Støeda 29. listopadu 1933

Das Gleichgewicht im Budget wurde weiters mit schweren Opfern von Seiten der Staatsbeamten und Pensionisten erkauft. Ihre Bezüge sind beinahe auf das Vierfache vom Friedenspreis gesunken, während mit Ausnahme der Arbeitslöhne auf allen Gebieten doch eine Valorisierung mindestens mit sieben eingetreten ist. Ebenso ist das Gleichgewicht erkauft um den Preis von wirklichen Leichen oder wenigstens Existenzleichen von Steuerträgern, die dazu gemacht wurden, durch die unnachsichtige Eintreibung von Steuern. Der ehemalige Finanzminister Dr. Engliš hat einmal von einer Steuermoral der Besteuerten gesprochen. Ich würde auch einmal eine Steuermoral der Besteuernden wünschen. Wie jeder Arzt zuerst in einer Klinik Praxis machen muß, wie jeder Jurist seine Praxis hat, so sollte auch jeder Steuerbeamte zuerst wenigstens drei oder vier Jahre mitten im Volke leben und die Not des Volkes mitmachen, bevor er den Bleistift zur Hand nimmt und die manchmal menschenmordenden Ziffern hinschreibt. Es vergeht kaum eine Woche, in der wir nicht lesen: dort hat sich einer aufgehängt, weil er die ungerechten Steuern nicht bezahlen konnte. Der Staat hat ein Recht auf Steuern, aber der Staat ist vor allem dazu da, das Glück der einzelnen zu fördern. Wenn aber der Staat über Leichen geht, dann hört eben seine Machtbefugnis auf. Dabei findet man noch bei den höheren Beamten eher Herz und Verständnis als bei den unteren. Rekurse bleiben jahrelang unerledigt, und wenn nach Interventionen und Vorsprachen den Steuerträgern das zugebilligt wird, was ihnen von Rechts wegen gebührt, so muß der arme Teufel ganz zufrieden sein. Und doch ist es meistens den Leuten unmöglich, die Steuern zu zahlen. Ausborgen können sie nicht, Kredit wird keiner gewährt. Hat doch der Ministerpräsident selbst erklärt, daß manchmal für Reiche keine zehntausend Kronen Kredit zu haben sind. (Posl. Krumpe: Der Staat zahlt seine Rechnungen selbst am schlechtesten!) Jawohl, aber für die nichtbezahlten Beträge fordert er Wucherzinsen. Dabei haben wir ein Bankengesetz, das wir in gewisser Beziehung begrüßt haben, weil es eine Senkung des Zinsfußes bedeutet. Aber die Wohltat des Gesetzes hat sich noch nicht gezeigt. Wir müssen konstatieren, daß auf dem Gebiete des Bankenwesens so manche schlechte Blüten wachsen u. zw. ich möchte beinahe sagen mit stiller Duldung oder sogar Förderung der berufenen Organe; als Beispiel möchte ich Folgendes anführen:

Im "Deutschen Wochenblatt", das in der Druckerei "Das Volk" in Jägerndorf gedruckt wird, erschien in der Nummer vom 16. November 1933 folgende Notiz, die zur Gänze der Wahrheit entspricht: "Große Hausdurchsuchungen in Nikolsburg. Heuer im Frühjahr richtete Abg. Zajièek im Parlamente gegen die Nikolsburger landwirtschaftliche- und Handelsbank und gegen den Nikolsburger Advokaten Dr. Knöpfelmacher schwere Angriffe. Als die christlichsoziale Partei eine große Versammlung ankündigte, in der Abg. Zajièek über dasselbe Thema sprechen sollte, erwirkte die Bank beim Znaimer Bezirksgericht gegen Zajièek ein Redeverbot. Der Abgeordnete, der trotz des Verbotes in Nikolsburg in einer Massenversammlung sprach, rekurrierte an das Kreisgericht, das zu Ungunsten der Bank entschied. Die Öffentlichkeit hatte angenommen, damit sei der Streit beendet. Dem ist nicht so: Aus Brünn erschienen in Nikolsburg zahlreiche Finanzbeamte, die gemeinsam mit Nikolsburger Beamten in der landwirtschaftlichen und Handelsbank, in der Kanzlei Dr. Knöpfelmacher, Dr. Adler und in mehreren Privatwohnungen umfangreiche Hausdurchsuchungen vornahmen. Es wurden nicht nur Geschäftsbücher und Korrespondenzen sondern auch ein sehr großes Kapital beschlagnahmt, bzw. sichergestellt. Die Hausdurchsuchungen, ausgeführt von etwa eineinhalb Dutzend Beamten, haben im ganzen Bezirk das größte Aufsehen erregt."

