Pátek 19. èervna 1931
Meine Damen und Herren! Es ist nun schon Jahre her, daß die seinerzeit vom Ministerium für soziale Fürsorge ernannte ministerielle Kommission beschlossen hatte, in die Novelle zum Pensionsversicherungsgesetz der Privatangestellten die Einrechnung der nichtversicherten Dienstzeit aufzunehmen. Die Deckung sollte der Staat aufbringen. Zweifellos mit vollem Rechte. Denn erstens stellt der dafür geforderte Staatsbeitrag nur eine vorübergehende Belastung für die Dauer von 40 Jahren dar und zweitens durften die Privatangestellten darauf hinweisen, daß ein solcher Staatsbeitrag auch in der Sozialversicherung der Arbei ter vorgesehen ist und in der wahrscheinlich doch noch einmal kommenden Versicherung der Selbständigen ebenfalls vorgesehen wird. Schließlich sagten sich die angestellten: wenn der Staat durch die Regierung den denkbar stärksten Einflußauf die Verwaltung der Pensionsversicherungsanstalt ausübt, so daß die höchsten Beamten der Anstalt nicht aus freier Wahl der Versicherten hervorgehen, sondern von der Regierung ernannt werden, wenn weiters der Staat den denkbar stärksten Einfluß nimmt auf dieAnlage der von der Pensionsversicherungsanstalt verwalteten Gelder, wenn also die Selbstverwaltung der Versicherten geradezu zur Farce geworden ist, dann muß dieser Staat auch entsprechende Pflichten gegenüber diesen Versicherungseinrichtungen übernehmen.
Und schließlich durften die Angestellten darauf hinweisen, daß sie durch die Dienstvertragsgebühr noch immer einer doppelten Besteuerung unterliegen und auch aus diesem Titel Verplichtungen des Staates gegenüber den Wohlfahrtseinrichtungen der Angestellten durchaus berechtigt sind. Aber Monsignore Šrámek, der seinerzeitige Fürsorgeminister, ein bekannter Fiskalist, dachte wesentlich anders als die versicherten Angestellten. Er strich kurzerhand den vorgesehenen Staatsbeitrag, womit auch die Einrechnung der nichtversicherten Dienstzeit in Wegfall kam. Seit diesem Zeitpunkt wird der ununterbrochene Kampf um die Einrechnung der nichtversicherten Dienstzeit in die Pensionsversicherung der Privatangestellten geführt.
Geführt wurde dieser Kampf bis zum heutigen Tage, an welchem das Parlament ein Gesetz behandelt, das nunmehr den Wünschen der Privatangestellten Rechnung tragen soll. Allerdings wird dieses Gesetz, das uns nunmehr hier vorliegt, den Angestellten mancherlei Enttäuschungen bringen. Schon deshalb, weil auch dieses Gesetz den Staatsbeitrag nicht vorsieht. Das heißt, es ist in der Zwischenzeit nicht gelungen, den Finanzminister von der Notwendigkeit eines solchen Staatsbeitrages zu überzeugen; es ist der gegenwärtigen Regierungskoalition ebensowenig wie dem vorausgegangenen sogenannten Bürgerblock gelungen, auf den Finanzminister einen solchen Einfluß auszuüben, daß der Staatsbeitrag bewilligt wird. Wenn die Angestellten trotzdem dem in der ministeriellen Kommission zustandegekommenen Kompromiß zugestimmt und sich bereit erklärt haben, die Hälfte der Prämienerhöhung auf sich zu nehmen, so nur aus dem Grunde, um das Gesetz nicht zu gefährden und den älteren Angestellten so rasch als möglich eine Hilfe zu bringen. Mit dieser Stellungnahme der Angestelltenvertreter in der ministeriellen Kommission soll aber keinesfalls zum Ausdruck gebracht werden, daß die Angestellten nunmehr auf den Staatsbeitrag Verzicht leisten. Der Staat, der für alles Geld hat, der Milliarden dem Militarismus opfert, der hunderte von Millionen den Banken zur Verfügung stellt- und schließlich auch den eigenen Unternehmungen, die wegen ihrer unwirtschaftlichen Betriebsführung aus der Defizitwirtschaft nicht herauszukommen vermögen, muß auch das entsprechende Geld für die soziale Wohlfahrt zur Verfügung haben. Zur sozialen Wohlfahrt gehört ganz zweifellos auch die Hilfe für die älteren Privatangestellten, für die bisher der Staat nicht allzuviel übrig hatte. Deshalb erheben die Privatangestellten nach wie vor den berechtigten Anspruch auf den Staatsbeitrag.
