Ètvrtek 15. øíjna 1931

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 143. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 15. øíjna 1931.

1. Øeè posl. inž. Junga (viz str. 4 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Drei Monate hielt das Haus Ferien. Allerhand ist unterdessen in der Welt vorgegangen. Präsident Hoover hat beispielsweise seinen Plan verkündet, England die Goldwährung verlassen, im fernen Osten ist trotz Völkerbund und Kellogpakt ein lustiger Krieg im Gange, aber die èechoslovakische Regierung und das Parlament bekümmern sich um derartige Dinge nicht. Das Parlament wird zu seiner ersten Sitzung nach den Ferien einberufen und auf der Tagesordnung steht als einziger Punkt - Der Handelsvertrag mit der Türkei. (Smích.) Die elendste Schmiere hat eine bessere Regie, das muß man ganz offen sagen. Dabei ist seit mehreren Tagen in den Zeitungen zu lesen, daß der Finanzminister sein Exposé erstatten und daß der Ministerpräsident eine Regierungserklärung abgeben will. Aber auf der Tagesordnung ist nichts derartiges enthalten. Das Präsidium des Hauses hat aber, so sage ich, vollständig recht gehabt, wenn es die Regierungserklärung nicht auf die Tagesordnung setzte, denn wenn man den Inhalt dieser Erklärung zur Kenntnis genommen hat, findet man es vollständig begreiflich, daß sie nicht einmal wert ist, auf der Tagesordnung zu stehen. (Posl. Krebs: Der Ministerpräsident spricht ja auch gar nicht zur Tagesordnung!) Das ist auch richtig.

Wir haben es uns schon längst abgewöhnt, in einer Regierungserklärung einen besonderen Inhalt zu suchen, aber das geistesarme und inhaltslose Erzeugnis, das uns gestern vom Ministerpräsidenten als Regierungserklärung vorgesetzt wurde, ist ein Faustschlag selbst in das Gesicht dieses Parlamentes, das schon längst sich seiner Würde begeben hat.

Was hatte uns der Herr Ministerpräsident zu sagen? Zuerst einmal, daß der Weltkrieg an allem schuld ist. Ich glaube, das werden noch in hundert Jahren die Herren Staatsmänner dieses Formates immer wieder behaupten, um für ihre Handlungen und Unterlassungen nicht verantwortlich gemacht werden zu können. Ja, dämmert denn den Staatsmännern, den Politikern aus dem Regierungslager nicht endlich die Ahnung auf, daß der Weltkrieg den Abschluß einer Epoche der Wirtschafts- und Geistesgeschichte gebildet haben könnte, daß es nun notwendig ist, endlich einmal völlig neue Bahnen auch im Denken zu beschreiten, statt auf den alten ausgefahrenen Wegen weiter dahinzutrotten?

Das zweite, was nun in die Augen springt, ist ein reichliches Maß an Selbstbeweihräucherung. Wir lesen beispielsweise, daß in finanzieller Hinsicht meistens gemäß der Vorsicht und Entschiedenheit unseres ersten Finanzministers vorgegangen wurde. Glücklicherweise sagt man einschränkend "meist". "Ein glückliches Geschick gab unserem Staate eine Reihe von Staatsmännern, an die auch in der Zukunft oft mit Dank gedacht werden wird, in die Wiege." In dieser Tonart geht es weiter. (Posl. Krebs: Dazu gehört ja auch Koll. Støíbrný!) Natürlich. Den hat man allerdings namentlich anzuführen vergessen. Dann heißt es weiter in der Regierungserklärung, daß immer rechtzeitig Vorbeugungsmaßnahmen getroffen wurden; eine Feststellung, die den Tatsachen widerspricht. (Posl. Geyer: Wenn man die Gewehre, Bajonette und Pendreke meint, stimmt es schon!) Wenn man es so auffaßt, allerdings. "Die harmonische Zusammenarbeit der Regierung und der gesetzgebenden Körperschaften" von welcher man sonst allerdings nichts bemerkt hat - "lassen die Folgen der Wirtschaftskrise bei uns nicht mit einer so vernichtenden Schärfe auftreten wie anderswo." (Posl. Kasper: Die deutschen Arbeiter sind allerdings etwas anderer Meinung! - Posl. Simm: Die Herren ko mmen ja nicht aus Prag heraus und wissen nicht, welcher Jammer bei uns draußen herrscht!) Ich komme darauf noch zu sprechen. Kurz und gut, der Herr Ministerpräsident kommt mir vor wie der reinste Jehova, der am Schlusse der Schöpfung die Hände in den Schoß legt und mit Vergnügen feststellt, wie schön er alles gemacht hat. (Potlesk.)

