltes der Rekursentscheidung eingreife, sondern nur Einfluß nehme auf eine äußere sprachliche Form und auf die Tatsache der Erledigung, wozu das Kreisgerichtspräsidium gemäß § 7 Spr. Ges. und Art. 96, 3 Spr. Vdg. das Recht und die Pflicht habe. Der Rekurssenat habe daher im Auftrage der zuständigen Aufsichtsstelle zu gehorchen und könne sich nicht damit ausreden, daß die aus sprachlichen Gründen unzuläßige Zurückweisung des Rekurses eine meritorische Entscheidung über den deutschen Rekurs bedeutet. Das Rekursgericht in Troppau gehorchte aber dem Auftrage des Kreisgerichtspräsidiums nicht und verweigerte unter den 11. März 1930 R. I. 23/30 die Annahme des deutschen Rekurses und eine deutsche meritorische Erledigung.
Durch unzählige Entscheidungen des Obersten Verwaltungsgerichtshofes ist ausgesprochen, daß auch den deutschen Ausländern, somit der obgenannten Wiener Firma das Recht zustehe, die deutsche Sprache vor Gericht in der Tschechoslowakei zu gebrauchen. Durch die ausführliche Sprachenentscheidung des Kreisgerichtspräsidiums in Troppau vom 21. Feber 1930 war dargelegt und begründet, daß dem Kreisgerichtspräsidium das Recht zustehe, aus sprachlichen Gründen mangelhafte Entscheidungen des Troppauer Rekurssenates zu beheben und für die sprachlich richtige Amtierung zu sorgen. Wenn vielleicht der Rekurssenat in Troppau Unkenntnis der sprachlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Ausländer Sprachenrechte behaupten wollte, so mußte er doch durch die Präsidialentscheidung des Kreisgerichtspräsidiums in Troppau vom 21. Feber 1930 beauftragt, dieser gehorchen und den deutschen Rekurs annehmen und deutsch meritorisch erledigen. Da er sich nun absichtlich weigerte, diesem Auftrage Folge zu leisten, hat der Rekurssenat als Organ der öffentlichen Gewalt entgegen den Verfassungsgesetzen (Sprachengesetz) und den Durchführungsverordnungen hiezu (Sprachenverordnung) gehandelt und dadurch offenbar die Interessen der öffentlichen Verwaltung auf unparteiische Handhabung der Gesetze gefährdet. Aus diesem Grunde wäre gegen den Rekunssenat in Troppau nach § 25 des Schutzgesetzes wegen Übertretung mit Geldbußen bis zu Kè 10.000 oder mit Arrest bis zu 3 Monaten vorzugehen.
Rechtsanwalt Dr. Tertsch beantragte daher am 30. Mai 1930 beim Kreisgerichtspräsidium in Troppau, die Schuldtragenden nach § 25 des Schutzgesetzes zu bestrafen und nebenher ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Das Kreisgerichtspräsidium in Troppau lehnte jedoch jegliches Vorgehen gegen den Rekurssenat (Troppau Praes. 2996 17/30 vom 16. Juni 1930) ab und ebenso das Obergerichtspräsidium in Brünn (Praes. 15355/17/30 vom 15. Juli 1930).
Die Gerichte haben in erster Linie die Aufgabe, Verstösse gegen die Gesetze, Recht und Sitten zu ahnden und zwar ohne Ansehen auf Personen, Stand und Nationalität. Die ehedem in Österreich bestandene Objektivität der Justizpflege läßt leider in der Tschechoslowakei viel zu wünschen übrig und hat infolge ihres oft einseitigen Verhaltens viel an Ansehen eingebüßt. Es muß daher ernste Sorge des Justizministeriums sein, dieses geschwundene Ansehen wieder herzustellen und zunächst einmal den vom Staate angestellten Richtern die Befolgung der Gesetze anzugewöhnen.
Auf Grund dieses Tatbestandes fragen die Gefertigten den Herrn Justizminister:
Sind Sie gewillt, den Vorfall untersuchen zu lassen, die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen und der Bestrafung zuzuführen, wie auch für die Zukunft Vorsorge zu treffen, daß die ohnehin mageren deutschen Sprachenrechte, auch die der Auslanddeutschen, nicht noch böswilliger Weise von tschechischen, chauvinistischen Beamten geschmälert werden?
Prag, den 14. September 1930.
Dr. Schollich,
Horpynka, Dr. Hanreich, Dr. Keibl, Ing. Kallina, Geyer, Knirsch, Ing. Jung, Simm, Krebs, Köhler, Dr. Jabloniczky, Stenzl, Hokky, Dobránsky, Fedor, Dr. Szüllö, Kasper, Schubert, Dr. Hassold, Matzner.