Pátek 24. února 1933

daß eine unlautere Anzeige zwar gegenüber der Partei, die die Anzeige erstattet hat, Straffolgen nach sich zieht, aber nur Geldstrafen vorgesehen sind. Es können sich also Denunzianten den Jux erlauben, eine Anzeige zu machen, sie riskieren nichts, wenn sie mittelos sind, nicht einmal, daß sie eingesperrt werden. Während ein Organ eines Institutes, das ohne Wissen der Übertretung nur wegen Übersehung der pflichtgemäßen Obsorge zu einer Geldstrafe bis zu 100.000 Kè verurteilt werden kann oder drei Monate Arrest unter erschwerten Bedingungen abzusitzen hat, ist bei dem Denunzianten eine Arreststrafe nicht möglich. Es werden ihm nur die Kosten für die unlautere Anzeige vorgeschrieben. Wenn er vermögenslos ist, werden die Kosten abgeschrieben und er kann sein Handwerk fortsetzen. Hier fehlt der Schutz vor unlauteren Anzeigen, damit Zahlungsfähige ihre Denunziationen auch entsprechend verbüßen müssen, ebenso wie die anderen, die sich Verfehlungen zuschulden kommen ließen.

Sehr interessant ist die Bestimmung, daß die Zinssenkung nicht auf die Nationalbank und Emissionskredite ausgedehnt wird. Hier haben Sie die Bruchlinie, und zur Erläuterung will ich nur Folgendes konstatieren: Nehmen Sie die Bankausweise der hiesigen größeren Banken her, Sie werden in den meisten Fällen, wenn wir die Bilanzierung halbwegs als richtig annehmen, ein Sinken der Aktiven, ein Steigen der Passiven und einen Rückgang des Ertrags feststellen. Gegenüber all diesen Wirtschaftskörpern und Banken zeigt die Nationalbank die entgegengesetzte Tendenz. Trotz des Schwindens ihres Umsatzes von 33.910 Millionen im Jahre 1931 auf 26.001 Millionen im Jahre 1932, also einer Verringerung um nahezu 6 Milliarden stieg der Gewinn von 33.7 auf 52.2 Millionen Kè, also eine Zunahme um 18.5 Millionen. Damit ist die imponierende, alles überragende-Stellung der Nationalbank gekennzeichnet und diese wird nun ausdrücklich aus allen Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes ausgenommen, genau so wie im Bankenüberwachungsgesetz, nach dem auch keine Ausdehnung der Überwachung auf dieses Institut zulässig ist. Da der Emissionskredit dazu kommt, ergibt sich daraus, daß beim Emissionskredit und dem Kredit der Nationalbank keine Bindung an dieses Gesetz erfolgt, infolgedessen ist es möglich, daß sie Grundsätze des Geldbeirates durch eine praktisch entgegengesetzte Zinspolitik durchkreuzen und das Zinsgefälle nach der Richtung zu lenken vermag, die im Interesse der Emissionsinstitute oder der Nationalbank liegt. Hier liegt der innere Widerspruch der ganzen Vorlage, die dadurch noch mehr an ihrem Werte verliert.

Auf diesen Widerspruch möchte ich ganz besonders hinweisen. Daß die Bestimmungen drakonisch sind, daß sie auch durch unlautere Anzeigen hervorgerufen werden können, das liegt in der Natur solcher Zwangsgesetze. § 18, d. i. § 15 der alten Vorlage nimmt auf die Regie Einfluß und ermächtigt den Geldb eirat, Vertragsbestimmungen zwischen den leitenden Beamten abzuändern, und zwar binnen Monatsfrist. Er läßt aber die Ansprüche der Kollektivverträge der übrigen Beamten unbelastet. So sehr wir uns zu diesem Grundsatz bekennen, müssen wir sagen, daß auch diese Sicherung praktisch unwirksam bleiben muß, wenn die gesamte Situation eben zu anderen Schlußfolgerungen führt.

