Die französische Kammer hat das 800 Millionen Kronen-Darlehen für die Republik mit genug Widerwillen bewilligt, aber man könnte wetten, daß der französische Senat erst nach der Erledigung der vorliegenden Bankgesetznovelle die Anleihefrage beraten wird. Man läßt sich in Frankreich Zeit, obwohl es an dringenden Ermahnungen nicht gefehlt hat, wie notwendig man das Geld hier braucht. Wahrlich es ist sehr schmerzvoll, sich in einem Verbündeten zu täuschen, doch das Leben ist eben so, solche Täuschungen haben auch andere erlebt. Hodie mihi, cras tibi! Hoffentlich wird das heutige chauvinistische èechoslovakische Regierungssystem noch weitere und noch schmerzlichere Enttäuschungen erleben, durch welche es klüger werden und einsehen lernen wird, daß eine Freundschaft, die nur die Gewalt und die Bajonette gezeugt haben, nicht ewig dauert, daß auch Verträge, sogar Friedensverträge, welche die wirtschaftlichen Gesetze politischen Zielen zuliebe mit Füßen treten, auch bei größter Gewaltanwendung sich nicht am Leben erhalten lassen und daß es doch auch politisch das Klügste bleibt, den Bestand des Staates auf die Zufriedenheit und eine nicht erpreßte Loyalität aller Bewohner zu basieren, und daß man im eigenen Interesse am besten tut, auch die Minderheiten voll zu befriedigen.
Heute, im dreizehnten Jahre nach dem großen Kriege, nach welchem die haßerfüllten Sieger glaubten, den Dingen der Welt für alle Ewigkeit den ihnen gefälligen Lauf vorschreiben zu können, ist Europa gerade infolge der Unklugheiten der Friedensverträge ein wirtschaftlicher und moralischer Trümmerhaufen, und wenn es auch sehr bitter ist, so müssen doch die Sieger feststellen, daß sich die Welt nicht so drehen will und drehen wird, wie sie sich das in ihren unvollkommenen Gehirnen vorgestellt haben. Die Ewigkeitstheorie hat sich als falsche Hypothese erwiesen. Zu beklagen bleibt, daß infolge des ganz engen Horizontes der Lenker der Siegerstaaten Milliarden von Kulturgütern, ein großer Teil der europäischen Zivilisation zugrunde gehen mußte und Millionen früher gesättigter Menschen jetzt dem Elend ausgesetzt sind. Ich kann mich sehr gut erinnern, als wir von der Opposition vor Jahren für den Fall des Einbruchs des in den Nachbarstaaten schon sehr ausgebreiteten wirtschaftlichen Niederganges gewisse Vorkehrungen gefordert haben, wie uns von der èechischen Seite stolz entgegnet wurde: Wir sind eine wirtschaftliche Oase, uns wird nichts geschehen!
Wo ist diese Oase heute? Verweht und versandet ist alles. Die zornigen Blicke, die man jetzt, mit der geballten Faust in der Tasche, gegen Frankreich sendet, weil es sich erdreistet, von den wirtschaftlich versandeten kleinen Verbündeten für das herzugebende Geld Sicherheiten zu fordern, werden die Situation nicht retten, auch das französische Darlehen wird es nicht imstande sein, auch nicht die gesetzliche Kraft dieser Gesetzes vorlage, trotz allen Fesseln, die sie den Banken auferlegt. Wenn die Wirtschaft abwelkt, welken auch die Banken ab, trotz aller Novellierung der bestehenden Bankengesetze.
In der gegenwärtigen Gesetzesvorlage muß der Art. XLI den größten Widerwillen hervorrufen. Nach diesem Artikel soll die Regierung bis Ende dieses Jahres die Ermächtigung erhalten, unter dem Vorwande des öffentlichen Interesses und angeblich zum Schutze der notleidenden Einleger oder zum Zwecke der Hintanhaltung der Einstellung von Betrieben wichtiger Industrieunternehmungen mit zahlreichen Bediensteten, den Banken staatliche Unterstützungsgarantien zu gewähren. In diesem Artikel ist die ganze Hinterhältigkeit des herrschenden Systems verkörpert. Wir wissen, wer alles an dieser Hilfeleistung partizipieren wird. Im Finanzministerium sind schon alle Daten dieser bevorzugten, natürlich èechischen Banken aufgearbeitet, um ihnen gleich nach dem Gesetzwerden der Novelle diese staatliche Garantie zu gewähren. Man hat deshalb diesen Artikel in die Bankgesetznovelle geschmuggelt, wohin er nicht gehört, damit die Sache nicht auffällt. Die Wahrheit kann in der Richtung gesucht werden, daß man die französische Forderung zur Verschärfung der Gestion der Banken benützt hat, um zugleich darin das Kuckucksei der Unterstützung von èechischen Banken aus staatlichen Mitteln, die durch ihre stillgelegte Industrie ungezählte Millionen verloren haben, ausbrüten zu lassen, damit èechische Einleger und èechische Industrielle nicht ihr Geld verlieren.
