Ètvrtek 7. èervna 1934

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 330. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 7. èervna 1934.

1. Øeè posl. dr Bachera (viz str. 15 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wenn wir jetzt im Juni des Jahres 1934 dazu übergehen, den Rechnungsabschluß des Jahres 1932 zu überprüfen, so wird dies zum großen Teil als eine überholte Angelegenheit empfunden werden, und ich verstehe sehr wohl, wenn sich noch weitergehende Interesselosigkeit äußert, als wir sie in den letzten Monaten oft genug hier im Hause beobachten konnten. Das Rad der Geschichte dreht sich jetzt mit geradezu unheimlicher Geschwindigkeit und dies gilt nicht nur von den politischen Geschehnissen, sondern auch von den mit ihnen im engsten Zusammenhang stehenden wirtschaftlichen Erscheinungen. Wenn jedoch dem Staatsrechnungsabschluß in diesem Hause nicht jenes Interesse zugewendet wird, das man dieser wichtigen Materie gegenüber erwarten könnte, so liegt das nicht nur an den zeitlichen Umständen, liegt das nicht nur darin, daß der Rechnungsabschluß, wie ich erwähnt habe, als eine verspätete Angelegenheit empfunden wird, sondern es liegt an dem ganzen Wesen unserer Kontrolle.

Der Herr Berichterstatter Abg. Remeš hat hier die Rechnungskontrolle in ganz ungemein scharfer Weise kritisiert und ich glaube, daß wir ihm alle nur dankbar sein können, daß er mit einer derartigen Schonungslosigkeit den Finger auf die Wunde der ganzen Rechnungskontrolle gelegt hat. Es war schon der verstorbene Präsident des Obersten Kontrollamtes, der hochverehrte Herr Dr. Koerner, welcher wiederholt darauf hingewiesen hat, daß die Stellung des Obersten Rechnungskontrollamtes und seines Chefs keineswegs als zweckentsprechend angesehen werden könnte. Das Oberste Rechnungskontrollamt ist eigentlich nur dem Chef des betreffenden Ressorts Rechnung schuldig. Nach außenhin hat es keine Rechenschaft zu legen, nach dem Gesetz auch nicht dem Hause oder den Mitgliedern des Hauses. Wenn man sich daher an das Oberste Kontrollamt mit der Bitte wendet, es möge einen wirtschaftlichen Vorgang aufklären, so muß es die Antwort geben: "Ihnen können wir nichts sagen, wir sind nur dem betreffenden Ressort Rechenschaft schuldig und haben nur ihm Rechenschaft zu legen". Dazu kommt noch, daß das Oberste Kontrollamt lediglich eine buchhalterische Stellung einnimmt und zu einer meritorischen Kontrolle der zweckmäßigen Gebahrung überhaupt nicht berechtigt oder verpflichtet ist. Das ist ein außerordentlicher Mangel, und es war mir höchst interessant, in dem Entwurf des neuen Verfassungsgesetzes in Österreich, also eines autoritären Staates, zu lesen, daß dort das Oberste Kontrollamt auch dem Hause gegenüber direkt Rechenschaft schuldig ist.

Wenn der Herr Berichterstatter auf die Kontrolle innerhalb der einzelnen Ressorts eingegangen ist und die geradezu groteske Tatsache erwähnt hat, daß man von einem untergeordneten Beamten verlangt, seinen Vorgesetzten gewissermaßen zu kritisieren, so hat er damit ins Schwarze getroffen, ebenso aber auch mit seiner Bemerkung und seinem Appell an das Parlament, es möge nicht Ruhe geben, ehe an dieser Kontrolle wesentliche Änderungen vorgenommen werden.

Wir haben in der letzten Zeit auf dem Gebiete der Staatswirtschaft eine ganze Reihe von unangenehmen Erscheinungen beobachten können, und daß diese nicht mehr Staub aufgewirbelt haben, ist wohl zurückzuführen auf die bewährten "pokyny" der Staatsanwaltschaften an die Zeitungen, durch die es vielleicht sogar möglich wäre - Gott behüte uns davor! - eine Stawisky-Affäre vor der Öffentlichkeit vollständig zu verbergen. Gott sei Dank sind wir noch nicht so weit geraten, aber auch die Erscheinungen, welche wir bei den Schwellenlieferungen usw. wahrgenommen haben, geben gewiß allen Anlaß zu weitgehenden Reformen in der Kontrolle der öffentlichen Verwaltung. Allerdings darf man hier die Initiative nicht allein von der Regierung erwarten, sondern die stärkste Initiative müßte, wie auch der Herr Berichterstatter angedeutet hat, aus dem Parlament selbst hervorgehen. Im Parlament müßte der Wille bestehen, nachdem es schon die Ersparungskommission eingerichtet hat, auch mit aller Energie an die Kontrolle der Verwaltung der öffentlichen Gelder heranzugehen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Taub.)

