Hohes Haus! Das Staatsbudget ist immer ein Spiegelbild des Wirtschaftslebens des Staates. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.) Wenn wir den uns heute vorgelegten Staatsvoranschlag von diesem Gesichtspunkte aus betrachten, so müssen wir darin die unglückselige Entwicklung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse feststellen, die zumeist auf die bis heute ungelösten Interessensphären zwischen Landwirtschaft und Industrie zurückzuführen ist. Wenn wir von diesem Standpunkte und vom Standpunkt meiner Partei als berufsständischer Vertreterin von Gewerbe und Handel der Sicherung und dem Bestande der Landwirtschaft das größte Interesse entgegenbringen, weil ja auch unser Interesse mit dem Gedeihen der Landwirtschaft eng verknüpft ist, so geben wir damit kund, daß uns wohl die traurige Notlage der Landwirtschaft bekannt ist: Wir dürfen aber bei dieser Feststellung nicht übersehen, daß die Interessen der gesamten mittelständischen Produktion und des Handels in gleichem Maße, wenn nicht in noch höherem, von dem Gedeihen des industriellen Exports direkt oder indirekt abhängig sind. Zahlreiche mittelständische Betriebe im deutschen Grenzgebiet, wie z. B. die Musikinstrumenten-, Porzellan-, Glas-, Spielwaren-, Spitzen-, Handschuh- und Stickereiindustrie, sowie die Erzeugnisse der Gablonzer Industrie sind doch fast ausschließlich auf den Export angewiesen. Der Inlandsmarkt als solcher ist viel zu klein, um alle diese Erzeugnisse aufnehmen zu können und wenn von mancher Seite behauptet wird, daß sich eben diese Industrie auf den Inlandsmarkt umzustellen hätte, so ist das einerseits nicht möglich und würde andererseits, wenn es möglich gemacht werden könnte, wahrscheinlich die Arbeitslosigkeit noch mehr steigern. Diese Verhältnisse, die sich ganz drastisch in unseren Grenzgebieten auswirken und auswirken müssen auf Grund der wirtschaftlichen Struktur dieser Gebiete, haben auch diesen ungeheuren Notstand in den Elendsgebieten unserer Heimat zur Folge. Gewiß sind auch die èechischen Berufskollegen durch die heutige Krise betroffen, immerhin haben sich jedoch die Verhältnisse in dem mehr landwirtschaftlichen Innern Böhmens nicht so versch oben, wie das bei unseren industriellen deutschen Randgebieten der Fall ist.
Es ist dies natürlich, wenn wir die Verteilung der Bevölkerung in diesen Gebieten vergleichen. So stehen von der Bevölkerung der Kammersprengel Prag, Budweis und Pilsen den 1,096.346 Berufszugehörigen der Landwirtschaft 1,461.960 Berufszugehörige der Industrie und der Produktionsgewerbe gegenüber, das ist ein Verhältnis von 1 zu 1.4, während in den Gebieten des nördlichen und nordwestlichen Böhmens 614.397 Berufszugehörigen der Land- und Forstwirtschaft 1,508.295 Berufszugehörige von Industrie und Produktionsgewerben gegenüberstehen, das ist ein Verhältnis von 1 zu 2.4. Hier wirkt sich daher der Rückgang des auf dem Export aufgebauten industriellen Lebens auch für den berufsständischen Mittelstand ganz katastrophal aus. Zur Erreichung einer Besserung im wirtschaftlichen Leben ist es daher notwendig, daß in die politischen Verhältnisse keine Beunruhigung hineingetragen wird.
Mit Genugtuung haben wir im Exposé des Herrn Auß enministers Dr. Beneš die Zurückhaltung konstatiert, die er sich bei der Besprechung der politischen Verhältnisse insbesondere gegenüber den Nachbarstaaten auferlegt hat. Die heutigen Verhältnisse müssen eben auch mit Ruhe und Vernunft beurteilt werden; deshalb glauben wir, daß der Appell des Herrn Außenministers und auch anderer Redner an die Öffentlichkeit in diesem Sinne begrüßt werden muß. Wünschenswert wäre aber auch für die ruhige Entwicklung, daß auch die dem Auß enministerium nahestehenden Blätter keine unsachlichen Angriffe gegen das Ausland oder gar falsche Nachrichten bringen, weil das auch von größter Wichtigkeit für die wirtschaftliche Entwicklung und die Anbahnung wirtschaftlicher Beziehungen ist.