Mit diesem Gesetz werden die Prämien für die Pensionsversicherung der Privatangestellten eine entsprechende Erhöhung erfahren. Die Erhöhung hat natürlich nicht nur der Angestellte, sondern auch der Arbeitgeber zu tragen. Allerdings haben es die Arbeitgeber sehr gut verstanden, diese kleine Erhöhung der sogenannten sozialen Lasten durch die inzwischen vorgenommenen Gehaltsherabsetzungen auszugleichen, die ganz zweifellos ein Vielfaches der durch dieses Gesetz für die Arbeitgeber erfolgten Belastung ausmachen. Umso schwerer werden die Angestellten die neuerliche Erhöhung der Pensionsversicherungsprämien tragen. Aber wenn sie schon bereit waren, das Opfer auf sich zu nehmen, dann geschah es vor allem in dem guten Glauben, durch dieses Gesetz eine wesentliche Entlastung auf dem Arbeitsmarkt zu erhalten. Insoweit wird das Gesetz für die Privatangestellten eine gewisse Enttäuschung bedeuten, weil in ihm nicht vorgesehen ist, daß die Erhöhung der Renten nur jenen Angestellten zugute kommt, die den Arbeitsplatz faktisch verlassen. Die diesbezügliche Forderung der Privatangestellten war durchaus berechtigt. Umso unverständlicher wird es in weiten Kreisen der Privatangestellten empfunden werden, daß man dieser Forderung im vorliegenden Gesetz nicht Rechnung getragen hat, obzwar es auch der Regierung bekannt sein muß, daß der Arbeitsmarkt der Privatangestellten seit langem außerordentlich stark überlastet ist und viele tausende Privatangestellte nicht die Möglichkeit haben, in ihrer beruflichen Laufbahn vorwärts zu kommen, weil sie durch die pensionsreifen älteren Angestellten daran gehindert werden. Es trifft allerdings zu, daß das Pensionsversicherungsgesetz schon in seiner allerersten Fassung die sogenannte unbedingte Altersrente vorgesehen hatte. Das ist aber unseres Erachtens nach kein Grund, daß diese Bestimmung nun für die ganze Dauer der Pensionsversicherung der Privatangestellten aufrecht erhalten bleibt. Die Angestellten legen in ihrer Mehrheit sicherlich wesentlich mehr Wert darauf, daß gewisse Verbesserungen des Pensionsversicherungsgesetzes vorgenommen werden, die schon seit langem ausständig sind. Zu allererst würden es die Angestellten begrüßen, wenn endlich eine Herabsetzung der Altersgrenze vorgenommen würde. Sie würden ohne Zweifel damit einverstanden sein, daß an Stelle der unbedingten Altersrente die herabgesetzte Altersgrenze in der Pensionsversicherung der Angestellten eingeführt würde. Es kann unseres Erachtens nur eine Frage der versicherungsmathematischen Errechnung sein, ob es möglich ist, durch das Fallenlassen der unbedingten Altersrente die Altersgrenze entsprechend dem Antrag der größten deutschen Angestelltengewerkschaft, des DHV, um 5 Jahre herabzusetzen. Diese Frage ist für die Privatangestellten auch deshalb außerordentlich bedeutungsvoll, weil sie gerade in der gegenwärtigen Zeit der Rationalisierung in den Lebensjahren von 50 bis 60 in ihrer Existenz am allerstärksten gefährdet sind. Das wird jede Stellenvermittlung der Angestelltenorganisationen ohne weiters nachweisen können. In dem Alter zwischen 50 und 60 ist es nachweisbar nur den allerwenigsten Privatangestellten möglich, eine neue und entsprechende Stellung zu erhalten. Deshalb wäre auch der rechtzeitige Schutz durch das Pensionsversicherungsgesetz von unschätzbarem Werte für die Privatangestellten, die darin einen viel größeren Vorteil erblicken würden, als in der Ausschüttung der unbedingten Altersrente an die noch in Stellung befindlichen älteren Angestellten. Ich möchte diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne den Herrn Minister für soziale Fürsorge zu ersuchen, die Allgemeine Pensionsanstalt zu beauftragen, den Antrag des DHV auf seine versicherungsmathematische Tragfähigkeit untersuchen zu lassen und dafür zu sorgen, daß