Ètvrtek 18. ledna 1934

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 314. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 18. ledna 1934.

1. Øeè posl. Kremsera (viz str. 3 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Das vorliegende Gesetz wurde durch eine große Bergwerkskatastrophe erst wieder zur Verhandlung gebracht und wir sehen darin nur eine der notwendigen Maßnahmen, aber durchaus noch nicht eine vollständige Lösung der ganzen Probleme, die mit der Katastrophe in Ossek zusammenhängen. Dieses Gesetz erfüllt nur einen Teil der Aufgaben, die von Staats wegen zu lösen sind, und die 194 Kinder, die ihre Väter, und die 125 Witwen, die ihre Männer verloren haben in dem Schacht, rufen nach mehr, als in diesem Gesetze enthalten ist und es müssen schärfere Maßnahmen getroffen werden, es müssen alle Vorsichtsmaßregeln getroffen werden, die notwendig sind, in Zukunft die Menschenleben zu schützen. 71 Deutsche und 68 Èechen haben in der Nelsongrube ein gemeinsames Grab gefunden, gemeinsam wurden sie vom Unglück ereilt. Ohne irgendwelche nationalen Unterschiede hat das Unglück alle Bergarbeiter, die sich im Schacht befanden, erfaßt. Aus dieser Tatsache heraus müssen alle Faktoren ohne Unterschied alle Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, um in Zukunft derartige Katastrophen zu verhindern.

Als eine der wichtigsten Maßnahmen erscheint aber der Kampf gegen den Geist, der heute in den Unternehmungen herrscht, den Geist, der wegen des Gewinnes Maschinen bis in die letzten riskanten Möglichkeiten treibt, gegen den Geist, der wegen Ersparungen nicht rechtzeitig Maschinen erneuert, gegen den Geist, der wegen Bilanzüberschüssen Schutzmaßnahmen entfallen läßt, gegen jenen Geist, der wegen Regiee rmäßigungen eine ordentliche Kontrolle streicht, gegen den Geist, der wegen Gewinnes die Wachsamkeit der Wächter einschränkt, die dazu bestimmt ist, für die Sicherheit der Menschen zu sorgen, gegen den Geist, der die Verantwortung der Verantwortlichen untergräbt, gegen diesen Geist, der mit Menschenleben hasardiert. Gegen diesen Geist muß die ganze Menschheit den Kamampf führen und alle möglichen Vorsorgen treffen, daß in Zukunft derartige Katastrophen vermieden werden.

Unmittelbar nach dem Unglück waren alle sogenannten Fachmänner eingeschüchtert. Sie haben nur ganz schüchterne Versuche da und dort unternommen, eine Rechtfertigung zu finden. Jetzt werden sie schon lauter, weil das Unglück schon einige Tage zurückliegt. Der Verband der Berg- und Hütten-Ingenieure hat es für notwendig erachtet, der Öffentlichkeit gegenüber eine Erklärung abzugeben, in der er sich dagegen verwahrt, daß sich andere Menschen mit dem Unglück auf der Nelsongrube beschäftigen und daß außer der einen oder der anderen amtlichen Kommission jemand noch dazu kommt, Urteile über die Katastrophe zu fällen. Es ist das eine unerhörte Anmaßung des Verbandes, wenn er sagt, daß ein Urteil über derartige Katastrophen nur Berufenen zu überlassen ist und daß nicht durch Verbreitung von vorzeitigen und entstellten Nachrichten die schon unter alltäglichen Verhältnissen ohnehin schwierige und verantwortungsreiche Tätigkeit der Bergtechniker herabzusetzen ist. Es ist wohl niemandem eingefallen, die Tätigkeit der Bergtechniker herabzusetzen, aber es wird wohl der Öffentlichkeit das Recht vorbehalten bleiben, an der Tätigkeit des Systems, das in den Schächten waltet, sowie der Art und Weise, wie man rücksichtslos gegen Menschenleben vorgeht, eine Kritik zu üben, ohne die sogenannten Fachmänner, die sich dazu allein berufen zu fühlen scheinen und das ausschließliche Recht zu haben glauben, sich dort ein Urteil zu bilden, wo sich auch andere Menschen darüber ein Urteil bilden können. (Výkøiky posl. Höhnela.) Sie haben kein Urteil darüber, Herr Höhnel, Sie sind dazu nicht fähig, sich darüber ein Urteil zu bilden, weil Sie nicht wissen, unter welch' schwierigen Verhältnissen die Bergleute zu arbeiten haben.