Hierin ist die zweite Hälfte der Lösung des - Rätsels der forcierten Erledigung der Bankgesetznovelle zu suchen. Die Frist zur Gewährung solcher staatlicher Garantien ist nicht etwa aus verfassungsrechtlichen Rücksichten so kurz terminiert, sondern damit etwaige Minderheitsbanken, die nicht in die Geheimnisse der Gesetzesfabrikation eingeweiht sind, nicht mehr in die Lage kommen können, solcher Garantien teilhaft zu werden. Der Art. XLI steht im Dienste politischer Ziele, denn dadurch, daß man Banken mit Betrieben, die zahlreiche Bedienstete beschäftigen, die staatliche Garantie bieten will, will man die politische Stellung der Sozialdemokraten stärken. Andererseits stärkt man damit auch die Taschen der èechischen Bourgeoisie. Beide, èechische Sozialdemokraten und Bourgeoisie, wären ohne die nur ihnen zugedachten Segnungen des Artikels XLI nicht so leicht für die Inkompatibilität der Abgeordneten in Bezug auf die Banken zu haben gewesen, dann beide fühlten sich sehr wohl in den gepolsterten Stühlen der Banken und Industrien und um so wohler, in je mehr Stühlen sie sitzen durften; und es wäre ihnen auch nie eingefallen, die Banken in der Richtung des Strafgesetze zu reformieren. Aber schließlich: 13 Jahre hindurch konnten sie sich nach Herzenslust sattessen, und jetzt kann man schon eine gute Figur zeigen, wenn man pro primo für die romantische Vergangenheit in den Banken nicht verantwortlich gemacht wird, weil die Novelle keine rückwirkende Kraft erhalten soll, pro secundo, wenn die Sünden der Vergangenheit durch staatliche Mittel gut gemacht werden.
Der Artikel XLI ist eine würdige Garnierung und voller Ersatz für den Verlust von fetten Verwaltungsratssitzen und für die verloren gegangenen Tanti@emen. Man kann ganz zufrieden sein; und wenn für die Zukunft die Bankleiter sich unter dem Titel von Reformen ein ganzes Filialstrafgesetz gefallen lassen müssen, so ist das, meinen die gesättigten Abtretenden, Sache der Nachfolger. Durch die neuen Strafbestimmungen der Novelle ist zwar erwiesen, daß man mitunter an sehr miserablen Dingen beteiligt sein mußte, es ist ein widrige Sache, durch die Strafparagraphen der Novelle daran erinnert zu werden, aber man muß das Widrige mit Schlauheit umgehen, indem man hochnotpeinliche Strafen für andere statuiert.
Die übrigen Bestimmungen der Novelle, soweit die Minderheiten daran interessiert sind, sind derart stilisiert, daß aus allen Stellungen, worin man über Fondsgelder, die die Banken sammeln müssen, disponiert, die Minderheiten womöglich ausgeschlossen werden sollen; so z. B. gilt für die Kuratorien das Prinzip der Ernennung durch die Regierung, was unbedingt zu verwerfen ist. Die Erhöhung der Beitragsleistung zum Unterstützungs- und zum Allgemeinen Fonds bedeutet in einer Zeit des wirtschaftlichen Verfalles eine Raubwirtschaft am Bestandvermögen, und die Erhöhung des Beitrags zum Allgemeinen Bankfonds von 1 1/2 % auf 3% ist nichts anderes als eine Steuererhöhung zu Lasten der Einleger. Man hat seinerzeit so stolz getan, daß man die Kapitalszinsensteuer ermäßigte. Nach Artikel IX der Novelle langt man wieder an der früheren Höhe der Kapitalszinssteuer an.
