Pondìlí 6. února 1933

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 245. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pondìlí dne 6. února 1933.

1. Øeè posl. Prause (viz str. 3 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Erfahrungen mit dem Staatshaushalt 1932 bedeuten die endgültige Liquidierung des Firmabeisatzes dieser Republik "Insel der Seligen", der seitens maßgebender Faktoren dieses Staates in überheblicher Weise angewendet wurde. Es soll ohne weiteres zugegeben werden, daß das Bemühen des Finanzministers, das Budget im Gleichgewicht zu erhalten, wohl die Zustimmung aller Gutgesinnten finden wird. Der Finanzminister hat aber leider in seinem, sichtlich mit größter Mühe zustandegebrachten Voranschlage sich durchaus nicht von solchen Tendenzen bestimmen lassen, die durch eine konsequente, vorausblickende Mittelstandspolitik geboten wäre. Er hat zwar richtig erwähnt, daß die Höhe der Einnahmen die oberste Grenze der staatlichen Ausgaben bestimmen müsse, doch scheint sich diese Auffassung auch bei dem vorliegenden Voranschlage leider nicht durchgerungen zu haben.

Wir haben immer und immer wieder betont, daß auch für den Staatshaushalt das in der Privatwirtschaft selbstverständliche Gebot herrschen muß: Übereinstimmung der Ausgaben mit den Einnahmen. Nicht gewaltsame Erweiterung bestehender und Erschließung neuer Einnahmen, um Ausgaben zu decken, sondern umgekehrt: die Ausgaben in Einklang zu bringen mit den möglichen Einnahmen.

Betrachten wir nun das Budget, so sehen wir, daß noch immer die Gesamtausgaben mehr als 8 1/2 Milliarden betragen, also um knapp 1/2 Milliarde geringer sind als im Vorjahre veranschlagt war. Dieser Rückgang der Ausgaben, an welchem vor allem die Kürzung der Beamtengehälter mitwirkt, verflüchtigt sich vollends fast in Nichts, wenn man bedenkt, daß die in zahlreichen Ressorts sehr beträchtlichen Sachausgaben infolge des allgemeinen Preisrückganges weit billiger bestritten werden können. Es befriedigt deshalb vor allem nicht, daß der Abstrich beim Heeresbudget nur 57 Millionen beträgt. Unwidersprochen ging in den letzten Wochen durch èechische Blätter die Meldung, daß die Heeresverwaltung allein beim Hafer im freihändigen Einkaufe 60 Millionen ersparen könnte; leider scheinen die Bindungen zwischen Landesverteidigungsministerium und einigen privilegierten Ein- und Verkaufsgenossenschaften bzw. Lagerhausgenossenschaften so innig zu sein, daß ihr 60 Millionen bloß bei Deckung des Haferbedarfes geopfert werden müssen.

Und wo sind die vielen Millionen und Millionen, die infolge des Preisrückganges bei Fleisch, bei Leder, Mehl, Textilwaren usw erspart werden müßten? Steuergelder zu vergeuden und verschleudern, um politische Flirts finanzieren zu können, ist wohl heute in so furchtbar schwerer Zeit noch weniger statthaft als sonst. Auch in anderen Ressorts hätten sich die Preisrückgänge bei Lebensmittel- und Bedarfsgegenständen weit stärker auswirken müssen als dies der Fall ist. Es wäre ungemein interessant nachzurechnen, warum sich für die Staatsverwaltung diese Rückgänge der Einkaufspreise so gar nicht auszuwirken vermochten. Dabei geht es bestimmt um Hunderte Millionen, da ja die rückläufige Tendenz der Preise von Verpflegsnaturalien, Textilwaren usw. seit Jahren andauert.

So zögernd die Abstriche im Heeresbudget erfolgten, so kräftig sind sie überall dort, wo es um wirtschaftliche, kulturelle oder soziale Zuwendungen geht.