Sie werden aus meinen Darlegungen gesehen haben, daß ich mich mit den meisten Bestimmungen des Gesetzes in Widerspruch befinde und in dieser Vorlage keine praktische Wirkung für eine wirkliche Zinssenkung sehen kann und daß ich auf dem Standpunkt stehe, daß man mit mechanischen Mitteln die Dynamik der Wirtschaft nicht beeinflussen kann. Sie werden mich erneut fragen, wie ich mir also die Senkung des Zinsfusses vorstelle. Ich muß da, wie früher verweisen, daß das nur in einer vollständigen Abkehr von der Goldwährung möglich ist und durch Indwxwährung, die nicht auf ein beliebiges materielles Gut gerichtet ist, auf Gold oder ein anderes Metall, sondern die auf dem Durchschnitt des wahren Angebotes fußt und den Index zum Anlaß der Zirkulationsmenge nimmt, die aber auch die Erkenntnis berücksichtigt, daß das Geld gegenüber der Ware im Vorteil ist, daß es jederzeit gehortet werden kann und daß infolgedessen zur Herstellung der Richtigkeit des Grundsatzes der bereinigten Quantitätstheorie ein Geld mit Umlaufsgeschwindigkeit ausgestattet werden muß. Sie wissen, daß ich seit Jahren eintrete für eine Geldreform im Sinne der Indexwährung und des Umlaufzwanges, wie sie im Freigeld erstmalig in Erscheinung getreten ist. Ich kann nur im Gegensatz zu frühern Jahren heute statt auf die Theorie gerade bei diesem Punkte auf die praktischen Erfahrungen hinweisen, die damit gemacht wurden, und ich möchte auch die Vertreter des Ministeriums bitten, sie mögen sich um diese Dinge bekümmern. Das Beispiel von Schwankirchen im Bayrischen Wald, das erst durch die Notverordnung des Kanzlers Brüning beseitigt wurde, ferner die Nothilfe der kleinen Marktgemeinde Wörgl in Tirol spricht Bände. Ich kann es mir nicht versagen, Ihnen dieses Beispiel von Wörgl vor Augen zu führen.

In der Marktgemeinde Wörgl gab der Gemeinderat im Sommer 1932 "Arbeitsscheine" heraus, die nach S. Gesells Vorschlag ausgestattet sind und worüber ich schon des öfteren ausführlich gesprochen habe. Ich lasse einen Bericht des Bürgermeisters M. Unterguggenberger folgen, aus dem Sie selbst die krisenlose Wirkung dieser Geldreform - die zugleich mit einer allmählichen organischen Zinssenkung einhergeht - entnehmen wollen.

"Die Arbeitsscheine haben wie "Wunder" gewirkt. Im Industriegebiete von Wörgl stehen alle Fabriken still. Im Orte und dessen Umgebung befinden sich rund 1500 Arbeitslose - schon längst ausgesteuert und mit ihren Familien ohne jedes Einkommen bilden sie, neben den sonstigen Erwerbsunfähigen, eine Fürsorgelast, die für die Gemeinde mit ihren 4200 Einwohnern untragbar ist.

Die Steuerkraft der Gemeinde ist so herabgesunken, daß die Steuerrrückstände mit Abschluß des Jahres 1931 rund 120.000 S betragen. Da sich diese schon an sich unerträglichen Rückstände in der Zeit der Zusammenbrüche und Konkurse vielfach in Dubiosa wandeln, schwindet allmählich die Möglichkeit, gemeindeeigene Verbindlichkeiten zu erfüllen. Zu Beginn des Jahres 1932 scheint es vollkommen ausgeschlossen, einen Voranschlag für das Jahr 1932 zu erstellen.

Für die Armenpflege, Unterstützungen und die so dringende Arbeitsbeschaffung ist kein Geld da. Steuererhöhungen sind in Anbetracht der ohnehin vorhandenen Rückstände unmöglich und wirkungslos.

