Pátek 27. bøezna 1931

Wir erwarten, daß die Stellungnahme des Außenministers nicht der Auffassung der Gesamtregierung entspricht, von der wir eine baldige, klare Stellungnahme fordern. (Potlesk.)

8. Øeè posl. dr Rosche (viz str. 51 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Vor dem Politiker liegt ein politischer Stoff von ungeheuerer Größe, Umfang, Tragweite und Bedeutung. Wenn auch der Zollvertrag zwischen Deutschland und Österreich nicht auf der Tagesordnung steht, so steht es doch dem Politiker an, einige Worte darüber zu sprechen. Es ist unmöglich, eine derartige aktuelle Frage außer Diskussion, Stellungnahme und Kritik zu lassen. Die Frage ist von maßgebender èechischer Seite als eine große Frage Europas, als eine weltpolitische Frage aufgeworfen worden und ich glaube, gerade diese Frage wird erkennen lassen, ob man auf èechischer politischer Seite versteht, gute Staatspolitik zu machen, ob man auf deutscher Seite versteht, soweit Aktivisten in Betracht kommen, konstruktive Politik zu treiben. Fraglos steht aber das eine fest, daß die große Frage Sieger jenen werden läßt, der in diesem Zeitpunkt der Überhastung und Nervosität die stärkeren Nerven hat. (Výkøiky: To je správné!) Nervosität und Angst sind in der Politik schlechte Berater. Namens der Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft erkläre ich bezüglich des Vertrages zwischen Deutschland und Österreich, da wir dieses Thema nicht von nationalpolitischer, nicht von politischer und nicht von internationaljuristischer Seite, auch nicht von sentimentaler Seite behandeln dürfen, sondern nur objektiv, nüchtern, mit klarem Verstand und Vernunft allein von wirtschaftlicher Seite aus beurteilen dürfen. (Posl. dr Zadina: To nestaèí!) Herr Koll. Zadina, Sie werden mich in ein paar Minuten besser verstehen, gerade Ihr Agrarier werdet dorthin kommen müssen, es nur von der wirtschaftspolitischen Seite aufzufassen. (Posl. dr Zadina: Ne! Ne!) Herr Koll. Zadina: Jawohl, weil sonst gerade Ihr Agrarier verurteilt seid umzukommen, weil gerade Ihr Agrarier verurteilt seid, in der Krise zugrunde zu gehen, wenn es nicht gelingt, für Euch ein größeres Wirtschaftsgebiet zu schaffen, ein gemischt industrielles und agrarisches Gebiet. Dann werden Sie nicht mehr mit der Politik auskommen, nicht mit der Nationalpolitik, sondern nur mit dem reinen wirtschaftspolitischen Denken. Auch Politik und Nationalpolitik, Herr Koll. Zadina, läßt sich nur führen, wenn man den Staat leben läßt, wenn die Völker des Staates leben können. Nur unter dieser Bedingung. (Posl. dr Zadina: To je tendence!)

Weil Sie gerade diese Frage angeschnitten haben, sage ich gerade Ihnen, dem prononzierten Vertreter dieser großen politischen Partei, daß dieses Problem und seine Lösung möglicherweise die Schicksalstunde des Staates bedeutet. Von der guten oder schlechten Lösung wird möglicherweise das Schicksal der Èechoslovakei überhaupt abhängen. Das werden Sie auch wieder aus meinen späteren Ausführungen erfahren.

Wenn wir ganz ehrlich sind, können wir vielleicht sogar behaupten, daß wir von einem Zusammenbruch, zumindest vor einer großen Schlappe unserer Außen- und der mit ihr verbundenen Außenhandelspolitik stehen. Wir können im Grunde genommen die Außenpolitik und auch die Außenhandelspolitik der Èechoslovakei mit ziemlichen Recht als die Politik der versäumten Gelegenheiten bezeichnen. Wir haben in den Jahren des Anfangs mit Scheuklappen Politik gemacht und geglaubt, daß es außer Ihnen rechts und links nichts gibt. Sie haben in einem späteren Zeitpunkt versäumt, obwohl Sie die politische Selbständigkeit gehabt haben, die wirtschaftliche Förderation der früheren Wirtschaftsgebietes wieder herzustellen. Heute würden Sie sich vielleicht darum bemühen. Es geht nicht, es gelingt Ihnen nicht, weil die Zeit vorgeschritten ist und es eben nicht zuläßt, daß die Politik von vor zehn Jahren noch richtig ist, daß die Politik des Jahres 1918 im Jahre 1931 noch richtig ist.