Den Bergtechnikern wird eine Aufgabe zufallen, die viel höher und für die Menschen viel wichtiger wäre, um in Zukunft derartige Katastrophen zu vermeiden. Wir werden trotz alledem uns in unserem Urteil nicht trüben lassen bezüglich der Untersuchung, wie die Verhältnisse auf der Nelsongrube waren.

Der Herr Minister für öffentliche Arbeiten hat in seinem Exposé im Ausschuß eine Darlegung gegeben, aber er ist einer Reihe von Fragen, die entscheidend für die Beurteilung des Unglückes sind, vollständig aus dem Wege gegangen. Eine sehr wichtige Frage ist die, welche Lampen die Bergarbeiter benützt haben. Nach den Mitteilungen der Grubenverwaltung soll angeblich die Verwendung von Karbidlampen verboten gewesen sein. Der Herr Minister hat sich in seinem Exposée vorsichtig ausgedrückt, indem er sagte, die Arbeiterschaft soll durchwegs elektrische Akkumulatorenlampen verwenden. Damit ist aber nicht gesagt, daß andere verboten sind, sondern nur "durchwegs" sollten sie solche Lampen verwenden. Wir wissen aber, daß die 6 Bergarbeiter, die in dem einen Revier ganz abseits von den anderen gelegen sind, von denen 4 wie durch ein Wunder gerettet wurden, daß diese Bergarbeiter offene Karbidlampen hatten und daß diese Karbidlampen ausgelöscht wurden durch den Druck der Explosion in der Grube, und daß die Leute gerettet wurden mit Hilfe einer Taschenlampe, die einer der Bergarbeiter bei sich hatte. Es ist also dadurch einwandfrei erwiesen, daß, wie ich später noch auseinandersetzen werde, trotz erhöhter Kohlenstaubexplosionsgefahr im Schachte, trotz ständiger ungeheurer Feuersgefahr, dort Karbidlampen verwendet wurden und daß diese Karbidlampen im Einvernehmen und mit Zustimmung der Grubenleitung in Verwendung gestanden sind. Wenn wir die Aussagen von zwei Steigern, die das Fachblatt der Bergarbeiter, der "Glückauf" bringt, untersuchen, so ergibt sich, daß auch seitens der Bergverwaltung und sicherlich auch seitens der Berginspektion große Vernachlässigungen vorgekommen sind. Der auf der Grube Nelson beschäftigte Steiger Gauer sagt aus, er sei eine Viertelstunde vor der Katastrophe ausgefahren und habe der Betriebsleitung gemeldet, daß sich stellenweise Gase zeigen. Er habe empfohlen, die Mannschaft aus den einzelnen Revieren ausfahren zu lassen, doch habe die Betriebsleitung dies abgelehnt. Hier liegt also die Aussage eines verantwortlichen Grubensteigers vor, der im Schacht Gas festgestellt und der auch der Betriebsleitung empfohlen hat, die Mannschaft ausfahren zu lassen. Wenn das, was dieser Grubensteiger erklärt, auch nur zum Teil auf Wahrheit beruht, so ist hier die Verantwortlichkeit der Grubenverwaltung einwandfrei festgestellt. Der Grubensteiger Helmer hat vor der Untersuchungskommission ausgeführt, daß die Grubenverwaltung die primitivsten Schutzmaßnahmen außeracht ließ und auf dem Schacht VIII überhaupt kein Wasser war. Der Kohlenstaub wurde nicht beseitigt und nicht bespritzt. Auch bei den Vermauerungen der alten Abbaue wurde gespart. Was der Grubensteiger Helmer sagt, ist auch von vielen, welche die Grube kennen, auch von Leuten, die nicht dort arbeiten, aber berufsmäßig die Grube zu befahren hatten, festgestellt worden. Es heißt, daß in der Grube kolossal viel Kohlenstaub war, daß dieser Kohlenstaub nicht beseitigt wurde und zwar aus Spargründen, und ich habe schon im Ausschuß die durch den Betriebsrat erwiesene Tatsache vorgebracht, daß zur Vermauerung von Feuern alte Vermauerungen verwendet wurden, daß man Holzvermauerungen aus alten abgebauten Revieren weggenommen und für abzubauende Reviere verwendet hat. Das ist nach fachmännischem Gutachten absolut unzulässig.