Da die Gemeinde infolge der Steuerrückstände auch mit ihren Leistungen gegen den Bund und der Landesregierung im Rückstande ist, werden auch die auf die Gemeinde entfallenden Anteile an den Landes- und Bundessteuern der Gemeinde nicht mehr angewiesen, sondern im Wege der Kompensation verrechnet. Bund und Land machen sich auf diese Art bezahlt. Die Gemeinde aber kann ihre Rückstände wegen Zahlungsunfähigkeit der Steuerträger nicht einbringen. Auch die rücksichtsloseste Eintreibung und Exekution ist meist wirkungslos.

Ein Überblick über die erste Jahreshälfte 1932 ergibt folgendes Bild:

Landessteueranteile: Durchschnittsertrag in den letzten fünf Jahren 32.100 S. Ertrag 1932 11.681.87 S.

Verglichen mit dem Ergebnis der letzten fünf Jahre sind die Landesanteile der Gemeinde im Jahre 1932 um mehr als 60 % gesunken. Aber selbst dieser kleine Betrag von 11.681-87 S fließt nicht der Gemeinde zu, sondern wird für die folgenden Belange restlos kompensiert:

Tierarztbeitrag 670.40 S
Verpflegungskosten 2.755ÿ15 S
Verpflegungskosten 897.45 S
Schuldbeitrag 563.92 S
Grundsteuer 411ÿ50 S
Grundsteuer 1.233.80 S
Schulbeitrag 4.821.65 S
Grundsteuer 328ÿ- S
zusammen
11.681.87 S

Der Ertrag der Gemeindeanteile an den Bundessteuern: Durchschnittsertrag in den letzten fünf Jahren 50.000 S. Ertrag 1932 30.594 S.

Auch der Ertrag der Bundessteueranteile ist im Vergleiche zu den Durchschnittergebnissen der letzten fünf Jahre um rund 40% gesunken. Von den hieraus der Gemeinde zukommenden Ertrag (30.594 S) wurden nun gleichfalls folgenden Beiträge zurückgehalten, bezw. kompensiert:

Kleinrentnerfond 680 S
Ausgleichsfond 2.522 S
Baubeitrag z. Bundessteuer 8.600 S
Landesregierung, Schule 3.101 S
zusammen
14.903 S

Es fließ en also den Gemeinden aus ihren beiden Hauptsteuerquellen im ersten Halbjahr, bzw. bis Ende Juli 1932 im ganzen nur 15.491 S an Bargeld zu.

Die selbständigen Gemeindesteuern bringen bis Ende Juli 1932 nur rund 3000 S ein.

Zum finanziellen Bilde sei noch erwähnt, daß auch die Ortssparkasse an Geldknappheit leidet; die fehlenden Verdienstmöglichkeiten zwingen den Arbeiter, seine Spargroschen abzuheben und aufzuzehren. Neueinlagen erfolgen nicht. Auf Hypotheken liegende Gelder sind infolge Fehlens flüssiger Mittel nicht loszubringen. Alle Zahlungen beginnen zu stocken und in vielen Fällen ist man gezwungen, zum direkten Waren- und Leistungstausch überzugehen. Es scheint fast, alsob 80% der Bewohner, die sich nicht an dem direkten Waren- und Leistungstausch beteiligen können, dem Untergange geweiht wären.

Alle Räder stehen still, wenn das Geld nicht kreisen will.

Am 5. Juli legt Bürgermeister Unterguggenberger dem Wohlfahrtsausschusse (W. A.) ein Nothilfeprojekt vor, welches in seiner Eigenart allgemeines Interesse erweckt.

Langsamer Geldfluß sei die Ursache der bestehenden Wirtschaftslähmung. Das Geld, das Tauschmittel, entgleitet immer mehr den Händen der schaffenden bedürftigen Masse, von wo es nicht mehr als Warennachfrage auftritt. Das Tauschmittel wird so zum Spekulationsmittel, vom Ernährer zum Schmarotzer. Bleibt es in dem heutigen Zustande und Form bestehen, so lähmt, zermürbt und tötet es den Volkskörper. Eine Nation oder mehrere gehen unter. Da wir die Welt von diesem Schmarotzer nicht befreien können, wollen wir ein Zeichen geben, sagt in seiner Begründung Bürgermeister Unterguggenberger.

