Pondìlí 2. èervence 1934
Die Pseudovertreter der Bauern im èechoslovakischen Parlament, die Vertreter des Bundes der Landwirte und die èechischen Agrarier, stimmen ein bewegtes Klagelied über die Lage auf dem Dorfe an. Nicht weniger als 85 Anträge und Resolutionen wurden von Seite dieser Parteien wie auch von Seite der Sozialdemokraten in der letzten Zeit eingebracht, die dafür sorgen sollen, daß die katastrophale Lage auf dem Dorfe beseitigt wird, daß den Bauern Hilfe gebracht wird, daß die Auswirkungen der Mißernte beseitigt werden. Dabei gehen die Herren von dem Standpunkte aus, daß die Ursache der katastrophalen Lage auf dem Dorfe in der heutigen Mißernte besteht. Ich glaube, daß wir gerade dies em Umstande mit aller Energie entgegentreten müssen. Die Ursachen der heutigen Lage auf dem Dorfe sind nicht darin zu such en, daß wir im heurigen Jahre Mißernte und Dürre haben, die in katastrophalem Ausmaße die Bodenfrüchte vernichtet hat, im Gegenteil, wir müssen feststellen, daß diese Dürre wohl die Lage auf dem Dorfe ungeheuer verschlechtert hat, daß aber die eigentliche Ursache darin besteht, daß von Seite der herrschenden Klassen und ihrer Parteien in der Èechoslovakei sowie in der ganzen kapitalistischen Welt seit Jahren eine bauernfeindliche Politik getrieben wurde. Wenn wir uns erinnern, wie die Börse auf die Meldungen über die Miß ernte reagiert hat, wenn wir feststellen konnten, daß die Preise der Agrarprodukte, die in den Händen von Großspekulanten, Wuch erern und großagFrarischen Genossenschaften sich befinden, angezogen haben, wie diese Institutionen geradezu mit einem Taumel der Leidenschaft, der Profitwut reagieri haben, wie direkt Bittprozessionen veranstaltet wurden, damit ja die heurige Miß ernte noch ein größeres Ausmaß annimmt, dann kann man sich über die Ehrlichkeit der hier gestellten Anträge ein klares Bild machen. Die eigentlichen Ursachen der katastrophalen Lage auf dem Dorfe liegen viel tiefer, sie liegen in der geradezu verbrecherischen Zoll- und Handelspolitik, die von Seite der Kapitalisten, selbstverständlich auch von Seite der èechoslovakischen Regierung Jahre hindurch getrieben wurde, eine Zollund Handndelspolitik, die in ihren Auswirkungen nicht nur die Industrie zugrundegerichtet hat, die eine Millionenarmee von Arbeitslosen erzeugt hat, sondern didie in ihren letzten Auswirkungen auch dazu beigetragen hat, daß die Lage der kleinnen und mittleren Bauern einer Katastrophe entgegeneilt. Die Ursache der Krise auf dem Dorfe liegt auch auf der Linie der Rationalisierung der Landwirtschaft, wie wir sie heute in einer ganzen Reihe von außereuropäischen Staaten zu verzeichnen haben, mit denen selbstverständlich die ausgeplünderten kleinen und mittleren Bauern der Èechoslovakei nicht mit den gleichen Methoden konkurrieren können. Die Ursachen der heutigen Lage auf dem Dorfe liegen in der direkt stupiden Eintreibung der Steuern. Man nimmt heute den Bauern die letzte Kuh, die letzte Ziege aus dem Stall, wenn er Steuerrückstände hat und verschleudert sie an den Großhändler, wie das besonders im deutschen Gebiete der Fall ist, an èechische Aufkäufer, die sich der Exekutor bis in das letzte Dorf mitbringt. Aber diese Tatsache wird ja zum Teil zugegeben in diesen 85 Anträgen, die dem Parlamente in den letzten 2 Monaten zugegangen sind. Aber darüber hinaus gibt es noch eine entscheidende Ursache, über die alle Vertreter der agrarischen Parteien, aber auch die Vertreter der sozialdemokratischen Parteien ängstliches Stillschweigen bewahren, nämlich die katastrophale Preisdiskrepanz. Ich möchte einige Beispiele aufzeigen. Die Preise der agrarischen Produkte sind in den letzten paar Wochen mitunter um mehr als 100% gestiegen, aber erst in einem Monate, als sie bereits längst aus den Händern der Bauern in die Hände der großagrarischen Genoss enschaften, Großhändler und Großwucherer gekommen waren. Zu Ende der vorjährigen Ernte haben die Bauern für 100 kg Korn 70 Kè bekommen. Diese haben selbstverständlich nicht ausgereicht, um dem Bauern seine Arbeitskräfte zu ersetzen, die Arbeitskräfte seiner Tiere, die Abnützung seiner Geräte, den Kauf von Kunstdünger, kurz die Produktionskosten, die er in das Korn hineinstecken mußte. Andererseits müssen wir aber feststellen, daß ein kg Brot in den Städten, in den Industrieorten 2 Kè, 2.20 Kè, ja in manchen Gebieten sogar 2.40 Kè kostet; und wenn wir uns fragen, wo der Zwischengewinn stecken bleibt, müssen wir feststellen, daß er nicht in die Hände der Gewerbetreibenden, der Bäcker usw. gelangt, sondern daß er eben wieder von den großagrarischen Genossenschaften eingesteckt wird, deren Vertreter in der letzten Zeit hier im Parlament 85 Anträge zur Hilfe der Bauern eingebracht haben.