Gestern hat uns der Herr Minister Dostálek auch das Gutachten des Generaldirektors der staatlichen Gruben Ing. Stauch mitgeteilt. Bei aufmerksamem Durchlesen kommt man zu der Auffassung, daß dieses Gutachten für die Explosionskatastrophe auf der Nelsongrube keine entscheidenden Momente bringt, sondern nur eine Zusammenstellung von Erfahrungen und Meinungen ist, die man in jedem Bergbaubuch findet. Das Gutachten kann also nicht Anspruch auf eine besondere Wertschätzung erheben, denn daß in den Gruben Methangase, Kohlendioxyd und Kohlenoxvd vorhanden sind, daß die Kohlengase leicht explosiv sind, daß sie den Kohlenstaub zur Explosion bringen können, daß eine Explosion durch ein Zündhölzchen, durch eine offene Lampe oder durch einen Rückschuß bei Verwendung von schlechten Patronen vorkommen kann, oder auch durch Feuerausbruch, das sind Dinge, die uns ein Sachverständiger von dem Range des Generaldirektors der staatlichen Kohlengruben nicht mitzuteilen braucht, die weiß jeder Bergarbeiter, der ein halbes Jahr in der Grube arbeitet. Viel wichtiger und interessanter wäre es, wenn uns der Herr Generaldirektor Stauch durch den Mund des Herrn Ministers etwas über die Verhältnisse auf der Grube Nelson hätte mitteilen lassen. Aber die Fragen, wie der Staub behandelt wurde, ob er befeuchtet und beseitigt wurde, ob in der Grube viel oder wenig Feuerherde waren, diesen Fragen wird sichtlich ununterbrochen aus dem Wege gegangen, obwohl sie zur Ermittlung der Ursache der Katastrophe von Bedeutung sind.

In diesem Zusammenhange möchte ich eine Angelegenheit zur Sprache bringen, welche die Verbindung der Nelsongrube und der benachbarten Gruben Adolf Marie, Bihl und Viktorin mit den Heilquellen in Teplitz aufzeigt. Der Herr Minister hat in seinem Exposée im Ausschuß gesagt, daß den Heilquellen von Teplitz durch das Bergunglück keine Gefahr droht. Ich glaube, diese Behauptung geht etwas zu weit. Denn der Braunkohlenbergbau steht nicht nur mit den Heilquellen von Teplitz-Schönau im Zusammenhang, sondern auch mit denen von ganz Böhmen und der Kohlenbergbau bildet eine ununterbrochene Gefahr für die Heilquellen von Teplitz, Karlsbad, Marienbad und Franzensbad und auch den Quellen von Pistian droht durch den Bergbau Gefahr. Die Gemeinde Teplitz führt seit einer Anzahl von Jahren mit der Grubenverwaltung des Nelsonschachtes einen Streit über den Abbau des sogenannten zweiten Flözes, der zweiten Scheibe im Fallortrevier. Die Bergbehörden, die über die Sache zu entscheiden haben, haben dem Abbau zugestimmt und in der Entscheidung heißt es wörtlich, daß der Abbau von 150.000 Tonnen Kohle volkswirtschaftlich viel bedeutender ist, als die Heilquellen eines Kurortes. Ich will zubilligen, daß das der Standpunkt der Bergbehörde sein kann, aber ich bestreite, daß ihr ein Recht darüber zusteht, zu urteilen, ob der Abbau von 150.000 Tonnen Kohle wichtiger ist als die Erhaltung der Heilquellen.