Dieser den Tatsachen entsprechende Bericht, dessen Veröffentlichung im allgemeinen Interesse liegt, wurde beschlagnahmt, obwohl dasselbe Gerücht in mehreren Tagesblättern erschienen is. Hier können wir uns wohl an den Herrn Justizminister, an den Herrn Innenminister und den Herrn Ministerpräsidenten die Frage erlauben, ob sie es billigen, daß Blätter, die zum Schutze des kleinen Mannes eintreten, dafür noch bestraft werden.

Es ist weiter das Gleichgewicht hergestellt worden um den Preis der Steigerung der Zahl der Arbeitslosen. Es ist die Kaufkraft gesunken, weil der Konsument kaufschwach wurde. Die Konkurse wachsen auf dem wirtschaftlichen Dünger - wenn man so sagen darf wie die Pilze nach dem Regen aus dem Boden. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres hatten wir 3.036 Ausgleiche und 1.312 Konkurse zu verzeichnen. Der Herr Ministerpräsident Malypetr hat selbst auf die Unmöglichkeit einer Konkurrenz in Valutaprämiengewährung bei den Exporten hingewiesen und hat schließlich das Geständnis gemacht, daß wir uns dem Zustande nähern, der teuerste Staat in Europa zu sein. Angesichts dieser Tatsache verstehen wir aber auch die Mahnung des Herrn Ministerpräsidenten im Budgetausschuß, daß wir schon so tief sind, daß wir uns mit der größten Willenskraft darum kümmern sollten, aus dem heutigen Tiefstand herauszukommen, wenn auch um einen kleinen Schritt. Aber nicht bloß großer Willenskraft bedarf es, aus dieser Misere herauszukommen, sondern es ist eine Sammlung aller maßgebenden Kräfte mit Ausschaltung aller Misstände notwendig, welche die tatkräftige Mitarbeit dieser Kräfte hindern, eine Sammlung vor allem der nationalen Kräfte. Der Herr Präsident des Staates hat in einem Interwiev die 3 1/2 Millionen Deutschen nicht als Minderheit, sondern als organischen Bestandteil des Staates bezeichnet.

Daraus ergibt sich, daß gerade dieser organische Bestandteil des Staates nicht zurückgedrängt werden darf, ohne daß das Wohl und Wehe des Staates dadurch auch sehr stark beeinflußt wird.

Die Geschichte beweist, daß die glücklichste Zeit für die Länder, die den jetzigen Staat bilden, jene war, in welcher Deutsche und Èechen gleichwertig, eines Sinnes miteinander zum Wohle der Länder gearbeitet haben. Das Land ist groß, das Land ist reich, es liegt in der Mitte von Europa. Aber dieselbe Geschichte beweist, daß gerade dann die größte Misere über die Länder hereingebrochen ist, als ein unvernünftiger, extremer Nationalismus diese Zus ammenarbeit der Deutschen mit den Èechen gestört hat. So in der Vergangenheit. Und haben sich in der Gegenwart nicht alle jene Gesetze, welche anscheinend gemacht wurden, um besser zu wirtschaften, in Wirklichkeit aber um besser zu verwirtschaften und vor allem das deutsche geschlossene Gebiet zu zertrümmern, in katastrophaler Weise für den Staat selbst ausgewirkt? Gesetze der Bodenreform, der Minderheitsschulen, der Kriegsanleihe, des Abbaues der Beamten. Wären diese Gesetze mit ihren unseligen Folgen nicht gemacht worden, wäre es längst nicht notwendig, den Staatsangestellten die 1 1/2 Milliarden zu streichen.