"Zahlreich sind bei uns die legislativen Maßnahmen und nicht minder zahlreich die administrativen Verfügungen." Hiezu möchte ich mir nur zu bemerken erlauben, daß man Papier nicht essen kann, und erst recht nicht, wenn es bedruckt ist. Gesetze sind ja wohl in Massen fabriziert worden, wenn man sich jedoch fragt, was denn eigentlich zur Behebung der Wirtschaftsnot und Arbeitslosigkeit geschehen ist, dann liegen die Dinge wesentlich anders, und was die administrativen Verfügungen anbelangt, so können wir zwar seit Monaten eine sehr ausgiebige Jagd nach Braunhemden feststellen (Sehr richtig!) und auch eine ganze Unzahl von Verboten, mit welchen insbesondere wir ständig bedacht werden, aber das sind auch die einzigen Verfügungen der admdministrativen Behörden. Von irgendeiner Stellungnahme gegen die Wirtschaftsnot, von irgendeiner Abhilfe gegen die Arbeitslosigkeit ist dabei keine Rede.

Diesen Eindruck mag ja schließlich auch der Herr Ministerpräsident selbst haben, weil er zur Entschuldigung dessen, daß nicht alles gelungen ist, sich auf die allgemeine Weltkrise beruft. Nun, das ist recht schön. Wir befinden uns also in einer Weltkrise. Genügt aber diese Feststellung? Oder muß man sich nicht nach den Ursachen der Weltkrise fragen, um diese Ursachen und damit die Krise selbst zu beseitigen? Das ist unserer Meinung nach denn doch wohl die Aufgabe einer Regierung. Was sagt uns der Herr Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung zu diesem Punkt? "Wir müssen uns bemühen, allen Arbeitswilligen Arbeit zu verschaffen, damit wir keine Arbeitslosigkeit haben." Das ist das Ganze. (Posl. Krebs: Aber von den Bemühungen hat man bisher wenig gespürt!) Eine Lösung ist das natürlich nicht. Geradezu komisch wirkt aber folgender Satz: "Wir sehen deutlich, daß die Wirtschaftskrise am schwersten jene Staaten bedrängt, die eine große Anzahl von Arbeitslosen besitzen." Ursache und Wirkung sind also hier vollkommen vertauscht, und die Regierung steht anscheinend auf dem Standpunkt, daß die Armut von der pauvreté herkommt. Die Regierungserklärung stellt also eine geistige Katastrophe dar, wenn man nicht annehmen will, daß die Regierung, insbesondere der Herr Ministerpräsident, das Parlament und die Öffentlichkeit frotzeln wollte. Wichtig und richtig ist nur die eine Feststellung, daß Frankreich keine Arbeitslosen besitzt. (Posl. Krebs: Wo ist dann die Weltkrise?) Ja erstens, wo ist dann die Weltkrise und weiter: oft und oft haben gerade wir das festgestellt. Die Richtigkeit dieser Feststellung ist von den Herren Regierungsmarxisten immer bestritten worden, die sich bekanntlich auch immer auf die Weltkrise berufen, darauf, daß Krise und Arbeitslosigkeit angeblich in allen Staaten der Erde zu finden sind. Nun wird uns von der Regierung, vom Ministerpräsidenten amtlich zugegeben, daß Frankreich keine Arbeitslosen besitzt. Aber warum hat Frankreich keine Arbeitslosen? (Posl. Geyer: Man hat in Leipzig erklärt, daß das Gold an diesen Dingen vollkommen unschuldig ist!) Natürlich, wenn man auf dem Weg über Barmat und Bosel das Gold bekommt, muß es unschuldig sein. Weil Frankreich der Hauptnutznießer der reichsdeutschen Tribute ist, weil Frankreich von den reichsdeutschen Tributen 900 Mill. Mark jährlich geschenkt bekommt, deshalb hat Frankreich keine Arbeitslosen. Aber diese Begründung werden wir weder in der Regierungserklärung noch in irgendeiner Veröffentlichung einer Regierungspartei zu lesen bekommen. (Výkøiky posl. Hadka.) Ich polemisiere nicht mit jedem.