Die schärfste Zurückweisung muß die Bestimmung des Artikels XVI treffen. Durch die Art, wie darin der Entzug der Berechtigung zur Annahme von Einlagen gedacht ist, kann in kurzer Zeit den Minderheitsbanken die Existenz untergraben werden. Ein solches Recht kann mit Beruhigung nur einem Schiedsgerichte nach der Analogie des Artikels XII zugebilligt werden, bei welchem Gericht die angezeigte Bank nur auf kontradiktatorischer Grundlage sich gegen Willkür und eventuell schmutzige Konkurrenz schützen kann, umsomehr als Artikel XVI in seinen Bestimmungen sehr viele Fallen birgt. Insbesondere ist auszusetzen, daß dem Bericht der Revisionsabteilung laut Punkt des Artikels XVI eine wichtige Rolle zugedacht ist. Es wäre ganz in Ordnung, daß die Verantwortlichkeit der Bankleitung erhöht wird, durch harte Strafen sanktioniert wird. Aber nachdem der Aufsichtsrat eine nicht nur mitentscheidende Rolle erhalten soll, sondern in mancher Hinsicht sogar über die Bankleitung gestellt wird, müßte auch für den Aufsichtsrat dieselbe Verantwortung statuiert werden, denn sonst wird mit der Zeit mit dem Aufsichtsrat automatisch eine seelische Veränderung geschehen, die darauf hinzielen wird, den Fesseln der jetzigen Banknovelle ohne Strafe zu entgehen, was ebenfalls viel Unheil anrichten wird, vielleicht mehr, als die Bankleitungen bisher angestellt haben.
Es ist unrichtig, die Frage der Inkompatibilität der Abgeordneten in dieser Vorlage zu regeln, weil das hier nicht vollständig geschehen kann. Aber auch sonst, schießt diese Vorlage übers Ziel, wenn sie bestimmt, daß Abgeordnete überhaupt nicht in Verwaltungsräten von Geldinstituten Platz haben dürfen. Es wäre genügend gewesen auszusprechen, daß ein solches Verbot nur für solche Geldinstitute Geltung hat, welche mit dem Staat in irgendeine geschäftliche Beziehung treten. Die Opposition ist an dieser Frage überhaupt kaum persönlich interessiert, denn die Verwaltungsratstellen haben sich andere für sich genommen und der Opposition ist nicht iel übrig geblieben und sie hat zu diesen Bestimmungen auch nichts anzuführen.
Einen speziellen Standpunkt vertritt die Vorlage im Bezug auf die Verträge und Entlohnung der leitenden Beamten. Hiezu könnte man viel für die Mäßigung der bezüglichen Bestimmungen anführen. Das Entscheidende ist, daß man Banken nur mit Intelligenz erfolgreich führen kann und daß für die Prosperität vielfach nur das quale und nicht die Menge der Amtsstunden von Belang ist. Im Falle der Beibehaltung der bezüglichen Bestimmungen wird das geistige Niveau der Führung herabgedrückt und den Schaden wird die Volkswirtschaft haben. Weniger an Beschränkungen in dieser Beziehung hätte mehr Bestand für die erfolgreiche Führung der Banken bedeutet.
Es muß unbedingt beanständet werden, daß laut Artikel LIII das Ministerium das Recht erhalten soll, Maßnahmen zur Regelung des Zinsfußniveaus der Banken zu treffen. Dies birgt viel Gefahren in sich. Hiedurch können sehr leicht politische Motive in rein wirtschaftliche Fragen hineingeschmuggelt werden. Für die Regelung des Zinsfußniveaus sollten auch weiterhin nur die Gesetze der Anfrage und des Angebotes geltend bleiben, und für Machinationen auf diesem Gebiete ist das Wuchergericht berufen, regelnd einzugreifen. Außerdem muß erwähnt werden, daß eine zentrale Regelung des Zinsfußniveaus der Banken auch aus dem Grunde nicht wünschenswert wäre, weil ja der Zinsfuß nach einzelnen Teilgebieten verschieden sein kann.
Als größtes Übel in der Vorlage ist aber hervorzuheben, daß sich durch die ganze Vorlage als roter Faden eine starke Erweiterung der staatlichen Omnipotenz hindurchzieht, es kann sozusagen ohne den Staat nichts geschehen. Es ist eine vielfach bestätigte Erfahrung, daß, je weniger sich der Staat in das Wirtschaftsleben hineinmengt, umso besser es für die Entwicklung der Wirtschaft selbst ist. Die Erfahrung bestätigt sich auch derzeit. Die Regierung hat beinahe in allen Wirtschaftsfragen ihre politisch behaarte Hand drinnen und die Folge ist, daß die Republik mit dem wirtschaftlich nichtssagenden Nordpol und Südpol Handelsverträge abzuschließen in der Lage wäre, aber mit dem Nachbar steht die Republik entweder in vertragslosem Zustande oder im Zollkrieg. Die schlechte Politik muß allerdings die Wirtschaft bezahlen.