Die größte Besorgnis hegen wir für die Zukunft unserer deutschen Jugend. Wir wissen, daß auf Grund der politischen Einstellung, der Fiktion eines Nationalstaates, für unsere Jugend keine oder nur verhältnismäßig wenige Staatsanstellungen in Frage kommen. Die akademischen Berufe sind überfüllt, in der Landwirtschaft ist die Arbeitsgelegenheit nicht mehr weiter auszudehnen, weil ja beispielsweise in der ganzen Èechoslovakischen Republik seit dem Jahre 1921 die Zahl in der Land- und Forstwirtschaft berufstätiger Personen von 5,384.787 auf 5,101.614 Personen zurückgegangen ist. In Böhmen ist dieser Rückgang relativ noch stärker, nämlich von 1,986.389 auf 1,710.723 Personen. Diese Ziffern geben nicht nur dem Volkswirtschaftler, sondern auch jedem Politiker zu denken, der sich mit den Problemen der Bevölkerungspolitik befaßt. Die einzige Hoffnung unserer Jugend beruht also auf der Wiederschaffung der Exportmöglichkeiten, weil dann auch Erwerbsmöglichkeiten in Industrie, Handel und Gewerbe geschaffen werden. Leider ist durch die in unserem Staat herrschenden Autarkiebestrebungen und an diesen Autarkiebestrebungen wird ja festgehalten - nicht die Möglichkeit geboten, eine Erleichterung der handndelspolitischen Lage herbeizuführen. Dazu kommt noch die unglückselige Politik der Devisenkommission, bzw. der Syndikate. Denn gerade diese sind imstande, die von der Regierung schon beschlossenen Einfuhrmöglichkeiten für landwirtschaftliche Produkte, welche dann wiederum die Ausfuhr industrieller Erzeugnisse möglich machen würden, aus egoistischen Gründen zu sabotieren. In dieser Beziehung muß Umkehr eintreten, weil die Verelendung des industriellen Arbeiters fortschreitet und auch der Mittelstand unaufhaltsam der Proletarisierung zugetrieben wird. Dieser Entwicklung könnte nur durch einen wirtschaftlichen Ausgleich zwischen Industrie und Landwirtschaft abgeholfen werden. Aber auch eine konsequente Politik der Wiedergewinnung von Exportmöglichkeiten ist dazu notwendig, nicht allein ein Deflationsbudget.
Wir müssen es als richtig bezeichnen, daß der Staatsvoranschlag für 1934 infolge der Deflationspolitik und der sich daraus ergebenden niedrigen Wirtschaftsziffern, durch den Abbau der Staatsausgaben um mehr als 1 Milliarde gegenüber 1933, sich den heutigen Verhältnissen anzupassen versucht. Von diesem Gesichtspunkte aus begrüßen wir die Arbeiten der Regierung und der parlamentarischen Sparkommission, bedauern aber gleichzeitig, daß die Opposition zu diesen Arbeiten nicht beigezogen wurde. Die Einhaltung des gedrosselten Staatsbudgets ist aber nur dann möglich, wenn es gelingt, auch die übrigen Wirtschaftsziffern entsprechend herabzudrücken. Die Regierung aber tut diesbezüglich nicht das Geringste, um sich diesem Deflationsprozeß anzupassen, sie tut nichts, um Steuern und Gebühren, namentlich aber die Post- und Eisenbahntarife entsprechend herabzusetzen, und sie unternimmt auch nichts, um die Preise der Monopolartikel dem Deflationsprozeß anzupassen. Die Preise der Monopolartikel und die Tarife bei Post und Eisenbahn sind auf der gleichen Höhe wie zu der Zeit, als die Krone noch ihren niedrigsten Stand hatte. Zu einer wirklichen Deflation hätte daher der Staat hier ein weites Betätigungsfeld.
Vom Standpunkt meiner Partei als einer berusfständischen Gruppe, die die Interessen von Gewerbe und Handel zu vertreten hat, welche Interessen durch eine starke Konsumkraft der breitesten Schichten bedingt sind, bedauern wir es, daß das Deflationsbudget gegenüber den Sachausgaben die Personalausgaben allzusehr beschnitten hat. Die Herabsetzung der Personalausgaben um rund 100 Millionen Kè schwächt wiederum die Konsumkraft im allgemeinen und damit um diesen Betrag auch die Wirtschaft, und das muß sich beim kleinen Kaufmann und beim Kleingewerbetreibenden in fühlbarster Weise auswirken.