Gegen diese Entscheidung der Berghauptmannschaft und des Revierbergamtes in Brüx hat die Gemeinde Teplitz Beschwerde an das Oberste Verwaltungsgericht eingelegt. Die Beschwerde wurde im April 1933 überreicht und ist heute noch nicht erledigt. Aber damit keine weitere Gefahr für die Heilquellen droht, hat die Gemeindeverwaltung zur gleichen Zeit ein Ersuchen an die Berghauptmannschaft in Prag gerichtet, es möge der Beschwerde an das Oberste Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden. Zur selben Zeit hat sie eine Aufsichtsbeschwerde an das Ministerium für öffentliche Arbeiten gerichtet, in der auf die Beschwerde an das Oberste Verwaltungsgericht hingewiesen wird und gleichzeitig gebeten wird, dahin zu wirken, daß die Berghauptmannschaft der Beschwerde an das Oberste Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung zuerkennt.

Nun hat die Gemeinde Teplitz von der Berghauptmannschaft die Erledigung bekommen, das Ansuchen um Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde abgewiesen und in der Begründung wird gesagt: "Im gegebenen Falle ist den beteiligten Behörden aus zahlreichen, den Nelsonschacht betreffenden Interventionen und Rekursentscheidungen, schließlich auch aus den Berichten der unterordneten Behörden bekannt, daß der Abbaudruck im Fallortrevier die Maximalhöhe erreicht hat und daß die Aufrechterhaltung der Grubenräume in der brüchigen Kohle weiterhin unmöglich ist. Die Ausbrüche in den Dekken erreichten schon vor Herausgabe der angefochtenen Entscheidung derartige Dimensionen, daß das Flöz in einem breiten Umkreise abgesperrt werden mußte, weil in den ausgebrochenen Räumen regelmäßig Feuer entstanden ist. Sollte jener Zustand, wie er sich in der Zeit des angefochtenen Bescheides gezeigt hat, auch weiterhin verbleiben, würde es zur Absperrung des ganzen Revieres und zum gänzlichen Verluste der Kohlensubstanz kommen."

Hier ist also durch die Berghauptmannschaft einwandfrei nachgewiesen und zwar im Dezember 1933, daß im Fallortrevier größere Feuer ausbrechen. Sie mußte auch wissen, daß eine große Menge von Kohlenstaub da ist und trotz dieser Erkenntnis und Feststellung durch die Bergbehörde ist nichts geschehen. Interessant ist, daß die Aufsichtsbeschwerde an das Ministerium für öffentliche Arbeiten bis heute noch nicht erledigt ist, und nach der Grubenkatastrophe haben die Herren sich sehr gewundert, als wir ihre Erledigung urgiert haben. Die letzte Befahrung des Nelsonschachtes durch die Quelleninspektion, das Revierbergamt, die Quellenbesitzer und Grubenbesitzer fand am 19. Dezember 1933 statt. Bei diesen Befahrungen wurde festgestellt, daß regelmäßig Feuer vorhanden sind und daß wegen des Kohlenstaubes keine genügende Vorsorge getroffen wurde. Wir wissen aber auch, daß im Jahre 1930 die Grube Nelson aus der Liste der schlagwetter-gefährdeten Gruben ausgeschieden wurde. Es ist richtig, daß seit dem Jahre 1903 in der Nelsongrube Schlagwetter nicht aufgetreten sind. Wenn man sie aber schon aus dieser Liste herausnimmt, so hat man sie zumindest in die erste Gefahrenklasse der Feuer- und Kohlenstaubschächte einzureihen.

Aus all den Mitteilungen jener Menschen, die auf der Grube gearbeitet haben und öfter am Nelsonschachte zu tun hatten, geht eindeutig hervor, daß viele Maßnahmen, die notwendig gewesen wären, unterlassen wurden wegen Regie- und Materialersparnis. Ohne ein abschließendes Urteil zu fällen, kann die Betriebsleitung nicht vollständig freigesprochen werden. Ebenso muß den Bergbehörden, die hier viel versäumt haben, immer wieder der Vorwurf gemacht werden, daß sie ihre Aufgabe nicht voll erfüllt haben.