Diese Tribute sind wohl nicht die Ursache, aber eine der Hauptursachen, daß die reichsdeutsche und damit die europäische Wirtschaft unter der Krise und Arbeitslosigkeit leiden. Ich komme darauf noch weiter zu sprechen. In der Regierungserklärung wird dann gesagt, daß gegen diese Arbeitslosigkeit vor allem durch einen weiteren zweckdienlichen Ausbau der produktiven Arbeitslosenfürsorge gekämpft werden müsse. Aber wo bleibt denn die produktive Arbeitslosenfürsorge? Wir haben bisher nicht den geringsten Ansatz dazu gesehen. Wo sind denn, wenn man die Frage aufwerfen darf, die 130 Millionen Investitionskredit geblieben, von denen man seinerzeit soviel Wesen gemacht hat? Wir fragen das aus einem ganz bestimmten Grund. Wir fragen das deshalb, weil die Arbeitslosigkeit in diesem Staate nicht bloß ein soziales, sondern eben auch ein nationales Problem ist, und den Beweis für diese Behauptung liefern uns die Mitteilungen des Statistischen Staatsamtes, Nr. 109, "Die Arbeitslosigkeit nach den vorläufigen Ergebnissen der Volkszählung im Jahre 1930". Diese Mitteilungen enthalten als das interessanteste eine Karte; und wenn man in dieser Karte die Gebiete der ärgsten Arbeitslosigkeit betrachtet, so sieht man, daß das gleichzeitig die deutschen Gebiete sind, wie sich jedermann durch einen einfachen Einblick sofort überzeugen kann. Wir sehen hier also ganz deutlich, daß die Passivität der Regierung und der Behörden vor allem darauf zurückzuführen ist, daß sie sich denken, diese Arbeitslosigkeit ist in erster Linie ein deutsches Problem. (Výkøiky: Die Deutschen sollen verhungern!), die berührt das Staatsvolk nicht, sondern nur lediglich die Deutschen, und da diese Deutschen nichts anderes als elende Kolonisten sind, mögen sie ruhig verhungern. (Posl. Krebs: Und Steuerzahler!) Das vergißt man hie und da. Weiter enthält die Regierungserklärung die Bemerkung, daß die Wirtschaftskrise zu beispielloser Sparsamkeit in der Staatsverwaltung zwinge. Wir haben das Wort Sparsamkeit schon sehr oft gehört. Wir erinnern uns sogar eines Gesetzes über die Sparmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung. Wir wissen, daß dieses Gesetz über die Sparmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung weitaus richtiger Abbaugesetz genannt wurde und Tausenden, ja Zehntausenden von deutschen Staatsangestellten das Genick gebrochen hat, daß man diese seelenruhig in Not und Elend hinausstieß. Wenn man nun das Exposé des Herrn Finanzministers hernimmt, das auch gestern erstattet wurde, so findet man eine interessante Fests ellung: das Abbaugesetz hat nicht dazu geführt, daß der Staat weniger Angestellte hat, sondern dazu, daß er um 38.000 Angestellte mehr hat als vor dem Abbau. Mit anderen Worten: Man hat die zehntausende Deutschen, die man aus dem Staatsdienst hinauswarf, nicht nur durch Èechen ersetzt, sondern darüber hinaus 38.000 Èechen neu in den Staatsdienst aufgenommen. So etwas nennt sich Sparmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung. Wenn hier neuerlich von derartigen Sparmaßnahmen gesprochen wird, so wissen wir, daß es sich um leeres Geflunker handelt und wir natürlich in dieser Hinsicht nicht das geringste zu erwarten haben. Aber etwas anderes ist möglich. Zwar kündigt die Regierungserklärung an, daß es notwendig sein wird, das Übermaß an Beamten zu beseitigen, sie sagt aber gleichzeitig, daß dieser Weg der Kürzung der Staatsangestelltenbezüge vorzuziehen ist. Also so ganz unbedingt lehnt die Regierungserklärung die Kürzung der Staatsangestelltenbezüge nicht ab. Ich sage das hier deshalb, weil ja zur Zeit Versammlungen der Staatsangestellten stattfinden, die sich mit Recht dagegen wehren, daß man sie zum Opfer der staatlichen Sparsamkeit machen will. Unendlich viel tut sich der Herr Ministerpräsident darauf zugute, daß die Regierung kein Programm besitzt. Das merkt man auch. Im alten Österreich war man allerdings in dieser Hinsicht offener und sprach vom Fortwursteln. Wie der Ausdruck auf èechisch heißt, weiß ich nicht. Aber jedenfalls ist in dieser Hinsicht das System das Gleiche geblieben. Der Herr Ministerpräsident sprach von der Herabsetzung des Staatsvoranschlags um fast eine Milliarde. Diese Milliarde trifft nicht zu. Denn das gestrige Exposé des Herrn Finanzministers, das zur gleichen Zeit erstattet wurde, spricht nicht von einer Milliarde, sondern nur von 520 Millionen. Es fehlen also noch 480 Millionen auf die Milliarde des Herrn Ministerpräsidenten. Aber diese 520 Millionen, auf die man sich soviel zugute tut, sind nichts so Bedeutendes. Denn man darf nicht vergessen, daß der Staatsvoranschlag für das Jahr 1931, alsoo für dieses Jahr, um 500 Millionen höhere Ausgaben vorsieht, als der Staatsvoranschlag für 1930. Wenn man also den Voranschlag 1932 gegen den von 1931 um eine halbe Milliarde kürzt, ist man erst zum Stand von 1930 zurückgekehrt. Man hat also durchaus keinen Anlaß, sich auf die Ersparnisse so unendlich viel einzubilden, dies umsoweniger, als eine ganze Anzahl von Gegenständen buchstäblich billiger geworden ist und beispielsweise die Heeresverwaltung mit dem Betrage, der ihr zur Verfügung steht, heute viel mehr machen kann als vorher mit dem gleichen Betrage. (Výkøiky.) Davon ist natürlich in der ganzen Regierungserklärung keine Rede. Soviel Kritisches zur Regierungserklärung. Wie ausgeführt, läßt sich jedes Eingehen auf die eigentlichen Ursachen der Wirtschaftsnot und Arbeitslosigkeit völlig vermissen.