Wenn ich mich gewissen Einzelheiten zuwende, möchte ich auch zu der vom Herrn Berichterstatter empfohlenen Resolution Stellung nehmen. In dem vierten Absatz der Resolution wird da verlangt, es möchten die Steuern und Gebühren, ebenso aber auch die noch rückständige Vermögensabgabe - offenbar meint er auch die Vermögenszuwachsabgabe - wirksamer eingetrieben werden. Meine Herren! Wenn wir die Steuereintreibung in den letzten Jahren beobachten, werden wir doch wirklich alle zugeben müssen, daß hier ein Plus an Energie nicht mehr möglich ist, aber auch nicht mehr erträglich ist. Unsere Gewerbetreibenden, Kaufleute, Industriellen, aber auch unsere Angestellten leiden unter dem Zugriff der Steuerbehörden bereits derart, daß dadurch schwere wirtschaftliche Schäden entstehen. Hier in einer Resolution die Steuerbehörden gewissermaßen noch dazu anzutreiben, in den gegenwärtigen Zeiten ihre Peitsche mit noch größerer Grausamkeit über den Steuerträgern zu schwingen, wird einfach in den breitesten Schichten der Bevölkerung heute nicht verstanden werden. Es kann aber noch weniger verstanden werden, wie insbesondere die Eintreibung der Vermögensabgabe heute mit noch größerer Energie gefordert wird. Aus welchem Fond wird heute die Vermögensabgabe und die Vermögenszuwachsabgabe gezahlt? Sie werden beide heute nicht aus dem Vermögen, sondern aus dem Einkommen bestritten. Wir erinnern uns genau an die Gesetze und Verordnungen, die im Jahre 1919 erflossen sind. Es wurden gewisse Schätzungen der Vermögen vorgenommen, es wurde gesagt, wie hoch die österreichische und die ungarische Krone anzusetzen ist, wie hoch ungarische Hypothekenpfandbriefe, deutsche Mark usw. zu bewerten sind. Es dauerte kein Jahr und schon waren diese Schätzungen nichts anderes als Hausnummern. Ganze Vermögen, die der Vermögensabgabe unterworfen wurden, waren unterdessen in Trümmer zerfallen, aber trotzdem war von diesen Ansätzen die Vermögensabgabe zu zahlen. Das liegt jetzt 15 Jahre zurück. Wozu ist eigentlich die Vermögensabgabe zu verwenden? Sie ist zu verwenden zur Abtragung der ungedeckten Staatsnotenschuld und es wurde schon damals, als bestimmt wurde, daß die Vermögensabgabe dazu herhalten solle, von gewiegten Kennern des Finanzwesens, ich erinnere da an den verstorbenen Dr. Foøt, hervorgehoben, daß wohl ein anderer Weg zur Abtragung der ungedeckten Staatsnotenschuld günstiger wäre. Dieser Weg wurde aber nicht eingeschlagen, man hat also die Vermögens- und Vermögenszuwachsabgabe, von der ich wiederhole, daß sie vom Einkommen, nicht aber aus dem Vermögen bezahlt wird, daß sie somit ihren Charakter vollständig verloren hat, zur Abtragung dieser Schuld verwendet. Fünfzehn Jahre nachher werden diese Abgaben noch immer eingehoben, und es sind Fälle vorgekommen, wo sie einfach nicht eingetrieben werden konnten, weil sich die Akten wer weiß wo herumgewälzt haben. Nun kommt das Haus und sagt: Nicht nur die üblichen Steuern und Abgaben, sondern auch die Vermögensabgabe soll mit noch größerer Energie eingetrieben werden. Ich glaube, eine derartige Aufforderung wird von unseren unter der Krise so furchtbar leidenden Schichten der Bevölkerung heute mit Entsetzen aufgenommen werden. Ich verstehe einfach nicht, wie sich die Mehrheit des Bud getausschusses zu einer derartigen Formulie rung verstanden hat und ich würde im Interesse des Ansehens des Hauses bei den Steuerträgern empfehlen, diesen Passus auszuscheiden, namentlich aber jenen Passus, daß sich die Eintreibung der Vermögensund Vermögenszuwachsabgabe noch härter und grausamer vollziehen möge.