Und nun noch ein Wort zur Heilquellenfrage. Nach unserer Gesetzgebung ist es so, daß heute über die Frage der Bedrohung der Heilquellen durch Kohlenunternehmungen die Bergbaubehörden entscheiden. Die Bergbaubehörde ist eine Behörde, die die Interessen des Bergbaues zum Teil zu schützen hat. Das Quelleninspektorat ist aber in den Entscheidungen über die Heilquellen eine meinungsgebende Körperschaft, sie hat nur ihr Gutachten abzugeben, es muß aber nicht auf Grund des Gutachtens irgendwie geurteilt werden. Charakteristisch bleibt, daß eine für den Schutz des Bergbaues vorhandene Behörde auch die entscheidende Behörde beim Schutz unserer Heilquellen ist. Hier ist es notwendig, daß unbedingt eine Neuregelung erfolgt und zwar, daß nicht die Bergbehörden, sondern die Verwaltungsbehörden zu entscheiden haben als dritter Faktor zwischen den beiden Interessentengruppen: auf der einen Seite die Heilquellenbesitzer mit dem Quelleninspektorat, auf der anderen Seite die Grubenbesitzer mit den Bergbehörden. Es ist also notwendig zum Schutze unserer Heilquellen gerade in Deutschböhmen, wo alle mit dem Kohlenbergbau eng zusammenhängen, in Zukunft eine solche Regelung zu treffen, daß den Verwaltungsbehörden die Entscheidung darüber zufällt.

Ich möchte aber noch hier einen interessanten Fall feststellen, wie unsere Gesetze durchgeführt werden. Im Jahre 1928 wurde das Gesetz Nr. 57 über die Errichtung und den Wirkungskreis der Bergbehörden beschlossen. Im letzten Paragraphen dieses Gesetzes heißt es: "Das Gesetz tritt in Kraft, wenn die Regierungsverordnung erscheint." Diese Regierungsverordnung ist bis heute noch nicht erschienen. Wir haben zwar im Jahre 1928 ein Gesetz über die Errichtung und den Wirkungskreis der Bergbehörden beschlossen, wir haben aber das Gesetz bis heute nicht in Kraft, weil die Regierungsverordnung noch nicht erschienen ist. Ich möchte hier an dieser Stelle auch wieder an das Ministerium für öffentliche Arbeiten appellieren, daß es mit Beschleunigung die Verordnung herausgibt, damit das Gesetz vom Jahre 1928 in Wirksamkeit tritt. Am 13. Feber 1931 erschien die Regierungsverordnung über die Veranlagung der Grubenkarten. Wir wissen aus alten Erfahrungen, daß den Grubenkarten sehr wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird und ein Ingenieur, der regelmäßig an den Grubenbefahrungen, gerade im Nelsongebiet teil nimmt, hat mir folgende Mitteilung zukommen lassen: "Im Frühjahr 1932 mußten infolge Anwachsens der aus den Abmauerungen abfließenden Wassermengen die Abschlußmauern gegen die Viktoringrube geöffnet werden, um zu den Verdämmungswerken gelangen zu können. Bei diesem Verfahren zeigte es sich, daß die vorhandenen Grubenkarten falsch und auch die Organe der Brüxer Bergbaugesellschaft völlig unorientiert über die dortigen Verhältnisse waren." Es ist also hier ganz einwandfrei nicht von einem Laien, nicht von einem Arbeiter, sondern von Fachleuten, die die Gruben befahren, festgestellt, daß gerade die Brüxer Bergbaugesellschaft die Grubenkarten nicht in Ordnung hatte, obwohl in der Öffentlichkeit immer versucht wird, es so darzustellen, als ob dort gerade die Grubenkarten die besten gewesen wären. Nach dieser Regierungsverordnung vom Jahre 1931 sind die Bergbaubesitzer verpflichtet, die Grubenkarten zu ergänzen und richtig zu stellen. Im § 5 heißt es: "Wenn die Regierung nicht eine neue, kürzere Frist festsetzt, wird sie mit drei Jahren ablaufen"; das heißt also, am 13. Feber dieses Jahres läuft die dreijährige Frist zur Richtigstellung der Grubenkarten ab. Ich möchte schon das Ministerium darauf aufmerksam machen, ob alle Vorkehrungen von den Bergbehörden getroffen wurden, die uns die Garantie geben, daß die Bestimmungen dieser Regierungsverordnung auch wirklich erfüllt werden und daß auf allen Kohlengruben und Schächten die Grubenkarten in Ordnung gebracht und berichtigt werden. Wir, die wir im Bergbaugebiet wohnen, wissen ja, was für Leiden ein kleiner Häusler durchzumachen hat, wenn er eine Schadensklage gegen die Bergbaubesitzer einbringt, wenn sein Haus einen Riß bekommt, weil Kohle unten abgebaut wurde. Mit diesen unrichtigen Grubenkarten werden oft sehr harte und ungerechte Urteile gegen diese kleinen Hausbesitzer im Kohlengebiete gefällt, weil die Bergbaubesitzer mit der unrichtigen Grubenkarte den Nachweis erbringen konnten, daß unter dem betreffenden Haus nicht abgebaut wurde. Der kleine Hausbesitzer ist nicht in der Lage, den Gegenbeweis zu führen und daher wird die Grubenverwaltung von den Gerichten freigesprochen und hat keinen Ersatz zu leisten. Auch hier wäre bei den Revierbergschäden an Objekten ober Tag eine Änderung durchzuführen, weil Hunderte und Tausende um ihr kleines bischen Vermögen gebracht werden durch den Raubbau, der unter der Erde ohne bestimmte Kontrolle getrieben wird.