Sehr treffend hat der große weltberühmte französische Historiker Hyppolite Taine die dem Staate zuzuweisende Rolle geschildert, als er im Laufe der Kritik über die Jakobinerwirtschaft schrieb: "Man darf den Staat nur zur Rolle des die Herde hütenden Hundes zulassen und ihn an kurzer Schnur halten, denn, wenn wir ihm freie Hand lassen, wird aus ihm ein blutsaugender Wolf, welcher schließlich die Herde auffrißt". Ich wiederhole, das habe nicht ich erfunden, das hat der Franzose Taine gesagt, der heute noch in der Wissenschaft einen leuchtenden Stern bildet. Wenn Sie sich umsehen, werden Sie die Worte des Franzosen Taine in vieler Beziehung auch hier bestätigt finden.
Auf Grund der hier vorgebrachten
rechtlichen, wirtschaftlichen und auch politischen Gründe ist
es unmöglich, für die Vorlage zu stimmen. (Potlesk.)
Sehr verehrte Herren! Das Bankgesetz, das wir heute verhandeln, ist eine Art gesetzlicher Schlußpunkt unter die Geschichte des Geld- und Kreditwesens der vergangenen Jahre in diesem Staate. Wir sahen, daß nach dem Umsturze in der Scheinblüte der Inflation eine Menge neuer Geldinstitute gegründet wurde, große und kleine Banken, Genossenschaftsunternehmungen, die alle anfänglich sehr gute Geschäfte machten, sich dann in wahnsinnige Spekulationen stürzten und deren Leiter auch vor strafbaren Handlungen nicht zurückschreckten. Sie beeinflußten auch in gewissem Sinne die alten, gut fundierten Anstalten, in einem Sinne, der, wie wir heute rückschauend feststellen müssen, mit der alten gesunden Geschäftsmoral nicht zu vereinbaren war und auch diese alten Anstalten mit in den wilden Tanz ums goldene Kalb hineinzog.
Ich will deutlicher werden. Der Krieg hatte ungeheuere Werte zerstört. Nur sah man am Anfang dieses Staates diese Verluste nicht. Die Industrie ohne Rohstoffe arbeitete nicht, ihre Forderungen an den alten Staat waren entweder illiquid geworden oder nur scheinbar durch Kriegsanleihe oder Papiere der Vorkriegszeit gedeckt. Die hiesige, insbesondere die sudetendeutsche Wirtschaft war innerlich hohl. Der Währungsverfall und der anfängliche Warenhunger des inneren Marktes täuschten vor 10 Jahren so etwas wie ein kräftiges Wiederaufleben von Handel und Wandel vor, trotzdem alle Verhältnisse ungeordnet waren und auch international allüberall nur ein Trümmerfeld zu erblicken war. Damals hätten die Leiter der großen hiesigen Geldanstalten als Warner auftreten sollen. Sie hatten ja alle einen besseren Überblick als die anderen. Gehörten sie doch entweder ihrer Rasse oder ihrer Volkszugehörigkeit nach der Gruppe der Sieger an und mußten auch aus ihrer Erfahrung als Volkswirtschafter wissen, daß nach dem Hexensabbath der Inflationszeit der Katzenjammer folgen muß. Diese Herren taten aber ihre Pflicht nicht, im Gegenteil, sie verleiteten unsere Erzeuger zu Betriebserweiterungen. Investitionen aller Art, indem sie ihnen Leihkapital geradezu aufdrängten. Rosig erschien die Zukunft, unsere Erzeuger ließen sich übertölpeln, nahmen die Kredite, fragten gar nicht viel nach den Bedingungen, groß und klein verschuldete sich an die Banken, die anfänglich aus diesen Verhältnissen ungeheuere Gewinne einheimsen konnten. Und wieder waren es die Leiter der Banken, die es verstanden, das meiste in ihre eigenen Taschen zu leiten, ihre Monatseinkünfte auf mehrere Millionen zu erhöhen.