Welches sind die Ursachen? Sie sind politischer und wirtschaftlicher Natur. Zugegeben, daß schon vor dem Weltkriege eine Umlagerung begonnen hat, der Weltkrieg sie förderte und beschleunigte, so kann man doch nicht leugnen, daß die sogenannten Friedensverträge eine der Hauptursachen der wirtschaftlichen und sozialen Verelendung der Nachkriegszeit sind. Sie sind es in doppelter Hinsicht. Einmal durch die Zerreißung größerer Wirtschaftsgebiete, zum anderen durch die Tatsache, daß sie auf dem einen Grundsatz aufgebaut sind: ein Volk, und zwar das deutsche Volk, zum ausgebeuteten, zum Frohnknecht der übrigen Staaten zu machen. (Výkøiky poslancù komunistických a posl. Krebse.) Ich habe den Herren schon vorhin gesagt, daß ich mit ihnen nicht polemisiere; es ist überflüssig, sich mit ihnen in Erörterungen einzulassen. Zum zweiten durch die Tatsache, daß sie auf dem einen Grundsatz, dem einen Streben aufgebaut sind: ein Volk, und zwar das deutsche Volk, zum ausgebeuteten, zum Frohnknecht aller anderen zu machen. (Souhlas.) Die anderen wollen dann von seiner Arbeit ein bequemes und sorgloses Rentnerdasein führen. Das hat vor allem Frankreich glänzend verstanden und deshalb hat es heute keine Arbeitslosigkeit aufzuweisen. Dieses Streben, das ich gekennzeichnet habe, führte zur völligen Herrschaft des Geldes, zur Züchtung des ausgesprochensten Hochkapitalismus, in dessen Zeichen wir heute stehen. Er wurde durch den Dawes- und durch den Youngplan heraufgeführt und hochgezüchtet und eine Ironie der Geschichte ist es, daß gerade die Sozialdemokraten diese Entwicklung wesentlich herbeigeführt haben. Heute herrscht das Geld und mit ihm das Gold. Frankreich und Amerika sind die beiden Hauptnutznießer dieser Entwicklung. Selbst England ist von seiner hervorragenden Stellung bereits zurückgegangen, wie die Entwicklung der letzten Wochen und Monate zeigt.

