Úterý 5. prosince 1933
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Vorredner hat in seinen Ausführungen, betreffend die Heimarbeiter, betreffend die niedrigen Löhne, die gezahlt werden und betreffend die Schäden, die sich dabei herausgestellt haben, vollkommen richtig geurteilt und sich auf den Standpunkt gestellt, daß es nicht das höchste Glück ist, wenn wir vom Taumel der Preisermäßigungen und der Herabsetzung von Löhnen erfaßt werden. Es wehrt sich jeder gegen die Herabsetzung des Lebensstandards; daraus kommt natürlich dann die Erweiterung der Arbeitszeit, daraus wieder die Arbeitslosigkeit für andere, kurzum, die Erscheinungen, die er kritisiert hat, sind vollkommen zu recht kritisiert worden. Nur glaube ich, daß trotz aller Erkenntnis und trotzdem die Erkenntnis allgemein ist, der Gedanke nicht zu Ende gedacht wird und wir nicht die Konsequenzen ziehen, die daraus gezogen werden müßten, daß wir uns einmal grundsätzlich damit auseinandersetzen, wie unsere Wirtschaftspolitik hier gemacht wird und daß wir jene Faktoren untersuchen, die an unserer falschen Wirtschaftspolitik schuld sind, die, wie ich ohne weiteres anerkenne, nicht bloß bei uns ihre Mängel zeigt und schwere Schäden zeitigt, sondern auch sonst und überall dieselben traurigen Erscheinungen gezeitigt hat. Wir haben noch vor Jahren immer gehört, daß die Wirtschaft die Politik beeinflußt. Wir haben immer gehört, daß die Politik eine Dienerin der Wirtschaft sein muß und haben gehört, daß die wirtschaftliche Stärke auch mit der Zeit politische Macht bedeutet; und man hätte glauben können, daß dieser wie ein Axiom vorgetragene Grundsatz Gemeingut der Öffentlichkeit werden wird.
Ich bezweifle es, daß die Wirtschaft einen Vorrang vor der Politik hat und glaube im Nachstehenden Ihnen beweisen zu können, daß Sie die Wirtschaft nicht gesunden können, bevor Sie nicht die Politik gesundet haben. Das ist nicht nur ein Problem für uns, es ist gewiß auch ein Thema für die ganze Welt. Was braucht die Wirtschaft? Die Wirtschaft braucht große Gebiete, auf denen sie, soweit der Innenmarkt in Betracht kommt, den Güteraustausch überhaupt ohne Schwierigkeiten vollführen kann, sie braucht aber auch im Güteraustausch mit dem Auslande normale Verhältnisse, so daß man auf längere Zeit hinaus mit gewissen gegebenen Tatsachen kalkulieren und rechnen kann. Solche Versuche, größere Wirtschaftseinheiten zu bilden, sind in den letzten Jahren x-mal gemacht worden. Ich denke nur an die Bemühungen Schober-Curtius zur Herstellung der österreichisch-deutschen Zoll-Union. Politische Gründe waren es, die es verhindert haben, denn die wirtschaftlichen Grundlagen dieser Union waren gegeben. Es wäre sicherlich kein Nachteil gewesen und es war die Möglichkeit gegeben, daß sich andere Staaten, andere Wirtschaftsgruppen und Gebiete dieser Sache anschließen. Trotzdem wurde es nicht getan, weil einfach der Primat der Politik sich auch in dieser Sache erwiesen hat. Die Londoner Weltwirtschaftskonferenz wäre positiv in der Lage gewesen, wirtschaftlich manches zu regeln, wenn sie nicht politische Gegensätze gesprengt hätten. Und, meine Herren, Sie sind jetzt daran, für ein anderes Gebiet, für das Gebiet der Kleinen Entente, auch eine kleine Wirtschaftsentente zu machen. Ob es möglich sein wird und ob die