Was nun die einzelnen Posten anbelangt, so will ich mich darauf, weil es sich eben um Posten des Jahres 1932 handelt, nicht näher einlassen. Bitte, es wird jeder von uns zugeben, daß die Dinge sich so entwickelt haben, daß man im Herbst 1931 die Ausgaben des Jahres 1932 nicht übersehen konnte. Ich will aber nur bemerken, daß die damalige Opposition und die sogenannte Opposition schon bei der Zusammenstellung des Budgets des Jahres 1932 wiederholt darauf hingewiesen hat, daß angesichts der Entwicklung der Verhältnisse in der Wirtschaft die Posten des Budgets zu optimistisch angenommen zu sein scheinen, worauf aber keine Rücksicht genommen wurde. Der Staatsrechnungsabschluß des Jahres 1932 gibt denjenigen Recht, welche auf diesen Umst nd bereits im Herbst 1931 hinzuweisen sich erlaubt haben.

In diesem Staatsrechnungsabschluß, so eng dieses Elaborat auch gefaßt ist, spielt die Fondswirtschaft eine gewisse Rolle. Ich muß Ihnen offen sagen, daß ich kein Freund der Fondswirtschaft bin, aber doch zugeben muß, daß es in gewissen Fällen ein Auskunftsmittel ist, namentlich unter den heutigen Verhältnissen, ein Auskunftsmittel, über das man nicht hinwegkann. Aber ich möchte doch die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, um auf folgende Tatsache hinzuweisen. Wir haben, meine Damen und Herren, Fonds eingerichtet für die verschiedensten wirtschaftlichen Verhältnisse. Wir haben einen Kunstdüngerfond, einen Straßenfond, einen Wasserwirtschaftsfond usw. Wir haben aber bisher keinen Fond für kulturelle Zwecke. Es ist natürlich, daß unter derartigen Verhältnissen, wie wir sie heute haben, wo der Kampf ums Brot, um den Arbeitsplatz so erschreckende Formen angenommen hat und die Sorge um die notwendigsten Bedürfnisse des Lebens den Menschen bedrückt, die materiellen Bedürfnisse so stark in den Vordergrundrücken, daß sie unsere ganzen Debatten seit Monaten beherrschen. Wir vergessen aber dabei, daß es zwar heißt: "Primum vivare, deinde philosophari", daß aber zum "vivere" und nicht nur zum "philosophari" auch die kulturellen Bedürfnisse gehören.

Ich will diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, um darauf aufmerksam zu machen, daß das kulturelle Leben in der Republik derzeit auf das Schwerste bedroht ist. Wir machen Abstriche in unserem Schulwesen, welche die ganze Entwicklung unseres Schulwesens gefährden. Es sind eine ganze Reihe von Lehrstellen unbesetzt. Bitte, wenn es sich um ein Realgymnasium handelt, kann man schließlich einen Professor den oder jenen Gegenstand mitunterrichten lassen, bei Fachschulen aber wird es sich sehr bald zeigen, daß in der Fachschule gewisse Gegenstände überhaupt nicht werden unterrichtet werden können und daß wir den jungen Menschen mit dem Zeugnis der Fachschule ins Leben hinausschicken werden, ohne daß er den Lehrstoff wirklich erlernt hat. Damit machen wir aber diesen Menschen im Lebenskampf konkurrenzunfähig und entwerten die Zeugnisse unserer Fachschulen.

