Pátek 9. èervna 1933
Hohes Haus! Der Herr Berichterstatter hat bei der Einleitung der heutigen Debatte erwähnt, daß eine Novellierung des Preßgesetzes vorbereitet war und es politische Gründe seien, daß diese Preßnovelle heute nicht auf dem Tisch des Hauses liegt, sondern nur das, was wir das kleine Preßgesetz nennen. Es tut mir leid, daß sich der Herr Berichterstatter nicht näher darüber ausgesprochen hat, warum dieses Preßgesetz, welches zweifellos eine bedeutende Verbesserung der bisherigen Verhältnisse darstellt, heute nicht abgestimmt werden kann und was das für politische Gründe sind, warum gerade dieses Gesetz, ein Auszug aus dem größeren neuen Preßgesetz, heute hier behandelt wird. In der Debatte, die bisher abgeführt wurde, war ungemein viel von Demokratie die Rede. Diejenigen, die in der gegenwärtigen Regierungsmehrheit sitzen, finden den Kurs demokratisch, die, die in der Opposition sind, finden ihn antidemokratisch. Ich bin überzeugt, daß die eine oder andere Partei, wenn sie heute auf der anderen Seite der Barrikade wäre, als sie ist, sich sofort die Terminologie ihrer Bundesgenossen aneignen würde. Das ist eine Krankheit gewiß nicht nur unseres Parlamentarismus; es ist das ein Mangel an Wahrhaftigkeit. Entweder finde ich eine Sache in der Linie der Demokratie, dann ist es so, ob ich heute in der Mehrheit oder außerhalb derselben stehe; oder ich finde eine Sache undemokratisch, und dann muß ich zu diesem Urteil kommen - wenn ich wahrhaftig bin - gleichgültig, ob ich in der Mehrheit oder in der Opposition stehe.
Die gegenwärtige Mehrheit hat sich darauf geeinigt, all das Undemokratische, was jetzt geschieht, unter dem Schlagwort "zum Schutz der Demokratie" zusammen zu fassen. Damit läßt sich allerdings wunderbar Politik machen. Ist etwas demokratisch, gut, dann entspricht es der Linie der Demokratie. Ist es undemokratisch, so geschieht es zum Schutze der Demokratie. Bei einer derartigen Terminologie kann einem allerdings politisch überhaupt nichts passieren. Denn man war immer der brave Demokrat, man hat entweder die Demokratie mit den natürlichen Waffen der Demokratie verteidigt, das heißt, mit den Waffen ihrer eigenen Entwicklung, oder man hat die Waffen von den Gegnern der Demokratie genommen und damit die Demokratie geschützt. Ich kann mir nichts Wunderbareres für die Dialektik eines vollkommenen Demokraten denken, als diese Art zu disputieren.
Das neue Preßgesetz, welches auf dem Tisch des Hauses liegt, ist zweifellos vom demokratischen Standpunkt ein bedeutender Fortschritt gegenüber dem bisherigen Zustand. Die èechoslovakische Preßgesetzgebung hat sich bisher so ziemlich im Zickzack bewegt. In der Verfassungsurkunde steht ein herrliches Wort: "Die Preßfreiheit ist gewährleistet". Leider ist der Satz, so kurz, prägnant und schlagend er ist, insoferne unvollständig, als nicht durch ein Wort weiter betont wird, was sich die Verfassung unter der Preßfreiheit vorstellt und weil darin nicht weiter gesagt wird, wer eigentlich diese Preßfreiheit gewährleistet. Wäre die Preßfreiheit wirklich gewährleistet oder hätte die künftige Gesetzgebung im Sinne der Verfassung gehandelt, dann hätte es niemals zur Preßnovelle des Jahres 1924 kommen können. Denn diese Preßnovelle schlägt der Behauptung der Verfassung, daß die Preßfreiheit gewährleistet ist, einfach ins Gesicht. Nichts ist charakteristischer für die Entwicklung, als daß Personen, welche diese Novelle allerdings unter damals ganz besonderen Verhältnissen, nicht genug