Die Welt zerfällt in Gläubiger- und Schuldnerstaaten. Ein Treppenwitz der Weltgeschichte ist es, daß die Schuldnerstaaten, statt gegen die Gläubigerstaaten eine Front zu bilden, sich bemühen, mit diesen gemeinsam zu gehen. Darin liegt der ursächliche Fehler der ganzen reichsdeutschen Erfüllungspolitik, auch der ursächlichste Fehler jener der Èechoslovakei, Polens, Südslaviens und Rumäniens, die Schuldner und gleichzeitig Trabanten Frankreichs sind. (Souhlas.) Je mehr sie dieses Frankreich zum Beherrscher Europas machen, in desto tiefere Knechtschaft versinken sie. Die Vernunft müßte diesen Schuldnerstaaten, dem Deutschen Reiche, der Èechoslovakei, Österreich, Ungarn, Südslavien und Rumänien gebieten, zusammenzugehen, umsomehr, als sie sich wirtschaftspolitisch ergänzen. Das wäre dann das sogenannte Mitteleuropa oder das Regionalsystem, das durch die österreichischdeutsche Zollgemeinschaft angebahnt werden sollte. Warum hat aber die Èechoslovakei dieser Plan abgew ürgt?. Trotz der Teilnahme deutscher Parteien an der Macht, die bekanntlich außerhalb der Regierung sich für ihn ausgesprochen, aber in der Regierung wie üblich geschwiegen haben. Weil Frankreichs Gedeihen ihr wichtiger als das eigene ist, weil ein blindwütiger Chauvinismus die Èechen hindert, klar zu sehen. Dieses wirtschaftliche Regionalsystem hat natürlich die gedeihliche Lösung der nationalen Frage zur Voraussetzung. Vielleicht begreifen die Herren jetzt, daß die Forderung nach nationaler Selbstverwaltung keine Zufallslösung und kein bloßes Schlagwort darstellt (Posl. Krebs: Auch keinen Provinzialísmus!), auch keinen Provinzialismus, sondern einen Teil eines großen politischen und sozialen Entwurfes.

Die Gegenwart drängt nach größeren Staatsverbänden. Aber Paneuropa ist nicht die Krönung dieses Werkes, denn dazu sind die Gegensätze zu groß. Ich habe derartige Gegensätze eben aufgezeigt, Paneuropa ist nichts anderes als die Verewigung der Vorherrschaft Frankreichs über Europa. Diese Herrschaft aber muß gebrochen werden, weil sie die Quelle alles politischen und eine der Hauptursachen des wirtschaftlichen und sozialen Elends in Europa ist. Aber nicht gebrochen durch Krieg - man muß derartige Dinge, obzwar sie allgemein bekannt sein sollten, immer wieder unterstreichen. Ein Krieg liegt nicht in unserem Programme, auch nicht, wie ich ausdrücklich feststellen möchte, im Programm unserer reichsdeutschen Bruderbewegung - sondern durch die Loslösung der Währung von Gold. Dann kann Frankreich auf seinen Goldsäcken sitzen und verhungern (Posl. Krebs: Oder anfangen, vernünftig und ehrlich zu arbeiten!), oder anfangen, vernünftig und ehrlich zu arbeiten. England hat, wenigstens vorläufig, hoffentlich dauernd, diesen Anfang bereits gemacht. Das ist aber nicht der letzte, sondern der erste Schritt, denn das Ziel muß heißen: Beseitigung des kapitalistischen Systems, das auf der Vorherrschaft des Geldes über die Arbeit beruht, das seine Unfähigkeit immer mehr erweist und sich nicht mehr reformieren läßt. Die Rationalisierung war der letzte und mißglückte Versuch einer Reform (Souhlas.), der wahnsinnige Summen verschlungen und unzählige Menschen in Elend und Arbeitslosigkeit gestürzt hat, ohne zu einer gedeihlichen Änderung zu führen.

Davon aber finden wir kein Wort in der Regierungserklärung. Daß es uns besser geht als allen anderen, ist kein Inhalt einer Regierungserklärung, die ernst genommen werden will. Ein Glück, daß der Minister des Äußeren nicht auch noch gestern gesprochen hat. Er hätte vermutlich von fortschreitender Konsolidierung Europas und von Abrüstung erzählt. Etwas anderes haben wir aus seinem Munde noch nicht gehört. Während im Osten Japaner und Chinesen trotz Beneš, Konsolidierung und Völkerbund unterdessen lustig aufeinander losschlagen und der Völkerbund sich unsterblich blamiert.

