Úterý 30. kvìtna 1933

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

275. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 30. kvìtna 1933.

Øeè posl. Schweichharta (viz str. 8 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die in Verhandlung stehende Vorlage hat die Aufgabe, in ganz bestimmter Richtung unhaltbare Zustände im Pressewesen zu mildern, resp. zu beseitigen. Bekanntlich sind an und für sich die bisher bestehenden österreichischen und ungarischen Pressgesetze gründlich veraltet, weshalb ja das Justizministerium sich seit langem bemüht, Verbesserungen und eine gründliche Ordnung im Pressewesen herzustellen. Es ist ja auch im Jahre 1924 eine Novelle beschlossen worden, aber auch diese Novele hat eigentlich versagt.

Bei dem heutigen Gesetz handelt es sich um die Abschwächung eben der verhängnisvollen Wirkungen dieser Pressnovelle vom Jahre 1924. Damals ging man über das durchaus notwendige Mass des Schutzes der Ehre weit hinaus. Die Redakteure und die Zeitungen waren seitdem die Leidtragenden dieses Übereifers. Die verantwortlichen Redakteure waren geradezu schutzlos gegen leichtfertige, mutwillige Presseklagen in Sachen der Ehrenbeleidigung. Jedes scharfe Wort der Kritik, jede noch so harmlose Satire, jede Karrikatur, konnte geklagt werden und wurde tatsächlich fast in der Regel unter Anklage gestellt. Es regnete direkt Massenklagen, es war ein Wettlauf der Kläger, und die Presse, besonders die Arbeiterpresse, wurde dadurch auf das allerschwerste geschädigt. Wenn man sich vorstellt, daß jede Presseklage dem Blatte, resp. dem Redakteur Kosten von mindestens 2.000 Kronen verursacht, so ergibt sich bei einfacher Summierung eine Riesensumme, welche die finanziell schwache Presse sehr schwer bezahlen konnte. Es war daher so weit gekommen, daß gewisse politische Parteien dahingehende Abkommen getroffen haben, daß keine Klage eingereicht wird, bevor nicht privat irgend ein Vergleich versucht worden ist.

All diesen Auswüchsen und Ungerechtigkeiten sucht nun die Vorlage dank der Initiative des Justitzministers Dr. Meissner entgegenzutreten. Das Gesetz befasst sich mit dem Schutz der Ehre überhaupt, also nicht nur mit den Pressedelikten. Uns interessiert die Sache vor allem natürlich vom Standpunkte des Pressewesens. Waren bisher die inkriminierten Tatsachen zu weit gezogen, so wird jetzt versucht, eine genaue Abgrenzung der Delikte zu erreichen. Die Vorlage unterscheidet nur zwischen den strafbaren Delikten der Beleidigung, der üblen Nachrede und der Verleumdung. Bisher waren als Delikt in Betracht zu ziehen die Ehrverletzung und die Ehrenbeleidigung.

Gestatten Sie mir an der Hand des Gesetzes einige Erläuterungen zu diesen Begriffen zu geben. Beleidiger ist, wer einen andern durch Beschimpfung, Mißhandlung, Bedrohung mit Mißhandlung, indem er ihn dem Spott preisgibt oder auf andere Weise an der Ehre verletzt. Üble Nachrede betreibt, wer jemanden dadurch an der Ehre verletzt, daß er vor einer dritten Person von ihm auf irgend eine Weise eine Tatsache anführt oder weitergibt, die ihn der allgemeinen Meinung verächtlich machen oder herabsetzten könnte. Verleumdung begeht derjenige, der einem anderen Übles nachgeredet hat, wenn er wußte, daß die Tatsa he, die er angeführt oder weitergegeben hat, unwahr ist. Das ist der Punkt 1. Im Punkt 2 liegt Verleumdung dann vor, wenn der Schuldige einen anderen nach einem vorbedachten Plan in der Absicht verleumdet hat, sein Familienleben oder das Familienleben eines Angehörigen zu untergraben oder die materielle Existenz einer solchen Person zu vernichten. So wie früher werden diese Delikte zu Vergehen, wenn sie durch die Presse begangen wurden, sonst sind sie einfache Übertretungen.

Eine Verbesserung des vorliegenden Gesetzes besteht darin, daß eine wirks ame Ergänzung der Tatsachenmerkmale vorgesehen ist. Ein Strafausschließungsgrund ist es z. B., wenn die Kritik die Grenzen der sachlichen Beurteilung einer wissenschaftlichen, künsterlichen oder ähnlichen Leistung nicht überschritten hat. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.) Das ist durchaus nichts Neues, aber für den guten gerechten Richter doch eine willkommene Handhabe zugunsten des angeklagten Redakteurs. Der gute Richter wird die sachliche Beurteilung nicht auf wissenschaftliche, künstlerische oder ähnliche Leistungen beschränken, sondern auch auf politischem Gebiet eine gewisse Liberalität zeigen. Jeder im politischen Leben stehende Mensch muß sich ein gewisses Maß von ironischer und satirischer Kritik gefallen lassen und darf sich auch vor einer Karikatur nicht fürchten. Deshalb soll auch die Auslegung und Anwendung des Gesetzes nicht allzu kleinlich und engherzig sein. Dagegen kann man wohl sagen, daß die schärfste Anwendung des Gesetzes dort erforderlich ist, wo böswillige Kritik vorliegt. Die Strafen sind in diesem Fall ziemlich sch rf, aber hoffentlich werden sie gerecht bemessen. Es sind bei Pressedelikten Höchststrafen von 8 Tagen bis zu einem Jahr vorgesehen und Geldstrafen von 100 Kronen bis zu 10.000 Kronen.