Es müssen weiter, wenn wir aus dem Tiefstand herauskommen sollen, alle wirtschaftlichen Kräfte zusammengefaßt werden. Wenn wir einem der bekanntesten èechischen Professoren, dem Dr. Rádl glauben dürfen, so ist der Hauptfehler für die Wirtschaft des Staates damals geschehen, als im ersten nationalen Parlament, in welchem die Deutschen nicht waren, der Staat den Parteien ausgeliefert wurwu de. Damals wurde gleichsam der Grundsatz geheiligt: Nicht Sta at und Volk über alles, sondern Partei über alles. Wir dürfen uns deswegen nicht wundern, daß selbst der Präsident des Staates von einer Parteienkorruption gesprochen hat, daß eben deswegen, weil man vor allem auf den Parteinutzen und nicht auf den Staatsnutzen geschaut hat, am meisten der Staat und seine Vertreter, die Staatsangestellten daraufzahlen mußten. Es darf uns deswegen auch nicht wuwundern, daß in Erkenntnis dieser Tatsache der jetzige Ministerpräsident Malypetr erklärt hat, daß er beim Ministerratspräsidium eine Stelle schaffen will, in welcher alle wirtschaftlichen Fragen nicht mit Rücksicht auf die Partei sondern mit Rücksicht auf den Staat gelöst werden sollen. Es ist dies eine bescheidene Zustimmung zu dem, was sein Vorgänger Ministerpräsident Udržal gesagt hat, wenigstens haben wir es in der Zeitung gelesen, daß die Koalition verantwortungslos arbeitet. Und das wirtschaftliche Ermächtigungsgesetz ist doch nichts anderes, als ein Ausdruck der Not, wenn wir die Parteien allein wirtschaften lassen, kommen wir nie und nimmer vorwärts. Aus dieser Erkenntnis heraus gewinnt auch der Gedanke immer größere Kraft, daß man an Stelle des jetzigen Senates eine Wirtschaftskammer setzen soll, in welcher die wirtschaftlichen Fragen nicht nach politischen Rücksichten gelöst werden sollen.

Schließlich ist eine Sammlung der außenpolitischen Kräfte notwendig, im Interesse der Wirtschaft des Staates. Es mußte das Organ der in dem Staate herrschenden Partei gestehen, daß unsere handelspolitischen Beziehungen und Handelsverträge nicht nach wirtschaftlichen, sondernd leider nur nach politischen Rücksichten gemacht werden. Es ist ja sehr hübsch und bewunderungswert, wenn der Herr Außenminister seinem Amte Ehre macht und so viel draußen ist, aber vielleicht wäre der Herr Außenminister noch mehr zu bewundern, wenn er vor allem in seiner schweren Aufgabe dahin arbeiten würde, ein großes Wirtschaftsgebiet von Mitteleuropa mit Einschluß Deutschlands und Österreich zu schaffen, damit in diesem Wirtschaftsgebiet sowohl die agrarischen wie auch die industriellen Belange voll zur Geltung kommen können. In einem engen Gebiete, wie es die Èechoslovakei allein ist, werden diese Interessen nie ausgeglichen. Eine Autarkie müssen wir immer von der Hand weisen, denn entweder müssen die Arbeiter hinaus oder es müssen die Waren hinaus. Die Arbeiter läßt man nicht hinaus und draußen läßt man sie nicht hinein, so müssen eben die Waren hinaus oder wir haben fortwährend das Gespenst einer riesigen Zahl von Arbeitslosen.

Wir vermissen deswegen ein großzügiges Wirtschaftsprogramm, eine wirtschaftliche Initiative und Kraft, wie sie ein von den einen so gehaßter, von den anderen so bewunderter Mann wie Mussolini in seinem Lande eingeführt hat, wodurch er eben sein Land so gehoben hat, daß es wirtschaftlich vom Ausland immer mehr und mehr unabhängig wird. Bis jetzt haben wir nur, möchte ich sagen Flickarbeit von heute auf morgen gesehen.

Und das letzte: Sammlung der wertvollsten Kräfte, die aber am wenigsten gewertet werden, die idealen sittlichen religiösen Kräfte. Es wird keiner, der ein bißchen Anspruch auf Bildung macht, dem Altmeister Goethe den Ruf abstreiten, einer der tiefsten Denker gewesen zu sein und gerade er hat das bekannte Geständnis gemacht: das einzige, eigentliche und tiefste Thema der Welt- und Menschengeschichte, dem alle übrigen Probleme unterworfen sind, ist der Kampf zwischen Glauben und Unglauben und daß alle Zeiten, in welchen der Glaube geblüht hat, fruchtbar waren und jene Zeiten, in welchen der Unglaube seine Kraft entfaltet hat, wenn sie auch nach außenhin glänzend waren, nach innen immer unfruchtbar waren.