Zusammenfassend stelle ich fest: Unhaltbar sind die Friedensverträge oder Friedensdiktate, wie man sie richtiger nennt, unhaltbar ist das durch sie herbeigeführte hochkapitalistische System. Notwendig ist eine nationale und wirtschaftliche Neuordnung auf der Grundlage der Selbstverwaltung oder Selbstregierung der Völker in größeren Staatsverbänden, notwendig die Loslösuung der Währungen vom Golde. Das ist ein Teil unseres politischen und wirtschaftlichsozialen Programmes. Ich unterstreiche, daß das nicht etwa bloß unsere Anschauung, die Anschauung der sudentendeutschen Nationalsozialisten ist, sondern - man braucht ja nur die gestrige Rede unseres Parteigenossen Dr. Frick im Reichstag zu lesen, - daß es auch die Anschauung unserer reichsdeutschen Parteigenossen ist. Die überzeugende Kraft dieser Idee ist die Ursache unserer Wahlerfolge hüben und drüben, vielleicht begreifen jetzt einmal die Herrschaften von den verschiedenen Gegenseiten, daß man eine Idee nicht mit unsinnigen lächerlichen Flugblättern, mit Verboten und derartigen Dingen zu stürzen vermag. Die Märchen, die über uns und noch mehr über unsere reichsdeutsche Bruderbewegung erzählt werden, die Angstpsychose, die durch unseren Aufstieg hervorgerufen wird, und die zu allen möglichen Verfolgungen führt, vermögen die überzeugende Kraft der Idee nicht zu mindern.

Soviel für heute. Wir werden ja Gelegenh eit haben, bei der Behandlung des Staatsvoranschlages im Ausschuß gerade zu diesen Gegenständen ausführlicher zu sprechen. Man wird mir einwerfen, daß das ein Programm auf weite Sicht ist und daß augenbli cklich etwas geschehen müsse. Nun, die Regierung schlägt uns allerdings keinen Weg vor, der augenblicklich beschritten werden könnte, aber wir, die angeblichen Utopisten, wir legen einen sehr leicht zu verwirklichenden Vorschlag vor, der geeignet ist, der Not des kommenden Winters einigermaßen zu steuern. Gestern haben die Abg. Jung, Krebs, Kasper und Gen. einen Antrag eingebracht, der auch im Senat durch Teschner und Köhler eingebracht wird und der eine Hilfe für die Arbeitslosen vorsieht, die keine Arbeitslosenunterstützung beziehen und der gleichzeitig den Gemeinden, auf denen wir dieses Werk aufbauen wollen, die Möglichkeit gibt, ihre Arbeitslosen zu beschäftigen und dabei gleichzeitig für sich selbst etwas zu schaffen.

Ich habe hier nicht die Absicht, den Antrag, der ja in Druck aufgelegt werden wird, ausführlich oder vollständig zu verlesen, sondern ich will mich auf diese kurzen Mitteilungen beschränken und will nur hinzufügen, daß die Vorschläge, die wir machen, durchführbar sind, weil sie sich mit verhältnismäßig geringen Mitteln verwirklichen lassen. Daraus kann man ersehen, daß wir auch für eine augenblickliche Linderung der Not zu sorgen wissen, u. zw. in einer Weise, die man verwirklichen kann. Hätte die Regierung einen derartigen Vorschlag gemacht, so wäre das weitaus wertvoller gewesen als die inhaltslose Regierungserklärung, die außer einigen allgemeinen Phrasen und einer Menge von Eigenlob nichts enthält und die wir daher ablehnen müssen. (Potlesk.)