Ganz trostlos sieht es aber gegenwärtig in unseren Theaterverhältnissen aus. Es betrifft dies nicht nur die deutschen, sondern auch die èechischen Theater. Es wird vielleicht Leute geben, die sagen: "Na schließlich, auf das Theater kann man verzichten". Ich bin gegenteiliger Ansicht, ich bin der Ansicht, daß in der ganzen Entwicklung - und man kann die kulturelle Entwicklung von der materiellen nicht trennen - unser Theaterwesen einer viel größeren Aufmerksamkeit und Fürsorge bedürfen würde. Wir lesen von allen möglichen Theatern, daß sie sich in außerordentlicher Not befinden und wir müssen ja alle zugeben, daß die Entwicklung unseres Theaterwesens und unserer Musik hier in der Èechoslovakei unseren Stolz bedeutet, daß das Deutsche Theater in Prag in Europa eine Stellung eingenommen hat, die zumindest als höchst achtunggebietend bezeichnet werden konnte. Durch die materielle Not unseres Theaters und unserer Künstler ist sehr Vieles von dem, was in unerhörter Arbeit und mit Aufwand von viel Talent erreicht wurde, bedroht und in höchstem Maße gefährdet. Unsere deutschen Institute sind allerdings in dieser Beziehung in einer größeren Gefahr als die èechischen Institute, wobei ich aber keineswegs die Not der èechischen Theater unterschätzen möchte. Ich möchte aber denn doch darauf hinweisen, daß das Deutsche Theater in Prag nicht nur für die Deutschen Prags von Bedeutung ist, sondern, da ja so oft vom Prestige der Republik gesprochen und geschrieben wird, heute für das Prestige der Republik auch eine besondere Bedeutung hat. Denken Sie doch daran, wieviel Ausländer nach Prag kommen und da sie der èechischen Sprache nicht mächtig sind, das Deutsche Theater besuchen und nach dem Niveau des Deutschen Theaters unsere Kunst beurteilen. Wir konnten bisher mit Stolz sagen, daß sich gerade das Deutsche Theater in Prag in einer ausgezeichneten Weise von vielen Theatern abhebt, die als Provinztheater eventuell mit ihm vergleichsweise in einen Rang hätten gestellt werden können. Das Niveau des Deutschen Theaters ist ein außerordentlich hohes und der friedliche Wettbewerb der deutschen und der èechischen Kunst hat dazu geführt, daß gerade hier in Prag sowohl die deutsche, als auch die èechische Darstellungskunst sich bemüht hat, Höchstleistungen hervorzubringen. Diesem Deutschen Theater wurde die Subvention - wenn ich den Beitrag des Landes der Einfachheit halber als Subvention bezeichnen will, wenn es auch keine Subvention ist - sie ist an sich nicht hoch - herabgesetzt: Sie hat im Ganzen 2,750.000 Kè betragen, also eine Subvention, wie sie in Deutschland in der Regel die kleinen Provinztheater bekommen. Dieser Betrag wurde nun auf ein Drittel, auf 800.000 Kè, heruntergesetzt. Unter diesen Umständen kann das Deutsche Theater seine bisherige Aufgabe nicht mehr erfüllen, weil die Mittel der Bevölkerung begrenzt sind, was die Bezahlung der Sitzplätze usw. betrifft. Trotzdem sich für das Theater eine große private Opferwilligkeit gezeigt hat, ist sehr zu befürchten, daß das Deutsche Theater, welches auch vielen èechischen Werken erst den Weg über die Grenzen unseres Landes hinaus vermittelt hat, seine hohe Mission unter diesen Umständen nicht weiter wird erfüllen können. Ich bedauere es, daß die Notlage des Deutschen Theaters von verschiedenen Seiten dazu benützt wird, um Angriffe gegen das Theater zu unternehmen, die nicht sachlich begründet waren und daß Stimmung gegen dieses Institut gemacht wurde, was der weiteren Entwicklung nur schädlich sein kann. Ich möchte daher bitten, dem Theaterwesen, insbesondere auch dem Deutschen Theater in Prag, eine größere Aufmerksamkeit und, wenn ich so sagen darf, eine liebevollere Aufmerksamkeit zuzuwenden, als es in der letzten Zeit der Fall gewesen ist.

Wie aber, so wird man fragen, wäre den Theatern aufzuhelfen? Ich bin der Ansicht, daß, von all den Vorschlägen, die bisher gemacht wurden, wenn wir über die Herbeischaffung der Mitteln nachdenken, doch die Einrichtung eines eigenen Theaterfondes mit Hilfe des Radio noch einer der besten Auswege wäre. Wir haben bei uns nach den letzten Zählungen 615.000 Radioabonnenten, hievon dürften 600.000 den Beitrag bezahlen, welcher jährlich 120 Kè ausmacht. Wenn wir den Monatsbeitrag für das Radio erhöhen, so werden die Radioempfänger das angesichts dessen, was ihnen das Radio bietet, sicher gerne bezahlen, wenn sie wissen, daß das sicher auch anderen wichtigen kulturellen Institutionen zu statten kommt. Durch die Erhöhung der Radiogebühren und durch die Einrichtung eines Fonds könnten jene Mittel herbeigeschafft werden, die unsere Kunst, unser Theaterwesen vor der Verelendung bewahren und dieses Opfer, das von der Bevölkerung gebracht würde, dieser Aufwand stünde gewiß in keinem unrichtigen Verhältnis zu dem Zweck, wenn wir uns dessen wirklich bewußt werden, was unser Theaterwesen, was unsere Kunst heute für die ganze Entwicklung des Staates und seiner Bevölkerung bedeutet.