Wirtschaft einen Vorteil haben wird, das bezweifle ich. Unsere Landwirtschaft, die Überschüsse an Getreide hat, mußte es heuer knapp vor der Ernte erleben, daß eine ungeheuere Anzahl, tausende Waggons, Weizen zu uns importiert wurden, wodurch der Weizenpreis einen Verfall erlitten hat, wie wir es noch nicht erlebt haben und überdies haben Sie in der letzten Zeit 6.000 Waggons, neuerdings 3.000 Waggons ausländisches Getreide bei uns eingelagert und weitere 6.000 Waggons, zusammen also 15.000 Waggons sollen bei uns eingelagert werden. In Handelskreisen spricht man von dem Weizen allgemein als Kriegsweizen, er hat seine Spitzmarke schon bekommen, er heißt nicht anders. Und wenn Sie diese Waggons auch eingelagert lassen und wenn kein Zentner davon auf den Markt kommt; Sie wissen, daß volle Lager immer auf den Markt drücken und daß wir kaum Aussicht haben, daß wir unseren Weizenpreis bessern können, wenn Sie solchen Unsinn machen. Warum müssen diese 15.000 Waggons Weizen den Jugoslaven und Rumänen abgekauft werden? Einfach deswegen, weil die politische Situation es angeblich vorschreibt. Wir haben heute den Schweinepreis, der noch vor drei bis vier Monaten 7 Kronen war, glücklich auf 3ÿ5 Kè pro Kilogramm Lebendgewicht. Selbst bei den heutigen niedrigen Getreidepreisen sind Sie nicht imstande, 1 kg Schwein billiger zu produzieren als um 5 Kè. Es ist also bei jedem Stück, das Sie auffüttern, ein Schaden von 100 bis 150 Kè. Der Landwirt, der damit gerechnet hat, daß er den schlechten Getreidepreisen dadurch ausweicht, daß er das Getreide verfüttert, erlebt heute neuerlich einen Krach, indem er mehr verliert, als er verloren hätte, wenn er das Getreide verkauft hätte. Und warum? Weil unser Getreidemarkt überfüllt ist und weil noch immer amerikanisches Schweinefett hereinkommt, noch immer aus dem Auslande selbst Schweine importiert werden, weil zu einer Zeit, wo wir uns nicht auskennen, aus politischen Gründen, nicht aus wirtschaftlichen Gründen, die Importe nicht aufhören. Es sind Tribute, die unsere Landwirtschaft an die sogenannten Bundesgenossen zu zahlen hat. Ich frage Sie, wie lange wir Sachen einkaufen können, die wir nicht brauchen, wie lange wir Sachen importieren dürfen, die unseren Markt ruinieren und zugrunde richten? Ich frage Sie, wie lange wollen Sie diese Politik weitermachen und die Landwirtschaft vollständig an den Rand des Ab grundes bringen? Aus diesen wenigen Beispielen könnte man schon ableiten, daß in Wirklichkeit die Wirtschaft nicht die Politik beherrscht, sondern daß umgekehrt die Politik einfach die Wirtschaft vergewaltigt und sich die Wirtschaft nach dem richtet, was ihr die Politik vorschreibt. Aus dem Grunde muß doch die Forderung so lauten; es muß erst Ordnung in den politischen Verhältnissen gemacht werden, dann erst kann die Wirtschaft gesunden. Solange die Politik nicht in Ordnung ist, solange wird auch die Wirtschaft nicht gesunden und es kann mit ihr nicht aufwärts gehen. Gewiß können wir vom Standpunkt der Politik dieses Staates nicht die Weltpolitik allein ändern, aber ich glaube, daß es notwendig sein wird, daß wir in dem Sektor, in dem wir stehen und auf den wir Einfluß haben und wo wir die Angelegenheiten zu regeln haben, nicht nur die Möglichkeit sondern auch die Pflicht haben, Ordnung zu schaffen.