Es ist aber nicht möglich, daß man heute zu diesem Unfall spricht, ohne jenes Ereignis zu erwähnen, das sich gestern wieder im Braunkohlenrevier in Truppschitz am Anna- Schacht abgespielt hat. Der Anna-Schacht ist berühmt durch seinen Besitzer und der wieder berühmt durch seine Beziehungen zu früheren Regierungen, dadurch, daß er Staatslieferungen ausgeführt und auf der anderen Seite dem Staate die Steuern schuldig geblieben ist. Die Èechoslovakei hat dadurch im Auslande an Ansehen nicht gewonnen; dieser Schacht sollte nun exekutiv feilgeboten werden. Gestern brach nun nach Berichten der Zeitungen im Förderturm an der obersten Spitze ein Feuer aus. Es ist also wohl dadurch erwiesen, daß es kein Grubenfeuer war, sondern daß es wahrscheinlich ein angelegtes Feuer ist. Ich will niemanden irgendwie verdächtigen -vielleicht hat man doch noch gerechnet mit der Versicherungssumme, die eine Applanierung herbeiführen kann. Uns interessiert nicht so sehr das Feuer, als was sich daneben noch abgespielt hat. Nach den Berichten in den heutigen Frühblättern waren während der Zeit des Ausbruchs des Feuers im Schachte 20 Bergarbeiter beschäftigt und es wird weiter festgestellt - das war um 1 Uhr nachts - daß um 22 Uhr, also drei Stunden später, das Maschinenhaus abgesperrt wird, der Maschinist nachhause geht und dadurch die im Schachte befindlichen Arbeiter ohne jede Verbindung mit der Oberwelt arbeiten. Ein Zustand, der unerhört, der unglaublich ist. Daß die Leute gerettet wurden, ist ein Wunder, und nur der Energie des Obersteigers zuzuschreiben, der im richtigen Augenblick gesagt hat: "Unter allen Umständen aus dem Wetterschacht heraus." Was wäre passiert, wenn eine Kohlenstaubexplosion oder eine Explosion ausströmender Kohlengase eingetreten wäre? Die Bergarbeiter wären um ihr Leben gekommen und in der Früh hätte man mit Staunen festgestellt, daß 20 Bergarbeiter ums Leben gekommen sind, weil ja keine Verbindung mit der Oberwelt vorhanden war. Ist es möglich und denkbar, daß die Bergbehörden die Zustimmung geben, daß in den Schächten gearbeitet wird, wo oben im Maschinenhaus die Arbeitskräfte abgezogen und das Maschinenhaus abgestellt wird? Es besteht aber unten eine Glockenanlage zum Maschinenhaus, der Kesselwärter kann aber dieses Glockenzeichen nicht hören. Dadurch ist jede Verbindung mit der Ausenwelt vollständig ausgeschlossen und es würde wohl auch diese Tatsache ein Grund dazu sein, um eine strenge Untersuchung einzuleiten, wieso man Menschen in Gruben arbeiten lassen kann, wenn oben die im Betrieb beschäftigten Menschen weggehen, dort zugemacht wird, wieder aus den berühmten Ersparungsmethoden heraus, um eine Kraft zu ersparen, ohne Rücksicht zu nehmen auf den Schutz der in den Schächten beschäftigten Menschen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.)