Der Herr Finanzminister hat in seinem sehr klaren und ausführlichen Exposée im Zus ammenhang mit dem Staatsrechnungsabschluß auch auf die Aufgaben des Staates verwiesen, in dem er sich von dem Gedanken leiten ließ, es hätte keinen Wert, auch bei der Behandlung des Staatsrechnungsabschlusses das Auge nur nach hinten schweifen zu lassen, ohne den Blick nach vorwärts zu richten. Diese Auffassung ist vollkommen richtig. Es ist heute unsere Aufgabe, viel mehr in die Zukunft als in die Vergangenheit zu sehen und darauf zu achten, daß Maßnahmen, welche ergriffen werden, auch zweckentsprechend sind, daß sie derartig sind, daß sie uns die Konkurrenz mit anderen Staaten im wirtschaftlichen Wettbewerb der Welt ermöglichen.

Bei diesem Anlaß möchte ich auch auf gewisse Umstände aufmerksam machen, welche in die allerjüngste Zeit gehören. Der Herr Finanzminister hat als eines der größten Löcher in unserem Budget das Eisenbahnwesen genannt. Es ist für jeden, der sich mit der Materie beschäftigt hat, sicher eines der größten und schwierigsten Probleme, insbesondere dann, wenn so wenig Geld in der Staatskasse ist, daß man beispielsweise das macht, was das Zweckentsprechendste wäre, daß man die kurzen Lokalbahnstrecken so rasch als möglich vollständig aufhebt und durch den Automobilverkehr ersetzt. Aber gerade diese Beobachtung: "Wie gestaltet sich heute der Eisenbahnverkehr, wie gestaltet sich der Automobilverkehr und wie gestaltet sich bei uns der Konkurrenzkampf zwischen Eisenbahn und Automobil?" zeigen uns, daß dieser Kampf so geführt wird, daß er dem Geist der Zeit nicht entspricht. Das führt mich auch auf die Beobachtung gewisser Maßnahmen, welche da von Zeit zu Zeit getroffen werden. Da möchte ich auch das Haus auf den sogenannten Begünstigungsvertrag aufmerksam machen, den am 19. Mai die Staatsverwaltung mit den Grubenbesitzern getroffen hat. Dieser Begünstigungsvertrag zielt darauf hin, daß diejenigen Schächte, welche sich nicht der Eisenbahn bedienen und welche ihre Abnehmer nicht zwingen, sich der Eisenbahn zu bedienen, der begünstigten Ausnahmstarife nicht teilhaftig werden, daß also die tunlichste Ausschaltung des Automobils und die Benützung der Eisenbahn damit belohnt wird, daß dem betreffenden Schachtbesitzer die Ausnahmstarife zugesichert werden, während derjenige, der sich als ein Freund der Automobilbeförderung entpuppt, dieser Ausnahmstarife nicht teilhaftig wird. An sich ist gegen dieses Prinzip vom Standpunkte des lauteren Wettbewerbs sehr viel einzuwenden. Es wäre verlockend, diese Begünstigungsverträge einmal unter dem Gesichtswinkel des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb zu überprüfen. Aber abgesehen vonn dieser juristischen Frage möchte ich denn doch auf die wirtschaftliche Seite dieser sogenannten Begünnstigungsverträge hinweisen. Wie sehen denn die Begünstigungsverträge aus? Die Zone, die dem Grubenbesitzer für den Automobilverkehr freigelassen wird, hat einen Radius von 30 km und sie reicht also nicht einmal von Prag nach Mìlník, weil das un gefähr 38 bis 40 km sind. Dann wird das sogenannte zertifikkatmäßige Lade gewicht des betreffenden Automobiltyps herangezogen, es wird also jeder Wagen überprüft, welchem Typ des Ladegewichts er angehört und nun wird das Zertifikat ausgestellt. Diese Einhaltung des zertifikatsmäßigen Ladegewichts führt dazu, daß auch in dieser Zone von 30 km die Automobile keineswegs ausgenützt werden können. Denn beim Kohlentransport war es üblich, daß dieses sogenannte Ladegewicht mit 100 % bei kleinen Wagen, mit 60 % bei großen Wagen überschritten wurde. Diese Überschreitungen sind jetzt nicht möglich, sondern es darf nur das zertifikatsmäßige Ladegewicht des betreffenden Typs ausgenützt werden, und nach meinen Informationen bedeutet das soviel, daß bei sogenannten 6 bis 8 Tonnenwagen ein Gewicht von 5.100 kg nicht überschritten werden darf, d. h. also, daß auch in dieser Zone von 30 km Lastwagen nicht voll ausgenützt werden können und daß so ein Wagen im besten Fall mit der halben Ladung vom Schachte wegfährt. Das kann man doch nicht anders als ein höchst unwi rtschaftliches System bezeichnen. Ich kann mir nicht helfen, daß ich zu einer so scharfen Kritik greifen muß, aber ich denke mir doch, daß der Konkurrenzkampf der Eisenbahn mit dem Automobil nicht so geführt werden darf, daß man den Automobilverkehr nicht nur derart einschränkt, sondern, daß man ihn noch mit rafinierten Mitteln zu einem unwirtschaftlichen System zwingt, nachdem man ihn vorher mit den schwersten Steuern belastet hat.