Da möchte ich denn doch einen kleinen Versuch unternehmen, uns zu vergegenwärtigen, wie denn die politische Lage bei uns aussieht und wie sie sich auf unsere Wirtschaft auswirken muß und auswirkt. Man spricht davon, daß unser Staat ein demokratischer Staat ist. Dementsprechend müßte man annehmen, daß man auch den Parlamentarismus in seiner alten demokratischen Form aufrecht erhalten will. Und zu einer Mehrheit gehört in einem demokratischen System auch eine Opposition. Das scheinen die Herren aber nicht vertragen zu können, wenn es eine Opposition gibt. Ich frage Sie nun, wodurch unterscheiden Sie sich denn von den Parlamenten, wie wir sie in Italien oder in Deutschland haben, wenn Sie keine Opposition haben, wenn alles bei der Mehrheit sein muß? Als Sie noch eine Opposition hatten, verlangten Sie, die Opposition müsse loyal sein. Ich möchte hier an die Worte des Vaters des deutschen Aktivismus erinnern, die hier von dieser Stelle aus der Abgeordnete und Senator Køepek gesprochen hat. Er hat von diesem Platz aus erklärt: "Loyal oder nicht loyal, das ist nicht die Frage. Auf den Eingang dieses Hauses schreibt das Wort 'Wiedergutmachung'". Das hat der Vater des deutschen Aktivismus hier erklärt. Sie haben diese Worte in den Wind geschlagen. Bei Ihnen heißt es einfach, wer nicht loval ist, ist Staatsfeind. Wir bekämpfen den italienischen Faszismus und lehnen ihn ab als Demokraten, Sie bekämpfen selbstverständlich auch den Hitlerianismus und sagen: "Das ist nicht Demokratie". Mussolini hat einmal erklärt, der Faszismus sei kein Exportartikel. Ich bin überzeugt, jedes Volk macht sich seine Demokratie und seinen Faszismus auf die ihm eigene Weise. Bilden Sie sich ja nicht ein, daß das, was heute bei uns hier existiert und regiert, daß das eine wahre Demokratie ist! Es ist die Art des Faszismus, den Sie sich eben machen.
Man fragt sich natürlich auch, ob der Umweg unbedingt gemacht werden muß, ob wir nicht anders können, als daß wir zur diktatorischen Form gelangen. In Österreich hat man eine Präsidialkrisis im Parlament dazu benützt, um das Parlament auszuschalten. Heute regiert dort Starhemberg. Man betrachtet die österreichische Umorientierung und Entwicklung hier doch mit etwas freundlicherem Auge, weil sie hier politisch vielleicht besser paßt. Aber ich frage Sie: "Gibt es eine Demokratie ohne Parlament, gibt es eine Demokratie ohne Wahlen, eine Demokratie, wo keine Freiheit der Meinungsäußerung herrscht?" Das ist keine Demokratie. Ob nun Mussolini, Hitler oder Dollfuß: es ist immer das gleiche.