Alle diese Probleme werden nicht durch irgendwelche nationalen Forderungen gelöst werden. Es hat in der Öffentlichkeiten eigentümlich berührt und vor allen Dingen die Bergarbeiter des Braunkohlenreviers: 71 Deutsche und 68 Èechen haben ein gemeinsames Grab gefunden. Ich werde wohl nicht in den Verdacht kommen, irgend ein enragierter Nationalist zu sein, aber daß man Probleme der Grubenkatastrophe in Verbindung bringen will mit nationalen Forderungen, dadurch werden die Grubenkatastrophen weder behindert noch abgeschwächt. Denn schließlich haben die letzten großen Katastrophen, wie z. B. bei Aachen, die größte Bergwerkskatastrophe der letzten Jahre in Frankreich mit 1100 Opfern, sich in einem einsprachigen Staat ereignet. Ein Beweis, daß auch die Einsprachigkeit Katastrophen nicht verhindern kann. In dem Gebiete, wo so viele Mischehen bestehen, wo die Nationalität in den Familien fast nicht feststellbar ist, weil oft der Mann ein Èeche, die Frau eine Deutsche oder umgekehrt ist - wir haben im ganzen Braunkohlenrevier von Aussig bis Komotau den größten Teil solcher Mischehen in der Èechoslovakei überhaupt - spielt das nationale Problem keine Rolle. Es müssen vielmehr Maßregeln ergriffen werden, es muß den Grubenbesitzern die starke Hand gezeigt werden, damit sie nicht machen können, was sie wollen. Die Vorschriften, wenn sie strenge eingehalten würden, wären im Stande, viele Katastrophen und Unglücksfälle zu verhindern. Es nützt das beste Gesetz, die beste Verordnung nichts, wenn sie nicht eingehalten werden, wenn die kontrollierenden Organe nicht dafür sorgen, daß die Vorschriften alle durchgeführt werden. Wenn man unsere Vorschriften über das Rettungswesen, unsere Brandordnung, unsere Grubeninstruktionen, in ihrer heutigen Fassung eingehalten hätte, wäre so manches Unglück zu verhindern gewesen. Diese Vorschriften müssen trotzdem ausgebaut werden, um in Zukunft überhaupt derartige Katastrophen zu verhindern. Es müßten den Betriebsräten größere Rechte eingeräumt werden, um allen Gefahren wirkungsvoll entgegentreten zu können.

In diesem Sinne wollen wir unsere Pflicht gegen die Grubensklaven erfüllen. Vom Herrn Minister verlangen wir, da eine parlamentarische Untersuchungskommission nicht eingesetzt wurde, daß er dem Parlament unbedingt einen genauen und abschließenden Bericht der amtlichen Untersuchungskommission vorlegt, damit das Parlament über die durchgeführte Untersuchung in Kenntnis gesetzt wird und damit wir uns ein abschließendes Urteil über diese durchgeführte Untersuchung bilden können. (Potlesk.)

2. Øeè posl. Krumpe (viz str. 7 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wir stehen alle noch unter dem furchtbaren Eindruck des großen Unglückes in Ossek. Ich habe den Auftrag, im Namen des Klubs der deutschen christlichsozialen Volkspartei allen durch das Unglück Betroffenen das wärmste Mitgefühl auszusprechen. Wir fühlen die Trauer des ganzen Reviers mit und hoffen, daß angesichts der Ausnahmserscheinungen und der Größe des Unglücks auch ausnahmsweise Maßnahmen getroffen werden, um die Hinterbliebenen vor Not und Elend zu schützen, daß nicht erst durch die Bürokratie bis auf einen Viertel Heller die Renten verrechnet werden und nachgeprüft werden, sondern daß das warme Herz mitspricht in der Hilfe für die Opfer der Katastrophe. Ich stelle mit Genugtuung fest, daß durch energisches Eingreifen des H. Ministers Dostálek ein guter Anfang gemacht worden ist. Ich spreche ihm auch hier den Dank für seine Tätigkeit aus.