Die Hauptursache der ungünstigen finanziellen Lage des Staates liegt aber nicht bloß auf diesem Gebiete, sondern nach unserer Ansicht in der passiven Wirtschaft der staatlichen Unternehmungen, insbesondere der Staatsbahnen. Solange auf diesem Gebiet nicht Ordnung geschaffen wird, besteht keine Hoffnung auf Besserung und damit wird sich auch die Hoffnung des Herrn Ministerpräsidenten Malypetr, daß dieses Budget das letzte Deflationsbudget sei, leider nicht erfüllen. Das von mir angeführte Defizit der staatlichen Unternehmungen wirkt sich auf den Steuerzahler ganz ungeheuerlich aus und daher müssen wir verlangen, daß hier endlich einmal Ordnung geschaffen wird. Die Defizitwirtschaft ist es und nicht bloß die Krise, wozu noch eine unvollkommene Organisierung der betreffenden Betriebe kommt. Wenn ich diese Behauptung aufstelle, so möchte ich als Beweis den Voranschlag der Staatsbahnen anfanführen: Derselbe weist 3.236,254.500 Kè an Betriebseinnahmen und 3.741,915.400 Kè an Betriebsausgaben aus. Das ergibt einen Betriebsverlust von 505,660.900 Kè. In den Betrag der Betriebseinnahmen ist ein Betrag von 294,440.000 Kè, vom Finanzministerium der Eisenbahnverwaltung als 50%ige Quote der voraussichtlichen Verkehrssteuer überlassen, eingerechnet, so daß sich die Betriebseinnahmen um diesen Betrag verringern, bzw. der Verlust auf 800,100.900 Kè steigt.
Der Voranschlag sieht für 1933 vor 3.738,954.600 Kè an Betriebseinnahmen. So viel sich aus den vorläufigen Angaben ergibt, betragen die Gesamteinnahmen für die ersten 6 Monate des Jahres 1933 nur 1.371,968.562 Kè, für das ganze Jahr also ungefähr 2.743,817.124 Kè, so daß im Jahre 1933 mit einem endgültigen Verlust der Differenz von 995,137.476 Kè zuzüglich der Verkehrssteuer von ungefähr rund 350 Millionen Kè, also im ganzen mit einem Totalverlust von 1.345,137.476 Kè zu rechnen ist.
Im Jahre 1932 hat die Bahn mit einem Voranschlag von rund 45 Millionen als Verlust gerechnet, in Wirklichkeit stellte er sich um 1.181,632.888 Kè höher, also auf 1.287,495.648 Kè.
Für das Jahr 1934 ist der Verlust auf Grund der Angaben im Voranschlag auf 819,222.000 Kè und zuzüglich der Verkehrssteuer von 294,440.000 Kè mindestens auf 1.113,662.000 Kè einzuschätzen. Nach den gemachten Erfahrungen wird sich aber der effektive Verlust auf rund 1 1/2 Milliarden stellen.
Zur Illustrierung dessen, daß die Angaben der Eisenbahnverwaltung nicht immer stimmen, möchte ich nur ein Beispiel anführen. Soeben versendet das Eisenbahnministerium seine Statistik der èechoslovakischen Bahnen für das Jahr 1932. Der Vergleich dieser vom Eisenbahnministerium herausgegebenen Abschlußstastistik mit den entsprechenden Ziffern des Staatsrechnungsabschlusses des Obersten Rechnungskontrollamtes in Prag vom 31. August 1933 ergibt für das Jahr 1932 folgende Differenzen: Das Eisenbahnministerium gibt für 1932 an: Als Endergebnis der Einnahmen 3.792,674.429 Kè, als Endergebnis der Ausgaben 4.490.741.614 Kè. Daher Enddefizit 698,067.185 Kè.
Das Oberste Kontrollamt dagegen gibt für 1932 an: Endergebnis der Einnahmen 3.495,903.229, Endergebnis der Ausgaben 4.387,635.537, daher Enddefizit 891,732.308 Kè.