Wenn Sie so weiter fortfahren auf dem Wege, den Sie eingeschlagen haben, werden Sie nicht sagen können, daß Sie eine Demokratie haben. Ich bin fest überzeugt, daß trotzdem das demokratische System das Richtige ist und weil ich weiß und überzeugt bin, daß auch nach der Diktatur wie überall und immer, wo eine solche war, ein anderes Regime kam, weil die Diktatur etwas Ausnahmsweises und Vorübergehendes ist, deswegen werfe ich die Frage auf: "Wollen oder müssen Sie den Weg zur Diktatur schreiten oder können wir uns die Demokratie erhalten?" Und da ist die Frage: "Mit welchen Mitteln erhält man sie?" Jedenfalls nicht mit den Mitteln der Diktatur, weil man den Teufel nicht mit Belzebub austreiben kann. Und um Ihnen zu zeigen, wie weit wir bei uns von einer parlamentarischen Demokratie entfernt sind, möchte ich Sie etwas fragen. Wir haben keine Konzentrationslager, auch keine Anhaltelager, wie man sie in Österreich nennt, aber alle Gefängnisse sind voll von politischen Sträflingen, von Untersuchungshäftlingen, die wochenlang warten müssen, bevor sie dem Untersuchungsrichter vorgeführt werden. In Pankrác sind über 300, in Olmütz über 300, in Troppau über 500 Untersuchungshäftlinge, es sind Tausende, die Sie in den Gefängnissen haben. Beamtinnen, die nie etwas mit Politik zu tun gehabt haben, die einfach nur ihrem Broterwerb nachgingen, die an der Schreibmaschine saßen und das geschrieben haben, was man ihnen diktiert hat, sitzen mit mehrfachen Mörderinnen in einer Zelle zusammen. Niemand kann das leugnen, weil die Beweise dafür da sind. Wir haben natürlich keine SA, aber wir haben die illoyale Nebenregierung der nationalen Verbände. Wir haben keine Einheitslisten bei den Wahlen, wie es die letzten Wahlen in Deutschland gezeigt haben. Gewiß nicht, aber bei uns machen wir überhaupt keine Wahlen. Bei uns ist das Parlament eigentlich aus der praktischen Mitarbeit ausgeschaltet, weil in engsten Regierungszirkeln ausgeknobelt wird, was bei uns gemacht werden muß. Bei uns haben wir das System der Ernennung, da brauchen wir keine Wahlen mehr. Wir haben keine Knebelung der öffentlichen Meinung, nein, man stellt aber Parteien ein, löst sie auf, stellt Leute unter Polizeiaufsicht. Offiziell wird das Briefgeheimnis aufgehoben, die Telegramm- und Telephonzensur eingeführt. Ich frage Sie: Wo haben wir eine öffentliche Freiheit, wo ist die Freiheit der Meinungsäußerung? Die ist doch längst verloren! Sie dürfen keinesfalls sagen, daß Sie die Insel der Glücklichen behalten haben und sie uns vorsetzen; und dabei werden Sie sagen: "Kritik ist Staatsverneinung, Opposition ist Illoyalität". Die Opposition ist der selbstverständliche Teil jeder Demokratie. Wo es eine Mehrheit gibt, gibt es auch eine Minderheit und wenn Sie es nicht zulassen, daß die Minderheit zum Wort kommt und Sie kritisiert, dann löschen Sie die heiligsten Zeichen der freien Meinungsäußerung, den Parlamentarismus aus. (Posl. Schweichhart: Sagen Sie das doch dem Hitler!) Verzeihen Sie, Herr Koll. Schweichhart, ich zeige doch gerade den Unterschied, wenn Sie ein wenig zuhören würden, so würden Sie sich nicht gegen meine Worte wenden. Ich bin nicht der Anwalt Hitlers, wenn Sie es machen wollen, so tun Sie es. (Posl. Schweichhart: Auf mich hört er nicht!) Es dreht sich nicht darum, daß Sie uns hier einfach mundtot machen können. Wenn Sie das selbstverständliche Recht, das wir haben und das wir hier ausüben und womit wir eigentlich Ihrem Parlamentarismus Sinn und Inhalt geben wollen und sollen, wenn Sie das unmöglich machen, wenn Sie ein einheitliches Parlament machen wollen, so müssen Sie dieses Parlament auflösen und nur eine einzige Liste bei den Wahlen zulassen; dann haben Sie das, was Sie wünschen. Sie können noch ein paar Parteien auflösen, überhaupt alles, was Ihnen nicht paßt, was den Mund aufmacht, stecken Sie nach Pankrác. Es ist viel einfacher so, wenn die Sache mit der Polizeiaufsicht so weiter geht! Stellen Sie sich vor: tausende von Leuten sollen sich täglich dreimal zur Polizei melden gehen: "Poslusnì hlásím, ich bin noch da." Ich frage Sie, meine Herren: halten Sie das nicht für eine Farce, was hier getrieben wird? Ist das noch Demokratie? Ist das Freiheit? Das eine muß ich sagen: Sie treffen es wunderbar, solche Sachen mit Namen zu belegen, die im Ausland keinen bösen Eindruck erwecken. Nicht Konzentrationslager, nicht das oder jenes. Wir haben noch immer die Pressefreiheit, wenn aber ein Blatt sich getraut zu schreiben, dann bekommt es den Wink mit dem Zeigefinger und es weiß, daß es nicht so weiter schreiben darf. Wenn Sie glauben, daß es so besser ist, machen Sie so weiter! Aber keinesfalls erziehen Sie damit die Bevölkerung, die vielleicht noch demokratische Erziehung brauchen würde, zu wirklichen Demokraten. Keinesfalls legen Sie damit die Fundamente für einen Staat und eine Gesellschaft, welche gesund sein sollen.