Prüft man die einzelnen Posten des Staatsvoranschlages, so begegnet man nicht nur dem von mir schon gerügten mittelstandsfeindlichen Geist, sondern auch einem beneidenswerten Optimismus. Ob derselbe echt ist oder lediglich markiert wird, um durch Autosuggestion zu wirken, oder ob man damit schon öfters gebrauchte Worte des Herrn Außenministers Dr. Beneš bekräftigen will "es geht uns gut, es geht uns sehr gut" und dadurch höhere Einnahmen zu erzielen glaubt, bleibt dahingestellt.

Unsere Wirtschaft ist ein Trümmerfeld geworden, viele Hunderte von Konkursen und Ausgleichen sind ein Beweis dafür, wie furchtbar auch bei uns das Wirtschaftselend sich bemerkbar macht. Ein Riesenheer von Arbeitslosen, eine katastrophale Gestaltung unseres Außenhandels sind weitere Merkzeichen unserer trostlosen Lage und trotzdem werden Einnahmen präliminiert, welche oft so aussehen, als ob sich wirklich die Krise jedem, nur dem Fiskus nicht, geoffenbart hätte. So wird beispielsweise auch für das Jahr 1933 aus der Umsatzsteuer ein Ertrag von rund 2 1/2 Milliarden errechnet, also ungefähr so viel als im besten Konjunkturjahr. Freilich ist seither der Steuersatz von 2% auf 3 % erhöht worden, aber der Herr Finanzminister hat sich schon in diesem Jahr überzeugen können, daß Steuererhöhung keineswegs Vermehrung des Steuerertrages bedeutet, im Gegenteil muß es klar sein, daß die Umsätze gewaltig zurückgegangen und die Preise sehr gesunken sind; woher sollen also die 2 1/2 Millarden kommen?

Dabei hat sich die Finanzverwaltung unseren dringenden Wünschen nach Ausbau der Pauschalierung der Umsatzsteuer vor allem bei Textilien bisher widersetzt und dadurch mit beigetragen, daß Tausende und Tausende von Umsätzen, die von unbefugten, herumziehenden Leuten zum Nachteil der ehrlichen Steuerzahler gemacht werden, unerfaßt geblieben sind.

Auch die präliminierten Beträge aus der allgemeinen Erwerbsteuer sowie auch der Einkommensteuer sind viel zu hoch eingesetzt und werden in der geplanten Höhe aus dem Grunde nicht eingehen, weil eine große Zahl von Handels- und Gewerbebetrieben, soweit mir bekannt ist, wegen unerschwinglichen sozialen und Steuerlasten ihre Gewerbe zurücklegen müssen, siehe Autotransportgewerbe usw.

Ausgesprochen optimistisch ist unsere Tabakregie. Je schlechter ihre Erzeugnisse, desto besser ihre Stimmung. Sie errechnet für das Jahr 1933 einen, gegenüber dem Jahre 1932, wesentlich höheren staatlichen Gewinnanteil. Die Raucher haben sich auf etwas zu freuen: weit mehr als bisher werden Wald-, Feld- und Wiesenkulturen in Tabakfabriken ihre Umwandlung in Rauchwaren erleben. Freilich wird der Kreis jener, die auf guten Tabak noch greifen dürfen, ohnedies immer kleiner.

Überblickt man die neuen gesetzgeberischen Maßnahmen zur Auffüllung der Staatsfinanzen, so ist auch hier ein mittelstandsfeindlicher Geist unverkennbar. So müssen wir z. B. mit allem Nachdruck dagegen protestieren, daß die zu Gunsten der kleinsten Betriebe erfolgte Befreiung von der erhöhten Umsatzsteuer durch das neue Gesetz aufgehoben wurde.

Ganz besonders bedenklich aber ist das bereits in Vorlage befindliche Gesetz über die Ergänzung der Strafbestimmungen auf dem Gebiete der direkten Steuern.

