Trotzdem bewilligte der Richter eine weitere Frist bis 12 Uhr 32 Minuten, aber neuerliches ausdrückliches Befragen der Vertreter der Ehe Leute Gut erklärte der Richter apodiktisch, 12 Uhr 32 Minuten sei unbedingt die letzte Frist, die er erteile.
Vor Ablauf dieser Frist erschien Dr. Makowec, erklärte er habe Prag nicht bekommen können, was die Vertreter der Eheleute Gut bestritten, da seit längerer Zeit bereits mit Prag telephoniert wurde und vermutlich nur der Minister nicht zu erreichen war, Dr. Makowec bat um weitere 5 Minuten und trotz energischer Proteste der Vertreter der Eheleute Gut wurde wiederum entgegen der Erklärung des Richters die 3. Frist erteilt.
Nachdem Dr. Makowec vor Ablauf dieser 5 Minuten herunterkam, setzte er das Bieten fort und unter Aufrechterhaltung des Protestes und der vorgebrachten Einwendungen war Frau Marie Gut gezwungen, ebenfalls das Bieten fortzusetzen bis der Staat bei 7,220.000.- Kè angelangt war. Dieses Anbot hat Marie Gut dann nicht mehr überstiegen. Die Versteigerung wurde als beendet erklärt, der Zuschlag wurde erteilt und sodann brachte Marie Gut ihren Protest vor.
Derselbe wurde abgewiesen und wurde am 6. Mai auch schriftlich der Beschlug über die Anweisung zugestellt, wie er in der Beilage angeschlossen erscheint.
Zu der Begründung, das der Richter darin von der 3. Frist überhaupt nicht spricht, die Frage der Vollmacht völlig unbegründet lagt und zuletzt sich dazu versteigt zu erklären, auch ohne weitere Fristerteilung wäre nach Versäumnis der ersten Frist der Staat berechtigt gewesen, weiter zu bieten, weil die Versteigerung noch nicht als beendet erklärt war, wobei der Richter nicht bedenkt, toll sein Fehler Ja eben darin lag, toll er dem Antrage der Vertreter der Frau Marie Gut, die Versteigerung als beendet zu erklären, nicht stattgab.
Was die ärgeren Vorgänge betrifft, wird nur erwähnt, das der Richter, nachdem Dr. Makowec mit dem neuerlichen Bieten begonnen hatte, einen Antrag der Vertreter der Frau Marie Gut, ihr mit Rücksicht auf die neue Sachlage ebenfalls eine 5 minutenlange Überlegungsfrist zu bewilligen, abgewiesen hat.
Der Verhandlungssaal und der Nebenraum desselben war vollkommen von Zuhörern überfüllt. Schon vor Beginn der Versteigerung ging Herr Dr. Makowec vor dem Gerichtsgebäude mit dem persönlichen Freunde des einen Mitbesitzers, nämlich des Herrn Ing. Meèíø, und zwar mit Herrn Dr. Reif, dem Stellvertreten des Bezirkshauptmanns in Marienbad auf und ab. Dieser kam auch um 12 Uhr in den Verhandlungssaal selbst. Den ganzen Vormittag über verblieb im Verhandlungssaal Herr Oberbaurat Ing. Filípek und Dr. Vrabec, beide Benagte der hiesigen Bezirkshauptmannschaft.
Ebenso der Strafrichter Dr. Divíšek, welcher andauernd neben Dr. Makowec gesessen ist und die ganze Zeit über mit ihm auf Grund dessen Schriften unterhandelt hat und weiters andauernd mit Ing. Meèír, mit dem er sich wiederholt außerhalb des Verhandlungssaales in den zweiten Nebenraum begeben hat, derart unterhandelt hat, sodann er als Verbindung zwischen Dr. Makowec und Ing. Meèíø offenkundig zu sähen war.
Außerdem waren noch einige wenige Mitglieder der èechischen Minorität anwesend. Hingegen eine große Anzahl der deutschen Bevölkerung, insbesondere auch zahlreiche Advokaten.
Erwähnt wird, das vor der Versteigerung Herr Dr. Makowec, begleitet vom Miteigentümer Miloš Meèíø jun. zur Hauptpost, welche gegenüber dem Bezirksgerichte liegt, sich begeben hatte.