verteidigen konnten, heute, wo sich diese Novelle gegen sie auswirkt, als die schärfsten Gegner des aus dieser Novelle erwachsenden Verwaltungssystems sich gebärden. Der springende Punkt jedes Preßsystems ist die Zensur. Die Zensur, das sind die behördlichen Eingriffe in die Preßfreiheit. Es kommt natürlich nicht bloß darauf an, welche Vorschriften bezüglich der Zensur bestehen, sondern auch darauf, von wem und in welchem Geiste diese Zensur gehandhabt wird. Es gibt keine Budgetdebatte, in der nicht über die Pressezensur geklagt wird. Es gibt keine Budgetdebatte, in der nicht bei Behandlung des Justizministeriums Beispiele von der Willkür angeführt werden, mit der die Pressezensur gehandhabt wird und bis zu welchen lächerlichen Verstiegenheiten es bei der Handhabung der Zensur kommt. Im alten Österreich hatte man keine so harte Haut wie heute. Wenn einmal im alten Österreich ein Blatt mit einem weißen Fleck erschienen ist, so war das eine ungeheuere Sensation. Heute gibt es in der Èechoslovakei Gegenden, wo es eine Sensation ist, wenn die dort erscheinende Presse keine weißen Flecke aufweist. Der Grund für diese Erscheinung liegt aber nicht darin, daß vielleicht im alten Österreich die Presse zahmer gewesen wäre, d. h. daß sich die Presse im alten Österreich bemüht hätte, dem Zensor die Wünsche von seinen Augen abzulesen, während es hier nicht der Fall ist, sondern es liegt einfach darin, daß das Zensurwesen im Kriege verwildert ist, daß die Bevölkerung sich an diese Verwilderung in der Einschränkung der Preßfreiheit gewöhnt hat und daß die Verwaltung nicht nur dieses Staates, sondern der meisten Staaten Europas die Gewohnheiten der Behörden des Krieges mitübernommen hat. So ist es auch hier gewesen, und die Bevölkerung bringt eben aus der Kriegszeit jene harte Haut mit, die der Zensur diese Handhabung gestattet, ohne daß eigentlich heute mehr ein Hahn danach kräht.
Der Zensor hat es heute außerordentlich leicht, die Presse kleinzukriegen. Machen wir uns doch kein X für ein U vor! Die Zeitungen sind wirtschaftliche Unternehmungen. Jede Konfiskation einer Auflage bedeutet einen schweren wirtschaftlichen Verlust für das betreffende Zeitungsunternehmen. Welches Risiko hat ein èechoslovakischer Zensor, wenn er ein Blatt konfisziert? Er läuft Gefahr, daß der Verleger, der den Schaden erleidet, deswegen oder auch vielleicht aus moralischen Gründen die Entscheidung des Gerichtes anruft. Kam es wirklich dazu, daß das Gericht gegen den Zensor entscheidet, so trägt er vielleicht eine kleine moralische Schlappe davon und der klagende Verleger wird nicht zur Tragung der Kosten verurteilt. Immerhin muß es sich jeder Verleger gut überlegen, ehe er sich in ein gerichtliches Verfahren einläßt. Denn er trägt das Risiko der Kosten und außerdem lehrt die Erfahrung, daß unsere Gerichte den kühnsten Bocksprüngen der Zensur ihr Placet aufdrücken. Ich bin lange genug Journalist, viele Jahre hindurch, aber ich kenne eigentlich keinen Fall, wo ein Gericht dem Zensor nicht rechtgegeben hätte. Wo der Grund liegt, will ich nicht beurteilen. Ob hier gewisse Weisungen der Behörden vorliegen, kann ich ebenfalls nicht beurteilen, weil ich diesbezüglich über kein Material verfüge, an das ich mich halten könnte. Ich kann nur so viel sagen, daß in Zeitungskreisen der Verdacht, die Vermutung besteht, daß die Gerichte einen Wink bekommen, jede Zensurmaßnahme zu bestätigen, damit der Fiskus nicht zur Tragung der Kosten für die betreffende Auflage verurteilt werden kann.