Es besteht somit hier eine Differenz von nicht mehr und nicht weniger als 193,665.123 Kè, die vom Obersten Kontrollamt zu Ungunsten der Bahn ausgerechnet worden sind.
Sie sehen an diesem Beispiel, wie weit man sich auf die Angaben der Statistik des Eisenbahnbetriebes verlassen kann. Aber nicht nur dort scheint etwas faul zu sein. Auch aus der Bilanz des Automobilstraßenbetriebes ersieht man das, die mit einem Defizit von 15,340.800 Kè abschließt. Deswvegen haben wir das famose Automobilgesetz gebraucht! Wenn das so weiter geht und wenn da nicht in diesem Kapitel der Staatseisenbahnen Ordnung geschaffen wird, so wird das im Rechnungsabschluß angeführte Grundkapital der Bahnen von 17·5 Milliarden in einigen Jahren vollständig aufgebraucht sein.
Diese Fehlerquellen in der Verwaltung verlangen gebieterisch, daß mit dieser Defizitwirtschaft aufgeräumt wird und daß diese Unternehmungen in kommerziellem Sinn geleitet werden. Wenn dies nicht möglich sein sollte, so wird man sich über kurz oder lang ernstlich mit dem Gedanken befassen müssen, daß diese Unternehmungen an Privatunternehmer verpachtet werden müssen.
Erwähnen möchte ich noch, daß ja die meisten Staatsbetriebe eine verschleierte Bilanz aufweisen, wonach sie aktiv erscheinen, während bei genauer Untersuchung nachgewiesen werden kann, daß sie passiv sind. Ich verweise nur auf die Verwaltung der Tatrabäder u. dgl. Ich muß daher vom allgemeinen wirtschaftlichen Standpunkt unbedingt verlangen, daß nicht durch eine private Wirtschaftspolitik der Syndikate und Trusts die Staatspolitik und die ges amte Wirtschaft hintangesetzt werden!
Der Handels- und Gewerbestand hat ein lebhaftes Interesse für das ihm zuständige Handelsministerium. Leider müssen wir wieder feststellen, daß auch in diesem Staatsvoranschlag dieses Ministerium wieder stiefmütterlich behandelt wurde. Wenn meine Partei, die sich heute in Opposition befindet, zu diesem Kapitel besonders Stellung nimmt, so deshalb, weil wir nie eine grundsätzliche Opposition betrieben haben, sondern seit je eine objektive Kritik geübt haben. Wir sind eine oppositionelle Partei, die stets auf dem Boden des Staates gestanden ist und steht und es heute nicht notwendig hat, dies besonders betonen zu müssen. Auf Grund dieser Einstellung versagen wir auch als Oppositionelle dem Herrn Handelsminister Dr. Matoušek unsere Anerkennung für seine Tätigkeit nicht, welche er zum Schutze von Handeel, Industrie und Gewerbe entfaltet hat. Gerade in der letzten Zeit war er ernstlich bemüht, diese Gruppen gegenüber anderen bevorzugten Wirtschaftsgruppen auf das beste zu vertreten. Daß ihm dies nicht immer gelingt, dafür ist nicht er, sondern die Gesamtregierung verantwortlich, weil sie diesem Ministerium nicht die notwendige Dotierung zuweist. Wenn man dies die Jahre hindurch beobachtet, findet man, daß gerade der Voranschlag des Handelsministeriums immer am meisten gekürzt wird. So weist der Voranschlag des Jahres 1931 noch 48,640.000 Kè aus, im Jahre 1932 wurde er auf 44,280.500 Kè gesenkt, im Jahre 1933 auf 32,936.500 Kè, und für das Jahr 1934 ist er noch weiter, und zwar auf 29,226.600 Kè heruntergedrückt, das bedeutet also gegenüber dem Jahre 1932 eine Herabsetzung um 34 %. Außer dem Ministerium für öffentliche Arbeiten, welches um 42.5% gekürzt wurde, ist kein anderes Ministerium in einem derartig großen Ausmaße beschnitten worden.