im Wege einer neuerlichen Novellierung des Pensionsgesetzes die Herabsetzung der Altersgrenze möglichst festgelegt wird. Sehr bedauerlich ist, daß der vorliegende Entwurf, trotz des darin enthaltenen Fortschritts, gegenüber dem jetzigen Pensionsversicherungsgesetz eine Reihe von Mängeln aufweist, die unseres Erachtens nicht unbedingt darin enthalten sein müssen. Das betrifft vor allem die sogenannten Überalten nach § 187 des Versicherungsgesetzes, deren nichtversicherte Dienstzeit nicht in Anrechnung gebracht werden soll, obzwar es sich dabei durchwegs um Rentner handelt, die nur die denkbar niedrigsten Renten erhalten und deren Lebensdauer ganz zweifellos außerordentlich stark beschränkt ist. Die Einbeziehung dieser Gruppe wirklich bedürftiger Menschen hätte gewiß keine solche Belastung mit sich gebracht, daß darunter die rechnerische Grundlage dieses Gesetzes erschüttern worden wäre. Deshalb durften auch die Angestellten erwarten, daß sich der Staat der sozialen Hilfeleistung gerade gegenüber diesen am meisten schutzbedürftigen Angestellten nicht verschließen werde. Wenn auch das letzte Pensionsversicherungsgesetz, das mit 1. Jänner 1929 in Kraft getreten ist, diesen Versicherten mancherlei Vorteile eingeräumt hat, war das unseres Erachtens nach noch kein Grund, diese Angestellten nunmehr von den Wohltaten des vorliegenden Gesetzes auszuschließen. Wenn das Gesetz den älteren Angestellten ausnahmslos wirkliche Vorteile bringen wollte, dann müßte für die Einrechnung der nichtversicherten Dienstzeit auch all das in Betracht gezogen werden, was zu einer Erhöhung der Renten führen könnte. Die Angestelltenverbände haben wohl durchwegs die Einrechnung der aktiven Militärdienstzeit der älteren Angestellten gefordert, ebenso die Anrechnung der Studienjahre. Beide Forderungen sind leider nicht erfüllt worden, obzwar auch sie keine wesentliche Belastung der Rechnungsgrundlagen dieses Gesetzes mit sich gebracht hätten. Außerdem wäre mit der Einrechnung der aktiven Militärdienstzeit und der Studienzeit manchem älteren Angestellten geholfen worden. Die Rente dieser Angestellten hätte eine weitere kleine Erhöhung gefunden. Damit wäre auch der Nachteil beseitigt worden, der gegenüber den jüngeren Angestellten besteht, für die nach dem letzten Pensionsversicherungsgesetz vom Feber 1929 die Einrechnung der Militärdienstzeit festgelegt wurde. Die Nichteinrechnung der Studienjahre für die älteren Angestellten ist ganz zweifellos eine Nichtbeachtung jener Gruppen von Angestellten, die sich zumeist in höheren Stellungen befinden und durchaus beanspruchen konnten, daß die Zeit, die sie auf höheren Schulen verbracht haben, ebenso gewürdigt werde, wie jene Zeit, die, sagen wir, der Lehrzeit im allgemeinen entspricht.
Nicht einbezogen wurden auch die versicherten Jahre der Bergbauangestellten, soweit die Versicherung in den Bruderladen erfolgte. Damit werden sehr viele Bergbauangestellte außerordentlich schwer betroffen und so manche Hoffnungen vernichtet werden. Ich bin überzeugt, daß sich auch hier ein Ausweg hätte finden lassen, da die Bruderladen, die die Versicherung durchführten, unbekümmert darum, ob die Versicherten Arbeiter oder Angestellte waren, in außerordentlich schwierige finanzielle Verhältnisse geraten sind und nicht mehr in der Lage waren, die versicherte Bruderladenzeit für die Pensionsversicherung der Privatangestellten einzukaufen. Die Bergbauangestellten durften deshalb erwarten, daß durch die Einrechnung der nicht versicherten Dienstzeit ein ihnen gegenüber geschehenes bitteres Unrecht nunmehr wenigstens einigermaßen wettgemacht wird. Hier hätte vor allem der Staat die Aufgabe gehabt mit eigenen Mitteln einzugreifen, um diese Bruderladenversicherungsjahre in die Pensionsversicherung der Angestellten mit aufzunehmen.