Der Gesetzentwurf zur Regelung der Strafbestimmungen in den direkten Steuern ist ein geradezu diabolischer Versuch, das Verhältnis zwischen Steuerbehörde und Steuerträger heillos zu vergiften. Wir decken keine Steuerschwindler, wir wissen aber auch, daß auch auf dem Gebiete der Steuerverfolgungen leider der Grundsatz gilt, die großen Diebe läßt man laufen, die kleinen henkt man. Rücksichtslose Steuereintreibung galt, wenn ich mich so ausdrücken darf, ausnahmslos dem kleinen Mann gegenüber, großkapitalistische Unternehmungen, millionenreiche Steuerträger, sollen mehr Entgegenkommen gefunden haben. Wir sind deshalb nicht grundsätzlich gegen Mittel, welche den pünktlichen Eingang der Steuern sicherstellen. Aber solche Mittel sind schon in den geltenden Strafbestimmungen des bestehenden Gesetzes über die direkten Steuern mehr als hinreichend vorhanden. Es ist dazu nicht notwendig, die ohnedies von Tag zu Tag steigende Macht der Steuerbürokraten in einer Weise zu stä rken, daß selbst Staatsanwälte neidisch werden könnten.

Hausdurchsuchungen, Untersuchungshaft und andere schöne Dinge, die nur vielleicht noch eine kleine Ergänzung aus der Werkstatt der Inquisition verlangen, passen nicht in ein modernes Gesetz, dessen Schöpfer einst verkündeten, daß sie eine neue Ära des Vertrauens zwischen Fiskus und Steuerträger einleiten wollen.

Ohnedies ist das ursprünglich, wenigstens auf dem Papier vorhanden gewesene Gleichgewicht zwischen bürokratischen und Laien-Element bei der Veranlagung der Steuer längst zu Gunsten der Steuerbehörde verschoben und die Steuerkommissionen sind zum Schattendasein verurteilt. Was bleibt da noch übrig von dieser Einflußsphäre des Laienelementes, wenn der P. T. Vorsitzende der Steuerkommission, der ja immer auch der Chef der Steuerbehörde ist, mit den Machtmitteln eines mittelalterlichen Polizeibüttels ausgestattet wird? Dabei sind die einzelnen Bestimmungen des Entwurfes so gefaßt, daß sie modernen Rechtsgrundsätzen Hohn sprechen.

Um nur ein Beispiel anzuführen: Der Strafsenat besteht aus dem Vertreter der Finanzbehörde, dem Laienrichter und einem Berufsrichter. Auf welche Weise der Laienrichter bestimmt wird, ist nicht gesagt. Jedenfalls wird das jeweils willfährigste Mitglied der Steuerkommission mit der Laienrichterwürde ausgezeichnet werden. Neben ihm zu sitzen wird ein Berufsrichter kommen, der erfahrungsgemäß von Steuerdingen keine Ahnung hat, und so wird im Steuer-Strafsenat jeweils der Finanzkommissär triumphieren, der - und das ist 100 gegen 1 zu wetten - mit dem Straf-Referenten der Steuerbehörde identisch sein wird, also Richter, Staatsanwalt und Henker in einer Person.

Nicht weil der Zahlungswille mangelt, sondern weil die Zahlungsfähigkeit verloren gegangen ist und die Steuerträger einfach ausgeblutet sind, erscheinen die Steuereingänge so wenig befriedigend. Man hat hohen und höchsten Herrschaften in der Zeit der Konjunktur, an deren ewigen Bestand man glaubte. Millionen und Millionen abgeschrieben und will nun durch drakonische Strafbestimmungen Beträge herauspressen, die, wenn vorhanden, nur durch menschlicheres Verfahren zu erzielen sind. Durch Strenge wird Steuermoral nicht gefördert, sondern verschüttet. Kein besseres Mittel gibt es diese Steuermoral zu erziehen, als wenn sie der Fiskus selbst durch genaue Beobachtung der gesetzlichen Veranlagungsvorschriften, durch Verständnis für den wirtschaftlich Schwachen, bekunden wird.

Ich fühle mich als Vertreter des gewerblichen Mittelstandes heute schon bei dieser Gelegenheit veranlaßt, gegen die Regierungsvorlage Druck Nr. 2102 zu protestieren und gestatte mir namens meiner Partei die Erklärung abzugeben, daß wir den vorliegenden Entwurf auf Grund der angeführten Erwägungen grundsätzlich ablehnen werden.