Meine sehr Verehrten! Bei jeder Gelegenheit wird auf die Bedeutung der Industrie in unserem Staate hingewiesen, und mit Recht. Nach der letzten Volkszählung macht die industriell berufstätige Bevölkerung 35% der Gesamtbevölkerung aus. Schon daraus ist ersichtlich, welche große Rolle die Industrie in unserem Staate spielt. Nichtsdestoweniger wurde dem Handelsministerium für Industrieförderungszwecke nur ein Betrag von 900.000 Kè zugesprochen, ein Betrag, mit dem doch nicht das geringste geleistet werden kann. Für die Förderung des Exports steht dem Handelsministerium, abgesehen von einem Betrage von 500.000 Kc für die Versicherung des Exportkredits, ein Gesamtbetrag von 1,050.000 Kè zur Verfügung. Der Herr Ministerpräsident Malypetr, der Herr Außenminister Dr. Beneš und zahlreiche Wirtschaftsführer haben erst vor kurzem erklärt, daß die Aufrechterhaltung und Wiederausgestaltung des Exports eine Lebensnotwendigkeit unseres Staates ist, weil die Machtposition des Staates davon abhängig ist. Nun ist aber durch die verfehlte Wirtschaftspolitik in unserem Staate in den letzten Monaten der Export so gesunken, daß man sich fragen muß, wie bei einer solchen lächerlichen Dotierung eine ernste Exportförderung möglich ist oder wie eine solche Exportförderung gedacht ist.
Genau so verhält es sich mit der Förderung des Handels, mit der Unterstützung der Kaufmannschaft. Für die Förderung des Handels sind überhaupt nur 200.000 Kè vorgesehen. Vor einigen Jahren hat man im Handelsministerium eine eigene Sektion errichtet, welche für die Belange des Handels gegründet worden ist, und man hat gehofft, daß durch eine rege Tätigkeit dieser neugegründeten Abteilung dem Handel die entsprechenden Unterlagen zu seiner Erhaltung gegeben werden sollten. Denn wir wissen alle, daß gerade der Kaufmann als Prügelknabe aller möglichen politischen Parteien gilt. Man wirft ihm vor, daß er unproduktiv, daß er überflüssig isi t, weil er sich in den Verteilungsprozeß einschleicht und dadurch die Produktion verteuert. Die Aufgabe dieser Sektion wäre es gewesen nachzuweisen, wie unberechtigt diese Vorwürfe gegenüber uns erem legitimen Kaufmannstande sind. Es ist begreiflich, daß man mit einer Dotierung von nur 2 Millionen Kè gegenüber 4 Millionen Kè im Vorjahre keine große Aktion zum Schutze des Handels einleiten kann, ja überhaupt nicht durchführen kann, wenn es wahr ist, daß von dieser Dotation noch ein Betrag von 200.000 Kè an die Ústøední rada obchodní als Subvention gegeben worden ist.
Genau so, wie alle diese Behauptungen gegenüber der Kaufmannschaft wirken sich auch die Konsumvereine aus, welche als Preisregulator im öffentlichen Leben gedacht waren. Sie haben aber durch ihre Tätigkeit gezeigt, daß sie trotz aller Begünstigungen nicht imstande sind, billiger zu verkaufen als der legitime Kaufmann. Denselben Schaden verursachen aber auch die von den Fabriksunternehmungen gegründeten Filialen mit ihrem direkten Absatz. Sie bringen absolut keine Verbilligung und schaden der steuerzahlenden Kaufmannschaft ganz ungeheuerlich.
Die meisten Abstriche aber mußte gerade jener Stand im heurigen Budget erfahren, der von der beispiellosen Krise am meisten in Mitleidenschaft gezogen worden ist: der Gewerbestand. Während noch im Jahre 1932 der Aufwand für die Gewerbeförderung 4,015.100 Kè betragen hat, ist er im Jahre 1933 auf 2,518.100 Kè und für das Jahr 1934 auf 1,916.400 Kè herrabgedrückt worden; das bedeutet also gegenüber dem Jahre 1932 eine Herabsetzung um 53.5 %.
Noch stärker wurde der Aufwand für die Unterstützung der erzieherischen Bestrebungen des Gewerbes herabgesetzt. Derselbe betrug im Jahre 1932 6,255.000 Kè, im Jahre 1933 3,125.000 Kè und ist für das Jahr 1934 auf 2,670.000 Kè, also um volle 57.3% herabgedrückt worden.