Sehr bedauern wir, daß noch immer nicht die wichtigsten zwischenstaatlichen Verträge zum Abschluß gekommen sind, die es vielen hunderten Angestellten ermöglicht hätten, ihre, insbesondere auf dem Boden des österreichischen Staates erworbenen Dienstjahre, voll angerechnet zu erhalten. Da es nunmehr zu einem zwischenstaatlichen Vertrage mit Deutschland gekommen ist, den wir außerordentlich begrüßen, hoffen wir, daß das Ministerium für soziale Fürsorge alles tun wird, um die beiderseitige Anerkennung der Versicherungszeit auch mit den Nachfolgestaaten des alten Österreichs, insbesondere mit Österreich selbst, herbeizuführen. Denn sonst werden dadurch, daß dieses Gesetz die auf österreichischem Boden erworbenen Dienstjahre nicht anrechnen läßt, tausende Angestellte außerordentlich schwer geschädigt, die doch unmöglich für die politischen Umwälzungen nach dem Weltkriege verantwortlich gemacht werden können. Hier müssen unbedingt alle notwendigen Schritte getan werden, um das durch dieses Gesetz verursachte Unrecht so rasch wie möglich gutzumachen, um so mehr, als ja nicht einmal die Dienstjahre vor 1909, also vor dem Inkrafttreten des alten österreichischen Pensionsversicherungsgesetzes, in Anrechnung kommen sollen. Das hätte unseres Erachtens unter allen Umständen vermieden werden müssen. Die Bedeckungsfrage kann hier kaum ausschlaggebend gewesen sein. Kleine Fehlbeträge hätten die Pensionsversicherungsanstalten ohne weiters übernehmen können. Das ist nun leider vollkommen außer acht gelassen worden. Ja, meines Erachtens sind überhaupt keine besonderen Anstrengungen gemacht worden, um über das in der ministeriellen Kommission geschlossene Kompromiß hinaus Verbesserungen dieses Gesetzes zu erreichen. Ich habe im sozialpolitischen Ausschusse auch Stellung zu jenen Rentnern genommen, die ihre Renten nach § 177, Abs. 6 erhalten, und verlangt, daß die Durchführungsverordnung zu dem Gesetze klar und deutlich ausspreche, daß die Erhöhung der Renten aus der nicht versicherten Dienstzeit auf die alten Renten von 7.200 Kè zugeschlagen werde. Der Berichterstatter sagte dies ausdrücklich zu, so daß darüber kein Zweifel mehr bestehen kann.
Mit den Fristen, innerhalb welcher die Ansprüche aus diesem Gesetze geltend gemacht werden sollen, sind wir einverstanden, obzwar wir uns der großen Schwierigkeit der Beschaffung der nötigen Unterlagen bewußt sind. Hiebei bemerke ich, daß wir den größten Wert darauf legen, daß Richtlinien über die Beschaffung der nötigen Behelfe einvernehmlich zwischen der Allgemeinen Pensionsversicherungsanstalt und den Angestelltengewerkschaften - eine diesbezügliche Zusage besteht - durchgeführt werden, um zu verhindern, daß bloßer Formalitäten wegen Ansprüche verloren gehen.
Das Gesetz hat sich, was die Privatangestellten bedauern, leider nur auf die Einrechnung der nichtversicherten Dienstzeit beschränkt. Darin mag wohl der größte Mangel des Gesetzes gesehen werden. Trotzdem anerkennen wir den Fortschritt gegenüber dem bisherigen Zustand. Deshalb wird das Gesetz ja auch von den Privatangestellten durchaus begrüßt werden, weil es nunmehr eine bisher so fühlbare Lücke des Pensionsversicherungsgesetzes ausfüllt.
Aber bei dieser Teilnovellierung des Pensionsversicherungsgesetzes darf es keinesfalls bleiben. Die Notlage der Rentner, insbesondere aber der Witwen und Waisen nach verstorbenen Versicherten ist derart groß, daß sie im Wege der Gesetzgebung so rasch wie möglich beseitigt werden muß. Das liegt nicht so sehr bei diesem Gesetze selbst, sondern vielmehr bei der gänzlich unzulänglichen Aufwertung der bis zum 31. Dezember 1928 erworbenen Ansprüche, die weder den Teuerungsverhältnissen entsprechen, noch dem Lebensstandard der Privatangestellten, die zweifellos nicht auf Rosen gebettet sind. Aber gerade deswegen, weil die Angestellten so gut wie keine Möglichkeit mehr haben, Ersparnisse aus ihren Gehaltsbezügen auf die Seite legen zu können, muß die Pensionsversicherung einen solchen Ausbau der Leistungen erfahren, daß der Privatangestellte ohne Sorge um sein Alter und ohne Sorge um die Zukunft seiner Angehörigen, seiner schweren Berufsarbeit nachgehen kann, von der schließlich und endlich das Gedeihen der Wirtschaft nicht zuletzt abhängt.