Es wäre übrigens hoch an der Zeit, daß die hauptsächlichsten Verlustquellen, die in den passiven staatlichen Unternehmungen ihre Ursache haben, durch eine grundlegende Reform beseitigt werden. Es geht nicht an, aus der ohnedies ausgebluteten Volkswirtschaft das Letzte herauszupressen, um damit die Hunderte von Millionen betragenden Abgänge bei den staatlichen Unternehmungen zu decken. Das ist ein unverzeihlicher Fehler, der sich an der ganzen Volks- und Staatswirtschaft bitter rächen muß. Im übrigen zeigen die Ertragsberechnungen der staatlichen Unternehmungen in ihren Schlußziffern einen beneidenswerten Optimismus und sind derart kunstgerecht frisiert, daß an deren Unaufrichtigkeit kein Zweifel besteht.

Die staatlichen Wälder und Güter im Ausmaß von 1 Million Hektar wiesen laut Rechnungsabschluß 1930 einen Verlust von 8.4 Millionen Kronen auf, der sich im Jahre 1931 auf 64 3/4 Millionen erhöhte. Im Jahre 1932 soll der Abgang bereits 110 Millionen plus 52 Millionen an rückständigen Schuldzinsen betragen. Es muß daher überraschen, daß im Voranschlag für das Jahr 1933 ein Reinertrag von 1,619.000 Kè angenommen wird. So sehr dies zu begrüßen wäre, können wir diesen Optimismus leider nicht teilen und wird der Rechnungsabschluß uns von der Unwahrhaftigkeit dieser Ziffern jedenfalls überzeugen.

Der militärische Waldbesitz, welcher laut Staatsrechnungsabschluß 1931 mit einem Verlust von 6,163.000 Kè schloß, figuriert im vorliegenden Voranschlage mit einem Reinertrag von 3.600 Kè. Die staatlichen Bäder, welche im Jahre 1931 einen Abgang von 2,644.000 Kè aufwiesen, sind im Voranschlage mit einem Reinertrag von 93.200 Kè ausgewiesen. Während die staatlichen Bergund Hüttenwerke im Jahre 1932 mit einem Reingewinn von 11 Millionen abschlossen, wird für das Jahr 1933 ein Reinertrag von 38,237.000 Kè angenommen.

Diese Ziffern, ich wäre fast versucht zu sagen Hausnummern, zeigen klar, daß das Gleichgewicht des Staatshaushaltes nur auf dem Papier steht. Zu bedauern ist, daß die unproduktiven Ausgaben im Verhältnis der Ausgaben zur Förderung der Volkswirtschaft nur ganz geringfügige Kürzungen erfuhren. Dies beweisen nachstehende Ziffern:

Während das Budget des Nationalverteidigungsministeriums von 1.309,500.000 Kè nur um 57 1/4 Millionen, das ist also um 4.4% gegenüber dem Vorjahre gekürzt wurde, beträgt der Abstrich beim Handelsministerium von 44.2 Millionen im Jahr 1932 auf 32.3 Millionen im Jahre 1933, 26%. Noch deutlicher wird dieser krasse Unterschied durch die Tatsache charakterisiert, daß die Ausgaben zum Betrieb des militärischen Flugwesens allein fast 82 Millionen, das ist mehr als 2 1/2 Mal soviel als der ganze Aufwand des Handelsministeriums, die Ausgaben für Munition und Sprengmaterial 72 Millionen, das ist mehr als doppelt soviel wie der ganze Voranschlag des Handelsministeriums betragen.