Die Èechoslovakei liegt mitten in Europa, sie muß deshalb an der allgemeinen Krise teilnehmen, an der allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Krise, aber die Hauptursache beider Krisen ist die seelische Krise, weil man die wichtigste Frage, die grundlegende Frage schlecht beantwortet hat: die Frage nach dem Wesen des Menschen. Die moderne Zeit, trunken von ihren Erfindungen, hat alle metaphysischen, alle ewigen sittlichen Grundsätze beiseite gelegt und hat auf allen Gebieten des nationalen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens den Materialismus zur Herrschaft gebracht. Das wirkt sich verhängnisvoll aus. Eine Maschine kann noch so schön und herrlich sein, aber wird ihr die innerste Zentralfeder und Triebkraft genommen, zerfällt die herrliche Maschine in einzelne Teile, die zu nichts anderem sind, als zum alten Eisen geworfen zu werden. Nehmen Sie aus der Menschheit die Zentraltriebkraft, das ist eine sittliche ewig von der Menschheit unabhängige Norm, dann setzen Sie an Stelle des Gemeinnutzens den Eigennutz, den Eigennutz unter den Nationen, den Eigennutz unter den Klassen, den Eigennutz unter den Berufsständen und den Eigennutz unter den Individuen und das bedeutet nichts anderes als allgemeine Anarchie. Will deswegen die Èechoslovakei ihren großen Aufgaben gerecht werden, mitzuarbeiten mit den anderen Staaten an dem Aufbau Europas und damit an ihrem eigenen Aufbau, muß sie vor allem die Haupttriebkraft der Zentralfeder, das ist die Verbindung mit dem ewigen Wesen, das wir Religion nennen, pflegen.

Die Religion muß die Grundlage der Lösung der nationalen Fragen sein. Der alte Römer hat die Religion zur Dienerin des Staates gemacht, der alte Römer hat Rom vergöttert und kannte nur Unterdrückung der anderen Völker als Barbaren. Hat die moderne Zeit vielleicht etwas Besseres gemacht? Als der furchtbarste Auswuchs des Übernationalismus - möchte ich sagen - wütete, der Weltkrieg und der Friedenspapst Benedikt XV im Jahre 1917 für beide Teile annehmbare Friedensbedingungen gemaacht hat, hat das der deutsche Kanzler Michaelis verdorben; und als der Friede von Versailles gemacht wurde, hat derselbe Papst, allerdings umsonst die Macher des Friedens gewarnt: "Unterdrückte Völker sterben nicht, aber im Gegenteil von Geschlecht zu Geschlecht pflanzt sich der Haß fort." Die politische Entwicklung Europas hat ihm recht gegeben. Was ist aus allen Institutionen des Friedens geworden, aus dem Völkerbund, aus der Abrüstungskonferenz? Haben wir nicht ein politisch zerrissenes Europa? Als vor zwei Jahren eine der so zahlreichen, dem Zweck nach so unendlich wichtigen, dem Erfolg nach jedoch so trostlos fruchtlosen Konferenzen stattfand, hat Pius XI gesagt: "Da sind sie wieder zusammengekommen, die Herren Politiker, die Herren Diplomaten, die Herren Financiers, aber keinem von ihnen ist es eingefallen, den Blick nach oben zu wenden; wenn sie den Blick nach oben wenden würden, so müßten sie sich bewußt werden, daß alle Völker das Recht haben zu existieren, daß wohl Heimat, Vaterlandsliebe, Nation herrliche Güter sind, aber doch irdische Güter und über ihnen eine noch herrlichere Heimat ist, die ewige Heimat. Dann würden die politischen Verhältnisse unter den einzelnen Nationen viel schneller, viel besser geregelt werden, ohne Bitterkeit zurückzulassen."

Damit würden Sie einen Faktor wirken lassen, der das Wohl der Völker nicht nur im gegenseitigen Verhältnisse sondern auch in den einzelnen Völkern selbst begründet.

