ABSCHNITT B.

Besondere Bestimmungen für die ehemalige Thaya-Konkurrenzstrecke.

Artikel 19.

Regulierung und Erhaltung.

(1) Da das niederösterreichische Landesgesetz vom 10. Dezember 1902, L. G. Bl. Nr. 4 aus 1903, und das mährische Landesgesetz vom 10. Dezember 1902, L. G. BI. Nr. 1 aus 1903, betreffend die Erlassung eines neuen Statutes für die Konkurrenz zur Wiederherstellung der Regulierungsbauten und Erhaltung der Thayastrecke von der Gemeindegrenze Jaroslavice (Joslowitz)-Køídlovice (Grillowitz) in Mähren bis an die niederösterreichische Landesgrenze bei Alt-Prerau sowie der in die Konkurrenz einbezogenen Seitengerinne, infolge der geänderten staatsrechtlichen Verhältnisse nicht mehr anwendbar sind, werden die beiden Staaten mit Rücksicht auf die Bestimmungen dieses Vertrages die zur Neuregelung der in diesen Gesetzen festgelegten Verhältnisse sowie die zur Liquidierung der Konkurrenz erforderlichen Verfügungen treffen.

(2) Bei der Durchführung dieser Liquidation wird nach folgenden Grundsätzen vorgegangen werden:

a) Eine aus je einem Vertreter beider Vertragsstaaten bestehende Kommission wird die Vermögensverhältnisse der Konkurrenz überprüfen und das vorhandene Vermögen (Rechte und Verbindlichkeiten) feststellen;

b) die vorhandenen Rechte werden verwertet und der Ertrag wird zuerst zur Deckung der etwa vorhandenen Verbindlichkeiten verwendet;

c) die noch erübrigenden Rechte oder Verbindlichkeiten werden je zur Hälfte an beide Vertragsstaaten übergehen, soferne die Vertragsstaaten nicht einvernehmlich eine andere Regelung treffen;

d) den Vertragsstaaten bleibt es vorbehalten, das nach den vorstehenden Bestimmungen übernommene Vermögen an die künftigen Erhalter dieser Bauten zu übergehen;

e) das Archiv (Schriften, Mappen, Pläne u. dgl.) der Konkurrenz wird auf beide Vertragsstaaten derart verteilt, daß jeder Staat alle Schriften, Mappen, Pläne usw. erhält, die sich auf die von ihm nach den Bestimmungen des Absatzes 3 dieses Artikels zu erhaltenden Gewässerstrecken beziehen.

(3) Für die Erhaltung der mit den erwähnten Gesetzen in die Konkurrenz einbezogenen Gewässerstrecken, und zwar sowohl für die laufende als auch für die infolge von Hochwasserkatastrophen etwa notwendige außergewöhnliche Erhaltung, gelten künftighin, soweit es sich um die zwischenstaatliche Regelung handelt, nachstehende Bestimmungen:

a) Die Tschechoslowakische Republik wird in der im Absatz 1 bezeichneten Thayastrecke auf eigene Kosten für die Erhaltung jener Profile und Schutzbauten Sorge tragen, die unter Zugrundelegung einer Wasserführung von höchstens 160 m3 in der Sekunde er rechnet und ausgeführt worden sind. Weiters wird die Èechoslovakische Republik auf eigene Kosten für die Erhaltung der Zuflüsse auf der linken Seite der genannten Thayastrecke und von den rechtsseitigen Gerinnen für die Erhaltung des Danisch-Grabens und des Thaya-Mühlbaches von der Mühle in Jaroslavice (Joslowitz) bis zur Staatsgrenze nächst dem Blaustaudener Aquädukt. Vorsorge treffen.

b) Die Republik Österreich wird auf eigene Kosten für die Erhaltung des restlichen Teiles des Thaya-Mühlbaches und der übrigen rechtsseitigen Gerinne Sorge tragen.

c) Etwaige Verpflichtungen zur Durchführung von Erhaltungs- oder Reinigungsarbeiten in den unter a) und b) genannten Gewässerstrecken einschließlich der in diesen Strecken gelegenen Objekte seitens anderer Rechtssubjekte als der im Absatz 1 dieses Artikels erwähnten Konkurrenz, deren Verpflichtungen schon in a) und b) geregelt wurden, bleiben - insoferne diese Verpflichtungen auf besonderen Titeln beruhen (wasserrechtl. Konsense, Übereinkommen u. dgl.) - unberührt. Hinsichtlich solcher Verpflichtungen gelten die Bestimmungen des Artikels 27, Absatz 1, letzter Satz, des èechoslovakisch-österreichischen Grenzstatutes.