Vergleicht man damit die Beträge, die das Landwirtschaftsministerium für die Förderung der Landwirtschaft erhält, so kann man sich des Eindruckes einer geradezu unglaublichen und ungerechten Zurücksetzung eines so wichtigen Standes wie des Gewerbestandes nicht erwehren. Wenn ich nur einige Unterposten aus diesem Kapitel herausgreife, so ist für sämtliche Gewerbeförderun sanstalten, welche in 14 Städten, und zwar in Prag, Brünn, Turè. Sv. Martin, Königgrätz, Budweis, Eger, Reichenberg, Jungbunzlau, Troppau, Pardubitz, Pilsen, Chrudim, Klattau und Užhorod bestehen, insgesamt ein Betrag von 720.000 Kè vorgesehen, so daß auf eine Anstalt nicht viel mehr als durchschnittlich 50.000 Kè entfallen.
Wie wenig Verständnis man dem gewerblichen und kaufmännischen Mittelstand entgegenbringt, zeigt die seit Jahren angekündigte Errichtung einer eigenen Zentrale für das gewerbliche Kreditgenossenschaftswesen. Der diesbezügliche Entwurf wurde dem Parlament am 1. Juni 1932 vorgelegt. In diesem Entwurf war vorgesehen, daß die Regierung Einlagen und Zuschüsse im Betrage von 20 Millionen leisten sollte, die sie dann durch weitere 5 Jahre mit 2 Millionen jährlich zu ergänzen hätte. Wir wissen, daß diese Beträge nicht hinreichen, dem heute am Boden liegenden kaufmännischen und gewerblichen Mittelstande aufzuhelfen. Es ist wenig, aber dieses Wenige hätte uns schon gefreut, wenn es nur zustande gekommen wäre, weil wir die Überzeugung haben, daß damit tausenden von kleinen und mittelständischen Existenzen hätte geholfen werden können. Aber scheinbar besteht insbesondere seitens des Finanzministeriums eine gewollte oder ungewollte Animosität gegen die Gewerbeförderung. Dies beweist die Tats ache, daß in den Jahren 1928 bis 1932 von dem für die Gewerbeförderung präliminierten Betrage von 18,526.273 Kè tatsächlich nur laut Staatsrechnungsabschluß 12,170.782 Kè oder 65·7% ausgegeben wurden. Demgegenüber aber finden wir bei dem Kapitel "Fürsorge für Arbeiterkonsum-vereine und Wirtschaftsgenossenschaften" in dems elben Zeitraum insgesamt 7,700.000 Kè präliminiert und davon faktisch 6,270.813 Kè oder 81.4% ausgegeben.
Gegen gewisse Dinge scheint das Finanzministerium keine Einwendungen zu erheben, die für die Wirtschaft absolut keine Bedeutung haben. Das beweist, daß man für eine Anstalt zur wirtschaftlichen Ausnützung des Heizmaterials, was für die gesamte Wirtschaft mehr als problematisch ist, in den von mir erwähnten 5 Jahren 5,700.813 K präliminiert und davon tatsächlich 4,767.695 Kè oder 84% ausgegeben hat. Man hat aber auch für andere Dinge Geld. Wir begreifen die Notlage der Staatsfinanzen, aber wir begreifen nicht, daß man für Zwecke, die wir im Staatsvoranschlag auch vorfinden, mehr Geld ausgibt als präliminiert wurde. Als Beispiel führe ich hiermit eine Post an. In den Jahren 1928 bis 1930 ist im Voranschlag des Außenministeriums für russische und ukrainische Flüchtlinge ein Betrag von 50,300.000 Kè präliminiert, in diesem Zeitraum aber sind in Wirklichkeit 69,229.000 Kè oder 137% hiefür ausgegeben worden.