In dieser Richtung aber haben die letzten Novellierungen des Pensionsversicherungsgesetzes enttäuscht, da eine ganze Reihe bestehender Mängel des Gesetzes nicht zur Beseitigung gekommen sind. Es ist deshalb begreiflich, daß auch nach der Verabschiedung dieses Gesetzes die Kritik einsetzen wird, weil die Angestellten erwartet haben, daß endlich etwas ganzes auf dem Gebiete der Angestelltenpensionsversicherung geschaffen wird, das die Not der Rentner aus dem Privatangestelltenstande einigermaßen lindert und die Ansprüche der Versicherten nicht durch Verklausulierungen gefährdet. Besonders müssen jene Bestimmungen eliminiert werden, die eine unsoziale und ungerechte Kürzung der Renten beinhalten. Alles zusammenfassend, ist zu sagen: Das Gesetz stellt einen sozialen Fortschritt dar trotz der ihm anhaftenden Mängel. Deshalb werden wir für das Gesetz stimmen. Wir erwarten aber, daß der Herr Minister für soziale Fürsorge die Notwendigkeit einer weiteren Verbesserung des Pensionsversicherungsgesetzes anerkennt und dafür sorgt, daß dem Grundsatze sozialer Gerechtigkeit auch den Privatangestellten gegenüber Rechnung getragen wird durch die baldige Einbringung einer neuen Vorlage, die es sich vor allem zur Aufgabe stellen muß, Mängel und Fehler des geltenden Pensionsversicherungsgesetzes aufzuheben, die Rechte der Versicherten den Verwaltungskörperschaften gegenüber auszubauen und die Leistungen so zu gestalten, daß sie den berechtigten Ansprüchen der Angestellten und auch den gegenwärtigen Zeitverhältnissen entsprechen.
Bei dieser Gelegenheit müssen wir auf das entschiedenste Einspruch erheben gegen die letzten Ernennungen in die Pensionsversicherungsgerichte, die auf Grund einer Befragung der politischen Parteien vorgenommen worden sind, die wiederum "verpflichtet" waren, sich mit den befreundeten Gewerkschaften der Angestellten ins Einvernehmen zu setzen. Das ist auch ganz sicherlich geschehen. Der Schlüssel, nach welchem die Aufteilung der Mandate erfolgen sollte, blieb allerdings das Geheimnis des Ministers für soziale Fürsorge. Jedenfalls war von vornherein nicht daran gedacht, die Aufteilung der Mandate in wirklich unparteiischer Weise vorzunehmen, obzwar die Versicherungsgerichte nichts mit politischen Ansicnten zu tun haben. Ihre einzige Aufgabe ist, rechtzusprechen in allen jenen Fällen, in welchen sich die Rentner benachteiligt fühlen. Dazu bedarf es vor allem der notwendigen Sachkenntnis, d. h. der Kenntnis der Bestimmungen des Pensionsversicherungsgesetzes und der tatsächlichen Verhältnisse, aus welchen heraus der einzelne Streitfall entstanden ist. Da der Herr Minister selbst Wert darauflegte, daß möglichst Gewerkschaftler in die Versicherungsgerichte berufen werden, konnte angenommen werden, daß nur fachliche Eignung für die Ernennung bestimmend sein kann und daß das Größenverhältnis der einzelnen Angestelltenorganisationen mit in Betracht gezogen wird. Das ist aber nicht der Fall gewesen. Ausschlaggebend war nicht die fachliche Eignung des Betreffenden, sondern in erster Reihe das Parteibuch und nichts anderes. Die Ernennungen sind aber auch danach ausgefallen. So wurden allein von der Redaktion des "Sozialdemokrat" zwei Herren ernannt, obzwar die zu behandelnden Streitfragen sicher nicht in ihrer Mehrheit aus den Redaktionsstuben der Zeitungen kommen dürften. Jedenfalls ist dafür gesorgt worden, daß die sozialdemokratischen Gewerkschaften die Mehrheit der Beisitzer in den Versicherungsgerichten zu stellen vermochten, obzwar sie zahlenmäßig schwächer sind als die nichtmarxistischen. Am meisten benachteiligt wurde der DHV, die größte deutsche Angestelltenorganisation. In das Oberversicherungsgericht in Prag, in das 24 Beisitzer berufen wurden, wurden wohl drei deutsche Sozialdemokraten ernannt, aber nicht einer aus den Reihen der übrigen Angestelltengewerkschaften. Der DHV wurde nur mit einem ganzen Ersatzmitglied beglückt oder mit einem Ersatzmitglied für würdig erachtet.