(4) Die Erhaltung der genannten Gerinne hat derart zu erfolgen, daß die Bestandsicherheit der Bauwerke und die Freihaltung der Durchflußprofile von schädlichen Ablagerungen und schädlichem Anwuchs gewährleistet ist.

(5) Die Vertragsstaaten sichern sich cie gegenseitige technische Kontrolle in der Durchführung der in den Absätzen 3 und 4 umschriebenen Erhaltungstätigkeit zu.

Artikel 20.

Sand- und Schottergewinnung aus der Thaya.

(1) Den Einwohnern jener österreichischen Gemeinden, die nach den im Artikel 19, Absatz 1, angeführten Gesetzen in die Thaya-Konkurrenz einbezogen wurden, und zwar Hanfthal, Laa, Unter-Stinkenbrunn, Wulzeshofen, Zwingendorf, Neudorf und Ungerndorf, sowie dem Gute Alt-Prerau wird unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen und gegen Erstattung der mit den bezüglichen èechoslovakischen Gemeinden vereinbarten Beitragsleistungen zur Erhaltung der benützten Straßen, Wege und Zufahrtsrampen die unentgeltliche Entnahme von Sand und Schotter auf èechoslovakischen Gebiete aus folgenden Entnahmestellen gestattet

a) bei der Thayabrücke bei Trávní dvùr (Trabinghof),

b) bei der Ruhofer Furt,

c) bei Anenský dvùr (Annahof),

d) oberhalb der Thayabrücke bei Dyjákovice (Groß-Tajax) und

e) oberhalb der Zwingenbrücke bei Hrádek (Erdberg).

(2) Die Ausfuhr des gewonnenen Materiales nach Österreich erfolgt zollfrei.

Artikel 21.

Hochwasserschutz für die Gemeinde Laa.

Der Gemeinde Laa wird gestattet, bei Hochwasser den Verteidigungsdienst auf den für den Hochwasserschutz der Gemeinde in Betracht kommenden Dammstrecken auch auf èechoslovakischen Gebiete durchzuführen, wobei jedoch auf die allfälligen Weisungen der mit der Erhaltung dieser Dämme betrauten èechoslovakischen Organe Bedacht zu nehmen ist.

ABSCHNITT C.

Gemeinsame technische Kommission.

Artikel 22.

Zweck der Kommission.

Zwecks Erzielung der Gemeinsamkeit und des Einvernehmens in allen den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Fragen wird die "Gemeinsame technische Kommission" geschaffen.

Artikel 23.

Zusammensetzung der Kommission.

In die gemeinsame technische Kommission entsendet jeder Vertragsstaat einen bevollmächtigten Vertreter. Den bevollmächtigten Vertretern steht das Recht zu, den Sitzungen Fachorgane beizuziehen.

Artikel 24.

Wirkungskreis der Kommission.

Aufgabe der gemeinsamen technischen Kommission ist:

a) Begutachtung der generellen Projekte für alle in den Rahmen dieses Vertrages fallenden Arbeiten und des Bauprogrammes für die auszuführenden Regulierungsarbeiten mit Ausnahme der Dammbauten, insbesondere für das jeweils folgende Baujahr;

b) Begutachtung der Detailprojekte der auf gemeinsame Kosten auszuführenden Arbeiten sowie der Detailprojekte für die Mittelwasserregulierung; fachliche Wertung der im Baue begriffenen, bzw. fertiggestellten Werke; meritorische Überprüfung der Bauabrechnungen;

c) Begutachtung der Detailprojekte für Dammbauten hinsichtlich der Trassenführung und der Höhenlage der Dammkrone unter Zugrundelegung des beiderseits genehmigten generellen Projektes;

d) Durchführung aller für die unter a) und b) genannten Arbeiten nötigen Erhebungen, Verhandlungen und Begehungen an Ort und Stelle;

e) Stellung allfälliger Anträge auf Abänderung dieses Vertrages oder Abschluß neuer Vereinbarungen.

Artikel 25.

Sitzungen, Protokolle, Beschlüsse, Tragung der Personalkosten.

(1) Die Kommission hat, wenn nicht infolge besonderer Umstände einvernehmlich eine Änderung festgesetzt wird, abwechselnd auf den Gebieten der Vertragsstaaten zusammenzutreten.

(2) Die Einberufung und Leitung der Sitzung erfolgt durch das bevollmächtigte Mitglied desjenigen Staates, auf dessen Gebiete die Tagung stattfindet.