Erwähnt sei weiters, das in dem Augenblicke, als Frau Marie Gut das Anbot des Staates per 7 Millionen um 50.000.- Kè erhöht hat, Herr Dr. Makowec sich zu dem hinter ihm sitzenden Berichterstatter der "Národní osvobození" und "Èeský smìr" sowie des èechischen Pressebüros, Herrn Redakteur Miškovský zuwandte und ihm wörtlich sagte: Sie können nunmehr Ihren Bericht anführen: "Das Objekt hat Frau Marie Gut erstanden."
Kaum waren diese Worte leise gesprochen, stürzten sich schon Ing. Meèíø, Dr. Mandel und insbesonders aber Dr. Divíšek auf dem Vertreten des Staates, sprachen in ihn ein und dieser hat unbedingt in Überschreitung seines Auftrages das weitere Anbot von 10.000.- Kè erhöht.
Außerdem folgt als Grundlage zur Schätzung des Objektes und seines Erträgnisses folgende Information: Das Hans "Buen-Retiro", wurde für die Zwecke der Feilbieten durch den staatlichen Oberbaurat Filípek über Auftrag des Bezirksgerichtes Marienbad geschätzt und wie folgt bewertet:
Grundwerte mit |
Kè |
891.200.-- |
Gebäudewerte mit |
" |
2,673.974.77 |
Das Mobilar und zwar alle wie immer genannte Einrichtung, wie Möbel, Teppiche, Vorhänge, Wäsche etc. wurde vom Sachverständigen Fischer geschätzt mit |
" |
560.638.70 |
Die Vorräte an Lebensmitteln, Weinen usw. wurden ermittelt mit |
" |
19.832,95 |
Dadurch ergab sich eine Sachwertschätzung von zusammen |
Kè |
4,145.646.42 |
Die Ertragsbewertung wurde wie folgt ermittelt: |
||
Das Durchschnittsreinerträgnis in den Jahren 1926, 1927 und 1928 hat betragen |
Kè |
237.787.72 |
daraus ergab sich ein Ertragswert von |
" |
4,755.75 |
Aus diesen beiden Beträgen wurde (abzügl. der Vorräte) der Durchschnittswert ermittelt und ergab dieser Kè 4,460.000.-. Dieser Wert wurde vom Gerichte als Ausrufungspreis bestimmt.
Das Hans ist in sämtlichen Stockwerken von Ungeziefer (Wanzen) durchsetzt. Eine gründliche Reinigung der Zimmer und Nebenräume insbesonders auch der Wirtschaftsräume hat seit Jahren nicht stattgefunden und bestehen insbesonders in den Betriebsräumen die schauderhaftesten Zustände, namentlich in hygienischer Beziehung, da alles voll Schmutz trieft. Fast kein Fenster schließt richtig, die allernotwendigsten Ausbesserungen der Malereien im Stiegenhaus, Vorplätzen und Betriebsräumen sind nicht im Geringsten durchgeführt worden. Die Küchenöfen fallen fast zusammen und sind unsauber. Zahlreiche Klosettschüsseln sind zerbrochen und im ganzen Hause gewinnt man bei Besichtigung den Eindruck, daß das Haus ohne jede Sachkenntnis und ohne Verständnis verwaltet wurde.