In dieser Frage des Vertrages zwischen Deutschland und Österreich dreht es sich nicht um die Ruhe und den Frieden Europas, sondern europäischpolitisch gesehen um das Schicksal von Millionen von Menschen, die schuldlos arbeitslos geworden sind. Ich verstehe nicht, wie gerade Prag in dieser Frage das Zentrum des ärgsten Widerstandes geworden ist. Ich möchte dem Herrn Außenminister wohl mit voller Berechtigung zurufen: gerade die Lösung dieser Frage, Herr Minister, kann nur die Ruhe bringen, diese Frage läßt sich nicht mit Nervosität und mit Angstpsychosen lösen, nur die Ruhe kann es bringen. Man erzählt sich unter boshaften Leuten, daß in diesen Tagen der Telephondraht zwischen den Regierungen fast zerrissen und dünngeredet worden ist, weil man es für notwendig gefunden hat, die fremden Regierungen in dem Gedanken aufzuputschen, diesen Vertrag hinfällig zu machen, und es war wohl nicht richtig - es läßt sich noch reparieren - den Vertrag von vorneherein als unannehmbar zu bezeichnen. Wir werden vielleicht in der Zukunft sehen, daß es viel wichtiger sein wird, nicht zu sagen: "Der Vertrag ist unannehmbar", sondern daß es wichtiger sein wird zu sagen: "Wir wollen erst mit den anderen Staaten uns zu einer Konferenz zusammensetzen und prüfen, wie die Sache aussieht, wenn wir mitmachen, wie sie aussieht, wenn wir nicht mitmachen, und wie, wenn wir sie sabotiert haben und was nachher geschieht?" Das sind die dringenden Fragen, die wir uns vorzulegen haben.

Im Anfang ist die èechische Presse und die èechische Politik in der Ablehnung eigentlich ziemlich enheitlich gewesen. Aber nach Stunden der ruhigen Überlegung hat man auch auf èechischer agrarischer und sozialdemokratischer Seite gemerkt, daß auch andere Erwägungen platzgreifen können, und deswegen sage ich ganz ehrlich, daß ich die tendenziöse Aufmachung der "Prager Presse" nicht verstanden habe, daß ich andererseits in diesem Zusammenhänge mir auch die Frage an den Ministerpräsidenten oder den Außenminister erlauben muß, ob er denn für die Regierung mit dem Standpunkte einverstanden ist, den der Herr Handelsminister auf dem Bankett des Zentralrates der Kaufmannschaft vertreten hat. Mit Kommersreden, mit Reden von derartig unverantwortlichem Inhalte, wie es der Herr Handelsminister getan hat, treibt man für die Èechoslovakei keine brauchbare Handelspolitik, indem der Herr Handelsminister auf dem Bankett erklärt: "Daß das ganze eine Demonstration gegen die Hakenkreuzler sei" (Veselost na levici.) verzeihen Sie - das sei aus Gründen irgendwelcher Nationalpolitik, aus Hegemoniegründen, aus den Naumans'schen Mitteleuropagründen Berlin-Bagdad gemacht. So darf ein Handelsminister, der die Interessen des Handels, des Gewerbes und der Industrie in Zeiten schwerster Krise zu vertreten hat, nicht sprechen. Dagegen legen wir schärfste Verwahrung ein. Gerade der Handelsminister hätte die Pflicht gehabt, in diesen ernsten Momenten sich zu ernsten Beratungen mit dem Außenminister zusammenzusetzen und in rein wirtschaftspolitischen Gedankengängen diese Frage zu erörtern. Die ganze Frage ist doch keine èechoslovakische Frage, sie ist eine europäische Frage, die Europa aus dem Zerstückelungsprozeß herausbringen muß. Sie ist der Anfang der Lösung eines Problems, das eigentlich von allen theoretisch gewollt wird und das, da es nun von Deutschland und Österreich praktisch begonnen wird, nun plötzlich zerstört werden soll. Ich glaube, gerade in dieser Frage haben sämtliche Staaten Europas eine große Kulturmission den zahllosen Millionen von Arbeitslosen gegenüber. Es scheint mir fast wie ein politisches. Pharisäertum, wenn auf der einen Seite die paneuropäische Idee Briands in die Welt gesetzt wird, auf der anderen Seite wir den Vertreter Briands die Zollfriedenskonvention zum Scheitern bringen sehen, und es ist wie Selbstbefleckung, wenn Briand heute eines seiner Kinder schon im embryonalen Zustande umbringt und gegen die Zollunion zwischen Deutschland und Österreich auftritt, wo sie im Prinzip nichts anderes, als ein Versuch auf dem Rahmen Paneuropas ist. Denn Paneuropa muß kommen, wenn Europa nicht zugrundegehen will, und Paneuropa wird nicht von oben kommen, sondern von unten, über den Weg und das System einer Union, über den Weg und das System der Vereinigten Staaten Mitteleuropas und dann der paneuropäischen Staaten.