Ein solches System kann meiner Ansicht nach die Eisenbahnen unter keinen Umständen retten. Dieser Kampf zwischen Eisenbahn und Automobil kann nicht im Sinne des Rückschritts geführt werden, sondern er kann nur geführt werden im Sinne des technischen Fortschrittes, d. h. daß die Eisenbahn sich das Automobil in ihren Dienst irgendwie so eingliedert, daß sie rentabel wird. Aber die Kohlenbesitzer und Kohlenbezieher zu unrentablen Ausgaben zwingen, bedeutet meiner Ansicht nach eine Versündigung gegen das wirtschaftliche Prinzip und es wäre hoch an der Zeit, daß diese Begünstigungsverträge nach der rechtlichen und wirtschaftlichen Seite hin überprüft werden. Ich glaube nicht, daß irgend jemand, sei es der Eisenbahner, sei es der Automobilverfrächter, sei es der Kohlenbezieher, von diesem Begünstigungsvertrag bei der schweren Konkurrenz, die unsere Industrie zu führen hat, einen Vorteil haben könnte.

Dies waren die Fragen, mit denen ich mich im Anschluß an den uns vorliegenden Bericht eingehender befassen wollte. Im Wesen hat der Herr Finanzminister in seinem Vortrag sehr Vieles von dem hervorgehoben, was in diesem Zusammenhang gesagt werden muß. Es war sehr erfreulich, daß der Herr Finanzminister seine Aufmerksamkeit auch auf die handelspolitische Lage des Staates gerichtet hat, wobei ich bemerken würde, daß wir unter keinen Umständen heute dabei stehen bleiben können, unsere Augen immerfort nur auf die unmittelbare Nachbarschaft und den Südosten Europas zu richten, sondern daß wir uns mit allen Kräften anstrengen müssen, sowie es Japan trotz seiner Devalvation getan hat, auch auf die weiteren Auslandsmärkte vorzudringen.

Die Devalvation hat sich im allgemeinen bewährt, sie war keine unrichtige Maßnahme, sie war eine richtige Maßnahme, sie hat nicht zu der Preissteigerung geführt, die man als Teufel an die Wand gemalt hat, sondern unsere Preise sind stabil geblieben. Aber man kann von dieser Devalvation um 16 2/3 % keine Wunder erwarten. Es kann diese Devalvation nur ein Teil, ein kleiner Sektor im Kreise der Maßnahmen sein, die vom Staate getroffen werden müssen, um auch der wirtschaftlichen Entwicklung auf die Beine zu helfen, soweit es natürlich in seiner Macht liegt. Von diesem Standp unkte jedoch bedauere ich es, daß alles in einem derartigen Schneckentempo geht. Seit Jahr und Tag wird von dem Reeskompte-Institut gesprochen und auch hier rührt sich nichts vom Fleck. Am 1. Mai ist die Reeskompteund Lombardanstalt ins Leben gerufen worden, mit einer großen Fülle von Aufgaben, man hat von der Ernennung des Leitungsapparates gehört. Heute stehen wir in der ersten Junihälfte, also mehr als 5 Wochen nach der Errichtung des Institutes. Ich hätte geglaubt, daß das Institut, weil es an die Landesbank angegliedert wird, in einer Woche seine Tätigkeit wird beginnen können. Wir hören aber eigentlich nichts über eine aktive Tätigkeit des Lombard - und Reeskompteanstalt, obzwar jeder Tag der heute verloren geht, die Gefahr in ssich birgt, daß ein zu erlangender Vorteil nicht erreicht wird, um nicht zu sagen, daß wir weiter in das Elend zurücksinken.