Er schlägt vor, das Nationalbankgeld im Bereiche der Gemeinde durch ein Umlaufmittel zu ersetzen, welches seinen Bestimmungen als Tauschmittler getreu nachkommen wird.

Arbeitsbestätigungen in drei Nennwerten - 1, 5 und 10 Schilling - sollten in Umlauf gesetzt werden. Die Gemeinde wird - und Private sollen hierzu gewonnen werden - die Arbeitsbestätigungen beim Wohlfahrtsausschusse kaufen und in Hinkunft alle Zahlungen in der Gemeinde damit leisten. Um das wirtschaftliche Leben in der Gemeinde wieder aufwärts zu bringen, sollten nach einem bereits fertigen Plane öffentliche Arbeiten damit ausgeführt werden.

Der Wohlfahrtsausschuß stimmt den Vorschlägen des Bürgermeisters einhellig zu, desgleichen der Gemeinderat. Die Arbeitsbestätigungen werden bestellt, aber vor deren Einlangen erhebt schon die österreichische Nationalbank Einspruch und erklärt, die Arbeitsbestätigungen seien Geld. Der Bürgermeister bestreitet dies und schreitet zur Ausgabe. - Die Arbeitsbestätigungen zeigen ihre Wirkung.

Die Steuerrückstände (Forderungen der Gemeinde gegen die Steuerträger) fließen bisher nicht ein. Die Gemeinde kann daher ihre Zahlungen auch nur in sehr beschränktem Maße leisten. Sie hat einerseits rund 120.000 S zu fördern, ist aber andererseits ebensoviel schuldig. Es besteht eine innere gegenseitige Verschuldung, die aber in ihrer Verschlungenheit zu einer Verkrampfung der Wirtschaft geführt hat. Die Arbeitsbestätigungen lösen diesen Zustand sozusagen im Handumdrehen.

Die erste Lohnzahlung im Betrage von 1500 S kehrt fast zur Gänze über die verschiedenen Gewerbetreibenden und Geschäftsleuten als Steuerrückstände zur Gemeinde zurück. Es werden sofort Rechnungen u. dgl. im gleichen Betrage bezahlt und am zweiten Tage ist auch dieser Betrag wieder für weitere Rückstände eingelaufen und zu weiterer Auszahlung zur Verfügung. Der kleine Betrag von 1500 S läuft einen Monat kreisherum und baut gegenseitige Rückstände im zwanzigfachen Betrage ab.

Damit nicht genug, durchlaufen die mit der Notabgabe belasteten Arbeitsbestätigungen alle Glieder des Gemeindewirtschaftskörpers, allmählich die gegenseitigen Verbundenheiten immer mehr lösend.

Rund 50 Arbeiter können den ganzen Monat August aufgenommen und beschäftigt werden. An Zahlungsmittel fehlt es nicht.

Die Arbeitsbestätigungen haben das Eis gebrochen und fast wie ein Wunder gewirkt.

Niemand hat sich der Einführung widersetzt. Alles ist zufrieden. Wie im August herrscht auch im September immer noch Hochbetrieb auf den Straßen. Ganze Straßenzüge werden aufgerissen und neu kanalisiert. Am Steinbruch arbeitet ununterbrochen die Schotterbreche, auf den Straßen die Motorwalze und in der Bauhütte werden tausende Meter von Kanalisationsrohren und Randsteinen erzeugt. Wörgl ist Arbeitsstaat.

Auch die Monate Oktober, November und Dezember wird weiter gearbeitet. Im ganzen werden bis Ende Dezember verarbeitet und erzeugt: 541 m3 Grundbausteine, 355 m3 Walzschotter, 294 m3 Asphaltriesel, 1662 Lmt Betonrandsteine, 1600 Lmt Kanalisationsrohre.