Es ist doch ganz komisch, daß im Leben der Satz immer wahr bleibt: wenn zwei dasselbe tun, so ist es nicht dasselbe. Als Hauptprinzip und Gegenargument wird angeführt, daß sich eine Großmacht mit kleinen Mächten verbindet, es hätten sich nur Mächte von gleicher Größe oder in ungefähr gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen zu verbinden, und erst wenn sie sich verbunden hätten, dann erst könne man mit Großmächten reden. Wo steht denn das geschrieben? Nirgends! Ein argumentum a contrario: Wer hat sich darum gekümmert, als in einem viel größeren Umfange zwischen Belgien und Luxemburg die Zollunion zustandegekommen ist? Kein Mensch, niemand hat Widerstand geleistet. Ich gestatte mir die Frage: würde seitens der Èechoslovakei ein Widerspruch geleistet werden, wenn zwischen Frankreich und Belgien eine Zollunion zustandekäme? Nein, nichts! Was für Widerstand würde geleistet werden, wenn zwischen Frankreich und der Èechoslovakei eine Zollunion zustandekäme? Kein Widerstand! Was für Widerstand würde geleistet werden, wenn zwischen der Èechoslovakei und Polen eine Zollunion zustande käme? Kein Widerstand! Der Widerstand kommt aus dem Gefühl des Hasses einerseits und dem Gefühl der Furcht andererseits, aber ich sagte schon im Anfange, Angst und Furcht sind schlechte politische Berater. Gerade die wirtschaftsunpolitischen Kreise der Èechoslovakei wären diejenigen, die vielleicht den eigenen Staat an den Rand des Verderbens bringen würden, wenn sie nicht jenes Maß von Selbstvertrauen aufbrächten, das der Wirtschaft und den moralischen Kräften ihres Landes entspricht. Ich rede nicht vom Standpunkt der sudetendeutschen Wirtschaft: ob sie heute das oder jenes System einer Gebietserweiterung vornehmen, alles erfordert Opfer; zu fragen ist nur: Wo liegt das größere Opfer? Diese Frage werden auch Sie sich vorzulegen haben, und Sie haben bei der Sache nicht jene Wirtschaftskreise entscheiden zu lassen, die vielleicht die hohen Zollmauern schon errungen haben. Sie werden sich zu beraten haben mit anderen Kreisen, und speziell mit den Kreisen des Koll. Zadina: "Was fangen wir mit unserem Zucker, unserem Hopfen, meinetwegen unserem Bier, unserem Flachs an? Wir müssen hinaus, zollfrei hinaus, wir müssen ein größeres Gebiet haben!" (Výkøiky posl. dr Zadiny.) Was ist die Hauptsache, Herr Kollege? Die Erhaltung der politischen Selbständigkeit, Wenn die politische Selbständigkeit erhalten ist, ist alles gegeben. Nur drum dreht es sich, sonst um nichts. Sie begehen, glaube ich, das größte Unrecht, indem Sie das Deutschland von 1931 und das Österreich von 1931 mit dem Deutschland und Österreich vom Jahre 1914 verwechseln, wo Sie in beiden Ländern den republikanischen Geist mit anderen Methoden eingezogen sehen. (Posl. Richter: A co volby z minulého roku?) Herr Kollege, ich kann mir vorstellen, daß Sie in ersten Anfang mit mir nicht einverstanden sein werden. Trotzdem wird sich die praktische Lösung nicht absolut anders ergeben.