Ich möchte anführen, daß derlei empfindliche Strafbestimmungen auch früher bestanden haben und sicher in anderen Rechtsstaaten auch keine geringeren Strafen bei Ehrenbeleidigung vorgesehen sind.

Von besonderer Bedeutung für die Presse und die Redakteure sind die Änderungen im Gesetz bezüglich der Frage des Wahrheitsbeweises und des Wahrscheinlichkeitsbeweises. Bisher mußten alle geklagten Behauptungen voll bewiesen werden, um straffrei zu sein. Jetzt genügt es bereits, wenn die fragliche Behauptung im Wesen als wahr nachgewiesen erscheint. Auch hat das Gericht in Zukunft Inhalt und Sinn der Beschuldigung oder der geklagten Behauptung in ihrer Gänze zu berüücksichtigen und zu überprüfen, wenn auch nur ein Teil davon inkriminiert worden ist. Bekanntlich haben bis jetzt viele in der Presse Angeschuldigte unangenehme Wahrheiten damit zu vertuschen versucht, daß sie aus einem langen Artikel, der sie anging, nur einige nebensächliche Sätze und Behauptungen herausgegriffen haben und damit bei Gericht einen Erfolg erzielten, während die Hauptsache dabei eigentlich untergegangen ist. Auf diese bequeme Art und Weise sind zahllose Redakteure direkt förmlich hineingelegt worden. Das hat nun hoffentlich ein Ende genommen.

Was den sogenannten Wahrscheinlichkeitsbeweis betrifft, so ging der Redakteur bisher nur dann straffrei aus, wenn vorwiegend ein öffentliches Interesse vorlag., das die beanständete Notiz rechtfertigte. Daneben mußte aber die Führung des Wahrheitsbeweises fast vollständig unternommen werden. Trotzdem mußten in solchen Fällen bei einem Freispruch des Redakteurs, resp. der Zeitung dem Kläger die Kosten ersetzt werden. Jetzt soll der Passus der vorwiegenden Interesses auch auf wichtige private Fragen ausgedehnt werden, was wiederum eine Erleichterung für den angeklagten Redakteur bedeutet.

Damit ist wesentlich auch die Frage des sog. entschuldbaren Irrtums verbessert, der unter Umständen einen Freispruch ermöglicht, ohne daß dem Kläger vom Angeklagten die Kosten ersetzt werden müßten. Diese Neuerung ist sicherlich sehr wohltuend, denn im Drange der Geschäfte kann auch dem anständigsten und gewissenhaftesten Redakteur, dem eine böswillige Verleumdung vollkommen fernlag, ein entschuldbarer Irrtum unterlaufen. Die Bestimmung, daß von der Strafe abgesehen werden kann, was bisher möglich war, wird in allen jenen Fällen erweitert, wo eine vom Angeklagten angebotene angemessene Genugtuung vorliegt. Bisher konnte das Gericht dabei von einer Bestrafung absehen, doch hatte der Angeklagte dem Kläger zu ersetzen. Das gab für gewisse Kläger einen willkommenen Anlaß zu böswilligen Schikanen. Die Prozesse wurden möglichst weit hinausgezögert, die Kosten sind dadurch gewachsen und die Presse wurde dadurch bewußt geschädigt. Das ist nun dahin gemildert worden, daß das Gericht von einer Strafe absehen muß, wenn die angemessene Genugtuung fristgerecht geleistet wurde, und das Gericht kann von der Strafe absehen, wen eine angemessene Genugtuung bis zur Hauptverhandlung angeboten wird. Auch sonst sind unter Umständen für den geklagten Redakteur Milderungsgründe vorgesehen z. B., wenn er in berechtigter Erregung oder unbedacht über ein propagatorisches Verhalten ein scharfes Wort schreibt. Allerdings ist dieser Passus mehr für mündliche Beleidigung vorgesehen, die im Affekt geschehen ist, aber schließlich wird der gute Richter es dem Redakteur auch dann zugute halten, wenn er in Erregung unbedacht infolge Provokationen von gegnerischer Seite ein Wort mehr schreibt als im Gesetz begründet ist.

Wichtig ist auch, daß bei Abstandnahme von Strafen nach diesem Gesetzentwurf zwar der Ersatz der Kosten vorgesehen ist, daß aber das Gericht die Kostenersatzpflicht zur Gänze oder zum Teil zu gunsten des Geklagten aufheben kann. Damit wird verhütet, daß leichtfertige Klagen wegen jeder Kleinigkeit eingebracht werden, daß Redakteure geklagt und verurteilt werden, nachdem sich hier nun für den Kläger ein großeres Risiko als bisher ergibt. Bisher konnte jeder klagen und brauchte die Kosten nicht zu scheuen, weil der Verurteilte nach der Praxis zum Kostenersatz verhalten worden ist.