Aber nicht nur in dem Mangel des Risikos auf Seiten der Zensur liegt das Übel, sondern das Übel liegt heute noch ganz wo anders. Mir kommen jede Woche oder doch jede vierzehn Tage Zensurstellen aus den Provinzblättern des deutschen Gebietes zu. Ab und zu wird eine Interpellation gemacht, in den meisten Fällen unterläßt man es, weil die Sache nicht dafür steht, denn was hat das Blatt schon davon, wenn es in einigen Monaten erfährt, daß der Zensor recht hatte? Er bekommt ja fast immer recht! Aber bei der heutigen Zusammensetzung der Behörden ergibt sich ja - und darin liegt eines der größten Übel der ganzen Staatsverwaltung - daß die Behörden einfach die Bevölkerung nicht verstehen. Der politische Beamte ist nicht aus der betreffenden Bevölkerung genommen. Er steht vielfach von allem Anfang an in einer Abwehrstellung zu dieser Bevölkerung. Er steht nicht auf dem Standpunkt, er müsse das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen und umgekehrt, sondern er kommt in das nichtèechische Gebiet mit dem Gefühl, er komme in Feindesland und müsse jetzt den Staatsgedanken gegenüber diesem subsummierten Feind vertreten und zum Ausdruck bringen. Das führt selbstverständlich zu einer gewissen Schärfe der Auffassung und die Folge davon ist, daß er ein dort erscheinendes deutsches Blatt mit der Lupe zu lesen beginnt. Nun gibt es ja bei uns eine wunderbare Kautschukbestimmung, die auch im Schutzgesetz vorhanden ist, und die sich jetzt in allen Gesetzen wiederholt, durch die den Behörden für jede Willkür Tür und Tor offen gelassen wird: die Bestimmung über die beunruhigenden Nachrichten.
Meine sehr geehrten Herren! Welche Nachricht ist, wenn man sie unter die Lupe nimmt, nicht beunruhigend? Nehmen Sie an, ein Blatt schreibt "Die Erdäpfel sind im Preise gestiegen". Wenn man will, kann man sagen: steigende Erdäpfelpreise sind unter den heutigen Verhältnissen zweifellos etwas, was die Bevölkerung beunruhigt, denn die Erdäpfel sind ja ein unentbehrliches Lebensmittel. Umgekehrt, wenn in einem Blatt geschrieben wird: "Die Preise der Erdäpfel fallen", so ist das für die Landwirtschaft eine Nachricht, die von ihr jedenfalls mit Mißfallen entgegengenommen wird, und ich kann mir vorstellen, daß z. B. in einem Bezirk wie Deutsch-Brod die landwirtschaftliche Bevölkerung nicht wenig beunruhigt sein würde, wenn sie liest, daß die Erdäpfelpreise fallen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Taub.) Sie sehen also: sowohl die Nachricht über das Steigen wie über das Sinken der Erdäpfelpreise ist beunruhigend und gibt einem Zensor die Möglichkeit, den Rotstift in Bewegung zu setzen, dies umso leichter, als er ja überhaupt kein Risiko trägt, wenn er ein Blatt zensuriert, eine Stelle im Blatt konfisziert.
Ein weiteres Übel ist, daß der Zensor überhaupt nicht die Technik des heutigen Zeitungsbetriebes kennt. Er ist sich überhaupt nicht dessen bewußt, welcher Schade einem Blatte durch eine Zensur erwächst. Daher kommt es auch, daß nur wenige Zensoren in den Großstädten wissen, daß sie durch eine telephonische Mitteilung ein Blatt vor großem Schaden bewahren können. Eigentlich sollte von jedem Beamten, der die Zeitungszensur handhabt gefordert werden, daß er eine zeitlang praktisch in einem Zeitungsbetrieb gearbeitet hat, damit er sich dessen bewußt wird, wie er die Zensur handhaben soll, ohne den Unternehmungen ganz überflüssigen Schaden durch verspätete Zensur zuzufügen. Durch diese, sagen wir mangelnde Gewandtheit der Zensoren, durch den mangelnden Sinn für die Grundlagen der Zeitung wird allerdings etwas erzielt, was den die Zeitungen bevormundenden Behörden sehr angenehm ist: Viele Zeitungen sind ungemein vorsichtig geworden, und je größer die Zeitung ist und je mehr sie bei einer eventuellen Beschlagnahme verhältnismäßig einzubüßen hat, umso mehr fürchtet sie sich vor dem Zensor. So sieht heute in Wirklichkeit die Preßfreiheit aus.