Nehmen wir nun die Beträge, die im Rahmen des Handelsministeriums für die Gewerbeförderung und Förderung des Fremdenverkehrs ausgeworfen werden, so ergibt sich folgendes Bild: Die Gewerbeförderungsaktion, für welche im Jahre 1931 noch 8,240.000 Kè ausgeworfen waren, wurde im Jahre 1932 auf 6,255.000 Kè und im vorliegenden Voranschlag für 1933 auf 3,125.000 Kè, das ist also fast auf ein Drittel, herabgesetzt. Zur Förderung des Fremdenverkehres, welcher doch einen beachtenswerten Faktor der Außenhandelsbilanz darstellt, wurden im Jahre 1931 noch 2.400.000, im Jahre 1932 1,900.000 und 1 933 nur 1,300.000 Kè verwendet. Dem gegenüber gibt das Außenministerium nur für Zeitschriften und Buchpublikationen, für politischen und wirtschaftlichen Nachrichtendienst, Honorare für Schriftsteller, ungerechnet des besonderen Fonds von 10 Millionen Kè noch 8,180.000 Kè aus, das ist also mehr als die Hälfte des Aufwandes für das Handelsministerium.

Als Unterstützung für die russischen und ukrainischen Emigranten werden dem Außenministerium 3 Millionen Kè zugebilligt, das ist also genau so viel, als für Gewerbeförderung vorgesehen ist. Als Subvention für die Flußschiffahrts-Unternehmungen werden 4 1/2 Millionen Kè bewilligt, das ist also 1 1/2 Mal so viel, als der Aufwand für Gewerbeförderung. Hingegen betragen die Ausgaben für die Wucherämter fast 5 Millionen Kè.

Es ist daher begreiflich, daß diese ungleiche Behandlung des erwerbenden Mittelstandes uns mit tiefer Erbitterung erfüllen muß. Dies umsomehr, als, wie erwähnt, gerade Gewerbe und Handel für diese unproduktiven Ausgaben bis auf den letzten Tropfen ausgepreßt werden.

Die Kürze der uns zur Debatte zur Verfügung stehenden Zeit gestattet leider keine ausführlichere-Analyse des Staatsvoranschlages. Immerhin konnte ich an einigen krassen Beispielen zeigen, daß dieser Voranschlag den Geist der Mittelstandsfeindlichkeit und den Geist der Wirtschaftsfremdheit atmet.

Mit allem Nachdruck muß gefordert werden, daß weit stärker als bisher Rücksicht auf Lebensbedürfnisse der Wirtschaft auch im Finanzministerium herrsche. Die Sicherheit des Staates beruht nicht, um ein bekanntes Wort auszusprechen, "auf der Schärfe der Bajonette", sondern auf der Zufriedenheit der Bürger, die nicht schikaniert und zum Weißbluten gebracht werden dürfen, sondern mit verständnisvollem Wohlwollen behandelt werden müssen.

Nur ein zufriedener, in seinen Lebensnotwendigkeiten respektierter Mittelstand verbürgt, einst wie jetzt, auch die Wohlfahrt des Staates.

Das mögen sich die verantwortlichen Redakteure des Staatsvoranschlages vor Augen halten.

Auf Grund der vorgetragenen Umstände sind wir gemüßigt, dem vorliegenden Staatsvoranschlag unsere Zustimmung zu versagen. (Potlesk.)

2. Øeè posl. Jelinka (viz str. 22 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Es ist wohl das erstemal, daß dem Parlamente ein Voranschlag vorgelegt wird, der nicht ausschließlich vom Finanzministerium, sondern unter Beihilfe von Volksvertretern zusammengestellt wurde. Die Regierung hat sich zu diesem Schritte nicht aus Hochachtung vor dem Parlament, nicht in Verfolgung demokratischer Grundsätze entschlossen, sondern machte aus der Not eine Tugend und übertrug einen Teil der Verantwortung auf die im Siebener-Ausschuß vertretenen Parteien. Die von den Mitgliedern dieses Ausschusses geleistete Arbeit muß anerkannt werden. Mit großer Ausdauer und vielem Fleiße haben sie sich der undankbaren Aufgabe unterzogen und gewiß schweren Herzens die Abzüge bei fast allen Posten vorgenommen. Wenn auch das Gleichgewicht des Voranschlages am Papier hergestellt wurde - der Rechnungsabschluß wird ein anderes Bild aufzeigen - muß doch gesagt werden, daß vom Siebener-Ausschuß nur halbe Arbeit geleistet wurde, denn sie beschränkte sich bloß auf eine Änderung der Ziffern. Ebenso wichtig wäre es gewesen, wenn diesem Ausschuß die Möglichkeit geboten worde wäre, auf Grund der gemachten Erfahrungen eine Änderung des Systems, eine grundlegende Reform auf allen Gebieten der Verwaltung zu erzielen. Die Arbeit des Siebener-Ausschusses möchte ich vergleichen mit dem Vorgehen eines Chirurgen, der einen Schwerkranken vom bösen Übel befreien will. Die Operation gelingt, eine Garantie für eine dauernde Heilung kann aber nicht übernommen werden.