Aufgebaut ist das Wohl der Völker zunächst auf ihrer inneren sittlichen Kraft. Die Geschichte beweist, daß reiche Völker, denen die innere sittliche Kraft gefehlt hat, zugrunde gegangen sind. Wenn ich von dieser sittlichen Kraft spreche, so habe ich vor allem die Beziehungen der beiden Geschlechter im Auge, insofern als sie sich in der Familie auswirken. Wenn die Regelung des doppelten Bandes der Familie, nämlich der Gattenliebe und Kindesliebe nur den Menschen und den menschlichen Gesetzgebern überlassen wird, ohne Rücksicht auf einen Ewigen, dann wird sicher das letzte entscheidende Wort der Eigennutz und die Sinnlichkeit sprechen und dann wird das vernichtende Wort über Eheglück und Kindersegen gesprochen werden. Sind nicht dafür ein Beweis die unzähligen Klagen, daß Europa daran ist, zu verfaulen, daß die Zahl der Särge immer größer wird als die Zahl der Wiegen? Ist nicht dafür auch bei uns die Tatsache ein Beweis, daß in den ersten zehn Jahren der Republik 100.000 Ehen auseinandergegangen sind? Wenn ich weiter von der inneren Kraft eines Volkes rede, so habe ich vor Augen Ehrfurcht vor der Autorität, Gerechtigkeit, Offenheit, Wahrheitsliebe und vor allem Geradheit und Festigkeit des Richterstandes gegenüber allen äußeren Einflüssen. Worauf ist dies alles aber aufgebaut? Überlassen Sie das den Gesetzen des menschlichen Herzens, dann können Sie wohl sagen, daß es auf Sand gebaut ist. Wenn man der Anschauung ist, wie ein deutscher Minister, wohl nicht hierzulande, sondern draußen, die ewigen Prinzipien des Rechtes seien nur ein Wolkenkuckuksheim, dann sind wohl alle Gesetze nur Nebelstreifen und was darauf aufgebaut ist, nur Nebelgebilde. Die unerläßlichen Stützen der öffentlichen Wohlfahrt, das sind die innere Kraft, Religiosität und innere Sittlichkeit. Mit Kinderprämien kann die innere Sittlichkeit nicht geheilt werden, ebenso wenig kann Achtung vor der Staatgewalt mit Gummiknütteln und Bajon etten erzwungen werden. Deswegen haben auch Staatsmänner, ob sie der demokratischen oder der absolutistischen Richtung angehören, erklärt, daß ohne die religiöse sittliche Kraft der Staat zugrunde geht. Washington hat in seinem Testament an seine Landsleute zugestanden, daß Religion und Moralität unerläßliche Stützen der öffentlichen Wohlfahrt sind und daß der kein Mann des Vaterlandes sei, der diese mächtigen Pfeiler der menschlichen Glückseligkeit untergräbt und daß Moralität im Volke ohne Religiosität nicht bestehen kann. Napoleon mußte als Kaiser gestehen: Keine Gesellschaft kann bestehen ohne Moral, es gibt auch keine Moral ohne Religion. Folglich gibt die Religion dem Staate eine feste und dauerhafte Stütze. Eine Gesellschaft ohne Religion gleicht einem Schiffe ohne Kompaß, ein solches Schiff kann weder seinen Lauf sicherstellen noch gut in den Hafen einlaufen. So wird auch eine Gesellschaft ohne Religion vom Wirbelwind der Leidenschaften bewegt und umhmhergetrieben, es erfährt in sich alle Schrecken aller Kriege, die es in einen Abgrund von Übeln stürzen und früher oder später notwendigerweise in den Abgrund hinein ziehen. Wenn wir konkreter reden wollen: Hat nicht gerade das èechische und das slovakische Volk der Religion und ihren Vertretern zum großen Teil die Erhaltung und den Aufbau ihrer Kultur zu verdanken? Waren es nicht die konfessionellen Schulen, welche das slovakische Volk erhalten haben, unter fremder Herrschaft und waren es nicht in erster Linie èechische und slovakische Priester, welche als sogenannte buditelé, als Wiedererwecker ihrer Völker gearbeitet haben, als ein josefinistischer Absolutismus ihren Volksgeist zu vernichten drohte? Es würde sicher, wenn auf beiden Seiten der Gedanke rege wäre, daß der Deutsche und der Èeche vor Gott gleich gelten, die Frage hier, welche von dem Präsidenten Masaryk als die Frage des Staates erklärt wurde, nämlich die Frage der sogenannten deutschen Minderheit viel besser und für beide Teile vorteilhafter gelöst werden als wenn man die Frage nur vom Standpunkt des Eigennutzes eines Volkes zu lösen bestrebt ist, losgelöst von den ewigen Prinzipien.