Die Forderung, daß die Hinterbliebenen der Katastrophenopfer sichergestellt werden vor Lebensnot und Verzweiflung ist selbstverständlich. Aber mit demselben Nachdruck fordern wir, daß restlose Aufklärung geschaffen wird über die Ursachen dieses Unglücks, daß man rücksichtslos nachforscht, um die Ursachen des Unglücks zu ermitteln und daß man vor niemanden Halt macht, vor allem darüber genaue Nachforschungen anstellt, ob auch die staatlichen Revisionsorgane voll und ganz ihre Pflicht getan haben. Die Erklärung des Herrn Ministers Dostálek, daß tatsächlich im Oktober eine große Revision stattgefunden hat, kann mich nicht befriedigen. Es ist erwiesen, daß die Verhältnisse auf der Grube Nelson derartig waren, daß sie eine kräftigere Inspektion notwendig gemacht hätten. Zugreifen, wenn sich irgendwo Versäumnisse, irgendwo Verfehlungen, Verschulden finden, rücksichtslos zugreifen, aber nicht etwa so, daß man den Betreffenden einfach in Pension schickt. Das ist bei Leuten mit so hohen Bezügen nicht gerade eine angemessene Strafe. Freilich sind wir uns auch bewußt, daß es uns mit aller. Technik noch nicht gelungen ist, die dunklen Mächte der Kohlengruben vollständig zu bannen und ganz in unseren Dienst zu stellen. Aber was mensche nmöglich ist, muß getan werden, um die Sicherheit der Bergarbeiter zu gewährleisten. Ich bin da ganz im Einverständnis mit den Ausführungen des Koll. Kremser, der erklärt hat, daß das Gesetz allein es nicht mache. Das ist wahr, das Gesetz tut es nicht, der tote Buchstabe kann es nicht. Denn wenn es das Gesetz allein machen würde, so hätte das Berggesetz vom Jahre 1854 schon genügt, das ja in allen Erklärungen bisher als ausreichend, als tadellos hingestellt worden ist. Aber das Gesetz verlangt die richtige Anwendung. Ich bin ganz in Übereinstimmung mit den Erklärungen des Herrn Ministers Dostálek, daß wir ja ein ausreichendes Berggesetz haben, daß aber dieses Gesetz auch angewendet werden muß. Wenn wir die Strafsanktionen noch so erhöhen, so wie es in der Novelle hier vorgesehen ist, wenn wir sie verdoppeln und verzehnfachen, so schafft das noch immer keine völlige Sicherheit für die arbeitenden Menschen in der Grube. Dazu gehört mehr. Dazu gehört vor allem bei den Grubenbesitzern und bei den verantwortlichen Leitern das Gefühl, für alle diese Menschen, die in ihrem Dienst unter der Erde stehen, für ihr Leben und ihre Gesundheit verantwortlich zu sein. Das ist ein Teil der Erziehung, die nicht durch das Gesetz geschaffen wird. Dieses Gewissen soll wachgerufen werden durch das Osseker Unglück. Kümmert Euch um Leben und Gesundheit der Arbeiter, das sind nicht Maschinen, nicht totes Kapital, sondern das ist das Leben und Zentrum der ganzen Wirtschaft, das ist der Mensch.

Wir begrüssen daher alle Sicherheitsmaßnahmen, die durch die Novelle geschaffen oder verschärft werden und stimmen ihnen zu, wenn sie auch noch so peinlich und fast übertrieben erscheinen. Daher finden diese Bestimmungen der Novelle unsere restlose Zustimmung. Wir hoffen nur, daß die angekündigte Novellierung des Berggesetzes in Bezug auf die weitere Sicherheitsgewährung von allen modernen Fortschritten Gebrauch macht und ein brauchbares Instrument schafft.


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