Es ist daher wohl begreiflich, daß der kaufmännische und gewerbliche Mittelstand seine berechtigten Forderungen immer und immer wieder erhebt und wir stehen nicht an, dies auch heute wieder in aller Kürze vorzubringen, damit endlich einmal seitens der Regierung auch den Wünschen des kaufmännischen und gewerblichen Mittelstandes Gehör geschenkt wird. Wir fordern dies als staatserhaltende Bürger dieses Staates, als eine Gruppe, die doch als ein Pfeiler der Volkswirtschaft angesehen werden kann, wir fordern Dinge, für deren Erfüllung keine Millionenbeträge notwendig sind. Ich denke hier an die sogenannte kleine Gewerbenovelle, wie man sie in Österreich durchgeführt hat. Auf Grund dieser Novelle ließen sich viele lebenswichtige Probleme unseres kaufmännischen und gewerblichen Mittelstandes erfüllen. Ich verweise z. B. auf die Gewerbesperre, auf ein Verbot der Ausführung von Reparaturen durch die fabriksmäßigen Gewerbeunternehmungen, die insbesondere unsere armen Schuh- und Kleidermacher an den Rand des Ruins gebracht haben; ich verweise weiter auf die Beschränkung des Filialwesens der fabriksmäßigen Unternehmungen, aber auch auf die Erfüllung der Forderung, die wir immer und immer wieder erhoben haben, nämlich auf die Einführung eines Befähigungsnachweises im Handelsgewerbe, und schließlich, worauf auch schon oft verwiesen wurde, fordern wir die so oft verlangte Verordnung zur Ausschaltung der sogenannten Einheitspreisgeschäfte. Bei dieser Gelegenheit können wir aber auch nicht umhin, gegen die einseitigen Begünstigungen der Konsumvereine zu protestieren, wodurch man unserem legitimen Handel sowie ganzen Gewerbegruppen, die mitbeteiligt sind, ungeheueren Schaden zugefügt hat.
Ich glaube sagen zu können, daß wir gegen das Bestehen dieser Organisationen nichts einzuwenden haben, aber wir müssen verlangen, daß sie zumindest in steuerrechtlicher Beziehung ebenso behandelt werden, wie der legitime Kaufmann und Gewerbetreibende. Daß dem nicht so ist, möchte ich durch nachstehendes, amtlich festgestelltes Beispiel festlegen: So wurde beispielsweise dem Konsum- und Sparverein "Vorwärts" in Karlsbad, mit 59 Filialen, für das Steuerjahr 1931 bei einem von ihm selbst einbekannten Umsatz von 36,694.878 Kè eine Erwerbsteuer von 3.559 Kè 60 h vorgeschrieben. (Posl. Schweichhart: Das ist auch so berechtigt!) Einem ordentlichen Kaufmann, Herr Kollege, würde man bei gleichem Umsatz und einem Reingewinn von nur 10% eine Erwerbsteuer von 150.032 Kè, das ist 45mal mehr vorgeschrieben haben. Nun muß man in Erwägung ziehen, daß der ordentliche Kaufmann zur Erwerbsteuer auch noch die Umlagen bezahlen muß, daß diese insgesamt durchschnittlich 600 % betragen. Dann stellt sich die Rechnung nach dem angeführten Beispiel so, daß der ordentliche Kaufmann an Erwerbsteuer samt Umlagen 1,050.224 Kè bezahlen muß, während der Konsumverein bloß 24.570 Kè zu bezahlen hat. (Posl. Schweichhart: Das stimmt nicht!) Das stimmt ganz genau auf Grund der amtlichen Feststellung, Angesichts derartiger Begünstigungen wird der Kaufmann geradezu dem Ruin entgegengeführt und den Gemeinden, den Bezirken und nicht zuletzt dem Staat selbst Schaden zugefügt. Unsere Forderung ist wohl berechtigt, wenn wir sagen, daß wir nichts gegen das Bestehen oder die Errichtung von Konsumvereinen haben, wenn dieselben in steuerrechtlicher Beziehung genau so wie der legitime Kaufmann und Gewerbetreibende behandelt werden. (Výkøiky posl. Schweichharta.) Herr Kollege, mir werden Sie nichts darüber erzählen! (Posl. Schweichhart: Ich könnte Ihnen wohl darüber erzählen!) Sie können wohl darüber erzählen, aber für mich ist die amtliche Darstellung maßgebend.