Was ist denn der Hauptsinn und der Hauptzweck dieses Übereinkommens überhaupt? Dieses Übereinkommen zwischen Deutschland und Österreich ist aus der Not geboren, aus dem Gebot der Wirtschaftsnot. Und da möchte ich Ihnen die Stelle eines Gesprächs zwischen Saenger in Berlin mit einem maßgebenden deutschen Politiker vorlesen: "Wir in Deutschland und weit mehr noch die Österreicher haben nicht viel Zeit zu verlieren. Wir durchleben furchtbare Augenblicke und wir können die an uns zwangsgemäß interessierte Welt nicht durch ewige Wiederholung bekannter Klagen wieder belästigen, sondern nur durch einen in der Stille vorbereiteten Akt der Selbsthilfe zu energischem Mittun aufrütteln. Das ist in Deutschland und das ist in Österreich ein Gebot der Zeit, ein Gebot der Wirtschaftsnot." Meine Verehrten, wenn ich heute die Sache bei Licht betrachte, frage ich Sie als èechische Politiker: Warum setzen Sie, wenn dieser Vorvertrag zwischen Deutschland und Österreich hier ist, diesem Bündnis nicht ein gleichwertiges Bündnis entgegen? Wissen Sie warum? Weil Sie keines zur Verfügung haben. (Souhlas na levici.) Sie haben keines. Sie befinden sich heute schon im großen Stadium der Isolierung. Schauen Sie die politische Kleine Entente an. (Posl. dr Zadina: Jste na omylu!) Herr Koll. Zadina, Sie sind Agrarier. Wie wenig hat der Vertrag mit Rumänien gebracht, der Vertrag mit Jugoslavien ist noch nicht unterschrieben. Das ist politische Freundschaft? Statt daß Euch in diesem Stadium der eigenen Isoliertheit die Freunde von Jugoslavien und Rumänien zu Hilfe kommen und sagen: Horcht Brüder, wir gründen dagegen diesen Block der Union der Èechoslovakei, Jugoslaviens und Rumäniens, statt dessen: Wo sind denn Euere politischen Freunde? Im Stiche lassen Sie Euch. Sie kümmern sich gar nicht darum. (Posl. dr Zadina: Nìmecko nemìlo s Rakouskem 5 rokù obchodní smlouvu!) Herr Koll. Zadina, ich prophezeie Ihnen, daß die Èechoslovakei eine Wirtschaftsunion mit Jugoslavien und Rumänien nicht zustande bringt. Da sind die gegenseitigen wirtschaftlichen und besonders agrarischen Interessen zu vielgestaltig. Eine Wirtschaftsunion würdet Ihr Agrarier doch gar nicht vertragen. (Posl. dr Zadina: A myslíte, že celní unie je lék na krisi hospodáøskou? To je omyl!) Herr Kollege, jetzt bleibt eine Wirtschaftsunion mit Polen übrig. Gestatten Sie mir eine Frage: ist eine Wirtschaftsunion mit Polen ein gleichwertiges Elaborat? Wer kennt denn den Verkehr mit Polen? Wissen Sie, wie das geht, kennen Sie die Wirtschaft? Herr Koll. Zadina, das ist nichts Gleichwertiges und ist auch nicht in der Tasche. Also Jugoslavien und Rumänien wird mit Ihnen keine Union schließen. Aber wenn Sie umgekeihrt die Union mit Deutschland und Österreich machen, wird Rumänien und Jugoslavien mitgehen. Von dem Gesichtspunkte der Krise aus ergibt sich gerade für die Agrarier die einzige Möglichkeit, aus den Wirtschaftsschwierigkeiten herauszukommen.