Die untere Bahnhofstraße, die obere Bahnhofstraße, die Schachtnerstraße, die Brixentalerstraße, die Simon-Prem-Straße, der Gemeindeplatz, der Kirchenplatz werden vollständig neu hergestellt und asphaltiert. Sämtliche übrigen Straßen Wörgls werden geschottert und gewalzt. Die Straße von Spitzer zum Weiler Egerndorf wird erneuert und eine neue Verbindungsstraße mit der Brixentalerstraße hergestellt. Alle Wege im Weiler Winkel werden gründlich aufgerichtet und neue angelegt. Die Gehwege nächst der Georgsquelle werden neu angelegt und eine neue konkurrenzlosschöne große Sprungschanze wird gebaut.

Zur Verbreiterung der Bahnhofszufahrtsstraße werden 30 große Kastanienbäume ausgegraben und ebensovil neue an geeigneter Stelle versetzt. Dies alles in einer Zeit, wo weitum niemand an Neuanschaffungen und Verbesserungen denken kann.

Am Ende des zweiten Halbjahres 1932 bezeugen die vollzogenen Leistungen die Wirksamkeit der Nothilfe Wörgl; denn was in der ersten Hälfte des Jahres noch vollständig unmöglich schien, ist in der zweiten Hälfte des Jahres Tatsache geworden.

Diese Tatsachen sollten das Zeichen sein, daß es an der Zeit ist unsere Wirtschaft aus den mordenden Fesseln der Goldwährung zu befreien und von Staatswegen ein Tauschmitt el zu schaffen, welches die Arbeitskraft und den Fleiß der Menschen zur Entfaltung bringt, das Werkzeug, nicht Blutsauger ist.

Raffen alle Gemeinden ihr goldgedecktes Nationalbankgeld zusammen und verwenden sie es dazu um umlaufbelastete Tauschmittel gleich der Gemeinde Wörgl im Umlauf zu setzen, und das Gespenst der Wirtschaftskrise wird weichen.

An Alle: Langsam umlaufendes Geld hat die Welt in eine unerhörte Wirtschaftskrise und Millionen schaffender Menschen in unsägliche Not gestürzt.

Der Untergang der Welt hát - rein wirtschaftlich gesehen - seinen furchtbaren Anfang genommen.

Es ist Zeit durch klares Erkennen und entschlossenes Handeln die abwärtsrollende Wirtschaftsmaschine zu retten, damit die Menschheit nicht in Bruderkriege, Wirrnisse und Auflösung und Auflösung getrieben werde.

Die Menschen leben vom Austausch ihrer Leistungen. Der langsame Geld umlauf hat den Leistungstausch zum großen Teil unterbunden und Millionen arbeitsbereiter Menschen haben dadurch bereits ihren Lebensraum im Wirtschaftsgetriebe verloren. Der Leistungstausch muß daher wieder gehoben und der Lebensraum für alle bereits Ausgestossenen wieder zurückgewonnen werden. Diesem Ziele dient der Arbeitsbestätigungsschein der Marktgemeinde Wörgl: Er lindert die Not, gibt Arbeit und Brot!

Wörgl (Tirol) am 23. Dezember 1932.

Gezeichnet f. d. Marktgemeinde Wörgl: Der Bürgermeister Michael Unterguggenberger."

Dieser Bericht wird durch noch zahlreichere ergänzt, die seit Irving Fishers, des bedeutendsten Volkswirtschaftlers der Union, Eintreten für Freigeld in der neuen Welt einen Umsturz der Anschauungen und der praktischen Durchführung zu uns gelangen. Auch dort hat eine kleine Farmerstadt den Anfang gemacht.