Mein Vorredner hat nur ein Beispiel bezüglich der Kolportage hervorgehoben, das er dem neuen Gesetz entnommen hat, um darzutun, wie wirklich der Willkür der Behörden über die öffentliche Meinung freie Hand gegeben wird, indem in diesem neuen Gesetze die Behörden auch zu beurteilen haben werden, ob etwas, was in der Zeitung steht, wahr ist oder nicht.
Diese Bemerkung führt mich auch auf eine weitere Paragraphenreihe in diesem Gesetz u. zw. auf den Berichtigungszwang. Es ist vollkommen in Ordnung, daß man die Bevölkerung gegen Angriffe in der Zeitung schützt und daß der Berichtigungszwang ausgebaut wird. Denn ich brauche darüber nichts zu sagen, welch' ungeheuerer Schaden jemandem erwachsen kann dadurch, daß unwahre oder auch nur gehässige Nachrichten über ihn in der Zeitung stehen. Aber bezüglich des Berichtigungszwanges bringt dieses Gesetz etwas ganz neues; abgesehen davon, daß es die Bestimmung enthält, daß die Berichtigung doppelt so lang sein kann als der ursprüngliche berichtigte Text, und daß nur das, was über das Zweifache des ursprünglichen Textes hinausgeht, zu bezahlen ist, enthält dieses Gesetz eine Bestimmung, daß der Preis dieser Berichtigung, also dieses Plus, das über den doppelten Umfang der ursprünglichen Nachricht hinausgeht, unter keinen Umständen mehr kosten darf, als der Inseratentarif des Amtsblattes beträgt. Nehmen Sie eine Berichtigung in großem Umfange an, die für das Blatt mit Kosten verbunden ist, so ist der Richter bei der Bemessung der Kosten an das èechische Amtsblatt gebunden. Und wer kalkuliert im èechischen Amtsblatt? Das weiß niemand. Es ist ein Staatsunternehmen, und wenn dort vielleicht einmal Ankündigungen auf den zwanzigsten Teil heruntergesetzt werden, als sie heute sind - das ist möglich - so trägt einfach der Staat die Kosten. Denn das Amtsblatt ist ein Staatsunternehmen; verdient es, ist es gut, verliert es, macht es auch nichts, die Sache geht ja auf Kosten des Staates. Ansta tt, daß im Gesetz steht, daß im Falle als der normale Tarif des Blattes überschritten wird, oder daß die Kosten einer solchen Berichtigung augenscheinlich unangemessen hoch sind, daß in diesem Falle der Richter unter eventueller Heranziehung des Sachverständigen die Bemessung der Kosten vornehmen kann, wird hier ganz schematisch die Kostenbemessung an den Tarif des Amtsblattes gebunden.
Weiteres betreffend die Berichtigung: Es heißt im Gesetz, daß Berichtigungen, die von den Behörden kommen, von den Zeitungen gratis aufzunehmen sind, offenbar, weil man sich bereits an die Langatmigkeit der Ausdrucksweise der Behörden gewöhnt hat, wurde hier das Ausmaß der Berichtigung nicht mit dem Zweifachen des ursprünglichen Textes, sondern gleich von vornherein mit dem Dreifachen festgesetzt. Warum die staatlichen Behörden ein solches Privilegium genießen sollen, geht ebenfalls nicht aus dem Gesetz hervor. Offenbar ist es eine Verbeugung des Verfassers der Novelle vor der staatlichen Allgewalt und soll dazu dienen, den Respekt vor den Staatsbehörden zu vermehren. Dem alten Gesetz ist eine Bestimmung entnommen, daß bei Berichtigungen, die von amtlicher Seite erfolgen, keinerlei Zusätze gemacht werden, ebenfalls etwas, was die Hochachtung und den Respekt vor der hohen Obrigkeit im Gesetz zum Ausdruck bringen soll. Ich finde das durchaus nicht demokratisch, daß die Zeitung, die die richtigung aufnimmt, in dem Falle, wo sie die Bericht igung eines Privaten aufnimmt, die Möglichkeit hat, ihren Kren dazu zu geben, während dort, wo es sich um eine amtliche Berichtigung handelt, dem Journalisten das Wort abgeschnitten wird. Ist denn das, was unsere Behörden berichtigen, immer wirklich wahr, immer richtig? Ich möchte die in dem Hause anwesenden Journalisten nicht darüber fragen, wie oft es ihnen schon begegnet ist, daß sie von amtswegen eine Berichtigung bekommen haben, wo sich schon drei Wochen oder vierzehn Tage darauf herausgestellt hat, aßß das, was in der ursprün glichen Nachricht war, die Wahrheit enthalten hat. In diesem Falle gibt es keine Entschädigung, in diesem Falle genießt die Behörde nach wie vor alle Vorteile dieses Privilegiums, und ich bedauere es sehr, daß dieser Gedanke der Privilegierung der Behörden selbst dann, wenn sie wahre Nachrichten mit Unwahrheiten berichtigen, auch hier wieder enthalten ist und daß die Behörden nicht dazu verhalten sind, etwas für Berichtigungen zu zahlen, außer wenn das dreifache Ausmaß der ursprünglichen Nachricht überschritten wird.