Es ist, wenn man den Vertrag ansieht, nicht zu verstehen, daß man auf èechischer Seite in eine derartige Aufregung gelangen konnte. Wenn man den Anschluß fürchtet, dann sollte man schon aus dem Grunde mitmachen, weil ich glaube, daß man ihn dadurch überhaupt am ehesten verhindern kann. Lesen Sie und studieren Sie doch diesen Vorvertrag! Das ist ein so herrliches juristisches Werk - Herr Koll. Zadina, Sie werden sehen, daß dieser Vorvertrag in Genf bombenfest hält; der ist so gut gemacht, daß die ganzen Juristen Englands und Frankreichs, wenn sie objektiv urteilen, daran nicht rütteln können. Beantworten Sie mir aber, Herr Koll. Zadina, die Frage: warum ist diese Verbindung nicht wert, daß man ihr beitritt, wenn erstens die politische Selbständigkeit verbürgt ist, (Posl. dr Zadina: Jak dlouho?) Solange Sie wollen, Herr Koll. Zadina. Jetzt komme ich darauf. Sie haben übersehen, daß dieser Vertrag jederzeit gekündigt werden kann. Sie können den Vertrag einjährig aufkündigen, Sie können den Vertrag, wenn der Schiedsausschuß, der paritätisch mit abwechselnden Vorsitzenden entscheidet, in einem halben Jahre kündigen, nur das erstemal kann man ihn auf drei Jahre nicht kündigen. Herr Koll. Zadina, ich halte Sie für viel zu stark, als daß Sie in einer solchen Gemeinschaft die politische Selbständigkeit aufgeben könnten. Da sind Sie doch ein viel zu großer Kampfhahn, als daß Sie das dulden würden. Schauen Sie, Herr Koll. Zadina, Euch Agrariern müssen wir es doch gerade sagen, wenn auf der einen Seite Deutschland steht und auf der anderen Seite dieser Union Österreich, Ungarn, die Èechoslovakei, Rumänien, Jugoslavien (Posl. Knirsch: Lauter Freunde!), lauter Freunde, wie der Herr Kollege richtig sagt, sich beteiligen, die doch alle die Selbständigkeit wollen, kann da Deutschland mit dem Hegemoniengedanken durch, Herr Koll. Zadina? Ich habe die Wirtschaft der èechischen Agrarier und auch der èechoslovakischen Industrie viel höher eingeschätzt, als daß Ihnen das Herz so rasch in die Hosen fallen könnte. (Sehr richtig!) Es ist doch ganz komisch, daß man sonst immer von dem kleinen Österreich spricht. Österreich hat 7 Mill. Einwohner und ist immer als Dreck hehandelt worden. Das muß selbständig bleiben, aber es darf nicht leben und darf nicht sterben. Und plötzlich verbündet sich dieses kleine Völkchen mit Deutschland und die Aufregung in ganz Europa und in der ganzen Welt ist da. Was ist denn geschehen? Blendwerk, politisches Pharisäertum geht um. Den nackten Tatsachen in die Augen geschaut! Die Sache liegt anders. Wir müssen in der Außenhandelspolitik modern werden, wir müssen den revolutionären Geist, den wir in den Jahren 1918, 1919 und 1920 geführt haben, in einen evolutionären Geist umbauen, wir müssen aufbauen als Völker, die sich gegenseitig helfen und stützen, weil sie sonst im gegenseitigen Kampfe gegen sich selber untergehen, weil zwischen Amerika auf der einen und Rußland auf der anderen Seite das zerstückelte Europa unbarmherzig wie zwischen Mühlsteinen zermalmt werden muß. Die Rede des Herrn Außenministers Dr. Beneš, die er im Außenausschuß als Erklärung abgegeben hat, ist im Ton ruhiger, im Inhalt unrichtig. Die Formel durfte nicht heißen: zusammensetzen und prüfen! Es ist doch komisch, daß in den vergangenen Jahren die Außenpolitik sich um die Wirtschaft niemals gekümmert hat und plötzlich in diesem Zusammenhange läßt sich Politik und Wirtschaft nicht trennen, plötzlich lassen sich diese beiden Begriffe nicht trennen, weil man auf der andern Seite Österreich verantwortlich machen will für eine sogenannte Verletzung der Friedensverträge oder des Genfer Protokolls vom 4. Oktober 1922. Das eine kann ich wohl erwähnen, daß der Standpunkt Englands, die Frage des Vertrages zwischen Österreich und Deutschland vor die Völkerbundtagung zu bringen, eine grobe Herausforderung für Deutschland und Österreich als freien Staaten bildet.