Vor einiger Zeit hat sich die kleine amerikanische Stadt Hawarden im Staate Jowa mit freiwirtschaftlichem Umlaufsgeld geholfen. Die Stadt hatte viele Arbeitslose und war nicht mehr imstande, sie zu ernähren. Da die Arbeitslosen kein Geld hatten, etwas zu kaufen, litten Handel und Wandel der Stadt doppelt darunter. Die Stadt entschloß sich, eigenes Geld auszugeben. Der Inhaber dieses Geldes muß, bevor er es weitergibt, eine Wertmarke kaufen und diese auf den Geldschein geben. Es gibt an der Stadthauptkasse solche Wertmarken im Betrag von 3 cents. Wenn auf die umlaufenden Notgeldscheine 35 solcher Marken also im Gesamtbetrag von 3 Dollar 3 cents aufgeklebt sind, dann löst die Stadtkassa das Notgeld zum vollen Wert in normalem Gelde ein. Das Aufkleben erfolgt jeweils am Mittwoch als Stichtag und hat den Zweck, das Geld möglichst regelmäßig zum Umlauf zu treiben, damit das Blut der Wirtschaft wieder gelöst wird. Außerdem löst sich das Notgeld langsam selbst wieder ein. Zumindestens am Stichtag, an dem geklebt werden muß, hat der jeweilige Besitzer des Geldes das größte Interesse daran, das Geld nicht mehr zu haben, da er sonst kleben muß. Er gibt es so schnell wie möglich weiter, indem er kauft - und das ist der Zweck, weil dadurch die Prod ukte der Arbeit zum Tausche kommen und nach neuer Arbeit rufen. Aber noch etwas anderes an dem amerikanischen Versuch ist wichtig. Es wird das Geld zunächst dem Teil der Wirtschaft, die am aufnahmsfähigsten sind, zugeleitet: das Geld erhielten die Arbeitslosen, die es auf dem raschesten Wege und in höchster Dringlichkeit der Wirtschaft, dem Handel und dem Gewerbe zuführten. Der Gereke-Plan in Deutschland macht es umgekehrt. Er arbeitet mit einem schwerfälligen Verwaltungsapparat und leitet den Gemeinden das Geld zu, die es nun ihrerseits, aber erst nach langen bürokratischen Verhandlungen weiterleiten sollen. Ehe es im Wege der Vergebung an Bau- und Lieferfirmen und von diesen auf die bei den Arbeiten zu verwendenden Arbeiter und Angestellten und von diesen wieder in die übrige Wi rtschaft fließt, vergehen Monate. Die Lösung der Krise eilt und die Versuche in Schwanenkirchen im bayrischen Wald, Wörgl in Tirol und nunm ehr in der Union schlagen den schnellsten Weg ein, der ohne bürokratische Erhebungen sofort allen hilft; denn das aufgegebene Geld macht alle Wirschaftskreise, die es berührt und ungehemmt durchflutet, lebendig und löst die Starrheit. Das Umlaufsgeld von Hawarden wurde, nachdem es sich bewährt hatte, von vielen Nachbarstädten übernommen. Gegenwärtig sind in nicht weniger als 12 Gliedstaaten der Union solchen Nachahmungen mit bestem Erfolge im Gange und der Gouverneur des Staates Jowa denkt ernstlich daran, dieses Arbeitsgeld als eine Parallelwährung zum Dollar für das ganze Staatsgebiet einzuführen. Auch die Staaten Dakota und Kalifornien stehen vor ähnlichen Entschlüssen, und selbst im Staate Chicago trägt man sich mit dem Gedanken, eine Arbeitsbeschaffung und Wirtschaftsbelebung nach dem Muster von Hawarden in Szene zu setzen.

Vielleicht haben die amerikanischen Versuche, die schon sehr in die Breite gehen, das Gute, daß auch bei uns die offiziellen Stellen ihr Vorurteil gegenüber dem Umlaufsgeld aufgeben und etwas ähnliches wie in Amerika ins Leben rufen.