Besonders den Staatsbahnen, diesem Sorgen- und Schmerzenskind des Budgets kann durch Ersparungen allein nicht geholfen werden. Bei diesem staatlichen Unternehmen hilft auch nicht ein einmaliger energischer Anlauf, die Aufstellung eines Programms. Hier handelt es sich um eine durchgreifende, alle Zweige erfassende kontinuierliche Reform. Sowohl Eisenbahn als auch Post wurden gesetzlich zu einem kaufmännischen Unternehmen bestimmt, in Wirklichkeit blieb aber dieses Gesetz wie so viele andere unberücksichtigt - am Papier. Das Kommerzialisierungsgesetz verlangt, daß die Einberufung nichtbeamteter Vertreter der Wirtschaft und zwar ein Drittel erfolge. Das geschieht bis jetzt nicht. Trotzdem diese Frage wiederholt auch von mir im Budgetausschuß angeschnitten wurde, blieb es dabei, daß der Verwaltungsrat ausschließlich aus hohen Beamten des Ministeriums besteht, die zwar ohne Zweifel alle fachmännische Kenntnisse besitzen, denen aberder Kontakt mit der Wirtschaft und ihren Bedürfnissen fehlt und die sich außerdem von ihren bürokratischen und vielfach auch politischen Einflüssen nicht loslösen können. Daß dies dem großen Unternehmen nicht vom Vorteil ist, zeigen uns die Erfolge der letzten Jahre. Ich habe schon während der Verhandlungen im Budgetausschuß im Jahre 1930 gemerkt, daß die breiten Kreise der Volkswirtschaft nicht nur den in der Sache selbst, sondern auch im Gesetze begründeten Anspruch auf eine Vertretung im Ve rwaltungsrat der Eisenbahnen haben, die unser größtes staatliches Wirtschaftsunternehmen bilden. Die seit Jahren an den Tag gelegte Zurückhaltung in der Frage der Bestellung von praktischen Volkswirten ist durch nichts gerechtfertigt. Unter unseren Volkswirten haben wir Köpfe von Ruf, die dank ihrer überragenden kaufmännischen Qualitäten vorzüglich geeignet wären, im Verwaltungsrat der Staatsbahnen die täglichen Wirtschaftsfragen einer raschen und befriedigenden Lösung zuzuführen. Sollen die Staatsbahnen in Wirklichkeit eine kaufmännische Unternehmung sein, dann müssen sie sich auch mit dem kaufmännischen Rüstzeug ausstatten. Kein privater Betrieb verfügt über einen Verwaltungsrat, der sich nur als ein Kollegium seiner Angestellten präsentieren würde. Es wäre sicherlich nicht zum Schaden der Staatsbahnen, wenn in ihrem Verwaltungsrate Vertreter der Kaufmannschaft wären, die für den Dienst der Eisenbahn an der Volkswirtschaft volles Verständnis hätten.

Auch bezüglich der Dezentralisation der Verwaltung wurde schon wiederholt darauf hingewiesen, daß es wünschenswert wäre, den Direktionen eine größere Agenda zuzuweisen, zumal sie in der Lage wären, lokale Bedürfnisse rascher und ohne erst eine langdauernde Korrespondenz mit der Zentrale zu führen, zu erledigen. Es wären Studien über die diesbezüglichen Verhältnisse in Deutschland aufzustellen, besonders über die Stellung, Verantwortung und über die Machtbefugnisse der Eisenbahnbauinspektionen, denen im Durchschnitt dort 400 km zur Betreuung zugewiesen sind, während bei uns schon auf je 100 km eine Bahnerhaltungssektion entfällt.