Eine besondere Sorgfalt wird in diesem Gesetz und in dem Gesetz zum Schutze der Demokratie, das uns demnächst erblühen wird, in der Form des Ausnahmsgesetzes den ausländischen Zeiitunngen zugewendet. Der Zensor oder die bevormundende Behörde bekommt das Recht zu bestimmen, welche ausländischen Blätter die inländische Bevölkerung zu sich nehmen darf und welche ni cht. Im Kriege hat das alte Österreich Orgien gefeiert, indem es ausländische Blätter von der Bevölkerung fern gehalten hat; Deutschland war in dieser Beziehung auch im Kriege viel liberaler, indem man am Dresdner Bahnhof während des Krieges jedes ausländische Blatt lesen konnte. Heute sind wir in der Èechoslovakei so weit, daß bei allen Beteuerungen über die guten Beziehungen beispielsweise zu Ungarn der "Pester Lloyd", das ungarische Regierungsblatt, in die sogenannten alten Kronländer hinein darf, während es beispielsweise um Gottes willen in der Slovakei niemand lesen darf. Wenn jemand in der Slovakei wissen will, was im "Pester Lloyd" steht, so muß er entweder von Bratislava nach Wien oder nach Brünn fahren, um diese Weisheiten zu sich nehmen zu können, außer er läßt sich das Blatt in einem Umschlag kommen. Nun sind aber unsere Behörden noch auf eine neue Methode der Beschränkung der Preßfreiheit gekommen (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Roudnický.), zu einer Beschränkung der Preßfreiheit, die letzten Endes auf die Verdummung der Bevölkerung hinausläuft. Da man, um ein ausländisches Blatt zu beziehen, ausländische Valuta braucht, ist das eine Sache, die das Finanzministerium und die Nationalbank interessiert und man braucht dazu eine Bewilligung, und so sucht man jetzt das probate Mittel, die Devisenbewilligungen, auch allmählich schon in den Kreis jener Maßnahmen einzubeziehen, die den geistigen Brotkorb der Bevölkerung höher zu hängen berufen sind.
Eine Neuigkeit enthält dieses Gesetz auf dem Wege des Berichtigungswesens auch in der Weise, daß man dem Blatte eine Berichtigung zuschicken kann in einer anderen Sprache, als der, in der es gedruckt wird. Also, es kann beispielsweise derjenige, der eine Nachricht berichtigt, in ein èechisches Blatt eine deutsche Berichtigung oder in ein deutsches Blatt eine èechische Berichtigung einsenden. Allerdings hat der Redakteur das Recht, eine Übersetzung vorzunehmen, er ist aber dafür haftbar, daß die Übersetzung richtig ist. Ansonsten wird nämlich die von ihm gebrachte Berichtigung nicht als Berichtigung angesehen. Wer von Ihnen weiß, wie schwierig es oft ist, wirklich eine richtige - d. h. eine sowohl dem Wortlaut als dem Sinne nach richtige Übersetzung herzustellen, ist sich dessen bewußt, was für eine Quälerei der Blätter in diesen neuen Bestimmungen liegt, da doch kein Blatt große Teile in einer anderen Sprache wird bringen wollen als in derjenigen, die seine eigene Sprache ist.