Neben diesen durchaus begründeten Neuerungen, resp. Verbesserungen ist weiter zu unterstreichen und hervorzuheben, daß gewisse Härten, die bisher bestanden haben, nunmehr beseitigt werden. So ist z. B. die berüchtigte Geldbusse bis zu 10.000 Kronen für verursachte Ehrenkränkungen an den Kläger fallen gelassen worden. Ebenso ist die üble Bestimmung aufgehoben, daß der Redakteur einen Freispruch erzielen konnte, wenn er den Urheber der inkriminierten und geklagten Notiz namhaft machte. Das war eine Förderung der Denuntiation und ist jetzt verschwunden. Ebenso ist aufgehoben worden die polizeiliche Bestrafung brieftlich erfolgter Ehrenbeleidigungen durch die politische Behörde. Gemildert wurde ferner die Bestimm ung, daß der verantwortliche Redakteur nach einer gewissen Zahl von Verurterteilungen nicht mehr fähig sein sollte, als verantwortlicher Redakteur zu fungieren. Ein Fortschritt ist auch die Verbesserung der Möglichkeit von Gegenklagen. Bisher war es in der Praxis so, daß eine Gegenklage nicht möglich war, wenn die Klage am 42. Tage eingebracht wurde. Das ist nun beseitigt in der Weise, daß auch 15 Tage nach Vereinbarung des Ausgleiches oder Abschluß des Beweisverfahrens die Gegenklage eingereicht werden kann.

Schließlich ist es zu begrüßen, daß im Fall von Freisprüchen z. B. infolge eines entschuldbaren Irrtums im Urteil ausdrücklich hervorzuheben ist, daß der Wahrheitsbeweis nicht gelungen ist. Für den Kläger, der also mit seiner Klage abgeblitzt ist, ist doch eine gewisse Genugtuung vorhanden, wenn im Urteil ausgesprochen ist, daß der Wahrheitsbeweis in diesem Falle nicht gelungen ist.

Im großen und ganzen kann man wohl sagen: das Gesetz, das durchaus notwendig ist, ist ein wesentlicher Fortschritt. Es gewährleistet tatsächlich nun den Schutz der Ehre und wahrt dabei die Rechte der Presse, ist also nicht einseitig. Wir können daher mit gutem Gewissen für diese Vorlage stimmen.

Hinzufügen möchte ich noch den dringenden Wunsch, daß das Justizministerium es ermögliche, daß beim Preßgerichte das Verfahren beschleunigt werde. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß die Gerichte stark überlastet sind, und gerade die Ehrenbeleidigungsklagen haben den Gerichten eine Unmenge kostbare Zeit weggenommen. In vielen Fällen, wo das Verfahren vom Geglagten hinausgezogen wird, dauert es Jahre, bevor ein Urteil gefällt werden kann. Ein Beispiel für viele. Ich erhielt gestern selbst eine Zeugenladung für einen Preßprozeß, der schon ungefähr drei Jahre läuft. Die Vorladung, die ich erhielt, ist vom 10. Mai datiert, und die Hauptverhandlung in Leitmeritz ist für den 13. Oktober 1933, also nach 5 Monaten angesetzt. Der inkriminierte Artikel betrifft ein kommunistisches Blatt und enthielt Dinge, die sich bereits vor 6 oder 7 Jahren abgespielt haben. Unter diesen Umständen ist die Führung eines Preßprozesses für den Kläger ebenso kostspielig wie schwierig. Wir hoffen, daß die wohltätigen Wirkungen des Gesetzes sich bald äußern werden und daß die Presse in dieser Hinsicht vor unnützen Schikanen geschützt wird. Allerdings ist Voraussetzung, daß die Gerichte das Gesetz in diesem Sinne, wie ich es angeführt habe, entsprechend handhaben.

Zum Schluß möchte ich nur noch hervorheben, daß von reaktionären Parteien hierzulande Klagen über mangelnde Preßfreiheit, über die Preßverhältnisse überhaupt, geführt werden, von Parteien, die gar keine Ursache haben, sich in dieser Richtung zu beklagen. Sie haben Beifall geklatscht, als die Deutschnationalen und Hakenkreuzler in Deutschland die freiheitliche Presse vollkommen unterdrückt haben, als sie die sozialdemokratischen und kommunistischen Druckereien gestohlen haben, als die Herausgeber und Redakteure eingesperrt, mißhandelt, ja ermordet wurden. Also diese Parteien haben durchaus kein moralisches Recht, sich über die Dinge, wie sie hier sind, besonders aufzuregen.

Das vorliegende Gesetz ist vielmehr ein Beweis, daß die jetzige Regierung bemüht ist, möglichst objektiv die Pressefrage zu erledigen. (Potlesk.)

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