2. Øeè posl. dr Schollicha (viz str. 14 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Nach mehrmonatiger Pause hat die Regierung es für gut gefunden, die Volksvertretung zur Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Rechte einzuberufen. Wir können es der derzeitigen Regierungsmehrheit nachempfinden, daß sie sich nur schweren Herzens und zögernd entschloß, diesen notwendigen Schritt zu tun, der deshalb unerläßlich war, weil als erste und dringendste Aufgabe und nächste Arbeit die Beratung des Staatsvoranschlages für das nächste Jahr bevorsteht, der der ordnungsgemäßen Beratung und Beschlußfassung zugeführt werden soll, weil ja sonst die verkappte Diktatur, die hierzulande durch einige allmächtige Persönlichkeiten und Parteien seit Jahren ausgeübt wird, gar zu sichtbar werden würde und weil dadurch das Märchen von dem demokratischen Freiheitsstaat und dem Eiland wahrer Demokratie und wie alle diese Ausdrücke sonst heiß en, die zur Täuschung der Öffentlichkeit gebraucht werden, zerstört werden würde. Nach monatelanger Untätigkeit sind wir im Anfang des Monats Juli auseinandergegangen, ohne auch nur die dringendsten und wichtigsten Aufgaben und Fragen auf sozialem, kulturellem, wirtschaftlichem und politischem Gebiet einer Lösung zugeführt zu haben, einfach deshalb, weil die verschiedenen Parteien der Regierungskoalition das notwendige Kompromiß in diesen wichtigen Fragen nicht zu finden vermochten, weil sie sich in schwerem engherzigem Parteiringen in den Haaren lagen. Ob nun die sommerliche Erholung eine bessere Situation geschaffen hat, ob die Gegensätze zwischen den einzelnen Parteien der Regierung inzwischen vermindert wurden, ob sich dadurch die Aussicht eröffnet, daß nunmehr die èechoslovakische Nationalvers ammlung daran gehen wird, diese schweren Probleme mit allem Ernste zu betrachten und eine Lösung zu versuchen, muß vorläufig noch abgewartet werden.

Das gestern vom Chef der Regierung Ministerpräsidenten Udržal vorgetragene Regierungsexposé hat unsere bangen Zweifel in die Arbeitsfähigkeit der Koalition und des Hauses nicht zu beheben vermocht. Wer erwartete, daß der Chef der Regierung gewissermaßen ein Programm über diese wichtigen Arbeiten hier entwickeln werde, daß er den Weg aufzeigen werde, der uns aus dieser schweren Krise herauszuführen geeignet ist, der muß wohl sagen, daß er weitgehend getäuscht worden ist. Selten sind so viele Gemeinplätze in so wenigen Worten hier vorgetragen worden, obwohl wir wahrlich nach dieser Richtung hin durch Regierungserklärungen in den letzten Jahren nicht verwöhnt worden sind. Es müßte sich doch wohl einmal der jeweilige Regierungschef abgewöhnen, stilistische Vorträge und Übungen eines untergeordneten Beamten hier als wichtige Regierungserklärung abzulesen, denn anders kann man wohl die gestern hier vorgetragene Regierungserklärung nicht auffassen. Wer sie durchliest, muß zu der traurigen Erkenntnis - kommen, daß darin von eines Geistes Blitz kaum ein Hauch zu finden ist, daß man daher, ie wenn die Regierung, die hinter dieser Regierungserklärung steht, so arm an Geist ist, auch von dieser Regierung nicht viel in dieser schweren Zeit erwarten kann. Wir haben lediglich die Erklärung des Ministerpräsidennten darin gefunden, daß wir in einer schweren Krise stehen. Diese Tatsache und Wahren heit haben auch politische Analphabeten und en Kinder in den Schulen bereits zu erkennen vermocht. Das ist eine Krise, die nicht bloß eine èechoslovakische Krise ist; sie ist nicht en eine Krise vielleicht einzelner Produktionszweige, z. B. der Landwirtschaft, der Industrie u. dgl. mehr, sondern man weiß heute bereits, daß es sich nicht bloß um eine europäische Krise, sondern um eine Weltwirtschaftskrise handelt. Diese Weltwirtschaftskrise äuß ert sich in auß erordentlich schweren Erschütterungen in den einzelnen Staaten, selbst in jenen Staaten, die scheinbar am besten fundiert nach außen schienen. Diese Krise zeigt sich in allen Zweigen der Wirtschaft, sie greift tief in das Leben eines jeden einzelnen ein und es macht den Eindruck, als ob wir den Höhepunkt noch lange nicht erreicht hätten, es macht den Eindruck, als ob infolge der Unfähigkeit der verantwortlichen Staatsmänner die Welt in ein Chaos versinken und vollständig dem Bolschewismus in die Arme getrieben werden soll.