Es ist demnach auch in diesem Gesetz, das eine Verbesserung bringen soll, eine Menge von Dingen enthalten, die man keineswegs als eine erfreuliche Neuerung im Rahmen des Pressewesens bezeichnen kann. Die Gesetzgebung, vor der wir jetzt stehen, die Ausnahmsgesetzgebung, ist außerordentlich gefährlich. Ich glaube, daß die Presse sehr bösen Zeiten entgegengeht, wenn das neue Ausnahmsgesetz kommt, das neue Beschränkungen für die Presse enthält; und das schlimmste eben ist, daß wir in der Beurteilung des Pressewesens in diesem Staate durchaus kein einheitliche System haben. Es wird unterschieden, oob ein Blatt in èechischer oder slowakischer, deutscher oder ungarischer Sprache erscheint. Danach richtet sich der Maßstab und es wird sehr unterschieden, ob ein Blatt den sog. staatserhaltenden, d. h. in der jeweiligen Koalition vereinigten Parteien nahesteht, oder ob es sich außerhalb dieser Parteien befindet.
Der Herr Berichterstatter hat davon gesprochen, daß sich die Bevölkerung und daher auch die Parlamente im allgemeinen heute nur für rein wirtschaftliche Fragen interessieren und daß die Frage des Geistigen heute gar keine Rolle spielt. Ich habe das auch beobachten können, als das Ehrenschutzgesetz, das mit dem Pressegesetz auf das engste zusammenhängt, und das Pressegesetz selbst diskutiert wurde. Man spricht zwar viel davon und immer wird das Wort wiederholt, daß Demokratie Diskussion ist. Es wird untersucht, worin die Diskussion besteht, aber im großen ganzen ist das System doch nur aufgebaut auf der Freiheit der Diskussion der Mehrheit. Wie entstehen denn hier Gesetze? Und wie werden denn die Worte "Demokratie ist Diskussion" ausgelegt? Die Entscheidung fällt immer durch eine Majorisierung und es wird gar nicht versucht, einen anderen demokratischen Weg zu gehen. Dieses: "To jest vìtšina", das ist der Grundgedanke der hierländischen Demokratie darin erschöpft sich die Demokratie. Sie erschöpft sich darin, daß die Mehrheit die Minderheit einfach majorisiert. Das, was die ultima ratio im Rahmen der demokratischen Behandlung sein sollte, die Majorisierung, das ist hier das Alfa und Omega und diese Diskussion führt die Mehrheit unter sich durch. Diskussion heißt hier "die Mehrheit diskuriert untereiinander" und in diesem Sinne wird dieser Satz: "Demokratie ist Diskussion" aufgefaßt und sie findet ihren Niederschlag weniger in der Preßgesetzgebung als in der Interpretation, als in der Handhabung der Preßgesetze.
Ich komme jetzt aus einer Jo rnalistenversammlung aus Budapest, wo 18 Nationen vertreten waren. Es waren jene Nationen nicht vertreten, bei denen es von vornherein keine Preßfreiheit gibt, d. h. bei denen die Vorzensur eingeführt ist. Es sind in der Fédération nicht vertreten die Russen, nicht vertreten die Italiener und es sind wohlweislich diesmal auch die Reichsdeutschen nicht gekommen. Auf diesem Kongreß wurde sehr viel davon gesprochen, welchen unendlichen Wert der Ausbau der Preßfreiheit, der Ausbau der Freiheit der öffentlichen Meinung für die Entwicklung des demokratischen Gedankens hat. Leider zeigt die Entwicklung in der Èechoslovakei, daß zwar die Gesetzgebung einen gewissen Sinn für die Preßfreiheit aufbringt, daß es aber die Verwaltung an einem Verständnis für diese Frage an allen Ecken und Enden fehlen läßt.
Wenn ich heute einem Wunsche Ausdruck
gebe, so ist es der, daß das neue Preßgesetz so bald als möglich
auf dem Tische dieses Hauses erscheint. Mein zweiter Wunsch ginge
dahin, daß nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Behörden
sich über den Wert der Preßfreiheit ein anderes Bild machen mögen,
als es jetzt der Fall ist. (Potlesk.)