Wenn ich mich nun kurz zum Kapitel "Finanzministerium" äußern soll, so muß ich feststellen - und das möchte ich gerade dem Herrn Koll. Schweichhart sagen daß es für das Finanzministerium und für die Öffentlichkeit von Interesse wäre zu erfahren, wohin die unversteuerten Gewinne von Millionen gewandert sind. Wir müssen gegen eine derartige Subventionspraxis und gegen einen derartigen Parteiprotektionismus uns auf das schärfste verwahren. (Posl. Schweichhardt: Von den agrarischen Genossenschaften reden Sie wohl nicht?) Das ist dasselbe; wenn Sie schon von den agrarischen Genossenschaften etwas wissen wollen, bitte, dann kann ich Ihnen sagen, daß im Vorjahre zur Nachsanierung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften 50 Millionen zur Verfügung gestellt wurden. Von diesen 50 Millionen bekamen die sozialdemokratischen Konsumvereine 23 Millionen, die agrarischen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ebenfalls 23 Millionen und die gewerblichen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften 4 Millionen. Davon sind auf die deutschen Genossenschaften ungefähr 40.000 Kronen entfallen. Damit Sie auch dieses Kapitel kennen lernen!
Wir müssen uns auch gegen die Betätigung der toten Hand im Erwerbsleben verwahren. Ich meine da die Betriebe und Abgabestellen, die heute tagtäglich von den Krankenkassen usw. aufgemacht werden, wo Heilmittel, therapeutische Behelfe usw. abgegeben werden. Die Gegenstände werden damit nicht billiger, auf der anderen Seite werden aber ganze Berufsgruppen geschädigt und Existenzen des Mittelstandes untergraben und das kann doch bestimmt nicht in den Intentionen der Arbeiter gelegen sein. Wir müssen uns auch gegen das Lieferungswesen aussprechen, wie es hierzulande herrscht. Die Vorschriften der vergebenden Behörde werden bei den Lieferungen nicht eingehalten und wir müssen verlangen, daß bei der Vergebung von öffentlichen Arbeiten die Spitzenorganisationen der Wirtschaft als Kontrollorgane gehört werden. Damit wird beiden Teilen Rechnung getragen und es ist immer besser, Sauberkeit in der Verwaltung zu haben, als den Verdacht der Korruption zu erregen.
Wenn ich nun noch kurz beim Kapitel Handelsministerium auf den Fremdenverkehr verweisen will, so muß ich sagen, daß der im Voranschlag ausgewiesene Posten zur Förderung des Fremden-, Touristen und Bäderverkehrs leider neuerlich um 100.000 Kè gekürzt wurde und keinesfalls hinreichen kann, um eine gesamtstaatliche Propaganda zu entwickeln. (Posl. Krumpe: Wenn nur die Summe vernünftig verwendet würde!) Auch das! Man darf die Gelder nicht so verwenden, daß diese paar Kronen zu Plakatentwürfen im Ausland in unvernünftigster Weise vergeudet werden.
Bei dieser Gelegenheit muß ich es sehr bedauern, daß der Herr Koll. Abg. Chloupek als Berichterstatter des Kapitels "Gesundheitswesen" im Budgetausschuß der Öffentlichkeit gegenüber behauptete, daß die Schuld am Verfall unserer Kurorte die Hotels tragen, die es angeblich nicht verstanden hätten, sich in der Preisbildung den Erfordernissen der Gegenwart anzupassen. Ich muß feststellen, daß hier entweder eine falsche Informierung des Herrn Kollegen vorliegt oder daß er die Verflechtung des internationalen Bäderwesens mit anderen großen Geschehnissen nicht erfaßt hat. Ich bedauere aber, daß solche Äußerungen von offizieller Stelle erfolgt sind, denn sie sind geeignet, unser Bäderwesen in jeder Hinsicht zu schädigen, da sich die ausländischen Kurorte auf Grund dieser Äußerungen mit Wonne derselben für ihre Zwecke bedienen werden. Man muß von einem Berichterstatter fordern, daß seine Berichterstattung objektiv ist und man nicht über Dinge redet, die man nicht kennt oder nicht versteht. Die Belange der Weltkurorte sind so verschieden und kompliziert, sie bedürfen einer ganz anderen Beurteilung, als aus der Perspektive eines Prager Výèep; man muß die Dinge so auffassen, wie sie wirklich liegen. Ich bedauere, daß diese Entgleisung vorgekommen ist, aber ich glaube doch, daß die einsichtigen Kreise die Bedeutung unserer Weltbäder kennen und daß sie wissen, welche ungeheuere Bedeutung sie für die aktive Zahlungsbilanz des Staates haben und daß sie daher anderer Ansicht sind und zur Förderung unseres Fremdenverkehrs mithelfen werden, damit allen Schichten der Bevölkerung wieder Arbeitsund Verdienstmöglichkeit geboten wird.