Infolgedessen wäre es bei uns hoch an der Zeit, Arbeit zu sschaffen und Brot zu geben. Denn mit der Arbeitsbeschaffung, mit der Vergrößerung der realen Gruppen wird die zweite Funktion des Freigeldes in Erscheinung treten: die Zinssenkung. Freigeld kann nicht streiken, nicht gehortet werden, ohne daß der Besitzer Schaden erleidet. Wie ein Eisenbahnwaggon nicht beliebig lange auf einer Station gehalten werden kann, ohne die gesamte Bahnverwaltung zu schädigen, sowie die Bahnverwaltung jeden zwingt, für die längere Inanspruchnahme der Ausladezeit Gebühren zu zahlen, muß auch derjenige gestraft werden, der Geld über Gebühr zurückhält.

Wenn ich also zusammenfassend sage, Geldreform bringt die Zinssenkung, bringt die Erlösung aus der Arbeitskrise und aus der Arbeitsnot, so ist dies der einzige Weg. Ich habe Ihnen positiv meine Einstellung zu diesem Gesetzantrag gezeigt, der in der vorliegenden Form zu neuen Enttäuschungen, zu Komplikationen und zum Gegenteil, zur Vergrößerung der Krise, führen muß und von neuem die Bevölkerung hinwegtäuscht über die Not, die aus der weiteren Deflation erwächst. Wenn sich schon der Staat und die Staatsverwaltung nicht aufraffen können, allgemein ein staatliches Währungsamt zu schaffen und so eine Verwaltungsstelle des Geldes genau nach den Prinzipien eines Aichamtes in die Wirklichkeit zu setzen, können sie den notleidenden Gemeinden draußen wenigstens die Möglichkeit bieten, sich aus eigener Kraft zu helfen, was der Bürgermeister Unterguggenberger im Wörgl in Tirol gemacht hat, die Krise mit dem Freigeld zu bekämpfen.

Die vorliegende Vorlage können wir als Mittel hiezu nicht zur Kenntnis nehmen. (Potlesk.)

4. Øeè posl. dr Rosche (viz str. 26 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr geehrten Herren! Bevor ich in den Gegenstand eingehe, erhebe ich dagegen Protest, daß die "Bohemia" vom 24. Februar wegen zweimal zwei Zeilen ihres Parlamentsberichtes konfisziert wurde, eines Parlamentsberichtes, der auf der Grundlage der offiziellen Parlamentskorrespondenz gebracht wurde. (Výkøiky posl. dr Peterse.)

Místopøedseda Roudnický (zvoní): Prosím, aby øeèník nebyl vyrušován. Pan posl. dr Rosche má slovo.

Posl. dr Rosche (pokraèuje): Die Staatsanwaltschaft hat nachträglich die "Abendzeitung" und die "Morgenpost" aus denselben Gründen um 1/2 10 Uhr abends konfisziert. Es ist jedenfalls eine Unterlassung des Präsidiums des Abgeordnetenhauses, daß nicht die entsprechende Orientierung an die Presse hinausgegeben wird, weil schließlich eine Konfiskation wegen zwei Zeilen einem Blatte einen viel zu bedeutenden Schaden zufügt und wir doch gestern durch die ganze Methode gesehen haben, daß der Staat absolut nicht ins Wanken gekommen ist. Ist erhebe daher dagegen schärfsten Protest und die "Bohemia" wird sich alle weiteren Schritte vorbehalten. (Posl. dr Peters: Auch die anderen Zeitungen!) Auch die anderen Zeitungen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.)