Daß trotz der ca 40 %tigen Verringerung des Verkehrs der Kohlenbedarf nicht im gleichen Maße gesunken ist, hat seinen Grund wohl darin, daß nach dem Umsturz nur Lokomotiven größerer Type bestellt wurden, die enorme Mengen Heizmaterials benötigen. Es wäre die Einstellung leichterer, schnellaufender Lokomotiven zu veranlassen. In den letzten Tagen erfahren wir, daß dies auch die Absicht der Eisenbahnverwaltung ist, ob aber bei der Streichung jeder Investition die hiezu nötigen Mittel nicht fehlen werden, ist sehr fraglich, und doch müssen wir, wenn der Verkehr aufrechterhalten werden, nicht vollständig verkümmern soll, raschfahrende leichte Typen einstellen. Heute zeigen sich die Folgen der seitens der Einsenbahnverwaltung vollständig verkannten Bedeutung des Autos, das längst kein Luxusartikel, sondern ein von der Bevölkerung mit Recht sehr geschätztes rasches Beförderungsmittel geworden ist, das der Eisenbahn, wie wir sehen, die schärfste Konkurrenz macht, die nur durch Einschaltung raschfahrender Züge und Ermäßigung der Fahrpreise teilweise wettgemacht werden kann.

Mit dem neuen Automobilgesetz wird den Bahnen nicht geholfen. Sie werden, wie dies hierzulande schon Gewohnheit ist, neuerlich eine Industrie erschlagen, hiedurch aber die Bahnen nicht sanieren.

Nicht nur die Automobilindustrie, sondern alle damit zusammenhängenden Gewerbe, Tischler, Lackierer, die Gummiindustrie wird lahmgelegt, tausende neue Arbeitslose werden dem Staate zur Last fallen und eine bedeutende Steuerquelle wird durch ihr Verschulden versiegen.

Es ist unrationell, daß die Erneuerung des Oberbaues stückweise und an vielen Stellen des ga nzen Netzes anstatt daß die Auswechslung linienweise vorgenommen wird, wodurch erreicht würde, daß in der Erhaltung Ersparnisse erzielt würden und wobei auch das neue Material unter Einführung der ihm entsprechenden Geschwindigkeiten voll ausgenützt werden könnte. Bei dem derzeit üblichen Flicksystem ist der Betrieb verlustreich deshalb, weil die zuerst verlegten Teilstrecken schon eine bedeutende Abnützung aufweisen werden, ehe die letzten Partien Altmaterial zur Auswechslung gelangen so, daß niemals eine größere zusammenhängende Linie mit wirklichem Neumaterial versehen sein wird, welches die Ausnützung der ihm entsprechenden Höchstgeschwindigkeit zulassen würde.

Von meinem mährischen Standpunkte aus, würde ich, wie ich es schon in früheren Jahren getan habe, folgende Forderungen speziell an das Eisenbahnministerium stellen: Das wäre die endliche Herstellung eines Bahnhofes in Brünn, der wie die Herren namentlich von der Regierung wissen, den heutigen Anforderungen in keiner Weise entspricht und ich glaube, daß man nicht neuerlich ein großes Unglück abwarten will, um endlich in diesem Belange eine Änderung herbeizuführen. Die zweite Angelegenheit ist der Bau des zweiten Geleises der Strecke Lundenburg-Brünn. Auch dies ist eine Angelegenheit, welche jährlich hier zur Sprache kommt, Man hat mit Rücksicht auf die Streichung der Geldmittel den weiteren Ausbau dieses Geleises unterlassen und doch wird jeder Fachmann zugeben, wie unendlich ein Bau verteuert wird, wenn inmitten der Arbeiten stehen geblieben und später wieder begonnen wird. Ich habe mich im Vorjahre an den Eisenbahnminister mit der Bitte gewendet, er möge gütigst veranlassen, daß eine bessere Eisenbahnverbindung zwischen Brünn, Nordmähren und Schlesien platzgreift. Der Herr Eisenbahnminister hatte die Güte, mir zu antworten, daß der Verkehr auf dieser Strecke ziemlich gering ist, so daß die Einstellung eines eigenen Zuges nicht dafür steht. Nun liegt an dieser Strecke eine ganze Reihe von Kurorten und Sommerfrischen, die von Süd- und Mittelmähren aus besucht werden und mit Rücksicht darauf, daß man beispielsweise von Brünn nach Gräfenberg dreimal umsteigen muß und dies für die kranken Menschen keine besondere Annehmlichkeit ist, ist der Verkehr gering, weil eben die Verbindung schlecht ist. Ich würde dringend wünschen, daß hier Abhilfe geschaffen wird und daß eventuell nur für die Sommermonate ein Wagenpaar von Brünn nach Nordmähren eingeschaltet wird.

Bei dieser Gelegenheit würde ich die Regierung auffordern, dem Fremdenverkehr eine größere Berücksichtigung angedeihen zu lassen als bisher. Aus der Rede des Koll. Eckert, der als erster in der Budgetdebatte gesprochen hat, erfuhren wir, welche große Summen der Fremdenverkehr in die nordwestlichen Badeorte bringt und es wäre möglich, daß auch dann, wenn eine entsprechende Erleichterung im Verkehr, eine Ermäßigung der Preise eintreten würde, in den anderen Gegenden ein Fremdenverkehr entstehen würde, der gewiß nur zur Besserung der Lage in den betreffenden Gegenden gereichen würde.

Anläßlich des Beginnes der Bauarbeiten an der Talsperre bei Frain, habe ich bei der Budgetdebatte im Jahre 1930 auf verschiedene mit diesem Bau im Zusammenhange stehende Erfordernisse und Maßnahmen aufmerksam gemacht, deren Berücksichtigung damals auch zugesagt wurde. Seit dieser Zeit hörte man nichts mehr, es wurde ruhig gearbeitet, und alles schien in bester Ordnung, bis die erste Überraschung eingetreten ist. Die Überschreitung des Voranschlages umfaßt 50 %, hat nicht nur enttäuscht, sondern scheinbar auch etwas ernüchtert und vielleicht das eine Gute gehabt, daß man sich an verschiedenen maßgebenden Stellen erinnerte, daß in Frain so etwas wie eine Talsperre gebaut wird. Was die zur Prüfung, bzw. Untersuchung der Kostenüberschreitungen wiederholt geführten Kommissionen für einen Erfolg hatten, wird wohl nie ganz ans Tageslicht kommen und aus den verschiedenen sehr verschwommenen Erklärungen wird bloß von teueren Maschinen und geologischen Ûberraschungen gesprochen.

Da anläßlich der Kostenüberschreitung naturgemäß auch verschiedene sonstige Deutungen in der Öffentlichkeit zur Besprechung gelangen, insbesondere auch dahin gehen, ob die Anlage überhaupt notwendig und zweckmäßig war, kann ich wie vor drei Jahren nur neuerlich feststellen, daß dieser längst fällig gewesene Bau der Frainer Talsperre um den über ein Vierteljahrhundert gekämpft werden mußte, nach wie vor ein Kulturpostulat für das an öffentlichen Bauten sowieso vollständig vernachlässigte Südmähren darstellt, daß die Bedeutung der Anlage vom öffentlichen, volkswirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkte aus von jedem, der die Verhältnisse kennt, anerkannt werden muß, und daß deren Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit außer allem Zweifel ist. Aus der Fertigstellung und Inbetriebnahme des Werkes erwartet man nicht nur eine zweckmäßige Melioration, sondern auch eine angemessene Preisregulierung in der südmährischen Elektrizitätswirtschaft. Inwieweit diese Erwartungen erfüllt werden, hängt natürlich von den Wirtschaftsführern des zukünftigen Betriebes ab und ist nur zu hoffen, daß hiefür bessere Grundlagen gegeben sind, als für die Berechnung der Baukosten.


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