Eine zweite Krise, unter welcher die Menschheit seufzt, ist die wirtschaftliche. Ist nicht auch gerade diese Wirtschaftskrise entstanden, weil man auch auf wirtschaftlichem Gebiete die Frage nach dem Werte der irdischen Güter gelöst hat ohne Rücksicht auf die ewigen metaphysischen Prinzipien? So hat es der alte Römer getan. Er kannte nichts als Reichtum, der Arme war ohne Wert und der größte Teil der Menschheit schmachtete in den Banden der Sklaverei. War es nicht gerade das Christentum, das diese Bande gesprengt hat, nicht durch die Fakel der Revolution von außen, sondern durch das Liebesfeuer von innen? War es nicht gerade die glückliche Verschmelzung, des christlichen, germanischen und slavischen Volksgeistes, welche die herrliche Kultur des Mittelalters hervorgebracht hat, in welcher die schwere soziale Frage, auf der einen Seite das Riesenkapital und auf der anderen Seite der unendliche Pauperismus nicht existierte? Es war wieder der modernen Zeit vorbehalten, nach Einführung des römischen statt des christlichen Rechtes und des Materialismus statt des Idealismus und nach Einführung einer liberalen Freiwirtschaft ohne Rücksicht auf die ewigen Gesetze der Gerechtigkeit diese furchtbare Wunde, an der wir kranken, den Abgrund zwischen Kapital und Proletariat zu schaffen und als der Abgrund gähnte, waren es nicht gerade wieder vor allem Vertreter des christlichen Geistes, ein Kardinal Maning, ein Bischof Ketteler, ein Leo XIII, welche sich des Proletariats annahmen? Ich gestehe, auf der anderen Seite fanden sich voll und ganz für das Wohl des Arbeiters eintretende Männer, welche aber und, das ist ewig zu beklagen, die Rettung des arbeitenden Volkes dadurch herbeiführen wollten, daß sie sich in weltanschaulicher Hinsicht auf denselben Boden stellten wie die Ausbeuter. Wenn nicht diese unglückselige Frage, die weltanschaulich die Arbeiterschaft von heute getrennt hat, geweesen wäre, stünde heute der Arbeiter besser da. In dieser Beziehung sind wir alle eins und ich kann nicht begreifen, daß man als Hindernis der Vereinigung der Arbeiterschaft die weltanschauliche Frage ansieht, daß man als Hindernis für das Wohl des Arbeiters ansieht, daß man ihm das Bewustsein der Würde eines Gotteskindes erhält. Hier könnten wir uns auf einer gleichen Basis finden. Diese schwere Frage, die Überwindung der Herrschaft des Riesenkapitals, wäre viel leichter zu lösen, würde man sich auf dem Gebiete der Weltanschauung nähern und würde man nach jenen Grundsätzen handeln, die in seiner herrlichen Encyklica "rerum novarum" der jetzige Papst Pius XI als Lösung der Frage hingestellt hat. Die Überzeugung vom Endziel der Menschen verleiht auch der Arbeit einen viel größeren Wert als nur den Wert der Hervorbringung irdischen Kapitals und dem Arbeiter wäre sicher noch mehr geholfen, wenn in ihm jenes Bewußtsein leben würde, das Schiller ausdrückt mit den Worten: "Es ist kein leerer täuschender Wahn, erzeugt im Gehirne von Toren, in den Herzen kündet es laut sich an, zu etwas besserem sind wir geboren". Zu etwas Besserem als nur eine für den Magen arbeitende Maschine zu sein. Dieser Auffassung waren auch die holländischen Sozialdemokraten, und man kann ihnen sicher nicht den guten Willen absprechen, daß sie den Arbeitern helfen wollten, die auf dem Kongreß zu Groningen im Jahre 1902 folgenden Beschluß gefaßt haben: Der Kongreß stellt fest, daß ein Großteil der arbeitenden Klasse in den Niederlanden für seine Kinder konfessionellen Unterricht verlangt, und hält es nicht für ratsam, ihr darin Hindernisse in den Weg zu legen, weil die Sozialdemokratie die Einheit der arbeitenden Klasse gegen den Kapitalisten in gesellschaftlicher Hinsicht wegen theologischer Zwistigkeiten nicht zu gefährden hat. Diese Überzeugung, daß sowohl die nationale, wie die wirtschaftliche Frage im tiefsten Grunde eine weltanschauliche Frage ist, hat auch der Mitbegründer des französischen Sozialismus Proudhon in den Worten ausgesprochen: Es ist doch merkwürdig, auf dem tiefsten Grunde unserer Politik finden wir immer die Theologie. An dem Tage, wo Staatskunst und Wirtschaft wieder angewandte Theologie werden wird, wird die Sonne des Optimismus wieder aufgehen über unseren Bergen.