Als dann das unausbleibliche Ende kam, da wurden aus den Freunden der Industrie von gestern die strengsten Herren Gläubiger von heute. Nun sperrten sie auf einmal alle Kredite und präsentierten ihren armen Opfern die Rechnung: Zinsen hoch über die Bankrate, Provisionen und Spesen, die in ihrer Gesamtheit die Hälfte und mehr des überhaupt geliehenen Kapitals ausmachten. Da mußte die sudetendeutsche Industrie zusammenbrechen und wenn sie nicht schon 1924 nach dem Ende der Inflation ganz zusammenbrach, sondern so nach und nach und selbst heute in der schlechtesten Zeit, verlassen von aller Hilfe, in stetem Abwehrkampfe mit der ihr übelwollenden Regierung zwar kraftlos am Boden liegt, aber doch noch Lebenszeichen von sich gibt, so ist dies nur der Tüchtigkeit ihrer Führer und dem alten gesunden Kern zuzuschreiben, der trotz alledem noch in ihr steckt. Das, was sich bei der Industrie zutrug und zuträgt, wiederholte sich bei den kleinen und mittleren Betrieben sowie beim Handel und Gewerbe im Kleinen. Das Geld löste sich von der Wirtschaft und wandte sich gegen sie. Nach Goethe hat der Teufel die Banknote erfunden und wahrlich, wenn es einen Satan in der Welt gibt, dann ist es das internationale Geld- und Leihkapital, das heute seine Peitsche über die ganze Welt schwingt und dem auch unser Herr Finanzminister willig dient. Doch der wirtschaftliche Umschwung vernichtete nicht nur eine unabsehbare Reihe selbständiger Existenzen, riß Beamte, Angestellte und Arbeiter mit in seinen Strudel hinab, er ging auch an den Geldinstituten nicht spurlos vorüber. Viele von den kleinen und mittleren brachen zusammen und von ihrem Zusammenbruch ging Elend und Jammer für viele kleine und arme Leute aus. Aber auch die Großen und ganz Großen bekamen es zu spüren. Die Verluste gingen in die Milliarden und wenn die Herrschaften es heute über sich brächten, alle ihre Forderungen und Beteiligungen einmal nachzuprüfen und die Dubiosen auszuscheiden oder vorsichtig zu schätzen, so würde die Bilanz mancher Großbank etwas trübe aussehen müssen.
Nur einer Sorte von Menschen ist es auch in dieser Zeit des Jammers immer gut gegangen: Den wirklichen Bankdirektoren und Verwaltungsräten. Sie haben es immer verstanden, auch dort zu ernten, wo sie nicht gesät haben, und es ist daher kein Wunder, wenn in der Bevölkerung heute die Ansicht herrscht, die strengsten Strafen seien notwendig, damit endlich den Gaunereien und Lumpereien in den Geldanstalten Einhalt getan wird.
Der vorliegende Gesetzentwurf trägt besonders in seiner ursprünglichen Fassung diesem Gedanken zweifellos Rechnung, will also tatsächlich so etwas wie einen Strich unter das traurige Kapitel der jüngsten hiesigen Wirtschaftsgeschichte machen. Allein Rachegedanken sind kein richtiger Beweggrund für eine Gesetzgebung, zumal eigentlich die bereits geltenden Gesetze vollauf genügt hätten, um das Übel an der Wurzel zu fassen. Allein die Herren, die es da angegangen wäre, standen viel zu hoch, als daß die Staatsgewalt sich an sie herangetraut hätte, ja das Finanzministerium hat in der Vergangenheit mit ihnen sogar zusammengearbeitet, indem es hunderte Millionen ohne Bewilligung des Parlaments zur angeblichen Sanierung und Fusionierung von verkrachten èechischen Banken und Gesellschaften verwendete. Ich muß dabei wiederholen, daß sich der Finanzminister immer und immer weigert, darüber Auskunft zu erteilen, wohin die vielen Gelder geflossen sind, zumal wir annehmen können, daß diese Dinge noch nicht zu Ende sind. Gewiß sind auch hie und da kleinere deutsche Anstalten durch eigene Schuld notleidend geworden. Über diesen hielt aber das Finanzministerium seine schützende Hand nicht. Keine oder nur ganz ungenügende Mittel erhielten sie vom Sanierungsfond, meistens mußten sie sich selbst helfen oder liquidieren. Wieder muß ich auf den Leidensweg verweisen, den die Sanierung der Schluckenauer Sparkasse nahm, trotzdem der èechische Staat und niemand anderer an ihrem Zusammenbruch schuld war.