Das ist nicht das einzige Beispiel der Preisdiskrepanz, die wir bei den agrarischen Produkten feststellen können. Ich verweise in diesem Zus ammenhang auf einen zweiten Punkt, nämlich auf die Preisdiskrepanz, die wir beim Zucker haben. Während noch im Jahre 1927 die Bauern für 100 kg Zuckerrübe 32 Kè bekommen haben, ist im Vorjahre der Zuckerrübenpreis auf 9.20 Kè zurückgegangen. Er wurde um ungefähr 70 bis 80% reduziert. Was sehen wir aber auf der anderen Seite? Der Zucker, der im Jahre 1927, als die Zuckerrübe 32 Kè kostete, auf 6 bis 6.40 Kè pro Kilo gestanden ist, steht heute und stand im Vorjahre, wo die Zuckerrübe auf 9.20 Kè stand, genau so auf 6.20 Kè. Obwohl der Zuckerrübenpreis so gesunken ist, ist der Zuckerpreis der gleiche geblieben, wobei überdies die Zuckerfabriksbesitzer eine bedeutende Herabsetzung der Löhne ihrer Arbeiter durchgeführt haben.
Auch in anderer Beziehung können wir dasselbe beobachten. In den hier vorliegenden Anträgen und Resolutionen wird über die Not des Saazer Landes ein besonders wehmütiges Lied gesungen. Was müssen wir aber feststellen? Daß sich wohl im Vorjahre die Aufhebung der Prohibition in Amerika auf das Saazer Gebiet etwas ausgewirkt hat, aber im Jahre 1932 haben die Saazer Hopfenbauern für 100 kg Hopfen 192 Kè bbekommen, während sie für 100 Kilo Hopfen vor 6 bis 7 Jahren 4000 bis 5000 Kè bekommen haben. Während der Zeit des teuern Hopfens hat das Krügel Bier in den Städten und Industrieorten 1.60 und 1.70 Kè gekostet. Der Hopfenpreis ist auf 192 Kè zurückgegangen, der Bierpreis ist aber gleich geblieben, obwohl noch dazu die Gerste gleichfalls einen Preisverfall durchgemacht hat und die Besitzer der Bierbrauereien eine erhebliche Herabsetzung der Arbeitslöhne durchgesetzt haben. Wenn man also heute Krokodiltränen darüber vergießt, daß es den Bauern schlecht geht, so muß man in erster Linie sagen, daß sie die Nutznießer dessen gewesen sind, daß die Lage auf dem Dorf sich so katas trophal entwickelt hat und daß die Herren trotz der 85 Anträge keine Ursache haben, eine Milderung der Agrarkrise herbeizuführen, weil sie auch heute noch Millionen und Milliarden weiter zu verdienen gedenken. Die Diskrepanz, die zwischen dem Preis der agrarischen Produkte beim Bauern und beim Konsumenten besteht, dieser Zwischengewinn gelangt bis auf den letzten Pfennig in die Taschen der großagrarischen Genossenschaften. Dieser Tatsache ist in erster Linie die katastrophale Lage der Bauernrn zuzuschreiben, eine Lage, die jetzt durch die Dürre noch bedeutend verschärft wird. [ ].
Wir müssen den Bauern ganz klar
diese Tatsachen aufzeigen. Man versucht, ihnen einzureden,
daß die Schuld an der Agrarkrise die Arbeiter haben, indem man
den Anspruch der Arbeiter auf den Achtstundentag demagogisch dazu
ausnützen will, um die Bauern gegen die Arbeiter aufzupeitschen.
In einer ganzen Reihe von Dörfern haben die christlichsozialen
und agrarischen Parteien versucht, eine Pogromhetze zu entfalten,
wie es in der letzten Zeit Hitler entfaltet hat, um ein Aus puffventil
für die große Unzufriedenheit, die in den Dörfern zu beobachten
ist, zu schaffen. Wir werden aber diesbezüglich einen Rie gel
vorschieben, wir werden den Bauern klar sagen, wo ihr Platz ist,
ihnen sagen, daß sie und die Arbeiterschaft einen gemeinsamen
Feind haben. Dieser gemeinsamen Feind ist der Kapitalismus, der
repräsentiert wird von ihren Pseudovertretern in den agrarischen
Parteien. Diesen gemeinsamen Feind müssen sie stürzen und eine
einheitliche Front mit der Arbeiterklasse errichten, eine sozialistische
Gesellschaftsordnung, damit auch für die Bauern eine dauernde
und gesicherte Existenz geschaffen wird! (Potlesk.)