Und nun an die Nationaldemokraten eine kleine Frage: Herr Koll. Toušek wird vielleicht so liebenswürdig sein, mir in den einem Punkt recht zu geben, daß die Handelspolitik der Èechoslovakei unter allen Umständen aus den Klauen des Außenministeriums hinausgehört, daß man dazu übergehen muß, eine Ordnung der Dinge im Innern zu treffen, daß man auch ein handelspolitisches Programm etwas moderner aufzäumen muß. Mir hat ein Nationaldemokrat gesagt: "Wenn das ganze zu nichts nütze ist, so ist das ganze ein Memento für die Èechoslovakei, die Zukunft anders einzurichten." Ich habe darauf gesagt: "Herr Kollege, passen Sie auf, daß es nicht ein memento mori ist, wenn Ihr zu spät kommt." Wenn heute die Èechoslovakei dieser Union sich nicht anschließt, erlaube ich mir die Gewissensfrage: kommt eine Zollunion mit Rumänien und Jugoslavien zustande, kommt eine Union mit Polen zustande? Oder stellen wir die Frage umgekehrt: Kann die Zollunion zwischen Deutschland und Österreich verhindert werden? Ich behaupte: Nein! Die Zollunion kann vielleicht durch eine unobjektive Auslegung in Genf am Vertrage ein paar Änderungen erfahren, aber die zwei Staaten zwingen zu wollen, sie dürfen keinen Vertrag mit einander schließen, ist ausgeschlossen. Infolgedessen kommen wir zu dem Entschluß, daß diese Union nicht verhindert werden kann ud es fragt sich, wo das kleinere Übel für die Èechoslovakei liegt. Es ist übrigens ganz köstlich, daß man heute gegen zwei Staaten auftritt, die wirtschaftspolitisch für die Èechoslovakei seit einem Jahrzehnt die besten und größten Kunden sind. Österreich und Deutschland haben im Jahre 1930 von der Èechoslovakei Waren im Betrage von 5ÿ5 Milliarden Kè bezogen, Österreich und Deutschland haben im Jahr 1928, wo die Krise noch nicht so groß war, von der Èechoslovakei Werte in der Höhe von 7.8 Milliarden bezogen. Prüfen Sie doch einmal nach, was Jugoslavien und Rumänien, was Polen bezogen hat und prüfen Sie doch einmal nach, wer für die Èechoslovakei der Abnehmer ist.

Es entbehrt nicht einer gewissen Heiterkeit, wenn ich das hier einflechten darf, daß sich bei den Gesprächen mit den fremden Regierungen herausgestellt hat, daß die Èechoslovakei mit Bukarest nicht telephonieren kann, weil die Èechoslovakei mit Bukarest keine direkte telephonische Verbindung hat, sondern über Ungarn telephonieren muß, und den Ungarn hat man in diesem Punkte nicht getraut. Infolgedessen hat die Èechoslovakei die Meinung Rumäniens nicht durchs Telephon bekommen können, sondern hat sich diese erst auf einem anderem Wege, auf chiffriertem Wege, geben lassen.

Ich bin bezüglich dieser Frage vorläufig am Ende meiner Ausführungen. Ich wollte nur in kurzer Rede dazu Stellung nehmen. Schicksalsentscheidend für die Èechoslovakei bleibt die Prüfung dieser Fragen: Was geschieht, wenn wir die Sache sabotieren und was machen wir nachher? Denn daß wir etwas machen müssen, darüber sind sich doch die Gelehrten hierzulande einig. Nicht wahr? Aber was machen wir nachher? Glauben Sie ja nicht, daß Frankreich dieses besondere Interesse an der Èechoslovakei in wirtschaftlicher Beziehung hat. Nein! Glauben Sie ja nicht, daß England diesen Vertrag Deutschlands mit Österreich und auch auf der anderen Seite die erweiterte Union ungern sehen möchte. Ich habe in meiner letzten Rede darauf verwiesen, daß gerade England durch die Expansion Deutschlands, veranlaßt durch die Reparationen, Angst und Besorgnis für seinen Handel hat. Wenn Minister Beneš sagt: "Wir sehen mit voller Sicherheit Genf entgegen", dann müßte ich ihn eigentlich fragen: "Woher weißt Du das?" Wenn er sagt: "Wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet", muß ich fragen: "Auf welche Eventualitäten?" Das muß der Außenminister sagen, denn ich glaube nicht, daß er über die Eventualitäten allein entscheiden und daß er allein darüber isch schlüssig werden kann.

Maßgebend wird sein: unrichtig ist es zu sagen: unannehmbar! Richtig ist es zu prüfen, allein und auch mit dem anderen Staaten zusammen: können, dürfen, wollen wir beitreten? Welche Vorteile, welche Nachteile? Die Èechoslovakei wäre berufen gewesen, initiativ an der Spitze Zentraleuropas zu marschieren. Die Èechoslovakei hat sich die Initiative aus den Händen winden lassen. Wenn die Èechoslovakei den ersten Versuch sabotiert, dann bin ich neugierig, wo ihre Initiative für einen neuen Versuch landen wird und mit welchem Ergebnis.

Und deswegen möchte ich meine Ausführungen unter Berufung auf die Ausführungen zum Straßenfonds und zur Benzinsteuer im Budgetausschuß damit schließen: erst prüfen, bevor man Nein sagt. Die Schicksalsstunde der Èechoslovakei für die Zukunft hat geschlagen! (Potlesk.)

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