Also: einmal halten wir das ganze Gesetz eigentlich für herzlich überflüssig und das anderemal glauben wir, daß mit Rücksicht auf die hiesigen eigentümlichen Verhältnisse schließlich trotz dieses Gesetzes alles schön beim Alten bleiben wird. Insbesondere wird das èechische Geldwesen der Fürsorge des Staates teilhaftig werden, das deutsche aber nicht. Zu was für Konsequenzen manche Bestimmung des Gesetzes führen wird, lassen Sie mich ganz kurz auseinandersetzen: Ein Bankdirektor kann schuldlos ohne Angabe von Gründen halbjährig gekündigt werden. Er hat nicht einmal das Recht, zu irgendeinem Schiedsgericht zu gehen, er ist rechtlos, weil er schuldlos ist. Wenn er weiter dienen will, so wird die Bank kommen und einen Vertrag mit ihm schließen, in welchem ihm ein geringerer Gehalt und geringere Pension geboten werden, und er darf an kein Schiedsgericht gehen. Ein solcher Bankdirektor, der unterkommen will, wird froh sein, wenn er wieder seinen Dienst machen kann. Eine Verminderung des Gehaltes ist ja hier inbegriffen, aber in anderer Weise. Ein Bankdirektor aber, der schuld ist an dem Niedergang der Bank, braucht nicht gekündigt zu werden. Er kann wohl gewärtigen, daß ihm der Gehalt gekürzt wird, hat aber das Recht, vor ein Schiedsgericht zu gehen. Wir sind freilich überzeugt, daß das praktisch nie zur Geltung kommen wird. Nach den Bestimmungen des heutigen Gesetzes sind die Pensionsfonds abgesondert von dem übrigen Vermögen der Banken zu führen und zu verrechnen. Das Geld, das für den Pensionsfonds angelegt ist, ist aus der gemeinschaftlichen Kasse herauszunehmen. Es ist zu verwahren und zu verrechnen, ohne daß die Bank damit etwas machen kann, da es ein bestimmtes Zweckkapital ist. Man muß sich nun vor Augen halten, daß es eine ganze Reihe von Banken gibt, die den Beamten versprochen haben, einen solchen Fonds zu errichten, aber ihn nicht errichtet haben. Aber es gibt einige Banken, die nicht nur versprochen, sondern auch tatsächlich einen Fonds errichtet haben. Darunter ist die Anglobank, die bereits 33 Millionen einem solchen Fonds zugeführt hat. Wenn nun diese Bank, die das getan hat, gezwungen ist, diese 33 Millionen herauszunehmen und in den Tresor zu sperren und nicht mehr damit zu manipulieren, so wird die Bank eigentlich zu einem guten Teil illiquid. Jene Banken, welche ihre Beamten für die Zukunft sichergestellt hatten, werden bestraft, während jene Banken, die wohl versprochen, aber nichts gehalten haben, weiter machen können, was sie wollen. Wie ist es in der Zukunft? Es ist klar, daß keine Bank einen Pensionsfonds errichten wird, sie wird sich hüten, Gelder diesem Fonds zuzuweisen. Wir wissen, daß Banken, die bereits Pensions-Fonds haben, mit der Dotation der Pensionsfonds in Zukunft aufhören werden. Das sind die segensreichen Folgen dieses großartigen, angeblich auch sozial wirkenden Gesetzes.
Vom nationalen Standpunkt aus sehen wir in jeder Gesetzesbestimmung, die der Staatsgewalt eine Ermächtigung erteilt, ein Recht der Einmischung, der Beeinflussung des Geschäftsbetriebes, insbesondere die Konzessionierung ermöglicht eine völkische Gefahr und scheint uns durch diesen Entwurf auch der Arbeitsplatz der deutschen Beamten in unseren Geldanstalten gefährdet.
Ich wiederhole noch einmal: Jeder Bankdirektor, jeder leitende Beamte kann ohne Grund gekündigt werden. Es ist ganz klar, daß in Zukunft deutsche Beamte gekündigt und andere nicht gekündigt werden. Es ist das nichts anderes, als eine versteckte Möglichkeit, deutsche Angestellte, auch wenn sie Bankdirektoren sind, einfach zu entfernen. Gleich in den ersten Artikeln werden die Kuratorien der beiden Fonds vergrößert und ihre Zusammensetzung neu bestimmt. Uns fehlt der Hinweis auf den nationalen Schlüssel. Wohl haben die Ausschüsse über Antrag des Koll. Dr. Bacher eine Resolution angenommen, die so etwas wie die Anwendung des nationalen Schlüssels bei der Ernennung in die Kuratorien beinhaltet. Allein wir kennen alle die Bedeutungslosigkeit einer solchen Resolution, daher haben wir einen Antrag eingebracht, der eine entsprechende Ergänzung dieser Artikel beinhaltet. Ich freue mich schon darauf, bis die deutschen Regierungsparteien, insbesondere der Bund der Landwirte, diese Anträge ablehnen werden.
Das Gesetz unterstellt insbesondere in seinem fünften Teile das gesamte Geldwesen der staatlichen Bürokratie und führt als neuen Grundsatz die Konzessionierung der Aktienbanken und des Bankiergewerbes überhaupt ein. Die Privatbankiers werden mit ihrer Gewerbeberechtigung der Regierungsverordnung unterstellt, die den Konzessionszwang einführen kann und wird. Dies widerstreitet aber der Verfassungsurkunde. Es beinhaltet eine Einschränkung der freien Erwerbstätigkeit und diese kann nur durch ein Gesetz bestimmt werden, nie durch eine Regierungsverordnung.