Er hat recht. Wenn die irdischen Güter nur als Mittel zu diesem Zweck gelten würden, dann würde die Einigung des durch Klassenkampf gespaltenen Volkes viel leichter vor sich gehen und es würde der Abgrund zwischen Kapital und Arbeit zur wirtschaftlichen Gesundung der Völker überbrückt und der Friede Wirklichkeit werden.

Und noch eine Krise, an der die Welt leidet und vielleicht auch schon die Èechoslovakei zu leiden anfängt. Die Krise der Demokratie. Wir hören so oft aus dem Munde unserer Politiker, daß der größte Hort, der größte Schatz der èechoslovakischen Republik die Demokratie ist. Demokratie ist etwas Herrliches. Aber die Herrschaft des Volkes setzt voraus die Herrschaft jedes einzelnen über sich, setzt voraus als oberste Norm seiner Tätigkeit, daß der Gemeinnutz und nicht der Eigennutz vorangestellt wird, setzt voraus den edlen sittlichen Charakter und dieser setzt voraus ewige Normen. Denn die Normen der Sittlichkeit können nicht hergeleitet werden von der Leidenschaft des einzelnen, noch weniger von der öffentlichen Meinung, welche so oft von einer durch Geld korrumpierten Presse gemacht wird. Sittlichkeit setzt eine Sanktion voraus, welche nicht gemacht wird von einzelnen, weil sich der einzelne nicht selbst strafen wird, welche aber auch nicht bloß von der Gesellschaft gemacht wird, denn Bajonette und Gummiknüttel sind wie ich schon sagte, eine zu schhwache Sanktion für die oft furchtbar verletzten Gesetze des Gewissens.

Demokratie kann nur dann bestehen, wenn jeder einzelne das allgemeine Wohl vor Auggen hat. Wenn wir aber in die Welt hinausschauen wie überall die Demokratien zusammenbrechen und Diktaturen entstehen, ob es nun Diktaturen der Demokratie oder des Faszismus sind, so ist das eben dem zuzuschreiben, daß die Kräfte zentrifugal auseinander streben zum Schaden des allgemeinen Nutzens und daß eine starke Hand die widerstrebenden Kräfte mit Gewalt zusammenhalten muß. Aber eine solche Gewalt kann sich ni cht auf die Dauer halten; denn der Mensch ist eben kein unvernünftiges Wesen, das nur durch Schreck und Gewalt zusammengehalten werden kann, oder auch nur durch bloßen Instinkt, sondern der Mensch ist ein sittlich intellektuelles Wesen, das mit anderen nur zus ammengehalten werden kann durch die Überzeugung von einer ewigen sittlichen Norm.