Daß mildem in allem vorangegangenen gekennzeichneten Hauskaufe selbst weitere èechische Kreise nicht einverstanden sind, soll noch an folgenden Tatsachen besonders aufgezeigt werden: Die Ortsgruppe Marienbad der èechischen Legionärgemeinde hielt am 10. Mai l. J. eine Versammlung ab, die folgende Entschließung annahm:
"Das Haus "Buen Retiro" mit Kaffeehaus und Restaurant in Marienbad soll nach dem Ergebnis der öffentlichen Versteigerung in den Besitz des Staates übergehen. Für dieses Hotelunternehmen entschloß sich der Staat, 714 Millionen Kronen auszugeben, obwohl es sich um ein Haus mit vierzig Zimmern handelt; das modernisiert werden muß, was sich ohne einen Aufwand von Millionär nicht durchführen läßt. Für Belange der sanitären und sozialen. Fürsorge war ein so kostspieliges Haus in der belebtesten Straße im Zentrum des Kurviertels nicht notwendig. Für Repräsentationszwecke war der Kauf um so weniger am Platz, da Marienbad einer der elegantesten Badeorte überhaupt, einen Überschuß an Repräsentationsobjekten hat, wozu auch das im Jahre 1925 angekaufte staatliche Hotel gehört. Um dem Verdacht die Spitze abzubrechen, daß der Entschluß über den Ankauf des Hauses durch persönliche Interessen bestimmt wurde, appellieren wir an die zuständigen staatlichen Faktoren, daß im Fall der Übernahme des Hauses "Buen Retiro" durch den Staat die früheren Besitzer (gemeint ist Meèíø) von bieder Einflußnahme auf die Verwaltung des Hauses ausgeschlossen werden. Nur so wird das Ansehen des Staates vor den Augen der Öffentlichkeit gewahrt werden. Für einen allfälligen, dem Staat entstandenen Schaden soll der verantwortlich gemacht werden, der den Auftrag zum Ankauf des Hauses um einen so hohen Preis erteilt hat." Weiters wird aus Pilzen gemeldet, daß die èechischen Nationaldemokraten mit ihrer Heldentat der forcierten Wiederverwertung des Marienbader Hotels "Buen Retiro" für einen lächerlich hohen Preis vollkommen einsam dastehen und dies beweist, daß sich außer den Legionären sogar die cechischen Nationalsozialisten über eine derartige Belastung des Staatshaushaltes aufregen und ihrem Ärger in folgendem Artikel im Pilsner "Èeský Smìr" Luft machen: "Wir sind keineswegs von der Tat des Finanzministeriums (Bezw. Arbeitsministeriums) entzückt, das "Buen Retiro" deswegen ankaufte, damit ein gewisser cechischer Nationaldemokrat (Mecii) den Verwalter spielen kann, um nicht etwa einen Hauslehrer machen zu müssen. Darum wurde das Gebäude für 3,000.000 mehr gekauft, als die höchste Schätzung eines Fachmannes lautete. Für diese 7,250.000 Kronen hätte man einige Erholungsheime für staatliche und Privabeamte bauen können, die unter den heutigen Verhältnissen keine Möglichkeit Naben, sich in Marienbad zu heilen oder aber Wohnhäuser, die in Marienbad ebenfalls not - tun". Das ist nur ein Auszug aus diesem Artikel, doch er sagt genug. Bewiesen ist bei dem Verkaufe das eine, daß einzig der Staat betrogen wurde. Es war eben auch ein "patriotisches Geschäft".
Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes erlauben sich die Unterfertigten an den Herrn Minister folgende Anfragen zu stellen:
1. Aus welchen Mitteln hat der Herr Minister dieses Haus kaufen lassen?
2. Zu welchem Zweck hat der Herr Minister dieses Haus erworben?
3. Welchen Auftrag hatte der Sektionsrat Dr. Makovec, bis zu welchem Betrage hatte er die Vollmacht zum Steigern und um wieviel hat er diese Vollmacht überschritten?
4. Was gedenkt der Herr Minister zu tun, um die durch die Vollmachtsüberschreitung hervorgerufene Verletzung der Rechte der Frau Maria Gut in Marienbad wieder gutzumachen? 5. W ie gedenkt der Herr Arbeitsminister der (Öffentlichkeit glaubwürdig zu beweisen, daß es sich bei dem Ankaufe des Hauses "Buen Retiro" durch den Staat nicht um einen Verschleierten Ankauf dieses Hauses für die Severoèeská jednota, für den Verwalter Meèíø und für die èechische Minderheit in Marienbad handelt?
Prag, am 4. Juni 1930.
Dr. Hassold,
Dr. Schollich, Matzner, Horpynka, Köhler, Schubert, Hokky, Szentiványi, Dr. Törköly, Nitsch, Fedor, Dr. Jabloniczky, Kasper, Geyer, Ing. Jung, Dr. Hanreich, Ing Kallina, Dr. Keibl, Knirsch, Simm, Krebs, Dr. Szülö, Dobránsky, Dr. Holota.
Pùvodní znìní ad 557/XVI.
Interpellation
des Abg. Andor Nitsch und Genossen
an den Finanzminister
wegen gesetzwidrigen Vorgehen bei der Steuerbemessung.
Herr Minister!
Die Hoffnung, daß durch die Schaffung des neuen Steuergesetzes die Klagen und Beschwerden sowohl seitens der Steuerbehörden, als auch der Steuerzahler henk schon nicht aufhören, doch seltener werden, ist leider nicht in Erfüllung gegangen. Das Empfinden der Steuerzahler, daß ihnen vielfach Unrecht geschieht, ist infolge des Vorgehens vieler Bemessungsämter noch gestärkt und allgemeiner geworden. Schuld daran ist der Umstand, daß sich viele Bemessungsbehörden nicht an das Geist, sondern vielfach an den Buchstaben des Gesetzes halten und den manchmal nicht ganz klaren Bestimmungen des Gesetzes stets eine Auslegung zu Ungunsten des Steuerzahlers unterschieben.
Als krassen Fall will ich denjenigen eines Zipser Landwirtes, des Michael Galgon-Jaschke aus Bierkrug anführen, dem die zu engherzige Auslegung des Gesetzes seitens der Bemessungsbehörde es unmöglich gemacht hat, die Bemessung im Wege des Berufungsverfahrens richtigstellen zu lassen.
Genannter Steuerzahler hat für das Jahr 1927 ein detailliertes Bekenntnis zur Einkommensteuer eingereicht; auf dieses Bekenntnis wurden ihm seitens der Bemessungsbehörde Vorhalte gemacht, welche er aufklärte und eine genaue Berechnung seiner bebauten Felder, der erzielten Ernte und anderer Erträge, sowie der Ausgaben beilegte. Die Richtigkeit seiner Angaben bezüglich der Aussaat und der Ernte wurde durch die Gemeinden Stellung und die Mitglieder der Gemeindevertretung bestätigt. Die Aufklärungen wurden seitens der Bemessungsbehörde nicht weiter bemängelt, nichtsdestoweniger erhielt er eine Vorschreibung, welche weit höher war, als seinem Einbekenntnisse entsprechen würde. Aus den daraufhin verlangten Bemessungsgrundlagen war ersichtlich, daß sich die Bemessungsbehörde nicht an das detaillierte Bekenntnis gehalten, sondern die Bemessung auf Grund eines Pauschales vorgenommen hat, obwohl der Steuerpflichtige die Bemessung nach Pauschal nicht verlangt, sondern ein detailliertes Einbekenntnis vorgelegt hat. Auf seine eingebrachte Berufung erhielt er die Aufforderung, seine Angaben mit Belegen zieht beweisen. Bezüglich der Ausgaben tat er dies auch, für die Einnahmen konnten selbstverständlich Belege nicht beigebracht werden, da doch ein großer Teil der Erzeugnisse in der Wirtschaft verbraucht, das übrige aber am Markte verkauft wurde, wo doch Geschäfte nicht mit Quittung und Gegenquittung abgeschlossen werden, was auch die Bemessungsbehörde wissen müßte. Demgegenüber lag aber die Bestätigung der Gemeindevorstehung vor, wonach seine ursprünglichen Angaben richtig sind, Dennoch wurde seine Berufung mit der Begründung abgewiesen, daß er die Einnahmen nicht mit Belegen nachgewiesen hätte:
Wenn die Bemessungsbehörde diese Praxis, w eiche im Gesetze gar nicht begründet ist, weiter einhält - und es ist dies seither auch schon in anderen Fällen vorgekommen - so wird den kleinen Landwirten ganz und gar die Möglichkeit genommen, gegen die Bemessung der Einkommensteuer die Rechtsmittel in Anspruch zu nehmen, denn es ist einfach unmöglich, über alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die im Haushalte verbraucht und auf dem Markte verkauft werden, Belege vorzuweisen. Unmöglichkeit zu verlangen, kann aber nicht in den Intentionen der Gesetzgebung liegen.
Den kleinen Landwirten bleibt wohl nicht Möglichkeit offen, die Bemessung auf Grund eines, im Einvernehmen mit dem Landeskultur - rate festgesetzten Pauschales vornehmen zu lassen. Mit Rücksicht auf die Sekaturen, welche die Steuerzahler bei Detaillierung ihres Einkommens ausgesetzt sind, nehmen auch die meisten der Landwirte diese Art der Bemessung in Anspruch. Doch auch hier entgehen sie vier Benachteiligung nicht, denn die Bemessungsbehörden halten sich einfach an das Übereinkommen nicht. Obwohl auf Grund des Übereinkommens das Einkommen aus der Viehhaltung selbstverständlich und naturgemäß im Pauschalste inbegriffen ist, denn, die Viehhaltung ist doch ein integrierender Teil der Landwirtschaft, wurden den Landwirten in vielen, besser gesagt in allen Fällen noch außerdem besondere Pauschalsätze nach Jedem Stück Vieh dazugerechnet und alles Nebeneinkommen aus gelegentlichen Gespannsarbeiten gleichfalls besonders gerechnet, obwohl auf Grund des hereinkommen auch dieses in den Pauschalsatz eingerechnet ist.
Diese Unzukömmlichkeiten kommen allerdings nicht nur im Bereiche der Kesmarker Bemessungsbehörde vor, sondern dürften eine allgemeine Erscheinung sein. Es ist daraus zu schließen, daß der Landeskulturrat für Slovensko in seinem Rundschreiben vom 20. November 1929, Zahl 28.257 Odb. I. a 1929 an die Mitglieder der Steuerkommissionen diese auf verschiedene derartige Unzukömmlichkeiten aufmerksam macht. Wenn schon eine halbamtliche Körperschaft, der auch staatliche Verwaltungsangelegenheiten zugewiesen sind, in einer Weise über Unzukömmlichkeiten bei der Steuerbemessung klagt und es für notwendig hält, ihre Funktionäre darauf aufmerksam zu machen; so kann dies nicht ohnehin weiters übergangen, sondern muß als eine ganz ernste Angelegenheit behandelt werden.
Das Rundschreiben des Landeskulturrates bezieht sich allerdings auf die Bemessung der pauschallierten Umsatzsteuer bei kleinen Landwirten, doch können die geschilderten Fälle ganz gut auch auf die Bemessung der Einkommensteuer appliziert werden.
Übrigens ist das Chaos bei der Bemessung der Umsatzsteuer ein zu windest so großes, wie bei der Einkommensteuer. Obwohl die Berechnung dieser Steuer eine verhältnismäßig sehr einfache Sache ist, erhielten die Gemeinden Bemessungsbögen zur Einsichtnahme zugesendet, in welchen den einzelnen Besitzern Flächen zugeschrieben waren, welche ein vielfaches ihres tatsächlichen Besitzes betrugen, und ihnen nach diesen die Umsatzsteuer bemessen wurde. Die Summe der ausgewiesenen Flächen überstieg das Gesamtausmaß des gesamten Gemeindehotters um duldete von Jochen. Daß bei derartigen Vorkommnissen das Vertrauen des Publikums zu den Finanzbehörden nicht gehoben wird, muß doch als selbstverständlich gelten.
Wir fragen daher den Herrn Finanzminister: 1. Hat der Herr Minister Kenntnis von diesen Unregelmäßigkeiten bei den Bemessungsbehörden, über welche auch schon staatliche Amtsstellen klagen?
2. Ist der Herr Minister geneigt, Verfügungen zu treffen, daß derartige Unzukömmlichkeiten in Zukunft nicht mehr vorkommen und die Finanzbehörden anzuweisen, im Sinne des Gesetzen vorzugehen und von den Steuerzahlern nicht unmögliche Sache zu verlangen?
3. Ist der Herr Minister geneigt, zu veranlassen, daß durch das bisherige Vorgehen der Bemessungsämter entstandene Ungerechtigkeiten auch außerhalb des Berufungsweges gutgemacht werden?
Prag, am 21. Mai 1930.
Nitsch,
Ing. Kallina, Dr. Törköly, Szentiványi, Hokky, Dr. Jabloniczky, Dr. Keibl, Köhler, Krebs, Matzner, Dr. Schollich, Horpynka, Dr. Hassold, Dr. Hanreich, Kasper, Schubert; Knirsch, Ing. Jung, Simm, Dobránsky, Fedor, Dr. Szüllö, Dr. Holota, Geyer.
Pùvodní znìní ad 557/XVII.
Interpellation
der Abgeordneten Eugen de Witte, Blatny und Genossen
an den Minister des Innern wegen Verschleppung der Konstituierung der Gemeindevertretung in St. Joachimsthal.
Am B. Dezember 1929 wurde die Gemeindevertretung von Joachimsthal gewählt, nachdem dort Jahrelang eine ernannte Verwaltungskommission gewaltet hatte. Die Wahl brache der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei, die ihre Mandatswahl von 12 auf 15 erhöhte, einen Erfolg, der einige Gegner der Sozialdemokratie veranlaßte, einen auf lächerliche "Gründe" gestützten Rekurs einzubringen. Dieser Rekurs wußte natürlich von der Landesbehörde abgewiesen werden, aber diese Erledigung zog sich durch fünf Monate hinaus, da die Akten monatelang im Schubfach der Joachimsthaler Bezirksbehörde liegen blieben. Am 25. Mai wurde durch die Landesbehörde der Joachimsthaler Bezirksbehörde die abfeilsche Erledigung des gegen die dortige Gemeindewahl eingebrachten Rekurses übermittelt, aber bis heute hat es die Bezirksbehörde von Joachimsthal noch immer nicht für nötig erachtet, die Konstituierung der Joachimsthaler Gemeindevertretung anzuordnen, obwohl seitdem nun schon wieder 1 Z Tage vergangen sind.
Die Unterzeichneten stellen deshalb an den Herrn Minister des Innern die Anfrage, ob er bereit ist, dafür zu sorgen, daß die Bezirksbehörde Joachimsthal die gesetzlichen Vorschriften endlich respektiere.
Prag, den 11. Juni 1930.
de Witte, Blatny,
Kremser, Remeš, Grünzner, Katz, Hackenberg, Leibl, Schweichhart, Jaksch, Macoun, Häusler, Müller, Heeger, Kaufmann, Dietl, Taub, Nový, Pohl, F. Svoboda, Kirpal, Schäfer, Roscher.
Pùvodní znìní ad 557/XVIII.
Interpellation
der Abgeordneten Dr. Rosche, Franz Heller und Genossen
an den Eisenbahnminister wegen der mangelnden Propaganda für den Fremdenverkehr in Nordböhmen.
Die Hebung des Fremdenverkehrs und der Fremdenpflege in den einzelnen Gebieten des Staates ist um so wichtiger geworden, als fast sämtliche Wirtschaftszweige darniederliegen. Gerade in den wirtschaftlichen hart betroffenen deutschen Gebieten ist der Fremdenverkehr der letzte Rettungsanker für die Volkswirtschaft und die Finanzen einer grollen Anzahl bedeutender Gemeinden. Darüber hinaus wirkt sich der Fremdenverkehr, der hochwertige Valuten hereinbringt, auch handelnd finanzpolitisch aus, weil er allein imstande ist, das Minusdes industriellen Exportes zu decken: Schließlich ist auch die Eisenbahn au der Hebung des Fremdenverkehrs kaufmännisch interessiert.
Obwohl nun die Èechoslovakei und besonders die deutschen Fremdenverkehrsgebiete verkehrstechnisch außerordentlich günstig liegen, befinden wir uns propagandatechnisch außerordentlich im Nachteile, weil die einzelnen Eisenbahndirektionen auf den Bahnhöfen der Fremdenverkehrs erbiete und auch in den Personenzügen der Eisenbahnstrecken dieser Gebiete die Propaganda für diese Gebiete vernachlässigen.
Die Propaganda der "È. S. D." nimmt selbst auf den Bahnhöfen der Kur- und Sommerfrischengebiete auf eine Werbung für diese keine Rücksicht, obwohl die einzelnen Eisenbahndirektionen kaufmännisch an einer solchen Werbung interessiert sind.
Wir fragen den Herrn Eisenbahnminister: Ob er sich für eine zweisprachige Propaganda in den Fremdenverkehrsgebieten seiner Direktionsbezirke einzusetzen gedenkt, und ob er gewillt ist, die Verkehrsreferenten anzuweisen, diesbezüglich bei den, demnächst stattfindenden Verkehrstagungen der einzelnen Handelskammern mit den Fremdenverkehrsverbänden zu verhandeln, zwecks Bereitstellung von Werbematerial für die Hebung des Fremdenverkehrs.
Prag, am 11. Juni 1930.
Dr. Rosche, Heller,
Dr. Peters, Halke, Böllmann, Viereckl, Blatny, Grünzner, Schäfer, Schweichhart, Roscher, Katz, Heeger, Kirpal, Häusler, Pohl, Hackenberg, Taub, Hodina, Dr. Kafka, Jelinek.
Pùvodní znìní ad 557/XIX.
Interpellation
des Abgeordneten Hans Krebs und Genossen
an den Eisenbahnminister betreffend die Stationsbezeichnung an dem Bahnhofgebäude der Station Nürschan.
Auf dem Stationsgebäude der Station Nürschan befindet sich eine ausschließlich einsprachige Bezeichnung "Nýøany" obzwar diese Gemeinde von 5.822 Einwohnern bei der letzten Volkszählung 1.433 Deutsche zählte. Nürschan hat also mehr als 24% deutsche Bevölkerung und dennoch ist das Stationsgebäude nur einsprachig èechisch bezeichnet. Aus diesem Grunde richte ich an den Herrn Minister die Anfrage:
1. Ist dem Herrn Minister bekannt, daß das Stationsgebäude in Nürschan nur einsprachig bezeichnet ist, obzwar der deutsche Bevölkerungsanteil mehr als 24% beträgt?
2. Ist der Herr Minister bereit, im kürzesten Wege zu veranlassen, dalli die Station Nürschan von nun an auch deutsch bezeichnet wird, wie dies gesetzlich begründet ist?
Prag, am 11. Juni 1930.
Krebs,
Horpynka, Schubert, Simm, Dr. Keibl, Dr. Jabloniczky. Dobránsky, Dr. Szüllö, Ing. Jung, Knirsch, Kasper, Geyer, Köhler, Hokky, Fedor, Dr. Schollich, Dr. Hanreich, Matzner, Szentiványi, Nitsch, Dr. Törköly, Dr. Holota, Dr. Hassold, Ing. Kallina.
Pùvodní znìní ad 557/XX.
Interpellation
der Abg. Dr. E. Schollich und Genossen
an den Justizminister
betreffend die Beschlagnahme der "Deutschen Volkswehr" in Friedek, Nr. 23 vom 7. Juni 1930.
Die "Deutsche Volkswehr", das Organ für das deutsche Volk des ostmährisch-schlesischen Industriegebietes, erfreut sich der besonderen Fürsorge der Zensur. Auch die Folge Nr. 23 vom 7. Juni 1930 verfiel an einigen Stellen der Beschlagnahme u. z. wurde aus dem Artikel "Irrwege der Zensur" beschlagnahmt:
Aus dem Untertitel die Worte:
"Die Zensur gegen die Sühne für dieses Verbrechen. - Front aller Freunde der Wahrheit und des Rechtes gegen die skandalösen Zensurmethoden von Friedek."
Aus dem Aufsatz die Zeilen:
"daß ihr das Staatsinteresse Schnuppe ist, wenn dieses nicht gleichzeitig mit dem Interesse des Herrn Außenministers Dr. Beneš übereinstimmt."
"und denen wir diese skandalösen Zustände bei der Friedeker Zensur zur Begutachtung vorgelegt haben"
"dieser Zensurskandal in Friedek muß einmal von der besamten Presse, deren Schutzorganisationen mit Aufmerksamkeit unsere diesbezüglichen Schritte verfolgen werden, zum Gegenstand energischen Vorgehens gegen eine solche Willkür von Leuten, die nicht einmal richtig deutsch lesen, geschweige denn verstehen können, gemacht werden.
Und schließlich wird sich wohl auch noch in diesem Staate eine Stelle finden, welche blas Staatsinteresse höher stellt, als eine staatsfeindliche Machination gewisser hoher "Patrioten" vertuschende Zensur.
An unsere Leserschaft wenden wir uns mit dem dringlichen Appell, unseren Kampf um die ostschlesische Heimat, um die Sühne für das Verbrechen, das an ihr begangen wurde, durch treue Gefolgschaft und Opferwilligkeit zu belohnen.
Die hier gebrachte Ausdrucksweise zeigt keine besondere Schärfe, welche die Unterdrückung dieser Zeilen durch die Zensur unter Berufung auf die notwendige Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung rechtfertigen würde. Die Beschlagnahme ist daher nichts anderes als ein Akt der Willkür, der Schikanieren, um dieses aufrechte Organ wirtschaftlich zu schädigen und auf diesem Wege zu zwingen, seine offene mannhafte Kritik der verschiedenen Mißstände zu unterlassen.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Justizminister, ob er bereit ist, der Zensur im allgemeinen und im besonderen in Friedek Weisungen zu geben, dalli in Zukunft solche leichtfertige Beschlagnahmen unterbleiben, da ein solches Verhalten mit den Begriffen von Demokratie und demokratische Freiheit unvereinbar ist?
Prag, am 11. Juni 1930.
Dr. Schollich,
Dr. Hanreich, Dr. Hassold, Matzner, Knirsch, Ing. Jung, Szentiványi, Dr. Holota, Nitsch, Dr. Törköly, Dobránsky, Ing. Kallina, Simm, Kasper, Schubert, Geyer, Dr. Keibl, Horpynka, Köhler, Krebs, Dr. Szüllö, Dr. Jabloniczky, Hokky, Fedor.