Interessant ist, wie der Prager "Sozialde mokrat" die Ernennungspraxis zu rechtfertigen versuchte. Er schreibt, "ob denn der sozialdemokratische Minister ausgerechnet den Hakenkreuzlern entgegenkommen und ihnen Mandate für die Versicherungsgerichte schenken soll". Wir meinen, ohne uns in eine weitere Polemik einzulassen, daß der Herr Minister weder den Hakenkreuzlern, noch dem DHV etwas zu schenken braucht. Darum ist es uns nicht gegangen, sondern einzig und allein um das gute Recht, das auch uns zusteht. Da Vorrechte - des Geschlechtes, der Geburt und des Berufes nach der Verfassungsurkunde keine Geltung haben, kann es auch keine Vorrechte aus der Zugehörigkeit zu einer der Regierungsparteien geben. Die Ernennungen in die Versicherungsgerichte haben aber mit aller Deutlichkeit aufgezeigt, daß es solche Vorrechte gibt und daß es dieser Vorrechte wegen unterlassen wurde, die Beisitzer im Wege der ordentlichen Wahlen zu bestimmen. Es ist ja überhaupt bezeichnend, daß bis heute noch keine Wahlen in die Körperschaften der Sozial- und Pensionsversicherung ausgeschrieben wurden, obzwar sie seit Jahren fällig sind. (Výkøiky posl. Geyera.) So wird die Pensionsversicherung der Angestellten noch immer von Verwaltungskommissionen verwaltet, die in ihrer Zusammensetzung bei weitem nicht mehr dem Kräfteverhältnis der Angestelltenorganisationen entsprechen. In den Krankenkassen liegen die Verhältnisse bekanntlich ganz gleichartig. Es sind nun bald 20 Jahre her, daß die letzten Wahlen in diese für die gesamte Arbeitnehmerschaft so bedeutenden Verwaltungskörperschaften vorgenommen wurden. Die bisherigen Ernennungen sind keinesfalls als ein Ersatz der Wahlen anzusprechen, weil sie ja in beispielloser Weise dazu mißbraucht wurden, um Angehörige von Regierungsparteien zu Verwaltern der staatlichen Versicherungseinrichtungen zu machen und um das wirkliche Bild der parteipolitischen Struktur zu verwischen. Aber statt Wahlen auszuschreiben, trägt sich die Regierung mit dem Gedanken, auch für die kommenden Arbeitsgerichte die Beisitzer im Wege von Ernennungen zu bestimmen. Schon heute legen wir unseren entschiedenen Einspruch dagegen ein, weil wir zu dieser Regierung nicht das Vertrauen haben können, daß solche Ernennungen in wirklich einwandfreier und unparteiischer Weise vorgenommen werden, ganz abgesehen davon, daß die versicherten Arbeiter und Angestellten ein in der Gesetzgebung fest verankertes Recht haben, die Männer und Frauen ihres Vertrauens selbst wählen zu können. Wenn das gesunkene Vertrauen der Versicherten zu ihrer Sozialversicherungsanstalt wieder gehoben werden soll, dann ist die Ausschreibung der ausständigen Wahlen eine dringende Notwendigkeit, die nicht mehr negiert werden kann, wenn der Regierung daran gelegen ist, daß wieder Ruhe in die Verwaltungen dieser Körperschaften kommt, die einzig und allein die Aufgabe haben, dem Wohl der Versicherten zu dienen. Da die Wahlordnungen sowohl für die Pensionsversicherung als auch für die Krankenkassen längst festliegen, besteht keine begründete Ursache mehr, die Wahlen noch weiter hinauszuschieben.
Von einer Beunruhigung der Öffentlichkeit
kann keine Rede sein. Beunruhigt dürften nur jene Parteien sein,
die bisher aus den Ernennungen parteipolitischen Nutzen gezogen
haben. Deshalb aber dürfen die Versicherten nicht um ihr Wahlrecht
gebracht werden. (Potlesk.)