Wie weit nun dieser Faktor des religiösen Idealismus gewertet wird, zeigt sich am besten im Ressort des Unterrichtsministers. Hier muß ich wohl anerkennen, daß der Herr Unterrichtsminister für nationale, ja sogar auch für religiöse Toleranz eintritt. Was er im deutschen Schulrundfunk gesprochen hat, war uns aus dem Herzen gesprochen, nur würden wir wünschen, daß diese wahre Toleranz auf allen Gebieten herrschen würde, vor allem auf jenem Gebiete, das für die Volkserziehung das wichtigste ist, auf dem Gebiete des Mittelschulwesens. Denn dort bilden sich die Charaktere in den entscheidenden Jahren, dort werden die zukünftigen Führer des Volkes herangebildet. Wenn sie ohne sittlichreligiöse Erziehung hinausgehen, dann werden sie eben die Zukunft des Staates aufbauen nicht auf den ewigen Prinzipien, sondern auf rein irdischen Normen. In dieser Beziehung müssen wir es wohl bedauern, daß ein Erlaß hinausgegeben wurde, die Zahl der Religionsstunden an den Obergymnasien und anderen Mittelschulen von zwei auf eine herabzusetzen. Man hat dies mit Ersparnisrücksichten begründet. Aber ich frage, könnte nicht an anderen weniger wichtigen Gegenstände gespart werden, wo sich diese Ersparnis nicht so unheilvoll auswirkt? Wir würden wünschen, daß die unseligen Erlässe Habrmans gestrichen und nicht noch verstärkt werden. Aus demselben Grunde weisen wir alle Bestrebungen zurück, an Stelle der Lehrerbildungsanstalten Akademien zu setzen; weil man doch schließlich weiß, daß der Enderfolg, den man dabei beabsichtigt, nur die Vernichtung jener für das Volkswohl und die Erziehung herrlich wirkenden Lehrerbildungsanstalten ist, welche von den verschiedenen Ordensgenossenschaften bei uns erhalten werden. Und wenn wir uns dafür ausgesprochen haben, daß für die deutsche Akademie, welche nicht verstaatlicht ist, eine Subvention gegeben wird, so war das selbstverstendlich unter der Voraussetzung, daß man nicht an Stelle der Lehrerbildungsanstalten die Akademien geben will.

Wir müssen auch wünschen, daß die Verbindung zwischen der größten geistigen Kraft, zwischen dem apostolischen Stuhl und der Èechoslovakei eine freundlichere und innigere wäre. Der modus vivendi genügt uns nicht, unser Ziel muß sein ein Konkordat. Und wenn heute sogar jene Macht, welche als religiousfeindlichste bisher gegolten hat, wenn diese, Sowjetrußland, sich bestrebt, durch ihre Vertretung mit dem apostolischen Stuhl in Verbindung zu treten, so glaube ich, würde es für die Èechoslovakei keine Schande, vielmehr eine große Ehre sein, in die Reihen jener weitaus zahlreicheren Staaten zu treten, deren Vertreter mit dem apostolischen Stuhle ein Konkordat abgeschlossen haben.

Wir leben jetzt in einer Zeit des Umbruchs, des Aufbaues und die Èechoslovakei, welche in der Mitte von Europa liegt, kann sich nicht der großen Aufgabe entziehen, an dies em großen Werke auch mitzuarbeiten. Ich will gerne zugestehen, daß es uns nie gelingen wird, das Paradies auf Erden zu schaffen, das ist verloren gegangen und diejenigen Politiker und Wirtschaftsmänner, welche glauben, mit ihren Konferenzen und Gesetzen das Paradies für die Èechoslovakeii und für die Menschheit zu schaffen, die irren. Aber soweit es möglich ist, die Menschheit glücklich zu machen, kann sie es doch nur werden, wenn sie auf den Grundsätzen der Religion ihr Glück aufbaut. Es handelt sich um mehr als um die Èechoslovakei, es handelt sich um die ganze europäische Kultur. Das alte römische Weltreich ist zugrunde gegangen, weil es die Nation und die Wirtschaft auf dem Materialismus aufgebaut hat. Tut es die heutigge Welt auch, wird sie genau so zugrunde gehen wie das alte römische Reich und es wird an ihr zur Waahrheit werden, was ich an einem römischen Grab in italienischer Schrift gelesen habe: "Che fummo, siete, che siamo, sarete". Was wir waren, das seid ihr und was wir sind, werdet ihr sein. Möge das Los von uns abgewendet werden, daß unsere Kultur so in Trümmer sinkt, wie die alte römische und daß an ihre Stelle eine Kultur ganz anderer, fremdfarbiger Völker tritt. Wollen wir deswegen den Aufbau, können wir ihn nur auf dem Grundsatze der ewigen Menschgewordenen Weisheit durchführen, welche sich selbst als Eckstein bezeichnet hat. (Potlesk.)

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP