Ich stelle fest, daß die Landwirtschaft bis heute keinen Heller an billigen Krediten bekommen hat. Das heutige Gesetz, so gut es gemeint ist, kommt vielfach zu spät. Denn als vor 2 Monaten die Nachricht durchsickerte, an einem solchen Gesetz, an einem Moratorium für Kleinlandwirte werde gearbeitet, haben sich gewisse Kassen bemüht, gegen sie exekutiv vorzugehen. Wenn der Gesetzesantrag endlich einmal Gesetzeskraft haben wird, wird es für viele zu spät sein und es besteht die Gefahr, daß man das Geld solchen Leuten geben wird, die keinen Anspruch haben, vielleicht irgendwelchen verkrachten Restgutsbesitzern.
Wenn Sie die Landwirte draußen fragen, ob sie mit den Preisen zufrieden wären, die sie bekommen, hören wir: Jawohl, wir wären schon zufrieden, wenn auch die Steuern und die Industrieartikel hinuntergingen. Da müssen wir wieder feststellen, daß die Regierung, in der doch die Agrarier eine Großmacht sind, für die Landwirte das eine getan hat, daß allmonatlich mindestens ein Gesetz herauskam, das die Steuern erhöhte, die Gebühren erhöhte, die Bahntarife erhöhte, kurz und gut: die Lage der Landwirtschaft wurde von Monat zu Monat durch Gesetze dieser Regierung verschlechtert. Abgesehen davon, daß diese Steuern von den Leuten in einer Form eingetrieben werden, die einfach unglaublich und unerhört ist.
Meine Herren! Die letzten Berichte über den Großhandelsindex zum 1. Mai dieses Jahres zeigen uns, daß der Großhandelsindex für Nahrungsmittel auf 95 steht, für Industrieartikel aber auf 104. Wir geben gerne zu, daß viele Industrieartikel im Preise stark gesunken sind. Aber gerade jene Industrieartikel, die der Bauer braucht, sind im Preise fast nicht gefallen, weil sie von Kartellen erzeugt werden. Die Regierung hat bis heute nicht den Mut gefunden, gegen die Kartelle energisch vorzugehen.
Der Zwischenhandel hat ohne Zweifel wichtige Funktionen zu erfüllen, es geht aber nicht an, daß von diesem Distributionsprozeß mehr Gelder verschlungen werden als der Landwirt erhält. Man hat im Frieden gesagt: Wenn man in einem Geschäft für 100 Friedenskronen inländische Lebensmittel einkauft, bleiben davon 70 K dem Landwirt. Heute liegen die Verhältnisse wesentlich anders. Wenn man heute für 100 Èechenkronen inländische Lebensmittel einkauft, erhält der Landwirt bestimmt weitaus weniger als 70 Kè. Ich will nicht dem Handel die alleinige Schuld geben. Es ist Tatsache, daß die Bahnfrachten und die Steuern wesentlich erhöht wurden, so daß heute der Landwirt perzentuel bedeutend weniger bekommt als im Frieden.
Es wird aber nicht nur sehr viel von einer Agrarhilfe geredet, sondern auch von der Überwindung der Massenarbeitslosigkeit. Wenn man die Unternehmer fragt, wie sie sich denn die Lösung der heutigen Krise denken, sagen die meisten von ihnen, die Löhne müssen abgebaut werden. Dieser Anschauung sind wir nicht wir sagen: Der Arbeiter muß soviel verdienen, daß er menschenwürdig leben kann. Wenn er noch weniger erhält als heute, so verlieren die Landwirte den wichtigsten Konsumenten für ihre Produkte. Ich muß auch darauf aufmerksam machen, daß durch neue Lohnkürzungen die Arbeiterschaft noch mehr radikalisiert wird.
Das zweite, was vorgeschlagen wird: Abbau der sozialen Lasten. Wir geben zu, daß die sogenannten sozialen Lasten sehr drükkend sind. Aber wir müssen doch fragen: Wieso sind diese Ausgaben so hoch? Wir machen darauf aufmerksam, daß die Regie vieler sozialer Anstalten außerordentlich hoch ist. Es ist doch Tatsache, daß heute in den Krankenversicherungsanstalten weit weniger Arbeiter versichert sind als vor 4 bis 5 Jahren. Und doch gibt es in manchen Krankenkassen heute mehr Beamte als damals. Wir wissen alle, daß die Gehälter aller Staatsbeamten gekürzt wurden. Aber es ist auch Tatsache, daß sich speziell die Direktoren der Krankenkassen gewehet haben, mit Händen und Füßen, daß man auch ihnen etwas wegnimmt, obwohl diese Leute von blutigen Arbeiterkreuzern bezahlt werden. Vor Jahren wurden für manche Krankenkassen direkt Paläste errichtet und zwar von ausgeborgtem Geld, das jetzt zurückgezahlt werden muß. Man spricht auch davon, die Renten der Arbeiter sollen herabgesetzt werden. Darauf sagen wir: Fangen wir erst einmal bei den Steuern an zu sparen, ermäßigen wir zuerst die Steuern und dann die sozialen Ausgaben.
Ein sehr wichtiges Problem ist heute die Vierzig-Stunden-Woche. Die Arbeiterschaft will in 40 Wochenstunden soviel verdienen, wie heute in 48. (Posl. dr Luschka; In Wirklichkeit sind sie schon froh, wenn sie nur für 40 Stunden verdienen können!) Wollen wir das Problem im Allgemeinen behandeln, so müssen wir feststellen, daß heute die Arbeiter infolge der Rationalisierung anstrengendere Arbeit haben als früher und daß die Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeit an sich vollkommen gerecht ist.
Für den kleinen Landwirt und Gewerbetreibenden ist die 40-Stunden-Woche momentan nicht diskutabel. Die allgemeine 40-Stunden-Woche ist nur in Zeiten des Aufstieges durchführbar, niemals in Zeiten der Krise, wie wir sie heute haben. Wir fügen hinzu, daß in einem Teile der Fabriken bei uns die 40-Stunden-Woche ohne weiters schon jetzt eingeführt werden könnte, z. B. in den Tabakfabriken oder in jenen Fabriken, die durch Kartelle so geschützt sind, daß sie überhaupt keine Konkurrenz zu spüren haben - denken Sie nur an die großen Zement- und Eisenfabriken. Bevor die 40-Stunden-Woche durchgeführt wird, muß daran gegangen werden, das Überstundenwesen radikal einzuschränken und es muß auch dafür gesorgt werden, daß ein Gesetz herauskommt, das die Frage des Doppelverdienertums regelt.
Die Arbeiter sehen heute in den Lebensmittelkarten mehr oder weniger Almosen, sie wollen statt dieser Karten Arbeit haben. Für uns ist die produktive Arbeitslosenfür sorge nicht nur ein wichtiges soziales, sondern auch ein wichtiges nationales Problem. Die Deutschen machen etwa 25 % der Bevölkerung aus, bei den Arbeitslosen aber kann man sagen 50 % und noch mehr. Deswegen verlangen wir, daß alles unternommen wird, um möglichst viel Straßen, Flußbauten, Meliorationen usw. durchzuführen, damit ein großer Teil der heute Arbeitslosen wieder eingestellt werden kann.
In der letzten Zeit wurde da und dort die Ansicht vertreten, daß die Baubewegung nicht mehr weiter zu fördern sei, daß schon genug gebaut worden sei. Wir können dem nicht zustimmen. Wir sagen: Gerade die Förderung der Baubewegung ist das wichtigste Mittel, um die Arbeitslosigkeit zu mildern. Wir werden in der nächsten Zeit Gelegenheit haben, über dieses Problem ausführlich zu sprechen. Ich will jetzt nur drei Punkte erwähnen: Bisher war es möglich, Bauplätze zu enteignen, aber zu einem Preis, der orts blich ist. Es ist besonders in den großen Städten vorgekommen, daß die Leute ihren Bauplatz liegen ließen und dann dafür horrende Summen bekommen haben. Wir glauben, daß es vollkommen gerecht wäre, wenn in gewissen Fällen das Recht erteilt würde, die Bauplätze zu einem viel niedrigeren Preis und nicht zu einem Spekulationspreis zu enteignen. Dann verlangen wir, daß gewisse Baumaterialien, die heute durch Kartelle gebunden sind, z. B. Zement und Eisen, endlich radikal im Preise herabgesetzt werden. Es ist traurig, daß Baa das Eisen, das er für seine Bauten braucht, aus Belgien bezieht, weil es in der Èechoslovakei bedeutend höher ist als in Belgien und im Deutschen Reich.
Mit aller Kraft müssen wir dafür sorgen, daß die Siedlungsbewegung unterstützt wird. Es ist doch klar, daß es unmöglich sein wird, daß alle Arbeiter in der Zukunft in den Fabriken Beschäftigung finden werden. Ein Teil dieser Arbeiter wird umsatteln müssen. Wir werden es erschweren müssen, daß Tausende von Leuten vom Land heute noch in die Stadt ziehen. Wir können das nicht verbieten, aber wir können dafür sorgen, daß das Landproletariat wieder selbständig wird, daß es zum Kleinbauern aufsteigt. Auf der anderen Seite müssen wir dafür sorgen, daß die Arbeiter, die in der Stadt wohnen und Lust und Liebe zur Landwirtschaft haben, die Möglichkeit erhalten, wieder aufs Land zu übersiedeln und dort Eigenheime und eigene Wirtschaften aufbauen. Wenn man uns sagt, jetzt nach der Bodenreform sei kein Boden mehr vorhanden, so widersprechen wir dem. Der Staat hat bei uns ungeheure Domänen. Im Rechnungsabschluß werden Sie finden, daß der Staat keinen Reingewinn ausweist, während er andererseits vom Landwirt verlangt, daß er pro Hektar - auch in den schlechtesten Jahren - einen Reingewinn von 1.000 Kronen haben muß und dementsprechend wird auch der Landwirt besteuert. Wenn man diesen großen Grundbesitz und auch zum Teil die Restgüter den kleinen Leuten gäbe, so würden diese aus dem Boden vielmehr herausarbeiten und der Staat bekäme Steuern, während er von diesem Grundbesitz nichts bekommt, sondern im Gegenteil oft noch draufzahlen muß. Wir glauben, daß auch die Finanzierung nicht unmöglich wäre. Wir wissen nicht, ob die Regierung, bzw. die Nationalbank von der Ermächtigung des vorliegenden Gesetzes Gebrauch machen und mehr Geldmittel herausgeben wird, aber nehmen wir an, es würden für eine halbe Milliarde neue Geldmittel herausgegeben, so wäre es doch wirklich sozial, wenn man diese Geldmittel dazu verwenden würde, die Siedlungsbewegung zu finanzieren. Mit einem Betrag von einer halben Milliarde Kronen könnte man in einem Jahr zehntausend solcher Siedlungen finanzieren. Es ist in Deutschland gegangen und auch in anderen Staaten und es muß auch bei gutem Willen bei uns gehen.
Mit vollem Recht klagt auch das Gewerbe darüber, daß es darnieder liegt. Es leidet nicht nur unter der allgemeinen Wirtschaftskrise, sondern es wird auch ungeheuer übersteuert. Besonders das letzte Umsatzsteuergesetz wirkt sich im Gewerbestand verheerend aus. Wir müssen darauf aufmerksam machen, daß von den Steuerämtern gegenüber den Gewerbetreibenden in einer Weise vorgegangen wird, die einfach unglaublich ist. Man muß schon von einem Steuersadismus sprechen.
Die Festangestellten wurden in letzter Zeit durch die Mitteilung beunruhigt, daß neue Gehaltskürzungen erwogen werden. Wir geben zu, daß die Gehälter und Pensionen den Staatshaushalt übermäßig belasten. Aber sind denn wir schuld, daß wir heute 72 Sektionschefs haben, während das alte große Österreich mit 43 ausgekommen ist? Sind wir schuld, daß wir 272 Ministerialräte haben, während das alte große Österreich nur 162 hatte? Sind wir schuld, daß Zehntausende zwangsweise pensioniert wurden von Leuten, die heute auf der Ministerbank sitzen? Unsere Vertreter haben damals, als es Zeit war, gewarnt und gewarnt, man hat auf diese Warnungen nichts gegeben und heute sieht man, daß die Warnungen unserer Parlamentskollegen vom Jahre 1920 und 1921 richtig waren und daß sie im Interesse des Staates gelegen waren. Der Fiskus muß, bevor man an einen Gehaltsabbau denkt, dort sparen, wo gespart werden kann. Wir verweisen darauf, daß der damalige Landesverteidigungsminister Udržal im Jahre 1926 erklärt hat, die 14monatige Dienstzeit werde spätestens in drei Jahren eingeführt werden, das wäre im Jahre 1929 gewesen. Tatsächlich wird die 14monatige Dienstzeit erst vom Jahre 1934 an durchgeführt. Wenn man die 14monatige Dienstzeit sofort einführen würde, so würde die Ersparnis viele Hunderte Millionen Kronen ausmachen. Wenn man weiter an den überflüssigen Schulpalästen, an der riesigen Propaganda des Außenministeriums und manchem anderen sparen würde, so würde man Quellen finden, aus denen genug Geld geschöpft werden könnte.
Ich begreife nicht, daß man dem Deutschen Reich nur eines nachgemacht hat, den Befehlsstaat bei der Eisenbahn. Es wäre von dort noch manches andere zu lernen. Nicht nur in Deutschland, auch bei uns gibt es "Patrioten", die ungeheuere Summen ins Ausland geschafft haben. Es ist Tatsache, daß für èechoslovakische Staatsangehörige riesige Geldsummen in der Schweiz und in Frankreich liegen, daß die Leute für das Geld nicht nur keine Zinsen bekommen, sondern bei manchen Banken sogar noch Beträge zahlen müssen. In Deutschland hat man gesagt, das ist nichts anderes als Vaterlandsverrat und man hat diesen Kapitalisten riesige Steuern aufdiktiert. Ich frage: Warum macht man das bei uns nicht? Da liegen Hunderte Millionen auf der Straße.
Die Regierung nimmt zu den grundsätzlichen Fragen entweder gar keine oder eine zwiespältige Stellung. Das ist auch in der Frage Deflation oder Inflation zu sehen. Unsere Partei hat wiederholt erklärt, daß wir die Inflation ablehnen. Wenn man darauf verweist, daß England durch die Inflation zu neuem Wohlstand gekommen ist, so sagen wir: England mit seiner ungeheueren Ausdehnung läßt sich mit der kleinen Èechoslovakei überhaupt nicht vergleichen. Abgesehen davon, daß diese Wiederbelebung der englischen Wirtschaft auch darauf zurückzuführen ist, daß um das englische Weltreich eine kleine Zollmauer errichtet worden ist. England mit seinen ungeheueren Machtmitteln konnte es sich leisten, das Pfund um ein Drittel fallen zu lassen. Die Èechoslovakei aber ist nicht imstande zu sagen, wir lassen die Krone bis dorthin und dorthin fallen. Es besteht bei uns die ungeheuere Gefahr, daß die Krone so sinken könnte, wie in Deutschland und Österreich die Mark, beziehungsweise die österreichische Krone gefallen ist. Und was würde dann mit den Geldern geschehen, die in den Sparkassen, in der Zentralsozialversicherungsanstalt liegen? Wenn es zu einer neuen Inflation käme, wäre jeder Sparwille ertötet. Wenn kein Geld in den Kassen ist, kann auch niemand etwas ausborgen, die ganze Wirtschaft würde lahmgelegt werden. Das Ende vom Lied wäre das Chaos, auf dessen Trümmern der Bolschewismus in die Höhe käme. Aus diesen Gründen haben wir auch als Oppositionspartei die Inflation abgelehnt.
Die Regierung und die Nationalbank sagen immer wieder, auch wir lehnen die Inflation ab. Aber dabei tut die Regierung etwas, was wohl keine Inflation ist - wie das heutige Gesetz - aber sie erreicht mit dem Gesetze das Eine, daß viele im In- und im Auslande es mißdeuten und es für Inflation halten. Ich sehe wohl in einer mäßigen Erhöhung der Banknoten oder in einer niedrigeren Deckung durch Gold und Devisen keine Gefahr, aber in dem Staate hier, wo überhaupt keine richtige Regierung ist, wo die Regierung überhaupt kein Programm hat, liegen die Verhältnisse anders. Viele Leute - und ich kann ruhig sagen, es ist dies vor allem die èechische Bevölkerung - sagen sich, wenn z. B. die Banknoten vermehrt werden oder der Devisenbestand sinkt, wird in paar Monaten die èechische Krone unten sein. Das hätte die Regierung vom psychologischen Standpunkte aus ins Kalkül ziehen müssen. Die Leute, besonders in den èechischen Gegenden, hamstern heute die Geldmittel, die Folge ist, daß viele Kassen große Beträge parat halten, weil sie nicht wissen, was geschieht, und eine andere Folge ist, daß viele Gewerbetreibende, Landwirte, die dringend Geld brauchen, von einer Kassa zur anderen laufen und überall abgewiesen werden, auch wenn es sich um kleine Beträge handelt.
Die Regierung muß sich über ihre Wege klar werden und sie der Bevölkerung mitteilen, damit Ruhe in die Bevölkerung kommt.
Der Großhandelsindex ist heute in den meisten Staaten auf der Friedensparität angelangt. Wenn wir nur die letzten Jahre betrachten (von 1929 bis heute), so sehen wir, daß der Großhandelsindex sehr gesunken ist; in Frankreich von 124 auf 85, in Italien von 121 auf 86, in Ungarn von 122 auf 99, im Deutschen Reich von 137 auf 100, in Österreich von 130 auf 113, in der Schweiz von 141 auf 100 und in der Èechoslovakei von 121 auf 101. Wir müssen uns zuerst die Frage vorlegen, ob wir diese Deflation weiter treiben wollen und bis wohin wir sie treiben wollen. Wir geben zu, solange die Deflation anhält, wird sich jeder sagen, da warte ich mit Investitionen, bis es noch billiger wird. Wenn die Deflation weitergeht, ist das eine sicher: daß die Investitionstätigkeit stark gebremst wird. Voraussetzung einer neuen Epoche wäre, daß zuerst eine allgemeine Beruhigung in der ganzen Welt eintritt. Diese Beruhigung kann nur eintreten, wenn die maßgebenden Führer der Welt sagen, daß alle Kriegsschulden gestrichen werden müssen. Brüning hat am 11. Mai sehr richtig gesagt: "Wenn alle politischen Schulden gestrichen sind, wird jedes Land reicher sein als vorher." Dann müssen wir trachten, daß gewisse Industrieartikel billiger werden, daß die Abgaben ermäßigt werden, daß aber dann die Deflation abgestoppt werde. Eine gesunde Basis für die neue Wirtschaft würde dadurch geschaffen werden, daß der Diskont der èechischen Nationalbank ermäßigt wird. Es ist interessant, daß am 25. Feber die Bankrate der Londoner Nationalbank 6 % betrug, seit einigen Wochen ist sie auf 2 1/2% ermäßigt, und keinem Kapitalisten fällt es ein, aus England sein Geld abzuziehen, weil die Bankrate nur 2.5 beträgt. Aber es fällt auch keinem Kapitalisten ein, sein Geld nach Griechenland zu schicken, weil dort die Bankrate 11% ist. Der Kapitalist sagt sich, ich gebe das Geld lieber dorthin, wo ich weniger Zins bekomme, wo es aber sicher ist. Wir haben eine Bankrate von 6%, Budapest von 7% und Madrid von 6 1/2 %. Diese Gegenüberstellung mit Budapest und Madrid zeigt uns doch, daß das für uns eine Beschämung ist, wenn unsere Bankrate heute noch so hoch ist, und daß es eine Selbstverständlichkeit ist, daß die Bankrate auch bei uns herabgesetzt werde. Die nächste Folge müßte sein, daß selbstverständlich auch der Zinsfuß für Schulden herabgesetzt werde, aber auch der Zinsfuß für Einlagen. Denn wenn heute einer 5 % für seine Einlage bekommt und er bekam vor 4 Jahren auch 5%, so kann er sich heute mit den Zinsen mehr kaufen wie damals. Ich glaube, es würde kein Vernünftiger etwas einwenden können, wenn beide Arten von Zinsfuß, sowohl der für die Schulden, wie der für die Einlagen, ermäßigt würde.
Eines ist uns klar geworden in den letzten Jahren, trotz all den Versprechungen, daß wir uns zunächst selbst helfen müssen. Darüber hinaus müssen sich alle Staaten zusammenschließen, die aufeinander angewiesen sind. Im Vorjahre wurde ein großer Vorschlag gemacht, die Zollunion zwischen Deutschland und Österrreich. Es ist traurig, daß ausgerechnet die Prager Regierung in erster Linie diese Zollunion verhindert hat. Wir sind davon überzeugt, daß sich an diese Zollunion zwischen Österreich und Deutschland bald andere Staaten angeschlossen hätten und daß, wenn diese Zollunion geglückt wäre, das Elend heute nicht so groß wäre, wie es ist. Wenn diese Abgeschlossenheit weiter so geht wie bisher, wird und muß das Elend dieser Staaten noch größer werden als es ist. Vor einigen Wochen hat Minister Beneš auf der Tagung der Außenminister der Kleinen Entente folgendes Wort geprägt: "Die Hauptsache ist, daß wir einen Plan haben, und daß wir wissen, was wir wollen." Ich glaube, wir alle haben die feste Ûberzeugung, daß die Herren da oben keinen Plan haben und daß sie nicht wissen, was sie wollen. Es ist traurig, daß seit Jahren immer wieder Pläne geschmiedet werden. Denken Sie an Sinaia, an den Tardieu-Plan, an den Beneš-Plan, und daß wir heute zerrissener sind als früher. Die Staatsmänner müssen sich sagen, daß wir zu einem Schlusse kommen müssen. Gerade dieser zitierte Beschluß zeigt uns, daß die Herren auch nicht einmal die Konturen eines Planes haben.
Zu einer Regierung, die planlos
wirtschaftet und deren Ministerpräsident sich dessen sogar noch
rühmt; zu einer Regierung, die nach 2 1/2 Jahren Redens und Streitens
erst jetzt mit der Arbeit beginnen will; zu dieser Regierung haben
wir kein Vertrauen und wir können daher, obwohl uns am Kleingeldgesetz
manches sympathisch ist, aus politischen Gründen für dieses Gesetz
nicht stimmen. (Potlesk.)
Sehr geehrte Herren! Um von Anfang an jedem Mißverständnis vorzubeugen, muß ich namens meiner Partei erklären, daß, obgleich diese Vorlage, die eben in Verhandlung steht, manche sympathische Züge aufweist, doch meine Partei nicht in der Lage ist, für sie zu stimmen, weil sie einmal eine ganze Reihe von Bestimmungen enthält, welche sozusagen das Gute, das in ihr enthalten ist, sofort wieder zunichte machen und weil sie das andere Mal im ganzen und großen den Endzweck hat, der Regierung Mittel für ihre Amtstätigkeit zur Verfügung zu stellen. Wenn aber eine Partei dieses gutheißt, für eine solche Vorlage stimmt, so bedeutet das nichts mehr und nichts weniger, als daß sie der Regierung das Vertrauen, wenn auch nur indirekt ausdrückt, und dazu fühlen wir uns weder verpflichtet, noch weniger berufen und infolgedessen werden wir gegen das Gesetz stimmen.
Die Gesetzesvorlage benützt einen Zeitpunkt in der heutigen Wirtschaftskrise, um Bestimmungen zu beantragen, die gewiß geeignet sind, eine gewisse Erleichterung in der Wirtschaft zu bringen, andererseits aber müssen wir gleich vom Anfang bemängeln, daß sie sich ein derartig unschuldiges Gewand anzieht, daß es bei einem unvoreingenommenen Lesen scheint, als ob die Wi rtschaftsverhältnisse hier vollkommen intakt wären und als ob nichts in dieser Richtung zu bemerken wäre. Die Vorlage kleidet sich in ein unschuldiges Gewand, unsere Aufgabe ist es aber, diesen Hintergrund aufzuzeigen und sie in den Rahmen zurückzudrücken, in den sie hineingehört. Es ist doch nicht zu leugnen, daß wir in ungemein schlechten Wirtschaftsverhältnissen leben und daß gerade die Frage des Geldes eine der dringendsten der heutigen Zeit ist. Hat sich doch die gesamte Wirtschaftskrise, die ursprünglich eine Produktionskrise war, heute bereits zu einer Kreditund Geldkrise ausgewirkt und daher müssen unwillkürlich alle Dinge, die mit dem Geld irgendwie in Verbindung stehen und Gegenstand gesetzlicher oder Regierungsmaßnahmen sind, die Sprache darauf lenken, wie es eigentlich bei uns bestellt ist. Ich möchte aber zunächst dem Wunsche eines großen Teiles unserer Wählerschaft Ausdruck geben, welcher dahingeht, daß sie mit Recht verlangt, daß sie wenigstens für die Zukunft eine gewisse Klarheit bekommt. Sind die wirtschaftlichen Verhältnisse schon in Gegenwart und Vergangenheit recht trübe, so gibt es doch eine ganze Menge Quellen, aus denen immer wieder vernommen wird, daß die künftigen Verhältnisse noch trüber sein sollen. Man spricht von Plänen des Herrn Finanzministers, Plänen weiterer und näherer Art, vom ersten Finanzplan, zweiten Finanzplan, kein Mensch weiß, was eigentlich dahinter verborgen ist. Deshalb wäre es von großer Bedeutung, wenn sich der Herr Finanzminister aufraffen würde, im Laufe oder wenigstens am Schlusse dieser Debatte den Schleier über das zu lüften, was er in dieser Richtung in Zukunft noch zu tun gedenkt. (Posl. Geyer: Das wird er erst nach dem Sokolkongreß machen!) Das ist es eben, was wir verhindern wollen, wir wollen Klarheit haben und es wäre schon aus ökonomischen Gründen besser, wenn man all das mit in dieser Debatte hätte vereinigen können, mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Zeit, in der wir uns befinden.
Denn weite Kreise des Wirtschaftslebens werden durch die künftigen Maßnahmen der Regierung zweifellos tangiert und alle, die es trifft, sind von der einen Furcht beseelt, daß sie durch diese Maßnahmen des Herrn Finan zministers noch tiefer in das wirtschaftliche Elend hineingerissen werden.
Es sind auch andere Aufklärungen notwendig, so z. B. wäre manches darüber zu sagen, wo ein Teil der französischen Anleihe geblieben ist. Von den 900 Millionen, die sie angeblich wert war, sind nur 600 Millionen bis nach Prag gelangt. Wo ist der Rest geblieben? Wir haben begründete Bedenken, daß dieser Rest doch dazu verwendet wird, um die Aktien des Herrn Schneider-Creuzot irgendwie zu honorieren. Wir haben ein Interesse und wohl auch ein Recht zu erfahren, was da alles geschehen ist.
Wenn wir uns mit dem Gesetz selbst und seinem Hintergrund befassen, so tritt an uns zuerst die Frage heran: Ist diese Vorlage ein Schritt zur Inflation oder Deflation und wie stellen wir uns dazu? Der Herr Finanzminister Engliš hat einmal nach meiner Ansicht ganz richtig gesagt: "Entweder muß in der heutigen Zeit die Krone herunter oder es müssen die Löhne herunter". Ich muß schon sagen, von meinem Standpunkt ist es mir sympathischer, daß die Krone heruntergeht. Wenn die Krone sinkt, dann spricht man von Inflation. Da könnte ich die Frage auch so formulieren: "Wird durch dieses Kleingeldgesetz eine Inflation der Währung herbeigeführt oder nicht?" Im großen ganzen kann man es wohl verneinen, aber ein gewisses kleines Inflatiönchen werden wir dadurch doch bekommen und nach meiner Ansicht wird das nicht einmal schlecht sein. Es hat keinen Zweck, unsere Währung so hoch zu halten, ich werde darauf noch zu sprechen kommen, es wäre besser, wenn schon lange der Stand der Krone nicht gar so hoch in die Höhe getrieben worden wäre, besser gesagt, sich automatisch gehoben hätte, sondern an einem Pu nkt Halt gemacht hätte, der beiläufig dort liegt, wo die Krone mit ihrem inneren Wert vor drei Jahren gestanden ist. Das, was in den drei Jahren auch das èechoslovakische Geld an Wert zugenommen hat in der internationalen Kaufkraft, ist keinem Ereignis zuzuschreiben, das sich hierzulande abgespielt hat, sondern einfach der mechanischmonetären Tatsache, daß das Gold an Wert gewonnen hat und daß somit alle Währungen, die starr an Gold gebunden sind, diese Wertsteigerung mitgemacht haben. Um diesen Wert ist der Gläubiger reicher und der Schuldner ärmer geworden, ohne daß er es natürlich weiß. Erst wenn er zum Zahlen kommt, wird er manches gewahr und es wird niemandem, weder dem Sparer, noch dem Gläubiger, noch dem Schuldner, noch dem Lohnempfänger ein Unrecht geschehen, wenn man imstande wäre, den Schritt, den man vorwärts gemacht hat, wieder zurückzugehen. Wissen wir doch ganz genau, daß eine drr Hauptursachen der heutigen Wirtschaftskrise von der Währungsseite kommt und daß es heute schon eine allgemein verbreitete Wissenschaft ist, daß das derzeitige Währungsmetall Gold nicht mehr in der Lage ist, seine Funktion zu erfüllen, weil es nicht mehr Tauschmittel ist, sondern auf Abwege geraten ist, allerdings nicht durch die Wirtschaft, sondern durch die Politik, die in letzter Zeit insesondere seitens der Weststaaten und Frankreichs in verfehlter Weise betrieben wurde. Dadurch, daß sich die Politik der Wi rtschaft als Waffe bedient hat und diese Waffe mißbraucht hat, dadurch ist all das mit entstanden und wenn wir noch einige Zeit ruhiger Entwicklung vor uns haben sollten, was ich allerdings sehr zu bezweifeln mir erlaube, so bin ich überzeugt, daß die Wirtschaftskrise von der Währungsseite wird angegangen und liquidiert werden. Wie das geschieht, kann man sich heute natürlich nicht recht vorstellen, aber daß all das nicht von einem Staat allein gemacht wird, vor allem nicht ein kleiner Staat den ersten Schritt tun kann, sondern daß alle, besonders die Weststaaten, miteinander zusammengehen müssen, ist klar. Das setzzt allerdings voraus, daß die geistige Verfassung der Welt eine ganz andere wird als heute, und da das nicht zu erwarten ist, so sind auch alle Hoffnungen vergebens, die man daran knüpft. So ist uns leider Gottes nichts anderes beschieden, als daß wir in dies em Sumpf mitwaten und uns mit kleinen Maßna hmen begnügen müss en, ich möchte sagen, das größte Elend zu bessern, soweit es überhaupt geht. (Posl. dr Schollich: Du wirst Dir doch nicht den Kopf über die èechoslovakische Zukunft zerbrechen!) Das werde ich nicht, aber ich muß auch denken, daß die Wirtschaft unserer Sudetendeutschen zum Teil mit in den Sumpf hineingezogen wird, daß es eine eigene sudetendeutsche Wirtschaftskrise gibt, dank der gescheiten Maßnahmen der èechoslovakischen Regierung.
Sind also gewisse Schri tte der èechoslovakischen Regierung zum Schutze der Währung unvermeidlich gewesen, so behaupten wir, daß diese Maßnahmen nur bis zu einem gewissen Grade zu rechtfertigen sind und daß die Regierung besonders in der letzten Zeit in dieser Richtung des Guten zuviel getan hat. Wenn wir das schon von der letzten Zeit behaupten, so muß es uns mit Bangen erfüllen, wenn wir hören, was alles in der Zukunft zu geschehen hätte. Die Voraussetzungen dazu sind da. Wir wissen genau, daß die Kassen des Staates so gut wie leer sind, daß die Einnahmen jeder Art stets kleiner werden, daß die Ausgaben aber gleich bleiben, ja sich mit der Zeit sogar vermehren, weil die soziale Fürsorge immer mehr Geld verschlingt, und mit diesem Wirtschaftselend geht Hand in Hand das Elend der Selbstverwaltungskörper und zahlreicher Wohlfahrtsanstalten, die nicht mehr weiter können und vollkommen verschuldet sind. Auch diese schlechte Lage der Selbstverwaltungskörper beeinflußt die gesamte Finanzverwaltung des Staates, so daß die Aufgabe, die sich ein gewissenhafter Finanzminister stellen müßte, geradezu eine erschreckliche ist. Vielleicht sind gerade diese Dinge der Grund, weshalb der Finanzminister mit einem Finanzbericht nicht an die Õffentlichkeit will. Er fürchtet für die Kreditfähigkeit des Staates, vergißt aber dabei, daß die Finaznkreise des Auslandes alle diese Dinge ja auch wissen.