Wir haben gestern einen großen politischen Sturmtag gehabt und wenden uns heute wieder einer wirtschaftlichen Vorlage zu. Nachdem der Tag vorbei ist, möchte ich mir doch das eine zu konstatieren erlauben, daß ich glaube, Ihnen sagen zu müssen, daß er Standpunkt, den Sie in dieser Sache bezogen haben, durchaus falsch gewesen ist. Ich möchte Ihnen aber auch sagen, daß gerade der heutige Zeitpunkt für die Auslieferung entschieden falsch und ungeeignet und vom außenpolitischen Gesichtspunkt aus gesehen ein politischer Wahnsinn gewesen ist. Es macht mir den Eindruck, alsob das römische Sprichwort, "panem et circenses" nur zur Hälfte Geltung hätte. Brot können Sie den Leuten keines geben, und so wollen Sie die Bevölkerung durch derartige Methoden über die Dinge hinwegtäuschen. Ich glaube, daß diese Methoden falsch sind. Aber wogegen ich hauptsächlich protestiere, das ist die Behandlung der Angelegenheit durch den Immunitätsausschuß und das Haus. Ich habe gestern durch Zwischenrufe um 6 Uhr abend konstatiert, daß der Berichterstatter über die Auslieferung den ganzen Tag nicht im Sitzungssaal anwesend war. Das war das Interesse, das der Berichterstatter der Sache entgegengebracht hat. Ich habe mir erlaubt, den Koll. Ježek draußen auf dem Gang zur Rede zu stellen, warum er nicht in den Saal kommt, und darauf hat mir der Berichterstatter, der doch absolut nicht der Staatsanwalt zu sein hat, erklärt: "To je komedie, to je cirkus." Dagegen erhebe ich energischen Protest. Ein Beri chterstatter von der Qualität eines Ježek hat nicht ein derartiges Urteil über die Stellungsnahme, zu der wir schließlich ja berechtigt sind, zu fällen und hat nicht eine derartige Angelegenheit als Komödie und Zirkus zu bezeichnen. Der Herr Koll. Ježek hat nicht den Mut gehabt, meiner Aufforderung nachzukommen, er möge das doch im Hause wiederholen. Ich erkläre den Herren auf der èechischen Seite, daß auch die Methode der èechischen Nationaldemokraten gegenüber den deutschen Regierungsparteien vollständig unberechtigt ist, sie haben dazu kein Recht, im Gegenteil, sie wollen auch ihre Wähler täuschen, weil ihre Wähler schon lange diese Methode fast nicht mehr ertragen, daß die Herrschaften Hodáè und Genossen ständig für Gesetze sti mmen, die ihrem Wählerkreise nicht mehr annehmbar erscheinen. Es ist auch nicht ganz richtig, meine Herren auf der èechischen Seite, daß als Ihr einziger Repräsentant Koll. Pechman gesprochen hat. Koll. Pechman - ich habe nicht gewußt, ob er zur Støíbrný-Partei oder zu den èechischen Gewerbeparteilern gehört. Auch wenn Sie in der Koalition sind, hatten Sie zumindestens diesem blinden Chauvinismus, wie er hier von den Gewerbeparteilern vorgebracht wurde, entgegenzutreten, und das Auftreten Pechmans war doch nichts anderes, als Ihnen in der Regierungskoalition Konkurrenz zu machen. Das war Ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit.

Wenn ich als nüchterner Beobachter ges ehen habe, wie Sie als Regierungskoalition den ganz eindringlichen Vorstellungen der Erklärung Luschkas, den tatsächlichen Feststellungen der nationalsozialistischen Abgeordneten und den eindringlichen Erörterungen eines Dr. Peters nichts anderes entgegenzusetzen hatten, als das unsachliche Schlußwort des Berichterstatters, dann sage ich Ihnen: Trotz deutscher Regierungsteilnahme sind wir weiter denn je entfernt davon, zusammenzukommen (Souhlas.); durch diese Methode tut sich eine ungeheuere Kluft zwischen uns auf. Ich sage Ihnen, meine Herren auf èechischer Seite, Ihrem Nationalismus ist die Krise der größte Gegner, und passen Sie auf, daß Sie nicht nur durch diese Methoden in Ihrem eigenen Staat durch die Not der Verhältnisse zwei Feuer anzünden, die Sie nicht mehr löschen können. Denn in der Slovakei werden die Leute den Hunger nicht mehr lange aushalten und in den deutschen Gebieten auch nicht mehr. Ihnen ist es dringender darum zu tun, solche Affairen zu erledigen, als den wirtschaftlichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Ich habe diese Methoden charakterisiert, ich konnte es mir nicht versagen, dieses kurze Resumé zu ziehen.


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