Denken Sie selbst gerade an Ihre größte Zeit, an die Zeit ihrer parlamentarischen Kämpfe in Wien, an die Zeit, wo Sie aus Ihren Anhängern ein politisches Volk gemacht haben. Denken Sie daran, daß Sie im Kampfe um die Demokratie, in den Kämpfen um die parlamentarische Geltung als Oppositionelle groß geworden sind. Und wenn wir von deutscher Seite uns dieses Recht herausnehmen, so verwahren wir uns dagegen, daß uns dabei Sachen unterstellt werden, die durchaus nicht zutreffen. Ich wiederhole hier ein Wort, das einmal der Abg. Kramáø in einer Beratung gesprochen hat, bei der ich auch für den Bund der Landwirte, dem ich damals angehörte, anwesend war. Es handelte sich damals um die Verwaltungsreform und um gewisse Dinge, die wir damals geändert haben wollten. Ich wehrte mich damals dagegen, daß der Bezirkshauptmann die Agenda übernimmt, die bis dorthin der Obmann des Bezirksausschusses inne hatte und erklärte, daß es doch untunlich sei, daß wir eine solche Änderung im Gesetze zulassen, die eine Verschlechterung des bisherigen Zustandes bedeutet. Damals hat der Abg. Kramáø zu seinen èechischen Kollegen gesagt: "Meine Herren! Erinnern Sie sich daran, auch wir hätten aus Wien niemals mit dem Verzicht auf etwas zurückkommen können, wir konnten nur mit Erfolgen zurückkommen." Wo sind denn die Erfolge? Jahre hindurch ist der Rückzug von einer Linie zur anderen angetreten worden. Unsere Gemeindeautonomie existiert überhaupt nicht, der Bürgermeister muß bestätigt werden. Meine Herren, hat man Euch jemals den Bürgermeister bestätigt oder nicht? Ihr habt ihn Euch gewählt und wenn Ihr ihn zum starosta gewählt hattet, dann war er es eben. Ihr habt Euch in Böhmen Eueren Bezirksobmann in der Bezirksvertretung gewählt und die gewählt wurden, sind es geblieben auf Grund der Volksmeinung und der Volksstimme. Das ist bei uns anders geworden, die Autonomie der Verwaltung ist zerschlagen. Ich frage Sie: "Warum?" Sie werden sagen: "Weil hier bei uns zu viel über die Grenze geschielt worden ist." Vergessen Sie nicht, daß es selbstverständlich ist, daß eine Bewegung, die bis an die Grenzen heran die Bewohnerschaft erfaßt, die mit uns gleicher Zunge und gleicher Nationalität ist, auch hier gewisse Einflüsse auslösen muß. Ich erinnere mich daran, daß verschiedene Herren Kollegen selbst gesagt haben, daß bei Besuchen draußen im Reich und bei Entsendung von Beamten ihrer Partei nach Deutschland festgestellt werden konnte, daß diese Leute mit gewissen Eindrücken zurückgekommen sind, die keineswegs durch die Bank ablehnend waren. Also selbst bei Ihnen macht die Entwicklung draußen gewisse Eindrücke. Können Sie sich wundern, daß selbstverständlich auch bei uns hier gewisse Einflüsse sich geltend machen? Bitte, niemand, der politisch klug ist und politische Vernunft hat, kann Ihnen das Recht absprechen, daß sich der Staat seine Selbständigkeit wahrt und seine Grenzen wehrt, daß er sich dafür einsetzt. Daran kann Sie niemand hindern und es kann Ihnen auch kein