Alle diese Bestimmungen sind aus nationalen Gründen für uns unannehmbar. Es ist ganz klar, man kann über die Frage der Konzessionierung von Aktienunternehmungen verschiedenr Ansicht sein; es gibt bekanntlich zwei Grundsätze, das Konzessionierungssystem und das System, wonach nur gewisse Bestimmungen einzuhalten sind. Wir sind gegen jedes Konzessionierungssystem, weil wir hier wieder der Staatsgewalt zu viel Macht einräumen würden und es lediglich im Belieben der Staatsverwaltung wäre, einfach Aktiengesellschaften zu genehmigen oder nicht.
Wir vermissen ferner in dem Entwurf jede Rücksichtnahme auf die Volksgeldanstalten, insbesondere die Sparkassen. Der Gesetzentwurf schert alles über einen Kamm und zeigt dadurch, daß seine Redaktoren keine Ahnung davon hatten, wie unsere Sparkassen eingerichtet sind. Bereits im alten Österreich hat die traurige Entwicklung begonnen, daß auch die Handelsbanken Spareinlagen auf Einlagebücheln annahmen. Anstatt diesem Mißbrauch zu steuern, erfährt er jetzt noch eine weitere Förderung. Die Einlagen bei allen hiesigen Sparkassen betrugen Ende 1919 5.537 Millionen, Ende 1930 18.029 Millionen, die Spareinlagen bei den Handelsbanken 1919 1267 Millionen, 1930 aber schon 11.190 Millionen, sind also auf das Neunfache gestiegen, während die Einlagen bei den Sparkassen nur um das Dreifache steigen konnten. Weder aus sozialen, noch aus wirtschaftlichen Gründen ist zu wünschen, daß diese Entwicklung weiter fortschreitet, vom nationalen Standpunkt aus ist sie aber zu verwerfen. Bei den Handelsbanken werden die Spareinlagen zu Spekulationszwecken verwendet. Da nützen die schönsten Bestimmungen des Entwurfes über die Sicherheit der Spareinlagen nichts. Auffüllung von Reserven begründet noch keine Sicherheit der Einlagen. Soviel Reserven gibt es nicht, die notwendig wären, große Konjunkturverluste oder Fehlspekulationen und Defraudationen zu decken. Diese Bestimmungen schaden vielmehr, weil sie der Bevölkerung eine solche Art von Mündelsicherheit nur vortäuschen und sie verleiten, ihre Spargroschen den Handelsbanken zuzutragen, die eine größere Verdienstmöglichkeit haben, daher auch größere Zinssätze versprechen können, als unsere Sparkassen. Dadurch entsteht ein ungesunder Wettbewerb zwischen Sparkassen und Handelsbanken. Wir haben aber gar kein Interesse daran, daß deutsches Geld dem internationalen Spekulationskapital zugeführt wird. Auch die Sparkassen haben ein Interesse, in dem Fondskuratorium vertreten zu sein. Wir haben daher auch diesbezüglich einen entsprechenden Antrag eingebracht. Die Beiträge zum Allgemeinen Fond sollen jetzt auf das Doppelte erhöht werden. Wir fordern, daß die Mehrzahlungen der Sparkassengruppe auch dieser Gruppe wieder zugute kommen. DasSparkassengesetz ist streng genug, um eine klaglose Arbeit der Sparkassen zu gewährleisten. Jede Verschärfung ist da gänzlich überflüssig. Wir beantragen daher eine entsprechende Ergänzung des Art. XXXIII.
Auch die Bestimmungen über die Inkompatibilität sind für die Sparkassen unanwendbar, denn die Statuten derselben treffen strengere Bestimmungen, als dieser Entwurf, und es wird in Hinkunft nur Streit geben, welche Bestimmungen im einzelnen Falle zur Anwendung zu kommen haben. Außerdem wird der Sparkassenausschuß von der Gemeinde gewählt. Alle Parteien sind in ihm vertreten, daher haben auch die Beamten durch ihn genügend Schutz und es ist nicht notwendig, bei Sparkassen schon unter den allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen einen Betriebsrat zu bilden.