Hohes Haus! Die Regierung hat am 2. Juni im Abgeordnetenhause einen Gesetzentwurf, Druck 1191, aufgelegt, der heute zur Behandlung steht. Dieser Regierungsentwurf handelt von der Anrechnung der Hälfte der nichtversicherten Dienstzeit der pensionsversicherten Privatangestellten. Den älteren Privatangestellten wird nun die bereits vor dem Inkrafttreten des Pensionsversicherungsgesetzes im Jahre 1909 zurückgelegte, nicht versicherte Dienstzeit zur Hälfte in die Pensionsversicherung eingerechnet. Seit der Novelle des Pensionsversicherungsgesetzes vom 21. Feber 1929 unter der früheren Regierung ist dieser Regierungsentwurf das erste Gesetz, welches auf wiederholte Interpellationen und Interventionen auch von unserer Seite hin von der heutigen Regierung zu Gunsten der Privatangestellten, reichlich spät, wenn nicht zu spät eingebracht wird.
Der Gesetzentwurf ist nichts anderes als eine Fortsetzung der Novelle vom 21. Feber 1929 und enthält die bekannte Bestimmung zu Gunsten der Privatangestellten, für welche wir deutsche Christlichsoziale schon seinerzeit bei der Beratung der Novelle des Pensionsversicherungsgesetzes der Privatangestellten in höheren Diensten eingetreten sind und die wir schon damals in die Novelle vom 21. Feber 1929 aufgenommen wissen wollten. Unsere seinerzeitige Forderung, daß auch die Renten der älteren pensionsversicherten Privatangestellten durch einen Staatsbeitrag - analogerweise wie bei dem Sozialversicherungsgesetz vom 9. Oktober 1924, das ja auch einen Staatsbeitrag zu den Renten vorsieht - verbessert würden, scheiterte an dem Widerstande des damaligen Finanzministers. Die Privatangestellten, besonders die älteren, hatten begreiflicherweise ein großes Interesse an der Lösung der Frage nach unserem Sinne. Doch das Finanzministerium blieb hart. Auch diesmal wollte das Finanzministerium eine Belastung nicht übernehmen und so fand man nach langen Verhandlungen zwischen Dienstnehmern und Dienstgebern den Ausweg, die Mittel im Wege einer Erhöhung des Versicherungsbeitrages hereinzubringen.
Der Regierungsentwurf Druck Nr. 1191 ist also auch ein Kompromißwerk mit allen Licht- und Schattenseiten eines solchen. Von den Schattenseiten seien nur einige wenige erwähnt. Einige Gruppen ehemaliger jetzt in großer Notlage befindlicher Privatangestellten oder deren Hinterbliebenen, die bei dem Inkrafttreten der verschiedenen Pensionsversicherungsgesetze wegen bereits eingetretener Versicherungsunfähigkeit infolge Invalidität, Alter oder Tod, weder in eine Pflichtversicherung noch in eine freiwillige Versicherung zu Lasten der Arbeitgeber eintreten konnten, wurden wieder nicht berücksichtigt. Diese Gruppen befinden sich in größter wirtschaftlicher Not und müssen leider nach wie vor in ihrer höchst unangenehmen Lage verbleiben, und sind also sozusagen zum Hungertode verurteilt.
In dem Entwurfe hat man es ferner unterlassen, jene Bestimmungen des Pensionsversicherungsgesetzes außer Kraft zu setzen, welche die Einrechnung der nichtversicherten Dienstzeit entweder verhindern oder in der Höhe der Renten nicht auswirken lassen. Es ist ein Mangel des Entwurfes, daß eine Begrenzung der Renten durch die Zufälligkeit der Höhe der Pensionsgrundlage in den letzten Jahren die Einrechnung der mitversicherten Dienstzeit in jenen Fällen unmöglich macht, wo ältere Angestellte, wie jetzt ganz besonders in der Krisenzeit, arbeitslos werden und niedriger bezahlte Dienststellen annehmen müssen. Jene Rentner, die in den Jahren bis zum Jahre 1920, wenn auch in entsprechend gut bezahlten Stellungen, invalid wurden, oder eine Altersrente beziehen mußten, noch bevor ihre Friedensgehalte der Währungsentwertung, wenn auch nur teilweise, angeglichen wurden, werden einer Rentenerhöhung verlustig gehen. Es ist ferner ungerecht, daß, obwohl die Erhöhung der Renten nach dem Gesetze vom Jahre 1929 als nichtabzugsfähig gegenüber anderweitigen Pensionszuschüssen und Erhöhungen festgelegt wurden, die Regierungsvorlage es unterläßt, diese Bestimmung auf die Erhöhung der Renten aus der Einrechnung der nichtversicherten Dienstzeit auszudehnen. Eine große Härte des Entwurfes, die auch Koll. Köhler erwähnt hat, ist es, daß er die Einrechnung der nichtversicherten Dienstzeit für die sogenannten Überalterten der Pensionsversicherung außeracht läßt.