(3) Die Sitzungen sind auf Verlangen eines der Bevollmächtigten innerhalb Monatsfrist, mindestens jedoch einmal in jedem Jahre, einzuberufen. Ein Antrag gilt als angenommen, wenn beide Bevollmächtigte demselben zustimmen. Über jede Sitzung ist ein Protokoll in den Sprachen der Vertragsstaaten in doppelter Ausfertigung zu verfassen und durch die beiden Bevollmächtigten zu fertigen. Diese Protokolle sind den zuständigen Zentralstellen zur Genehmigung vorzulegen. Die darin enthaltenen Beschlüsse werden erst nach erfolgter Genehmigung bindend.

(4) Die anläßlich der Tätigkeit der gemeinsamen technischen Kommission entstehenden persönlichen Kosten trägt jeder Staat für die von ihm entsendeten Personen.

ABSCHNITT D.

Allgemeine und Schlußbestimmungen.

Artikel 26.

Dienstverkehr.

Die Vertragsstaaten werden sich die zur Durchführung dieses Vertrages berufenen Behörden und Dienststellen gegenseitig mitteilen.. Diese sowie die Bevollmächtigten beider Staaten (Artikel 23) können in Angelegenheiten dieses Vertrages auch schriftlich unmittelbar miteinander verkehren.

Artikel 27.

Wasserrechtliche Behandlung.

Auf Wasserschutz- und Regulierungsbauten, die nach diesem Vertrage zu beurteilen sind, findet hinsichtlich ihrer zwischenstaatlichen Behandlung Artikel 31, Absatz 8, des èechoslovakisch-österreichischen Grenzstatutes Anwendung.

Artikel 28.

Bauprogramme über Dammbauten.

Die Vertragsstaaten werden sich die Bauprogramme über Dammbauten rechtzeitig, und zwar mindestens ein Jahr vor der beabsichtigten Bauinangriffnahme, zur Kenntnis bringen.

Artikel 29.

Grenzübertritt und Zollbehandlung.

(1) Für den Grenzübertritt anläßlich von Arbeiten und sonstigen Funktionen im Sinne dieses Vertrages gelten die Bestimmungen des Artikels 6 des èechoslovakisch-österreichischen Grenzstatutes.

(2) Die Vertragsstaaten sichern sich die zoll- und abgabenfreie Einfuhr der für die in den Rahmen dieses Vertrages fallenden Arbeiten notwendigen Baumaterialien zu, falls solche Arbeiten von einem Staate auf dem Gebiete des anderen Staates, bei es auf eigene oder gemeinsame Kosten, durchgeführt werden. Das gleiche gilt für die bei diesen Arbeiten zur Verwendung gelangenden Werkzeuge und Geräte unter der Bedingung ihrer Rücküberführung nach Vollendung der Bauarbeiten.

(3) Für die Beförderung der nach diesem Vertrage in Betracht kommenden Baumaterialien; Werkzeuge und Geräte über die Grenze werden sich die Vertragsstaaten alle zulässigen Erleichterungen gewähren.

Artikel 30.

Ratifikation und Geltungsdauer.

Dieser Vertrag soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen sobald wie möglich in Wien ausgetauscht weiden. Der Vertrag tritt vier Wochen nach dem Austausche der Ratifikationsurkunden in Kraft und kann von jedem Vertragsstaate vor Ablauf eines Kalenderjahres für das Ende des nachfolgenden Jahres gekündigt werden.

Dieser Vertrag wurde in zwei übereinstimmenden Urschriften in èechoslovakischer und deutscher Sprache ausgefertigt; beide Wortlaute haben gleiche Geltung.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Geschehen in Prag, am 12. Dezember eintausendneunhundertzwanzigacht.

Ing. VÁCLAV ROUBÍK m. p.

Ing. RUDOLF HOLENIA m. p.

Schlußprotokoll

zum Vertrage zwischen der Èechoslovakischen Republik und der Republik Österreich

zur Regelung der technisch-ökonomischen Fragen in den Grenzstrecken der Donau, March und Thaya.

Bei Unterzeichnung dieses Vertrages sind die gefertigten Bevollmächtigten über folgende Erklärungen übereingekommen:

Durch die Bestimmungen dieses Vertrages sollen die Verpflichtungen der Vertragsstaaten, welche für sie aus anderen internationalen Verträgen erwachsen, nicht berührt werden.

Soferne in diesem Vertrage von der Kostentragung durch die Staaten gesprochen wird, ist die Frage der Aufbringung dieser Kosten durch die allfällige Heranziehung anderer Faktoren als des Staates selbst eine Angelegenheit der innerstaatlichen Regelung.

Dieses Schlußprotokoll bildet einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages und bedarf nicht einer separaten Ratifikation.

Geschehen in Prag, am 12. Dezember eintausendneunhundertzwanzigacht.

Ing. VÁCLAV ROUBÍK m. p.

Ing. RUDOLF HOLENIA m. p.

 


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