Schauen wir uns die Entwicklung des heurigen Frühjahres genauer an, so sehen wir, daß die Entwicklung, wenn auch nicht in einer steil ansteigenden Kurve, so doch hinaufgegangen ist, und daß wir uns heute wieder mit dieser Kurve der Horizontalen nähern. So erfreulich die sinkenden Arbeitslosenziffern sind, so dürfen wir uns doch nicht selbst etwas vormachen, dürfen nicht den Kopf in den Sand stecken und die Tatsache nicht sehen wollen, daß die Verringerung der Arbeitslosenziffern auch darauf zurückzuführen ist, daß unsere Gesetze und ihre Handhabung immer rigoroser und rigoroser werden und daß wir eben eine Zahl von Arbeitslosen haben, die in diesen offiziellen Ziffern nicht enthalten sind.

Ich will demnach meine Ausführungen heute mit dem Wunsch schließen, daß nicht nur auf dem Gebiete der Handelspolitik eine stärkere Aktivität eingreifen möge, daß nicht nur endlich in den Verwaltungsorganismus ein frischer Zug hineingebracht werde, ohne den wir nicht weiter existieren können, sondern daß auch alles, was beschlossen, was gemacht wird, so rasch und rechtzeitig gemacht werde, daß die Allgemeinheit der davon erwarteten Vorteile auch wirklich teilhaftig wird. (Potlesk.)

2. Øeè posl. Oehlingera (viz str. 38 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der Klub der deutschen christlichsozialen Volkspartei hat in der Sitzung vom 5. d. M. durch mich als seinen Sprecher zum Ausdruck gebracht, daß er trotz mancher Mängel der Pensionssversicherungsnovelle bereit ist, für sie zu stimmen, dies in der Voraussetzung, daß es sich hiebei tatsächlich um eine zeitgemäße Verbesserung des Pensionsversicherungsgesetzes aus dem Jahre 1929 handelt. Inzwischen wird jedoch von der Koalition dem Hause die ungeheuerliche Zumutung gestellt, aus Anlaß dieser Novelle eine Entschließung zu fassen, durch welche unter dem Titel von Verwaltungssparmaßnahmen der Pensionsanstalt die Amtsstellen B der Länder Böhmen und Mähren-Schlesien aufgelassen werden sollen. Damit würden die schwer erkämpften organisatorischen Errungenschaften des Pensionsversicherungsgesetzes aus dem Jahre 1929 zum Schaden des sudetendeutschen Volkes praktisch zunichte gemacht werden. Die geforderte Koalitionsentschließung bedeutet die Preisgabe des ohnehin sehr bescheidenen Ansatzes sudetendeutscher Selbstverwaltung bei diesen Versicherungsträgern, die Beseitigung der Geltung der deutschen Sprache in der Geschäftsführung der Landesstellen und nicht zuletzt den Verlust sudetendeutscher Arbeitsplätze.

Die deutsche christlich-soziale Volkspartei ist sich der ganzen politischen Tragweite dieser Entschließung vollauf bewußt und erhebt gegen die Änderung der bisherigen Organisation der Allgemeinen Pensionsanstalt und ihrer Amtsstellen im Namen des gesamten sudetendeutschen Volkes entschiedensten Einspruch. Im vollen Bewußtsein ihrer Verantwortung für die Interessen dieses Volkes im Staate ist sie deshalb auch gezwungen, ihre letzthin durch mich bekanntgegebene Stellungnahme zu berichtigen und wird nunmehr unter nachdrücklichstem Protest gegen die politischen Folgen des Regierungsantrages selbstverständlich gegen ihn stimmen. (Potlesk poslancù nìm. køest. soc. strany lidové.)

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