Da derzeit die Absicht besteht in zwischenstaatlichen Verträgen, von denen bisher nur jener mit Deutschland zustandegekommen ist, die im Auslande verbrachte Dienstzeit für die Versicherten einzurechnen, widerspricht es umsomehr dem sozialen Geiste, in einer Novelle über die Einrechnung der nichtversicherten Dienstzeit die Auslandsdienstzeit ganz zu übergehen, besonders die Dienstzeit in jenem Auslande, das damals, als die Dienstzeit abgeleistet wurde, noch gar nicht Ausland war. Die Regierungsvorlage bringt aber auch eine immerhin fühlbare durch 40 Jahre laufende Erhöhung der Versicherungsbeiträge je nach den Gehaltsklassen von 2 bis 10 Kè monatlich. Hoffentlich gelangen diese Erhöhungen ausschließlich in die Hände der Renter. Gewiß werden nur manche Privatangestellte, die schon längst ihres Alters wegen der verdienten Ruhe pflegen sollen, um ihre Pensionierung einreichen, und dadurch den Arbeitsmarkt beleben.
Zur Regierungsvorlage Druck Nr. 1191 hat mein Klub mehrere Abänderungsanträge eingebracht, die ich mir erlaube zur Kenntnis des Hauses zu bringen und um deren Annahme ich ersuche. Da die Abänderungsanträge am besten unsere Stellungnahme zum vorliegenden Gesetzentwurf kennzeichnen, brauche ich die einzelnen in Betracht kommenden Paragraphen nicht näher zu erörtern.
Die Abänderungsanträge lauten:
Art. I, enthaltend § 177 a), ist mit Absätzen folgenden Inhaltes zu ergänzen:
"(8) Den Rentnern nach § 187 des Gesetzes vom 21. Feber 1929, Nr. 26, wird die nichtversicherte Dienstzeit ebenfalls zur Hälfte eingerechnet.
(9) Die im Auslande verbrachte Dienstzeit, sofern sie nicht schon nach § 188 bewertet wurde, wird als im Inlande zurückgelegt betrachtet.
(10) Bei jenen Rentnern, deren Rente nach § 177 (6) 7200 Kè jährlich beträgt, wird die Erhöhung aus der halben Einrechnung der nichtversicherten Dienstzeit zu diesen 7200 Kè zugeschlagen.
(11) Altersrentnern, die bei Bezug der unbedingten Altersrente weiter in einer versicherungspflichtigen Stellung verbleiben, erwächste ein Anspruch auf eine Erhöhung der Rente aus der halben Anrechnung der nichtversicherten Dienstzeit erst nach Verlassen jeder versicherungspflichtigen Stelle. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.)
(12) Die § § 24 und 44 (3) des Gesetzes vom 21. Feber 1929, Nr. 26, werden außer Kraft gesetzt.
(13) In § 68 (5) wird die Bestimmung "sofern der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist", außer Kraft gesetzt.
(14) § 118 (2) des Gesetzes vom 21. Feber 1929, Nr. 26, wird zum Teil geändert in: "... Anwartschaften nach den § § 177, 21 und 176 a) dieses Gesetzes bemessen wird".
(15) Der Staatszuschuß nach § 176 des Gesetzes vom 21. Feber 1929, Nr. 26, der infolge der Kriegsbeschädigungen dauernd berufsunfähig gewordenen Rentner, ferner jener für die Witwen, Waisen und Vorfahren der im Kriege gefallenen Versicherten wird berechnet, als ob ihre Militärdienstzeit bis Kriegsende gedauert hätte. Wer als berufsunfähiger Kriegsbeschädigter zu gelten hat, wird binnen drei Monaten durch Regierungsverordnung bestimmt.
(16) Die nichtversicherte Dienstzeit ist nachzuweisen entweder durch Dienstzeugnisse oder durch eine Bestätigung des Dienstgebers, oder wo diese nicht mehr zu erreichen sind, durch eine Bestätigung des Bürgermeisters mit der Unterschrift zweier Zeugen jener Gemeinde, in der der Versicherte zur Zeit seiner Beschäftigung wohnhaft war, oder jener Gemeinde, in welcher die Arbeitsstätte lag".
Die Privatangestellten haben diesem
Gesetzentwurfe, trotzdem er nicht alle ihre Wünsche befriedigte,
ihre Zustimmung gegeben. Aus diesem Grunde werden auch wir, wenn
auch gerade heutzutage jede Mehrbelastung drückend empfunden wird,
für das Gesetz stimmen. (Potlesk.)