vernünftiger Mensch das Recht dazu absprechen. Aber keinesfalls können Sie gegen die Meinung und Überzeugung des Volkes, gegen Strömungen ständig mit Bajonetten, mit Pendrek, Pankrác und Gefängnis vorgehen. Sie müssen die Leute innerlich gewinnen. Sie können die Leute nur durch Liebe zum Staat erziehen, wenn Sie es machen wollen. Es ist der Kampf um die Seele des sudetendeutschen Volkes, der hier ausgetragen werden muß; und wenn Sie den Kampf gewinnen, werden wir abtreten. Aber wir werden darum kämpfen, solange wir können. Selbstverständlich werden wir unserem Volk das bieten, was wir bieten können: die Überzeugung, daß sie hier in einem Staat sind, wo sie vorläufig nicht als richtige Kinder, sondern als Stiefkinder behandelt werden; wir werden kämpfen um die obersten Prinzipien der Menschheit, um Freiheit und Gleichheit, wir werden eintreten müssen für freies Leben auch in nationaler Hinsicht und für die Gleichstellung mit Ihnen. Denn wenn wir gleiche Lasten tragen, wollen wir auch gleiche Rechte haben. Diese Frage wird der Staat lösen müssen, die Frage, wie er sich zu seinen deutschen Staatsbürgern stellt; und wenn wir deutschen Bürger Ihre Loyalität uns gegenüber sehen werden, seien Sie überzeugt, daß auch wir loyal zu Ihnen sein werden. Erst müssen Sie diese Frage lösen, dann können wir daran gehen, die Wirtschaft aufzubauen und aufzurichten; und solange das nicht geschieht, wird unsere Wirtschaft weiter zugrunde gehen.
Wir sehen vorläufig keine Geneigtheit
bei Ihnen, auf diese Frage ernstlich einzugehen. Sie sind vollkommen
zufrieden damit, wenn es heißt, daß Sie Demokraten sind, Sie bestätigen
sich das selbst, Sie sind so klug, Ihre Maßnahmen so zu treffen,
daß das Ausland überzeugt ist, daß Sie wirklich Demokraten sind.
Das genügt Ihnen, und im übrigen werden Sie den Schlendrian weiter
gehen lassen. Sie rücken immer mehr ab von Ihrer großen Vergangenheit,
auf die Sie stolz sein könnten, Sie rücken ab von der Demokratie,
die Sie in Europa miterobern halfen. Sie rück en ab von dem Parlamentarismus,
den Sie zum Teil mit aufgebaut haben und heute mit vernichten
helfen. Solange Sie das tun und damit die Grundlagen auch für
das wirtschaftliche Leben untergraben, ist es selbstverständlich,
daß ich für den Staatsvoranschlag nicht stimmen kann. Denn das
erste, was ein Oppositioneller tun muß, ist, daß er bei dieser
Gelegenheit klar und deutlich erklärt, daß er dafür oder dagegen
ist. Wenn der Herr Minister Beneš gesagt hat, daß man mit
Bedingungen usw. nicht kommen darf, daß man warm oder kalt zu
sein hat, dann erkläre ich, daß ich mit Rücksicht auf die Verhältnisse
nicht mit innerer Wärme dem Voranschlag gegenübertreten kann und
ihn ablehnen muß. Ich bin überzeugt, daß die Zeit kommen wird,
wo Sie die versäumten Gelegenheiten bereuen werden, die sich heute
bieten. Sie haben jetzt Zeit, in schwerer Not unserem Volke das
zu geben, was es braucht. Geben Sie ihm das Vertrauen zu Ihnen,
damit es mit Vertrauen antworten kann. (Potlesk.)