Was die Frage der Inkompatibilität im allgemeinen anbelangt, die so viel Schwierigkeiten gemacht hat und die ja jetzt glücklich gelöst erscheint, erklären wir, daß wir daran in dem Sinne des Gesetzes gar kein Interesse haben, aber in einem anderen Sinne, nämlich daß die Beamten gewisser Ministerien sich von der Beteiligung an Aktiengesellschaften fernhalten. Ich habe im Verfassungsausschuß auf die ganz merkwürdigen Verpflichtungen hingewiesen, die die Gesellschaft "Konstruktiva" mit dem Arbeitsministerium eingegangen zu sein scheint, was man natürlich nicht beweisen kann, was sich aber draußen in ganz auffallenden Erscheinungen manifestiert, so daß schon die Bevölkerung darauf hinweist, daß hier Verbindungen bestehen, die nach dem Gesetz und den guten Sitten nicht hätten bestehen sollen. Ich habe zur Bekräftigung dieser Gerüchte die bemerkenswerte Tatsache angeführt, daß der pensionierte Herr Sektionschef Herrmann nach seiner Pensionierung sofort Präsident dieser "Konstruktiva" geworden ist. Ich habe nur diese Tatsache angeführt, die sich nicht leugnen läßt, und darauf verwiesen, daß dies in der Bevölkerung erst recht den Eindruck erweckt hat, daß alle diese Dinge wahr sind. Sektionschef Herrmann hat mir einen Brief geschrieben, in welchem er mir erklärt, daß er in diesem Sinne an der "Konstruktiva" nicht beteiligt ist. Ich bin loyal genug, dies hier öffentlich im Hause festzustellen, kann aber selbstverständlich die Konsequenzen nicht ändern, die aus dieser bestehenden Tatsache in der Bevölkerung draußen sich von selbst ergeben haben.
Ebenso trifft uns nicht die Sorge um die Kündigungsfrist und eine eventuelle Gehaltskürzung der Herren leitenden Bankdirektoren, wohl aber nur die der kleinen Beamten und Prokuristen, die, selbst wenn sie Filialdirektor heißen oder Abteilungsleiter sind, nur ganz kleine Leute gegenüber den großen Direktoren darstellen. Wir können daher der vorgenommenen Änderung des § 35, Abs. 3 im Art. XXXIII nicht zustimmen.
Halten wir den vorliegenden Entwurf vom nationalen Standpunkt aus für verfehlt, so auch vom wirtschaftlichen. Gesetze können niemals das Kreditwesen reformieren, sie können auch keinen Zinsfuß vorschreiben. Nicht so sehr durch die hohen Zinsen hat sich das Bankkapital als unfähig erwiesen, an der Heilung der Wirtschaftskrise mitzuarbeiten, als durch seine Profitgier, die es zu maßloser Anrechnung von Provision und Spesen sowie zur Drosselung oder Entziehung der Kredite gerade zur Zeit der größten wirtschaftlichen Notlage veranlaßte und die es auch unfähig machte, ein wirtschaftlich stützender Faktor zu sein. Der vorliegende Gesetzentwurf wird diese Gefahr der Kreditentziehung aber nicht beseitigen, sondern nur vermehren. Wir haben die begründete Besorgnis, daß durch dieses Gesetz die künftige Kreditgewährung ganz wesentlich erschwert werden wird. Industrie und Gewerbe brauchen aber große und billige und lange Kredite; die konnte ihnen die Handelsbank nicht gewähren, jetzt kann sie es schon gar nicht, die Sparkasse kommt hiezu überhaupt nicht in Betracht. Es wäre viel besser, wenn sich Regierung und Mehrheit mit diesem Problem als mit dem vorliegenden Gesetzentwurf befaßt hätten. Dieses Problem ist nur zu lösen, indem ein ruhiger Hypothekarkredit auf Fabriken und gewerbliche Betriebsstätten ermöglicht wird. Das ist aber nur möglich, wenn eine neue Art von Depositenbank geschaffen wird, die ihren Rückhalt im Staate selbst findet. Das vorliegende Gesetz erfüllt diesen Zweck nicht, im Gegenteil, es schafft für die Lösung dieser Frage nur Schwierigkeiten. Wir haben diesbezüglich einen Resolutionsantrag gestellt. Schon bei den Ausschußberatungen wurde festgestellt, daß dieses Gesetz die gesamte Wirtschaft dieses Staates dem Ausland gegenüber bloßstellt. Leider wird die sudetendeutsche Wirtschaft da mit hineingezogen, obgleich sie es keineswegs verdient. Sonst könnten wir mit dieser Auswirkung des Gesetzes nur zufrieden sein.
Ich fasse zusammen: Die sudetendeutsche
Wirtschaft braucht dieses Gesetz nicht. Wir halten es für verfehlt,
hart und national überaus gefährlich. Wir lehnen es daher rundweg
ab. (Potlesk.)