Es ist begreiflich, daß man gegenüber den schweren Auswirkungen der Krise in den einzelnen Staaten Versuche macht, Maßnahmen trifft, um das Unheil aufzuhalten oder wenigstens in die mildeste Form zu bringen. Es ist aber ebenso sicher und klar, daß die Èechoslovakei, die ja von Natur aus am besten von allen Nachfolgestaaten in ihr Dasein getreten ist, die natürlichsten Voraussetzungen für eine blühende Volkswirtschaft besäße, daß aber die Èechoslovakei nicht verschont bleiben kann, daß sie keine Insel der Seligen bleiben wird, daß sie in den Strudel mit hineingerissen werden muß. Vorboten des heranschreitenden Unheils haben wir hier in der Èechoslovakei ja auch schon zu beobachten Gelegenheit gehabt. Es hätte daher Aufgabe einer vorsorglichen Regierungspolitik sein müssen, sich ernsthaft mit diesem schweren Probleme zu beschäftigen und ihrerseits alles, aber auch alles vorzukehren, um einer Katastrophe vorzubeugen. Seit Jahr und Tag war Zeit genug dazu, und wenn schon nicht früher, so war wenigstens die letzten Monate über den Sommer Zeit genug, den Fragen auf den Grund zu gehen und ein festes Programm zu entwickeln. Was Udržal als Regierungschef gestern hier vorgetragen hat, darüber auch nur ein Wort zu verlieren, hieße, diesem Exposée zzu viel Ehre anzutun. Es zeigt, daß man noch nicht einmal auf die Grundursachen zurückgegangen ist, noch nicht fähig ist, sie zu erkennen, und daß man noch immer mit kleinlichen Mitteln und Mittelchen die Gefahr beschwören zu können glaubt.

Ich will nicht auf alle einzelnen Punkte dieser Regierungserklärung eingehen, die die vollständige Unfähigkeit dieser Regierungskoalition zeigt. Sie zeigt, wie ich betonte, daß man die Grundursachen noch nicht zu analysieren verstand. Wir haben seit Jahr und Tag, - und ich glaube alle deutschen Redner, - darauf hingewiesen, daß das Grundübel in den vollständig verfehlten sogenannten Friedensverträgen, oder sagen wir richtiger Machtdiktaten von St. Germain, Versailles, Trianon usw. zu finden ist, die lediglich von Hass diktiert waren gegen das deutsche Volk, von einem Vernichtungswillen gegen den deutschen Staat und die im Weltkrieg mit ihm verbündeten Staaten und die dadurch schon das Unrecht in sich tragen und daher ein unbrauchbares Instrument eines wahren Friedens sein müssen, selbst dann, wenn das Machtdiktat in noch so schöne Worte über Völkerversöhnung, über Demokratie, Selbstbestimmungsrecht u. dgl. gekleidet ist. Aus dieser Erkenntnis heraus haben wir uns zwangsläufig einstellen müssen in die Front jener, die eine Revision der Friedensverträge verlangten, weil nur dadurch, daß das Uebel an den Wurzeln beseitigt wird, auch zugleich die notwendige Neuordnug für die Zukunft getroffen werden kann. Wir mußten leider feststellen, daß nach dieser Richtung hin hierzulande wenig Verständnis besteht, was am besten die im März dieses Jahres in Prag gegründete Antirevisionsliga der Èechoslovakei beweist, die Antirevisionsliga, der natürlich sofort alle großen Staatsmänner und Politiker des èechischen Volkes beitraten und damit nach auß en hin sichtbar zum Ausdruck brachten, daß sie gegen jede noch so vernünftige Revision selbstverständlich Stellung nehmen werden. Diese Tatsache der Gründung einer solchen Antirevisionsliga wird selbstverständlich nicht hindern, daß die Front der Revisionisten in der ganzen Welt immer mehr zunimmt, sich verbreitert; sie wird nicht hindern, daß die Erkenntnis von der Undurchführbarkeit der Friedensverträge immer weitere Kreise ergreift. Das Eingreifen des amerikanischen Präsidenten Hoover in der Schuld- und Tributfrage zeigt doch bereits weitestgehend, wie tief diese Erkenntnis auch außerhalb Europas platzgegriffen hat und daß sich die Kabinette nach den Ereignissen in Deutschland bereits eingehend damit beschäftigen müssen. Auch die schmerzliche Erkenntnis haben die Ereignisse in Deutschland wohl bereits zeitigen können, daß, wenn Deutschland heute zugrunde geht und dem Chaos verfällt, dieses Unglück nicht allein auf das deutsche Volk und den deutschen Staat beschränkt bleibt, sondern daß dies bei der innigen Verquickung der Weltwirtschaft zugleich eine Katastrophe für die anderen Staaten, für die übrigen Völker bedeuten wird und bedeuten muß.


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